R
Rinus
Guest
Liebe Tante Jane!
Hier ist wieder die Mia.
Die Mölle und der Jacko sind jetzt auf dem Weg zu dir. Wir haben sie vorhin an der Spedition an Jupp übergeben. Von der Rinus soll ich dir sagen, sie hätte beiden „Spaßvögeln“ ordentlich die Leviten gelesen, aber wenn Jacko trotzdem bekifftt nach Hause käme, dann hätte sie daran keine Schuld. Wir haben heute extra reichhaltig gefrühstückt, mit Omelett und Schinken auf Vollkorn(!)-Toast und so, damit unsere Gäste gut gewappnet sind. Der Sulki ist auch wieder dabei, außerdem ein großes flaches Paket in braunem Packpapier. Wundere dich bitte nicht darüber, Tante Jane, denn das ist ein Geschenk von uns an Mölle: Liebermanns Bild „Papageienallee“ im Silberrahmen. Das fand die Mölle so schön, deswegen hat es die Rinus von der Wand genommen und es für sie eingepackt. Der Jacko hat übrigens auch was mitgekriegt: Ein dickes Buch. Die Geschichte handelt von einem unbelehrbar frechen und großmauligen Enterich, der von seiner entnervten Menschenfamilie auf Spitzbergen ausgesetzt wird und dann in einem mehrjährigen Gewaltmarsch unter härtesten Entbehrungen zu Fuß nach Hause in Holland zurückkehren muss. Mir gefällt dieses Buch, Max findet die Handlung total unrealistisch.
Willst du wissen, was wir gestern gemacht haben? Wir waren tanzen! Jawohl – Riverdance! Bei uns im Freizeitheim war nämlich gestern Folkloretanz-Nachmittag mit vielen Workshops und Veranstaltungen. Mölle und ich fanden die Idee von Anfang an Klasse. Nur die Jungs haben gemault und meinten, das wäre Mädchenkram. Doch die Rinus sagte, ein bisschen Bewegung in geordneten Bahnen und inmitten einer Gruppe könne ihnen nicht schaden. Also mussten sie mit. Max hatte sein Indian-Käppi auf und Jacko den albernen Tropenhelm von Tante Sonja. Das sah vielleicht bekloppt aus! Wir Mädels schick im Kleid mit passendem Make-up, und dann zwei nackte, stänkernde Jungs mit Kopfdeckeln im Schlepptau! Das war sooooo peinlich! Und natürlich waren wir mal wieder die einzigen Amazonen weit und breit. Da guckte sowieso alles auf uns.
Und dann erst das Tanzen! Zuerst waren wir alle vier in einer Squaredance-Truppe. Du weißt schon, wo man nach Fiedelmusik so hin und her wirbelt und dabei die Partner wechselt. Hat man früher im Wilden Westen gern gemacht. Ich hab mit Jacko getanzt, die Mölle mit Max. Das Partnertauschen war freilich etwas anstrengend, das stimmt wohl, weil alle anderen viel größer waren als wir, aber weil es eine Kindergruppe war, ging es noch einigermaßen mit dem Runterbücken und Hochgehobenwerden. Es hat super viel Spaß gemacht. Nur Jacko und Max sind manchmal extra in die falsche Richtung gelatscht und haben uns beim Drehen den Fuß hingehalten und dann natürlich gelacht, als Mölle und ich hinknallten und über den Boden schlidderten zwischen die Beine der Kinder. Die Tanzlehrerin hat aber den Menschenleuten gesagt, sie sollten gut aufpassen, dass sie uns nicht aus Versehen auf die Füße treten, und die Rinus, die das auch gesehen hatte, hat den Jungs zugerufen, dass auf sie zu Hause bereits eine schöne Überraschung warte, sie hätten aber noch Einfluss darauf, wie anstrengend sich diese Überraschung gestalten werden, je nachdem, wie harmonisch fortan ihre Tanzbemühungen ausfielen.
