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Mindo/Ecuador
Deutsches Geld und Mindos Wald
Beim Bau der von der WestLB finanzierten Pipeline in Ecuador kommt es zu Arbeitsunfällen. Schwere Erdrutsche behindern die Arbeiten. Regionale Widerstandsgruppen klagen gegen den Projektträger auf 600 Millionen Dollar Entschädigung
FRANK BIERMANN
„Mit deutschem Geld werden unsere Wälder zerstört“ – Marco, Carmen und Giovanni von der „Accion por la vida“ aus Mindo in Ecuador haben das Transparent aufgehängt. Die ehemalige westdeutsche Landesbank, die heutige WestLB kennen sie nicht. Aber sie wissen, dass ihr Dorf zu 80 Prozent vom Ökotourismus lebt. Und dass es aufwärts ging, seit die Touristen kamen, angelockt von der Vogelvielfalt, vom Wasserfall und dem Charme der 1.700-Seelengemeinde. Doch seitdem die OCP (Oleoducto de Crudos Pesados) angefangen hat, mit einem von der WestLB arrangierten 900 Millionen Dollar-Kredit eine Erdöl-Pipeline quer durch den Urwald zu bauen, hängt der Gemeindesegen schief. „Fuera OCP, hau ab OCP“ ist an den Wänden zu lesen. Mindos Bürgermeister stolziert mit Cowboyhut durch den Ort. Er ist für die Pipeline, in seinem Büro steht jetzt ein Computer. „Die Ölgesellschaften sind keine Bestien mehr, sie sind etwas gebändigt und legen nun Sozialprogramme auf“, sagt der Bischof von Sucumbios, Gonzalo Lopez. Die Kacheln im Freibad hat die OCP erneuert, am Ortsrand eine Brücke über den Rio Mindo gebaut. Wenn man nachmittags an der Hauptstraße sitzt, sieht man Männer in bunten Bussen von der Arbeit zurückkommen. Für etwa 4 Dollar am Tag dürfen sie beim Pipelinebau mitarbeiten. Ein riskanter Job. 47 Arbeiter sollen laut der „Accion por la vida“ allein in der Region Mindo ihr Leben bei den Bauarbeiten verloren haben. Die OCP spricht von einem Toten, alles verlaufe planmäßig, die Pipeline werde im 3. Quartal 2003 fertiggestellt. Doch das Vertrauen der Finanzwelt schwindet. Nahe der Hauptstadt Quito kam es zu einer schweren Erdölkatastrophe in einem Trinkwasserreservoir. Die Ratingagentur „Moodys“ hat das Rating für die OCP-Pipeline seitdem eingestellt. Begründung: Die Informationen der OCP seien „unzureichend“. Am Dienstag soll ein Erdrutsch eine staatliche Erdölpipeline zerstört haben. Im April war es bereits zu einem Erdrutsch gekommen, der verlegte Pipelineteile bei Mindo aus der Verankerung gerissen hat. Die Dorfjugend ist eingeschüchtert. Vor einem Jahr haben sie an einem Widerstandscamp teilgenommen, bis es mit Polizeigewalt geräumt wurde. Dabei standen ihre Zelte auf einem Grundstück, das der „Accion por la vida“ gehört. Das Geld für das Grundstück hatte die NGO „Rettet den Regenwald“ in Deutschland zusammengebracht. Nach der Räumung wurden die Protestler kriminalisiert, Tage oder Wochen verbrachten sie in ecuadorianischen Knästen. „Allen, die mir das Erdölprojekt schlecht machen, erkläre ich den Krieg“, hatte schon der Ex-Präsident Gustavo Naboa gedroht. Unter dem neuen Präsidenten Luzio Gutiérrez, einem linksnationalistischen Militär, der mit den Indigenas, den Marxisten und den Gewerkschaften regiert, sollte es besser werden. Als sich aber Anfang April eine Delegation von deutschen Journalisten und Wissenschaftlern mit den Aktivisten der „Accion por la Vida“ auf den Weg zur Baustelle macht, werden auch sie am Betreten des Sperrgrundstückes auf dem Berg Guarumos gehindert. Eine schwer bewaffnete Allianz aus OCP-Sicherheitskräften, Polizei und Militär stellt sich in den Weg. „Die WestLB arbeitet hier mit Kriminellen zusammen“, sagt Werner Paczian, Sprecher von „Rettet den Regenwald“. Von Rechtstaatlichkeit seien die Verhältnisse in Mindo weit entfernt. Auch anderswo entlang der 500 Kilometer langen Pipelinestrecke wird mit den Anwohnern nicht zimperlich umgegangen. Der ehemalige Weltbankmitarbeiter Robert Goodland hat in einem Gutachten zahlreiche Fälle von Betrug, Einschüchterung und Gewalt durch die Polizei aufgelistet, Teile der Polizei würden von der OCP bezahlt. Für Goodland ist der Bau der Pipeline nicht mit den Umweltstandards der Weltbank in Einklang zu bringen. Allein Rechtsanwalt Dr. Gerado Morales Suárez verbreitet Zuversicht. Er hat eine Klage eingereicht gegen die OCP: Die Pipeline soll im Bypass um den Mindo-Urwald herumgelegt werden, 600 Millionen Dollar Entschädigung fordert er für das Abholzen von 4.000 Bäumen und die Schäden an den Grundstücken. Doch ob seine Klage die Allmacht der OCP, hinter der die sechs multinationalen Konzerne AEC, Repsol-YPF, Pecom, Occidental Petroleum, AGIP und Techint stehen, brechen kann, weiß er selbst nicht. Ecuador sei kein Rechtsstaat, sagt Suárez, für einige Zeit war er Richter am Obersten Gerichtshof in Quito. Der politische Druck auf die Gerichte sei groß. Die Gegner der Pipeline hoffen nun auf internationale Solidarität. Italienische und deutsche Grüne sollen sich an Grundstücken entlang der Trasse beteiligen und dann Entschädigungen einklagen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, wie der trotzige Schlachtruf der „Accion por la vida“: „Hasta la victoria, siempre“. Immer vorwärts bis zum Sieg. .
 
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