Balzen Gouldsamadinen auch in der Ruheperiode?

Diskutiere Balzen Gouldsamadinen auch in der Ruheperiode? im Forum Australische und ozeanische Prachtfinken im Bereich Prachtfinken - eigentlich sollten sich meine goulds in der ruheperiode befinden, ich züchte über winter im aufgeheizten kellerraum mit ausreichend licht...
7_of_9

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eigentlich sollten sich meine goulds in der ruheperiode befinden, ich züchte über winter im aufgeheizten kellerraum mit ausreichend licht...

biete momentan nur ca 10 stunden licht an, sie erhalten nur trockenfutter, also nichts grünes und kein keimfutter; einmal in der woche gibt es kolbenhirse.....

trotz dieser "mageren" bedingungen balzen die jungs wie böse....
ist das normal für goulds oder mach ich nochwas falsch??? sollte ich die kolbenhirse ganz weglassen????
 
Nachdem ich in Neuseeland lebe, mache ich offensichtlich andere und sehr interessante Beobachtungen bei meinen Goulds. Unser Klima ist zwar kühler als in der ursprünglichen Heimat der Goulds, jedoch ist es eindeutig ein ganz anderes Klima als in Mitteleuropa. Es geht bei den Goulds nicht nur um die Wärme (was man offensichtlich in Deutschland fälschlich meint!!!), sondern um die gesamten Einflüsse. Also auch Luftfeuchtigkeit und Tageslänge und natürlich dann auch alle diese Faktoren zusammengenommen. Sie wirken ja nicht einzeln, sondern in der Gesamtheit.

Aus meinen Beobachtungen ziehe ich folgenden Schluss:

Der Brutablauf und überhaupt der gesamte Lebenszyklus der Goulds ist nur minimal, wenn überhaupt, von der Temperatur bestimmt. Vielmehr ist es von Bedeutung, ob es sehr trocken ist oder feucht. Die Feuchtigkeit hat offensichtlich einen größeren Einfluss als Wärme und Licht.

Bei uns ist jetzt Winter (allerdings ist der Winter hier sehr mild) und trotzdem hat nun ein Paar Eier im Nest. Schon seit 2 Wochen ist es recht kühl, die Nachttemperaturen in meinem Vogelhaus fallen oft bis auf 2-3°. Ausgerechnet zur Zeit der Eiablage hatten wir drei Nachtfröste hintereinander! Bei Tage allerdings ist es dann warm, bis zu 20°. Dies halte ich für sehr wichtig, denn dauernde Kälte halten die Vögel nicht aus. Sie müssen sich jeden Tag wieder aufwärmen können, das ist extrem wichtig zu wissen. Auch Zugluft ist sehr schädlich, denn Goulds haben kein Dunengefieder und deshalb bläst der Wind viel leichter durch ihr Gefieder durch.
Bezüglich Licht wird wahrscheinlich in Deutschland auch des Guten zu viel getan. In ihrer Ursprungsheimat ist der Unterschied der Tageslänge von Sommer und Winter sehr gering. Es gibt dort keine langen Sommertage. Aber auch keine sehr kurzen Wintertage. Eine extrem lange Beleuchtung halte ich für unnatürlich und bringt den normalen Lebensrythmus durcheinander.

Es mag sein, dass du in deiner Haltung viel Feuchtigkeit hast und vielleicht auch zu lange beleuchtest. Das Futter mag zwar auch einen Einfluss haben, aber gibt möglicherweise nicht den einzigen Ausschlag.
Meine Vögel hatten mitten im Sommer, bei Temperaturen um die 30° wenig oder gar keine Neigung zur Brut gezeigt. Sie sassen still herum und warteten, bis es am Abend kühler wurde. Dann wurden sie wieder lebhaft. Der Bruttrieb setzte jedoch sofort ein, als es gegen Ende des Sommers mehrmals geregnet hatte. Dieses Verhalten ist eigentlich sehr verständlich. Denn in ihrer Heimat fangen dann die Futterpflanzen an zu wachsen. In der Sommerhitze ist wenig Futter vorhanden und die Jungen würden verhungern.