Seitdem ging es tatsächlich etwas besser. Nur der skandinavische Bändertanz musste abgebrochen werden, weil Max und Jacko ihre Bänder so blöd um den Pfahl gewickelt hatten, dass er sich beim Zurücktanzen nicht mehr auflöste und der Hausmeister kommen und das Gezottele mit der Schere abtrennen musste. Danach meinte die Lehrerin, wir sollte es lieber mit einer Formation versuchen, wo man sich nicht viel vom Fleck zu bewegen braucht, sondern mehr mit den Füßen auf der Stelle arbeitet. So sind wir also in der Riverdance-Gruppe gelandet.
Also, Tante Jane, das war der Hit! Wir alle fünfzehn Mitglieder aufgereiht in einer Linie, die größten Kinder außen und wir vier Amazonen in der Mitte. Okay, solche speziellen Schuhe mit den Klappersohlen, wie sie die Riverdance-Gruppenmitglieder besaßen, hatten wir natürlich nicht. Wir tanzten barfuß, allerdings hatte der Hausmeister uns schmale, dünne Metallplättchen aus seinem Werkzeugkasten unter die Füße geklebt. Damit konnten wir dann auch ordentlich mitklappern, und den Kleber haben wir hinterher auch wieder gut abgekriegt.
Das war echt die Wucht! Wie wir die Beine geworfen haben! Schritte nach links, nach rechts, vor und zurück! Saaaa...gen...haft! Klar, so gut wie die anderen waren wir natürlich nicht, und mit unseren Samba-Hüftschwenkkünsten konnten Mölle und ich nicht wirklich was anfangen, aber es hat total viel Spaß gemacht, und dadurch, dass wir in einer Reihe standen und alles synchron machen sollten, fiel es natürlich besonders auf, wenn Max und Jacko Faxen machten und wie Nilpferde hinterherklappten. Dummerweise störte sie das aber nicht. Sie waren dauernd am Gackern.
Um sechs waren wir wieder zu Hause. Nach dem Abendessen wollten Max und Jacko noch ein bisschen Aufziehautos über den Flur flutschen lassen (schön mit Schmackes gegen die Türen donnern und dann „Oh – war keine Absicht!“ rufen). Doch die Rinus winkte mit dem Zeigefinger und sagte, Flur wäre gut, nur die Fortbewegungsform eine andere. Tjaaaaa ... und dann mussten die beiden den Sulki holen. Mölle und ich durften uns abwechselnd reinsetzen, während Max und Jacko abwechselnd vorne an die Riemen geschnallt wurden und uns dann im Laufschritt ziehen mussten: einmal den Flur lang, durch die Küche bis zum Fenster, unterm Esstisch durch und wieder zurück zum Ausgangspunkt im Flur.
Das war schick! Meckern half nicht – die Rinus überwachte alles und meinte, das wäre die Strafe, weil Max und Jacko versucht hatten, uns den Spaß zu verderben beim Tanzen. Nun sollten sie mal schön ziehen und laufen. Leider war das Rennen aber schon nach einer halben Stunde vorbei. Da lag Max nämlich heulend in den Seilen und brüllte, er habe ja solche Seitenstiche! Und Jacko war mit Mölle so scharf in die Kurve gegangen, dass der Sulki umkippte und Mölle auf dem Rücken gegen die Flurkommode prallte. Passiert ist ihr Gott sei Dank nix.
Abends haben wir uns dann noch das „Titanic“-Video angeschaut – diesmal sogar ohne Zwischenfälle. Die Jungs hingen nämlich in der Voli auf ihrer Stangen und schliefen. Die waren putt und hatten keine Lust mehr, uns zu ärgern. Mölle hatte richtig Tränen in den Augen vor Dankbarkeit. Nicht nur wegen der traurigen Liebesgeschichte, sondern weil sie meinte, endlich quatsche mal nicht der doofe Jacko dazwischen mit seinem blöden Kommentar „Ama gluck-gluck.“
Und jetzt sind Mölle und Jacko also auf dem Weg nach Hause zu euch. Die Mölle ist supernett, und Max findet den Jacko auch total Klasse. Die Rinus lässt dich schön grüßen und hofft, dass die beiden nicht allzu Schlimmes zu berichten haben. Bitte sag kurz Bescheid, wenn sie gut bei dir angekommen sind. Sie dürfen uns natürlich wieder mal besuchen kommen – ist doch klar!
