R
Rinus
Guest
Hallo Ännchen!
Hier ist Mia.
Wie aufregend ... ein Habicht! Und bei dem warst du zu Hause? Über Nacht? Du hast aber Mut (aber mich naiv nennen, weil ich mit Coco intim werden wollte!). Und er hat dich wirklich nicht angerührt, oder hattest du ihm gesagt, du hättest gerade Schnabelherpes?
Hach, ... *seufz* ... ich finde es total romantisch, wie er dich angeschmachtet hat von weitem, schon in Kahl. Und du hast damals nie mitgekriegt, dass er scharf auf dich war? Ich träume ja auch von einem Seeadler oder wenigstens von einem Bussard, der über unserm Haus kreist, weil er mich kennen lernen möchte. Und dann spricht er mich an ... und lädt mich ein ... und wir segeln dahin ... über die Felder ... und er beschützt mich mit seinen großen Schwingen vor der Sonne. Aber, na ja, mitten in der Stadt ist das wohl nicht sehr wahrscheinlich.
Und dann futtern diese Kerle ja auch was ganz anderes. Daran hatte ich überhaupt noch nicht gedacht. Erst du hast mich darauf gebracht. Ihhhhh ... eine Maus zum Frühstück? Ich glaub, ich hätte ihm vor Schreck den Koffer um die Hakennase gehauen. Wie kann man nur so unsensibel sein als Kavalier. Ein wahrer Mann von Welt hätte seine eigenen Vorlieben hintan gestellt und seine Tischdame wählen lassen. Das wäre jedenfalls stilvoll gewesen.
Gut, dass du gleich abgehauen bist. Aber hoffentlich hat der Kerl deine Telefonnummer und deine Adresse nicht. Verschmähte Liebhaber können nämlich manchmal ganz schön nachtragend sein. Und ich weiß nicht, ob deine Leute das mitmachen würden, wenn dauernd ein fremder Habicht vorm Wohnzimmerfenster säße und mit dem Schnabel an die Scheibe pochte.
Für mich stellt sich jetzt die Frage: Wen kann man denn überhaupt noch als Partner wählen? Die Greifvögel sind Rohfleischfresser und miefen aus dem Schnabel, sagst du, die Tauben sind oft unsolide mit ihrer Obdachlosigkeit, die Störche hauen immer gleich ab in den Süden, und die Rotkehlchen und Buchfinken sind zu schwach auf der Brust, um unsere Augen zum Leuchten zu bringen. Also bleibt doch nur unsere eigene Sippe übrig. Aber wie soll man einen feschen Ara oder einen Kakadu kennen lernen, wenn die Burschen von ihren Menschen unter Verschluss gehalten werden? Ich finde, es gibt viel zu wenig Möglichkeiten, wo unsereins Kontakt schließen kann. Stattdessen setzen uns die Federlosen irgend so einen Holzkopf wie Max vor die Nase und sagen: „Passt er nicht gut zu dir? Nun werdet man schön glücklich miteinander.“ Ich möchte mal wissen, wie blöd die Rinus aus der Wäsche guckte, wenn man sie mit einem Schuljungen verbändeln würde. Der sagt dann im Schlafzimmer Englischvokabeln auf und trägt einen Pyjama mit Dampfloks drauf. Würde es sie dann trösten, wenn die Oma antwortete: „Das kommt alles noch, mein liebes Kind. Aus dem Jungen wird mal ein großer, starker Mann werden.“ Und wenn nicht? Wenn der Kerl ein dummer, popeliger Bauerntrampel bliebe?
Ach, Ännchen, es ist alles so schwierig. Mit unserem Fotoprojekt kommen wir auch nicht voran. Erst hat der Coco die Filmkamera zu Hause vergessen, und jetzt hast du auch noch deine Digicam im Wald verloren. Na prima, da liegt sie gut. Können die Regenwürmer endlich mal gescheite Portraitaufnahmen machen. Bravo. Ich bin wohl nur von Versagern umgeben. Schau dir mal an, was unser Starfotograf Max M. U. Newton mit unserer Kamera gemacht hat: Ich geb mir alle Mühe, um eine prickelnde Stimmung zu erzeugen, und er drückt ab, wenn ich gerade aussehe wie ´ne Fledermaus beim Recktraining! Es ist zum Heulen. Urteile selbst: Sehe ich auf den Fotos vielleicht erotisch aus? Das nächste Mal knipse ich euch, wenn ihr gerade in der Mauser seid und eure graue Unterwäsche durchs grüne Trikot scheint. Dann will ich euch mal sehn, ob ihr das gut findet.
Was machen wir denn nun mit unserem Foto-Magazin? Ich höre.
