Wichtige Information vor der Anschaffung von Papageien als Haustiere

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Ingo

Ingo

Herpetophiler Geierfreund
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Dieser Beitrag betrifft das gesamte Umfeld der Tierhaltung.

Bei Hunden, Katzen, Fischen, Reptilien, Kleinvögeln, Nagern, aber auch Nutzvieh gibt es unendlich viel Leid, unendlich viele absolut unwissende und fast genauso viel ignorante Halter.
Trotzdem kann man all diese Tiere auch in menschlicher Obhut so unterbringen, dass sie nicht leiden, alles zum artgerechten Leben essentielle vorfinden und länger und gesünder leben als freilebende Artgenossen.
Vermenschlicht gesagt: Ein glückliches Leben führen können.
Und für Halter all dieser Gruppen gibt es Gott sei Dank auch reichlich solcher positiven Beispiele.
Bei manchen Arten sind hierbei Kompromisse, die manch einem aus menschlicher Sicht grausam vorkommen unvermeidbar.
Aber empfindet sie auch das Tier selbst immer als grausam?
Beispiele zur Veranschaulichung dieses Statements gibt es viele, aus Platzgründen hier nur eines:
Das Territorium fast jedes in menschlicher Obhut gehaltenen Tieres ist kleiner als im Freiland. Es findet bei artgerechter Haltung dort aber alle Strukturen, die es braucht und im Freiland nur durch Überwinden größerer Strecken in ihrer Gesamtheit zur Verfügung hat.
Vieles tun Tiere im Freiland, weil sie es müssen, nicht, weil es ihnen Spass macht. Der Braunbär, der dutzende, wenn nicht hunderte Quadtratkilometer druchstreift, beschränkt sich auf einmal auf ein winziges Areal neben einer Müllkippe, weil er dort alles findet, was er haben will. Die Amsel, die im Wald hunderte Quadratmeter gegen Artgenossen verteidigt, beschränkt sich auf einen Reihenhausvorgarten mit tollem Nahrungsangebot und mancher Zugvogel bleibt einfach hier, wenn nur gefüttert wird.
Leidet ein gefangenes Tier denn unter der stark eingeschränkten, geringeren Territoriumsgröße? In den meisten Fällen dürfte die Antwort nein sein, zumal bei gesitig höher stehenden Tieren, die bereits in solch eine Situation hineingeboren wurden. Ausnahmen sind Tiere, die in Freiheit dauernd in Bewegung sind und entsprechende physiologische Spezialanpassungen haben.
Kognitiv hochstehende Tiere brauchen zudem "geistige Herausforderung" im Sinn von behavioural enrichtment. Gerade für diese Tiere müssen diese Herausforderungen aber nicht identisch mit denen in der Natur vorhandenen sein, sie müssen nur für die Tiere die gleiche Qualität haben. Ein Papagei, der im Freiland Stunden mit der Nahrungssuche verbringt ist stundenlang beschäftigt und muss dabei auch anthropomorph gesagt "seinen Grips einsetzen". Bei gefülltem Futternapf hat sein Kollege in menschlicher Obhut auf einmal viel zuviel Freizeit und wenn die nicht mit entsprechenden Herasuforderungen gefüllt wird, leidet der Vogel. Nun muss der Halter ihm aber nicht genau das Gleiche bieten, wie seinem freien Kollegen. Nein, der Wohnzimmervogel ist mit einem reichstrukturierten, zerlegbaren Gegenstand stundenlang für ihn ebenso befriedigend beschäftigt wie jener mit der Futtersuche.
Natürlich braucht der Käfigpapagei einen artgleichen Partner für die intimsten Interaktionen. Die losen Freundschaften, Zankereien und Spielkontakte, die der wilde Kollege im Schwarm erlebt, kann für den zahmen Papagei aber durchaus durch die intensive Interaktion mit menschlichen Mitbewohnern für den Vogel befriedigend ersetzt werden.
Generell nutzen in menschlicher Obhut lebende Tiere entsprechender Organisationsstufe (Reptilien z.B. spielen nicht) zusätzliche freie Zeit gerne zum Spiel. Hier ist der Halter in der Pflicht, ihnen das zu ermöglichen und immer wieder für Abwechslung zu sorgen. Tiere spielen nur in stressfreien, entspannten Situationen. Das gibt es im Freiland seltener als in menschlicher Obhut und darum spielen Tiere in Gefangenschaft viel mehr und intensiver. Ich wage also zu postulieren, dass ein täglich sinnvoll beschäftigter Papagei, der viel spielt und erkundet ein subjektiv sehr befriedigendes Leben führen kann, obwohl seine Flugmöglichkeiten im Freiland stark eingeschränkt sind.
Was man auch nicht vergessen darf: In einem Forum wie diesem melden sich naturgemäß vor allem Leute mit akuten Problemn zu Wort. Tierhalter, bei denen alles glatt geht, haben oft ein geringeres Mitteilungsbedürfnis.
Es gibt aber zum Glück durchaus zahlreiche Papageienhalter mit Pfleglingen, die schon Jahrzehtne bei ihnen leben, lebhaft und verspielt und permanent gesund sind. In 33 Jahren Papageienhaltung (immer nur wenige Wohnungsvögel) hatte ich z.B. einen Fall einer Stoffwechselerkrankung und eine milde Vergiftung. Sonst nichts. Und ich bin da kein Einzelfall.
Wie anfangs gesagt, leugnet das nicht, dass es viel Papageienleid gibt - aber wie ebenfalls anfangs gesagt, gilt das für die gesamte Tierhaltung. Importe sind ein Extrathema. Grundsätzlich für private Halter ein absolutes Nein. Für das Aufbauen stabiler Zuchtstämme aber im Einzelfall nötig und hier können kompetente Privathalter druchaus viel leisten.
Einen wichtigen Aspekt, obwohl schon oft genannt, noch zum Schluss: Man schützt, was man liebt, aber man liebt nur, was man kennt. Nur durch den intimen Kontakt mit nichtmenschlichen Lebewesen - also die private Tierhaltung - wird bei vielen Menschen ausreichend Interesse geweckt, um sie aufmerksam werden zu lassen auf naturschutzrelevante Missstände in diesem Umfeld. Nur wenige schaffen es ohne diesen Anstoss. Weltweit haben Papageienhalter sich bereits erfolgreich und mit viel Engagement für den Arterhalt vor Ort eingesetzt. Viele auch der großen Organisationen gäbe es nicht, gäbe es keine Tierhalter.
Und zu allerletzt: Ein Auswildern der aktuellen Bestände ist weder unter dem Tierschutz- noch unter dem Artenschutzaspekt auch nur annähernd sinnvoll, sondern vielmerh unter beiden Gesichtspunkten extrem gefährlich. Der Anteil an Tieren, für die das - mit jeweils großem Aufwand - machbar wäre, läge im niedrigen Promillebereich.
Für alles vorhandene haben wir also sowieso Verantwortung.
Und alle diese Tiere nachkommenfrei aussterben zu lassen.......wie ich dazu stehe, habe ich glaube ich dargelegt.
 
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Vielen Dank an Ingo für diesen wirklich wertvollen und informativen Beitrag. Dieser entstammt aus dieser Diskussion: KLICK

LG, Olli
 
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