Viele Grüße
deine Mia
Hier ist wieder die Mia.
Die Mölle und der Jacko sind jetzt auf dem Weg zu dir. Wir haben sie vorhin an der Spedition an Jupp übergeben. Von der Rinus soll ich dir sagen, sie hätte beiden „Spaßvögeln“ ordentlich die Leviten gelesen, aber wenn Jacko trotzdem bekifftt nach Hause käme, dann hätte sie daran keine Schuld. Wir haben heute extra reichhaltig gefrühstückt, mit Omelett und Schinken auf Vollkorn(!)-Toast und so, damit unsere Gäste gut gewappnet sind. Der Sulki ist auch wieder dabei, außerdem ein großes flaches Paket in braunem Packpapier. Wundere dich bitte nicht darüber, Tante Jane, denn das ist ein Geschenk von uns an Mölle: Liebermanns Bild „Papageienallee“ im Silberrahmen. Das fand die Mölle so schön, deswegen hat es die Rinus von der Wand genommen und es für sie eingepackt. Der Jacko hat übrigens auch was mitgekriegt: Ein dickes Buch. Die Geschichte handelt von einem unbelehrbar frechen und großmauligen Enterich, der von seiner entnervten Menschenfamilie auf Spitzbergen ausgesetzt wird und dann in einem mehrjährigen Gewaltmarsch unter härtesten Entbehrungen zu Fuß nach Hause in Holland zurückkehren muss. Mir gefällt dieses Buch, Max findet die Handlung total unrealistisch.
Willst du wissen, was wir gestern gemacht haben? Wir waren tanzen! Jawohl – Riverdance! Bei uns im Freizeitheim war nämlich gestern Folkloretanz-Nachmittag mit vielen Workshops und Veranstaltungen. Mölle und ich fanden die Idee von Anfang an Klasse. Nur die Jungs haben gemault und meinten, das wäre Mädchenkram. Doch die Rinus sagte, ein bisschen Bewegung in geordneten Bahnen und inmitten einer Gruppe könne ihnen nicht schaden. Also mussten sie mit. Max hatte sein Indian-Käppi auf und Jacko den albernen Tropenhelm von Tante Sonja. Das sah vielleicht bekloppt aus! Wir Mädels schick im Kleid mit passendem Make-up, und dann zwei nackte, stänkernde Jungs mit Kopfdeckeln im Schlepptau! Das war sooooo peinlich! Und natürlich waren wir mal wieder die einzigen Amazonen weit und breit. Da guckte sowieso alles auf uns.
Und dann erst das Tanzen! Zuerst waren wir alle vier in einer Squaredance-Truppe. Du weißt schon, wo man nach Fiedelmusik so hin und her wirbelt und dabei die Partner wechselt. Hat man früher im Wilden Westen gern gemacht. Ich hab mit Jacko getanzt, die Mölle mit Max. Das Partnertauschen war freilich etwas anstrengend, das stimmt wohl, weil alle anderen viel größer waren als wir, aber weil es eine Kindergruppe war, ging es noch einigermaßen mit dem Runterbücken und Hochgehobenwerden. Es hat super viel Spaß gemacht. Nur Jacko und Max sind manchmal extra in die falsche Richtung gelatscht und haben uns beim Drehen den Fuß hingehalten und dann natürlich gelacht, als Mölle und ich hinknallten und über den Boden schlidderten zwischen die Beine der Kinder. Die Tanzlehrerin hat aber den Menschenleuten gesagt, sie sollten gut aufpassen, dass sie uns nicht aus Versehen auf die Füße treten, und die Rinus, die das auch gesehen hatte, hat den Jungs zugerufen, dass auf sie zu Hause bereits eine schöne Überraschung warte, sie hätten aber noch Einfluss darauf, wie anstrengend sich diese Überraschung gestalten werden, je nachdem, wie harmonisch fortan ihre Tanzbemühungen ausfielen.