Die Mauser hat offensichtlich auch etwas mit dem Klima zu tun. Meine Vögel, die im März geboren wurden (das entspricht dem September bei euch) zeigen noch überhaupt keine Anzeichen eines Federwechsels. Ich bin sicher, dass die jetzt kühle Jahreszeit dies verhindert, was ja absolut Sinn macht. Sie werden sicher im Frühjahr mausern und dann sofort brüten. Also vollkommen dem Zyklus europäischer Vögel entgegen.

All diese Dinge sollten uns zum Nachdenken und auch zum Experimentieren anregen. Naturgerechte Vogelhaltung bedeutet mehr als nur Wärme. Man muss sich die Gegebenheiten im Ursprungsland schon sehr genau ansehen. Und mit europäischen Vögeln und ihrem Brutablauf darf man auch nicht vergleichen. Denn in Europa gibt es Jahreszeiten und logischer Weise müssen sich die Vögel auf diese einstellen und ihren Brutzyklus danach ausrichten. In Australien gibt es keine Jahreszeiten, sondern Regenzeiten und Trockenzeiten.

Ob eure Vögel sich teilweise, ganz, oder gar nicht den europäischen Verhältnissen angepaßt haben, ist eine offene Frage. Vielleicht haben sich einige Stämme angeaßt, andere nicht oder nur wenig.
Vögle, die im Zimmer gehalten werden, haben nahezu immer dieselben Bedingungen. Das ist jedoch auch nicht naturnah. Wie man die Goulds in Europa naturnah halten kann, ist ebenfalls eine offene Frage. Ob man sie im Laufe der Zeit zu Europäern machen kann, ist ebenfalls fraglich. Immerhin jedoch gibt es viele, viele Goulds in Europa und das beweist eigentlich, dass eine Anpassung bereits erfolgt ist. Aber es ist möglich, dass sich noch nicht alle Vögel angepasst haben und dann aus der Reihe tanzen und Rätsel aufgeben, so wie deine Vögel.

Ich betrachte diese Zeilen nicht als Rezept für die Gouldshaltung in Europa, sondern lediglich als Gedankenaustausch und vielleicht als Anregung, Probleme oder Ungereimtheiten bei den Goulds auch einmal mit anderen Augen zu betrachten.

Schöne Grüße
Werner
 
hey, danke werner,
ich freu mich echt über deine ausführlichen, langen und auch logischen erklärungen......
dein "denkansatz" könnte wirklich zutreffen, denn die luftfeuchtigkeit ist in meinem kellerraum wo sich die gouöds befinden eher hoch.....
jetzt im sommer sind die fenster wieder, wenn es die witterung zulässt, durchgängig offen und die luftfeuchitgkeit wird sinken....
ich werde beobachten, ob sich mit sinkender lufgtfeuchtigkeit das balzverhalten verändert.....
jetzt noch ne frage bezüglich licht:
wie lange sind denn die tage in australien in der trocken- und in der regenzeit...?? so könnte ich die lichtverhältnisse ebenfalls möglichst "nasturnahe" anpassen...
 
Das Verbreitungsgebiet der Goulds ist ziemlich groß, sodass ich hier nur einen Mittelwert aus dem Verbreitungsgebiet im Norden angebenkann. Im Süden werden die Unterschiede dann wieder größer. Aber selbst in Sydney (das liegt etwa auf unserem Breitengrad vom Norden in Neuseeland) ist der Unterschied zwischen Tag und Nacht von Sommer und Winter wesentlich geringer als in Deutschland.