Am Wochenende sollen wir wieder Besuch kriegen. Diesmal kommen zwei Gelb-Amazonen aus Sachsen, die Sklaven von der Tante Azrael. Sie sehen so aus wie du und leben da, wo Max herstammt. Oh, Mann, das kann ja was werden. Sie bringen sogar noch drei Graupis mit: zwei Mädels und einen Jungen. Die Rinus springt hier im Karree, macht wie ´ne Blöde sauber und packt den Kühlschrank voll komischer Früchte. Ich hoffe, der Sachsenklub ist kein Abbild von unserem wandelnden Schandfleck Max. Nicht dass sich Doofheit als Massenphänomen entpuppt. Denk dir, der eine Graupi heißt „Arthur“, aber ist ein Mädchen! Mein Opa, also der Vater von der Rinus, hieß auch Artur, doch der hatte ´ne Glatze und trug keine kirschrote Schleppe zu seinem grauen Sommeranzug. Die Mama sagt, „Arthur“ leite sich ab von „König Artus“, dem Ritter der Tafelrunde in England im Mittelalter. Na, das ist ja noch schlimmer: Womöglich kommt die Tussi jetzt mit einem Kettenhemd angerasselt und halbiert die Bananen mit einem Schwert.
Aber da fällt mir was ein: Agathe und Loui, also die beiden Amazonen, waren doch damals mit auf dem Gothic-Treffen, also auf jener Veranstaltung mit den 20 000 Verrückten in Tante Azraels Vorgarten, zu dem wir auch eingeladen waren, aber dann nicht hin konnten, weil wir zur selben Zeit schon bei Onkel Thorsten angemeldet waren. Mensch, Ännchen, dann sind die beiden bestimmt ziemlich freizügig. Vielleicht haben sie ja scharfe Fotos dabei, die wir für unser Magazin verwenden könnten.
Ich berichte weiter.
Ärgere dich nicht über Max und seine dummen Kommentare. Du kennst ihn doch: Er ist ein überreifer Monsterpfirsich, der dich erst blöde anspritzt und dann heulend zu Matsch zerfließt, sobald du ein bisschen fester auf seine Samthaut drückst. Du weißt ja, wie so was endet: als Biokompost. Und der kann nicht reden.
Viele Grüße
deine Freundin Mia
Fotos: Alles ich von Max verunstaltet.
Hier ist Mia.
Wie aufregend ... ein Habicht! Und bei dem warst du zu Hause? Über Nacht? Du hast aber Mut (aber mich naiv nennen, weil ich mit Coco intim werden wollte!). Und er hat dich wirklich nicht angerührt, oder hattest du ihm gesagt, du hättest gerade Schnabelherpes?
Hach, ... *seufz* ... ich finde es total romantisch, wie er dich angeschmachtet hat von weitem, schon in Kahl. Und du hast damals nie mitgekriegt, dass er scharf auf dich war? Ich träume ja auch von einem Seeadler oder wenigstens von einem Bussard, der über unserm Haus kreist, weil er mich kennen lernen möchte. Und dann spricht er mich an ... und lädt mich ein ... und wir segeln dahin ... über die Felder ... und er beschützt mich mit seinen großen Schwingen vor der Sonne. Aber, na ja, mitten in der Stadt ist das wohl nicht sehr wahrscheinlich.
Und dann futtern diese Kerle ja auch was ganz anderes. Daran hatte ich überhaupt noch nicht gedacht. Erst du hast mich darauf gebracht. Ihhhhh ... eine Maus zum Frühstück? Ich glaub, ich hätte ihm vor Schreck den Koffer um die Hakennase gehauen. Wie kann man nur so unsensibel sein als Kavalier. Ein wahrer Mann von Welt hätte seine eigenen Vorlieben hintan gestellt und seine Tischdame wählen lassen. Das wäre jedenfalls stilvoll gewesen.
Gut, dass du gleich abgehauen bist. Aber hoffentlich hat der Kerl deine Telefonnummer und deine Adresse nicht. Verschmähte Liebhaber können nämlich manchmal ganz schön nachtragend sein. Und ich weiß nicht, ob deine Leute das mitmachen würden, wenn dauernd ein fremder Habicht vorm Wohnzimmerfenster säße und mit dem Schnabel an die Scheibe pochte.