Seitdem ging es tatsächlich etwas besser. Nur der skandinavische Bändertanz musste abgebrochen werden, weil Max und Jacko ihre Bänder so blöd um den Pfahl gewickelt hatten, dass er sich beim Zurücktanzen nicht mehr auflöste und der Hausmeister kommen und das Gezottele mit der Schere abtrennen musste. Danach meinte die Lehrerin, wir sollte es lieber mit einer Formation versuchen, wo man sich nicht viel vom Fleck zu bewegen braucht, sondern mehr mit den Füßen auf der Stelle arbeitet. So sind wir also in der Riverdance-Gruppe gelandet.
Also, Tante Jane, das war der Hit! Wir alle fünfzehn Mitglieder aufgereiht in einer Linie, die größten Kinder außen und wir vier Amazonen in der Mitte. Okay, solche speziellen Schuhe mit den Klappersohlen, wie sie die Riverdance-Gruppenmitglieder besaßen, hatten wir natürlich nicht. Wir tanzten barfuß, allerdings hatte der Hausmeister uns schmale, dünne Metallplättchen aus seinem Werkzeugkasten unter die Füße geklebt. Damit konnten wir dann auch ordentlich mitklappern, und den Kleber haben wir hinterher auch wieder gut abgekriegt.
Das war echt die Wucht! Wie wir die Beine geworfen haben! Schritte nach links, nach rechts, vor und zurück! Saaaa...gen...haft! Klar, so gut wie die anderen waren wir natürlich nicht, und mit unseren Samba-Hüftschwenkkünsten konnten Mölle und ich nicht wirklich was anfangen, aber es hat total viel Spaß gemacht, und dadurch, dass wir in einer Reihe standen und alles synchron machen sollten, fiel es natürlich besonders auf, wenn Max und Jacko Faxen machten und wie Nilpferde hinterherklappten. Dummerweise störte sie das aber nicht. Sie waren dauernd am Gackern.
Um sechs waren wir wieder zu Hause. Nach dem Abendessen wollten Max und Jacko noch ein bisschen Aufziehautos über den Flur flutschen lassen (schön mit Schmackes gegen die Türen donnern und dann „Oh – war keine Absicht!“ rufen). Doch die Rinus winkte mit dem Zeigefinger und sagte, Flur wäre gut, nur die Fortbewegungsform eine andere. Tjaaaaa ... und dann mussten die beiden den Sulki holen. Mölle und ich durften uns abwechselnd reinsetzen, während Max und Jacko abwechselnd vorne an die Riemen geschnallt wurden und uns dann im Laufschritt ziehen mussten: einmal den Flur lang, durch die Küche bis zum Fenster, unterm Esstisch durch und wieder zurück zum Ausgangspunkt im Flur.
Das war schick! Meckern half nicht – die Rinus überwachte alles und meinte, das wäre die Strafe, weil Max und Jacko versucht hatten, uns den Spaß zu verderben beim Tanzen. Nun sollten sie mal schön ziehen und laufen. Leider war das Rennen aber schon nach einer halben Stunde vorbei. Da lag Max nämlich heulend in den Seilen und brüllte, er habe ja solche Seitenstiche! Und Jacko war mit Mölle so scharf in die Kurve gegangen, dass der Sulki umkippte und Mölle auf dem Rücken gegen die Flurkommode prallte. Passiert ist ihr Gott sei Dank nix.
Abends haben wir uns dann noch das „Titanic“-Video angeschaut – diesmal sogar ohne Zwischenfälle. Die Jungs hingen nämlich in der Voli auf ihrer Stangen und schliefen. Die waren putt und hatten keine Lust mehr, uns zu ärgern. Mölle hatte richtig Tränen in den Augen vor Dankbarkeit. Nicht nur wegen der traurigen Liebesgeschichte, sondern weil sie meinte, endlich quatsche mal nicht der doofe Jacko dazwischen mit seinem blöden Kommentar „Ama gluck-gluck.“
Und jetzt sind Mölle und Jacko also auf dem Weg nach Hause zu euch. Die Mölle ist supernett, und Max findet den Jacko auch total Klasse. Die Rinus lässt dich schön grüßen und hofft, dass die beiden nicht allzu Schlimmes zu berichten haben. Bitte sag kurz Bescheid, wenn sie gut bei dir angekommen sind. Sie dürfen uns natürlich wieder mal besuchen kommen – ist doch klar!
Viele Grüße
deine Mia