Im Norden von Australien ist der Unterschied der Tageslänge von Sommer zu Winter nur etwa 1 bis 1 1/2 Stunden, im südlichen Gebiet ihrer Verbreitung höchsten 1/2 Stunde mehr. Das heißt, im Sommer ist der Tag etwa 13, höchstens 14 Stunden lang, im Winter nicht kürzer als 10 bis 11 Stunden.
In Deutschland ist der Sommertag von nach 21 Uhr bis 4 Uhr. Das sind 17 Stunden!!! Und der Wintertag ist ungefähr nur von 8.30 bis 16 Uhr. Das sind nur kaum 8 Stunden! Also ein gewaltiger Unterschied zu den Zeiten in Nordaustralien.
Übrigens ist auch innerhalb von Deutschland schon ein nicht zu übersehender Unterschied. Im Norden wird es im Sommer erst um 22 Uhr wirklich dunkel, im Süden schon um 21 Uhr. Im Süden Deutschlands ist der Unterschied von Tag und Nacht von Sommer und Winter im Vergleich zum Norden fast 1 Stunde.

Den Wintertag kannst du in Deutschland künstlich verlängern. Den langen Sommertag kannst du allerdings nicht verkürzen. Darin liegt wohl ein Problem, das man nicht lösen kann. Ob sich die Goulds im Laufe der Zeit an diese anderen Verhältnisse anpassen bzw. angepasst haben, ist wahrscheinlich, sonst hätten sie ja nicht bis heute durchgehalten und gezüchtet! Jedoch wird trotzdem immer wieder der eine oder andere Vogel nicht so gut damit zurecht kommen. Aber auch das könnte sich im Laufe der Jahre langsam ändern. Vielleicht auch nicht. Sicher kann man wohl nicht sein, wie weit eine Art sich in so extremer Weise umstellen kann. Nachdem die Goulds in Mitteleuropa doch recht gut brüten und auch gesund sind, kann man wohl davon ausgehen, dass es einigermaßen geklappt hat.
Trotzdem sollte man niemals vergessen, was die ursprünglichen Lebensbedingungen waren.

Es wird hier im Forum oft von der naturnahen Haltung gesprochen. Diese ist selbstverständlich anzustreben. Nur ist die Frage bei Vögeln wie den Goulds, ob man sie in Deutschland überhaupt naturnah halten kann. Denn das Wetter, die Tageslänge und auch noch viele andere Einflüsse, kann man nicht ändern und somit nicht die natürlichen Bedingungen für diese Vögel schaffen. So las ich einmal einen Artikel, in dem von dem komplizierten Zusammenspiel von Land und Meer, Tagesänge und Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck (Höhenlage z.B.) und noch vielen anderen Dingen die Rede war. Nicht jeder dieser Faktoren sollte für sich alleine betrachtet werden, denn das Zusammenspiel von all diesen Faktoren ist wohl das, was die ganz bestimmte Natur eines Gebietes ausmacht. Nur dort, wo die Tiere herkommen, ist eine weitgehend naturnahe Haltung möglich. Je weiter weg man ist, umso unnatürlicher wird die Haltung.
Trotzdem kann man versuchen, es so gut wie möglich zu machen! Aber man sollte sich nicht vormachen, dass man einen Exoten naturnah halten kann.

Was mich mal nebenbei interessieren würde, sind die Anzahl der Jungen, die man im Durchschitt in Deutschland von Goulds erzielt. Bei uns brüten sie sehr gut und zuverlässig und mehr als 10 Junge sind eigentlich die Regel. Habe schon von Züchtern gehört, die in drei Bruten jeweils 6 Junge hatten. Also 15 bis 18 Junge kommen vor. Das allerdings nur im Norden von Neuseeland. Wie das weiter im Süden ist, weiß ich nicht. Im Süden ist das Klima nicht viel wärmer als in Deutschland. Neuseeland ist 2000 km von Nord bis Süd, zusätzlich noch Höhenlagen, Hochgebirge und Tiefland, Meeresnähe und -ferne, was wiederum ganz verschiedene Klimazonen hervorbringt. Man kann demnach immer nur von einer bestimmten Region sprechen und nicht von ganz Neuseeland.

Schöne Grüße
Werner
 
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