Für mich stellt sich jetzt die Frage: Wen kann man denn überhaupt noch als Partner wählen? Die Greifvögel sind Rohfleischfresser und miefen aus dem Schnabel, sagst du, die Tauben sind oft unsolide mit ihrer Obdachlosigkeit, die Störche hauen immer gleich ab in den Süden, und die Rotkehlchen und Buchfinken sind zu schwach auf der Brust, um unsere Augen zum Leuchten zu bringen. Also bleibt doch nur unsere eigene Sippe übrig. Aber wie soll man einen feschen Ara oder einen Kakadu kennen lernen, wenn die Burschen von ihren Menschen unter Verschluss gehalten werden? Ich finde, es gibt viel zu wenig Möglichkeiten, wo unsereins Kontakt schließen kann. Stattdessen setzen uns die Federlosen irgend so einen Holzkopf wie Max vor die Nase und sagen: „Passt er nicht gut zu dir? Nun werdet man schön glücklich miteinander.“ Ich möchte mal wissen, wie blöd die Rinus aus der Wäsche guckte, wenn man sie mit einem Schuljungen verbändeln würde. Der sagt dann im Schlafzimmer Englischvokabeln auf und trägt einen Pyjama mit Dampfloks drauf. Würde es sie dann trösten, wenn die Oma antwortete: „Das kommt alles noch, mein liebes Kind. Aus dem Jungen wird mal ein großer, starker Mann werden.“ Und wenn nicht? Wenn der Kerl ein dummer, popeliger Bauerntrampel bliebe?
Ach, Ännchen, es ist alles so schwierig. Mit unserem Fotoprojekt kommen wir auch nicht voran. Erst hat der Coco die Filmkamera zu Hause vergessen, und jetzt hast du auch noch deine Digicam im Wald verloren. Na prima, da liegt sie gut. Können die Regenwürmer endlich mal gescheite Portraitaufnahmen machen. Bravo. Ich bin wohl nur von Versagern umgeben. Schau dir mal an, was unser Starfotograf Max M. U. Newton mit unserer Kamera gemacht hat: Ich geb mir alle Mühe, um eine prickelnde Stimmung zu erzeugen, und er drückt ab, wenn ich gerade aussehe wie ´ne Fledermaus beim Recktraining! Es ist zum Heulen. Urteile selbst: Sehe ich auf den Fotos vielleicht erotisch aus? Das nächste Mal knipse ich euch, wenn ihr gerade in der Mauser seid und eure graue Unterwäsche durchs grüne Trikot scheint. Dann will ich euch mal sehn, ob ihr das gut findet.
Was machen wir denn nun mit unserem Foto-Magazin? Ich höre.
Am Wochenende sollen wir wieder Besuch kriegen. Diesmal kommen zwei Gelb-Amazonen aus Sachsen, die Sklaven von der Tante Azrael. Sie sehen so aus wie du und leben da, wo Max herstammt. Oh, Mann, das kann ja was werden. Sie bringen sogar noch drei Graupis mit: zwei Mädels und einen Jungen. Die Rinus springt hier im Karree, macht wie ´ne Blöde sauber und packt den Kühlschrank voll komischer Früchte. Ich hoffe, der Sachsenklub ist kein Abbild von unserem wandelnden Schandfleck Max. Nicht dass sich Doofheit als Massenphänomen entpuppt. Denk dir, der eine Graupi heißt „Arthur“, aber ist ein Mädchen! Mein Opa, also der Vater von der Rinus, hieß auch Artur, doch der hatte ´ne Glatze und trug keine kirschrote Schleppe zu seinem grauen Sommeranzug. Die Mama sagt, „Arthur“ leite sich ab von „König Artus“, dem Ritter der Tafelrunde in England im Mittelalter. Na, das ist ja noch schlimmer: Womöglich kommt die Tussi jetzt mit einem Kettenhemd angerasselt und halbiert die Bananen mit einem Schwert.
Aber da fällt mir was ein: Agathe und Loui, also die beiden Amazonen, waren doch damals mit auf dem Gothic-Treffen, also auf jener Veranstaltung mit den 20 000 Verrückten in Tante Azraels Vorgarten, zu dem wir auch eingeladen waren, aber dann nicht hin konnten, weil wir zur selben Zeit schon bei Onkel Thorsten angemeldet waren. Mensch, Ännchen, dann sind die beiden bestimmt ziemlich freizügig. Vielleicht haben sie ja scharfe Fotos dabei, die wir für unser Magazin verwenden könnten.
Ich berichte weiter.
Ärgere dich nicht über Max und seine dummen Kommentare. Du kennst ihn doch: Er ist ein überreifer Monsterpfirsich, der dich erst blöde anspritzt und dann heulend zu Matsch zerfließt, sobald du ein bisschen fester auf seine Samthaut drückst. Du weißt ja, wie so was endet: als Biokompost. Und der kann nicht reden.
Viele Grüße
deine Freundin Mia
Fotos: Alles ich von Max verunstaltet.