Ich habe nun das Buch „Bleivergiftungen bei Seeadlern: Ursachen und Lösungsansätze“ vor mir liegen.
Es wurden Versuche über die Aufnahme verschiedener Materialien im Vogelkörper angestellt. Blei wird demnach offenbar im Magen durchaus aufgenommen, bis hin zur lethalen Dosis.
Es wird in zahlreichen Röntgenbildern gezeigt, wieviele Bleifragmente im Wildkörper hängen bleiben, wenn dieser mit den herkömmlichen Teilmantelgeschossen beschossen wird.
Allerdings wird in diesem Fall (wie eigentlich immer) der methodische Fehler gemacht, daß ein ganzes Stück Wild geröntgt wird. Ursache der Bleivergiftungen kann aber nur zu sehr geringen Teilen getroffenes und verendetes Wild sein (beschossenes Wild sucht immer die Dickung, in die der Seeadler normalerweise nicht hinkommt, außerdem wird beschossenes Wild in vermutlich mehr als 99% der Fälle gefunden und geborgen). Die Aufbrüche sind das Problem, aber genau die werden nicht separat geröntgt.
Vielmehr hätte man die für Seeadler zugänglich übriggelassenen Aufbrüche auf Bleipartikel untersuchen müssen. Die Toxizität der Bleipartikel ist aber wohl nicht von der Hand zu weisen.
Es wird festgestellt, daß die Zahl der mit Bleivergiftung gefundenen Seeadlern mit dem Säugeranteil in der Beute korrelliert. Die höchsten Säugeranteile sind in den Wintermonaten zu finden, ebenso wie die meisten bleivergifteten Seeadler.
Allerdings stelle ich mir folgende Frage: Warum fallen in den Monaten Februar bis April sehr viele Seeadler dem Blei zum Opfer, obwohl die Jagdsaison Ende Januar ihr Ende findet? Und warum fallen von Juni bis August überhaupt keine vergifteten Seeadler an, obwohl die Jagd ab Mai wieder in vollem Gange ist? Kann der Bleitod erst 2-3 Monate nach der letzten Bleiaufnahme eintreten?
Darüberhinaus fehlt mir eine Untersuchung der sonstigen Beutetiere des Seeadlers (Fische, Vögel) auf Bleigehalt. Die Frage, ob die Fische und Vögel in den Untersuchungsgebieten erhöhte Bleiwerte aufweisen (und somit als weitere Bleiquelle - in welchem Umfang auch immer) in Frage kommen, bleibt unbeantwortet. Würde man dies untersuchen, könnte man feststellen, welcher Anteil am aufgenommenen Blei aus Munitionsresten stammt und welcher aus anderen Quellen.
Insgesamt eine interessante Abhandlung, die allerdings Fragen offen läßt bzw. weitere Fragen aufwirft.
Wir wissen nun, daß Blei in beschossenem Wild steckt, wir wissen, daß dieses von den Seeadlern aufgenommen wird und wir wissen auch, daß dieses Blei vom Vogelkörper in Teilen aufgenommen wird. Also täten wir gut daran, diese Bleiquelle möglichst zeitnah auszuschalten.
Wir wissen aber nicht, ob es noch weitere Bleiquellen gibt, die möglicherweise einen Einfluß haben. Hier ist mir die Abhandlung zu einseitig auf Geschosse ausgerichtet.
VG
Pere