Ich stell det auch hier rein...
Hallo zusammen,
um Verhaltensweisen "unserer" Vögel zu verstehen, Verhaltensauffälligkeiten (oder Verhaltensstörungen) als solche wahrzunehmen, dem Entstehen von Verhaltensauffälligkeiten (oder Verhaltensstörungen) vorzubeugen, ist es (zunächst) erforderlich, das "Normalverhalten" der jeweiligen Art in den verschiedensten Situationsbezügen zu kennen. Bereits in dieser Hinsicht bestehen (teilweise) erhebliche Defizite, wie vielen Beiträgen (in vielen Threads) zu entnehmen. U. a. dafür, diese "Lücken" zu füllen, können die Foren ein durchaus geeignetes Instrument sein.
Hallo Roland,
wir (Du, ich, ALLE) können (und müssen) ständig "DAZULERNEN". Will sagen: Auch VONEINANDER lernen. Das ist aber nur dann möglich, wenn Diskussionen so geführt werden, dass "Auswirkungen" (Verhaltenseffekte) im Kontext ALLER (möglichen) "Ursachen" diskutiert werden. Nur wenn das WARUM eines "Normalverhaltens" deutlich wird, wird auch das WARUM eines "Fehlverhaltens" ersichtlich. Das gilt gleichermaßen für Mensch und Tier. Es ist (für Vogel und Mensch) wenig hilfreich, mit stenogrammartigen Verbalradikalismen, die zudem des öfteren fast kryptisch daherkommen, zu hantieren. Eben so wenig hilfreich ist die "Ausblendung" wesentlicher Aspekte und Grundlagen für das "Verstehen" von Verhalten mit der Begründung "Ich bin ein Mensch der Praxis". Das führt zu NICHTS.
Nehmen wir doch mal eine kleine Passage der (von mir angeregten), aber von Dir nicht "angenommenen" Diskussion etwas genauer unter die Lupe.
Ich habe geschrieben: "Die Frage der Adaptionsfähigkeit spielt hinsichtlich dessen, was einem Vogel (einer Vogelart) an Haltungsbedingungen zumutbar ist, ohne dass es zu Verhaltensauffälligkeiten kommen kann, eine WESENTLICHE Rolle."
Du hast geantwortet: "(...).Da Vögel allerdings auch Individuen sind, ist mir dieses auch wieder so ne Pauschalierung (...)."
Natürlich ist jeder einzelne Vogel ein Individuum. Das iss nu wirklich keine Erkenntnis, sondern ne Banalität. Aber das vermag doch nichts daran zu ändern, dass es Arten mit relativ hoher Anpassungsfähigkeit und Arten mit ziemlich geringer Anpassungsfähigkeit gibt. Der Rahmen dessen, WAS an "Verhalten" überhaupt möglich ist, ist genetisch determiniert. Das gilt auch hinsichtlich dessen, WAS das "tierliche Programm" an "Lernleistungen" (erlernbares Verhalten) erbringen kann. Bei einer Art sind die Grenzen enger, bei einer anderen etwas weiter gesteckt. Will sagen: Individuelles Verhalten kann sich nur in den Grenzen der artlich vorgegebenen Verhaltensmöglichkeiten bewegen.
Der "praktische Nutzen" des Wissens darum, dass Graupapageien keine hohe Adaptionsfähigkeit besitzen, liegt darin, dass Halter/innen von Grauen (bei Akzeptanz dieser Erkenntnis) dafür Sorge tragen können, ihren Vögeln kein zu hohes Maß an artfremden Anpassungen abzuverlangen.
Für "theoretischen Erwägungen" abgeneigte User/innen:
Autoaggressives Verhalten (Stichwort: Federrrupfen) findet sich (im Verhältnis zu anderen Arten) vermehrt bei Graupapageien und Kakadus. Warum? Weil diesen Arten (auf Grund ihrer "Fähigkeiten" zum "Sprechen" oder diverse "Kunststückchen" zu zeigen) oft hohe Anpassungsleistungen abgefordert werden, obwohl sie nur eine geringe Adaptionsfähigkeit besitzen. Das führt dann häufig zu Frustrationen. Können diese (die Frustrationen) nicht an "passenden Objekten" ausgelebt (kanalisiert) werden, kommt es zu Verhaltensstörungen (u.a. im obigen Sinn). Natürlich können zusätzlich auch (noch) andere Faktoren eine Rolle spielen.
Hallo Karin (Bell), hallo Sittichhalter/innen,
hier noch einige (vielleicht interessante) Anmerkungen hinsichtlich der in diesem Thread mehrmals angesprochenen "Domestikation":
Arnold und Schöne haben darauf hingewiesen, dass es sehr wichtig sei (bzw. werden könne), die gesamte Artenvielfalt der australischen Sittiche artenrein zu sichern.
Ein Problem liege darin, dass bei hoher Anzahl von Zuchtpaaren die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Mutationen entstehen. Folge (vgl. Schöne, R., Arnold, P. (1989): Australische Sittiche, Gustav Fischer Verlag, Jena, S. 15): "Mutanten sind aber reizvolle Objekte für den experimentell interessierten Tierzüchter. Zeugnis dieser Entwicklung legen die vielen Farbspielarten des Nymphensittichs, (...) des Princess-of-Wales-Sittichs, des Glanzsittichs, des Königs- oder des Kragensittichs ab. Treten Mutationen auf, ist dies allerdings auch ein Zeichen dafür, dass die Haustierwerdung bei dieser Art weit fortgeschritten ist."
Ergänzend möchte ich noch darauf verweisen, dass nicht jede Farbveränderung mutativ bedingt ist. Das sind denne die Fälle, wo die Farbänderung sich auf eine Generation beschränkt. Das bezeichnet man/frau als "umweltbedingte, nicht erbliche Änderung des Phänotyps" - also "nur" eine temporäre Modifikation. Wer sich für diese Thematik interessiert, kann detaillierte Angaben hierzu nachlesen bei:
Rübesam, G. (1984): Eine Schönheit aus den Steppen Australiens, Zucht, Haltung und Mutationen des Bourkesittichs, Garten und Kleintierzucht, Ausgabe B, S. 23
Für ALLE diejenigen, die wissenschaftlichen (theoretischen) Arbeiten NIX abgewinnen können: Würdet Ihr eine eingängig knallgelbe Meise auf einem Baum vor Eurer Haustür noch als "Meise" wahrnehmen? Oder würdet Ihr Euch eher fragen: "Was ist das denn für ein Vogel"? Ein Nachblättern in ornithologischen Lexika würde Euch in diesem Fall auch nicht weiterhelfen, weil kein einheimischer Vogel mit dem Artmerkmal "knallgelb" darin enthalten iss. Will sagen: Ist es so sachfremd, darüber nachzudenken, von der Nominatform erheblich abweichende Zuchtformen neu zu klassifizieren?
Liebe Grüße
Volker