Brutverhalten der Gouldsamadinen im nördlichen Neuseeland

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Werner_Krieger

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Hallo liebe Freunde in Deutschland

Ich lebe seit 1989 in Neuseeland und halte und züchte seit einigen Jahren Goulds.

Meine Erfahrungen bezüglich des Brutverhaltens sind sehr verschieden von all dem, was ich aus meiner Zeit in Deutschland kenne. Deshalb möchte ich mal hierüber etwas schreiben und denke, dass meine Erfahrungen ein ganz anderes Licht auf das normale Brutverhalten der Goulds wirft.

Neuseeland ist ein sehr lang gezogenes Land, das in der N-S-Ausdehnung mehr als 2000 km beträgt. Zudem kommt noch hinzu, dass es sowohl Hochgebirge wie auch Flachland und Mittelgebirge gibt. Diese Vielseitigkeit der Landschaft und die große Nord-Süd Ausdehnung hat zur Folge, dass es viele sehr verschiedene Klimazonen gibt. Ich kann mich nachfolgend in meinen Ausführungen nur auf die Situation bei mir beziehen, nicht auf die Verhältnisse im übrigen Neuseeland, insbesondere nicht auf die Südinsel, die ein ganz anderes Klima hat (ähnlich wie Deutschland, nur etwas wärmer im Winter, aber immerhin etwas Schnee und Frost).

Ich lebe ganz im Norden und somit im subtropischen Bereich. Die Sommer sind lang und meistens sehr trocken. Die Temperaturen liegen zwischen 25° und 30°, selten etwas darüber. Im Winter ist es überwiegend feucht bis sehr feucht (Luftfeuchtigkeit oft bis über 90% und kaum unter 80%) mit teilweise auch sehr starken Regenfällen. Die Tagestemperatur liegt selten unter 15° bei Regenwetter, bei Nacht oft nicht sehr viel kälter. Bei Hochdrucklage, die natürlich auch gelegentlich vorkommt im Winter, kann es sogar bis 20° warm werden, dann sind allerdings die Nächte sehr kalt bis zu 5°, selten auch mal ein geringer Nachtfrost bis -1° oder -2°, im Durchschnitt etwa 5 mal pro Winter. Meistens also frostfrei, wenngleich doch ziemlich unangenehm kühl.

Meine Vögel sind in einem sehr einfachen Vogelhaus untergebracht, das mit 8 mm dicken Platten gebaut ist. Ein großes Fenster zur Sonnenseite kann geöffnet werden und wird bei Sonnenschein auch im Winter tagsüber geöffnet.
Die Nachttemperaturen liegen im Vogelhaus wegen der sehr einfachen Bauweise nur etwas um 2° höher als im Freien. Das heißt, es kann mehrmals im Jahr auch nahe 0° sein!
Hier im Norden, einschließlich Auckland, werden die Goulds von keinem Züchter wärmer gehalten. Ich sah schon Freivolieren, die nur mit einer Plastikfolie geschützt waren. Windschutz ist allerdings sehr wichtig, die Goulds vertragen keinen Zug! Erstaunlicher Weise sind die Vögel bei uns im Norden auch im Winter fit und zeigen keinerlei Anzeichen von Unbehagen. Wichtig hierbei erscheint mir, dass bei Tagen von sehr niedrigen Nachttemperaturen immer ein sonniger Tag folgt, an dem dann die Temperaturen im Vogelhaus infolge der Sonneneinstrahlung sehr schnell auf Werte bis zu 20° ansteigen. Schon ab 9 Uhr morgens wird es merklich wärmer! Dies halte ich für besonders wichtig, denn nach meiner Erfahrung können die Goulds eine länger anhaltende kühle Witterung sehr schlecht vertragen. Einige wenige Tage oder nur eine Nacht sind zwar in Ordnung, aber über Wochen würden sie sicher leiden oder sogar krank werden.

Nun zur erstaunlichen Brut der Goulds bei uns im Norden von Neuseeland:

Im heißen Sommer zeigen die Vögel keinerlei Brutlust. Vielleicht besuchen oder beäugen sie mal einen Nistkasten, jedoch wird nichts weiter unternommen. Die Hähne singen zwar, aber das ist auch schon alles.
Sobald jedoch die ersten Regenfälle stattfinden, beginnt die Zucht mit Hochdruck. Das ist im günstigsten Fall Ende des Sommers (bei uns ist das März), aber es kann auch erst Mitte oder Ende April sein. Die ersten Eier liegen in letzterem Falle erst im Mai im Brutkasten (Mai entspricht dem November in D !). Trotz der dann einsetzenden kühlen Witterung sind die Vögel kerngesund und ziehen ihre Jungen ohne Probleme groß. Ich hatte letztes Jahr von 2 Paaren insgesamt 20 Junge (keine Verluste!!!) und dieses Jahr bisher ebenfalls von 2 Paaren 25 Junge, ein Paar sitzt noch auf Eiern (mitten im Winter, der August entspricht dem Februar !). Heute ist es beispielsweise sehr kühl mit Landregen, Höchsttemperatur 15°, im Vogelhaus bei Tage ebenfalls nur 15° wegen der fehlenden Sonneneinstrahlung. Nachts hatte ich im Vogelhaus nur 10°! Alle Vögel sind munter, die Jungen werden gut versorgt, die Junghähne singen! Bisher ebenfalls noch keine Ausfälle.
In diesem Jahr ist die Zucht besonders spät begonnen worden. Dies liegt daran, dass wir einen extrem trockenen und langen Sommer hatten, 6 Monate ohne jeden Regen. Der Regen ist der Brutauslöser, nicht die Wärme!

In Australien ist dies ebenfalls so. Somit verhalten sich meine Vögel vollkommen normal nach ihrem ursprünglichen Biorhythmus.
Ich glaube, dass viel Falschinformationen über die Wildvögel verbreitet wurde. Die Goulds kommen in Australien zwar im warmen Norden vor, jedoch überwiegend in den Kimberleys, die ziemlich weit bis an den Rand der Wüste reichen. In dem Steppengebiet nördlich der Wüste gibt es in der Regenzeit (im Winter !) reichlich Nahrung, nämlich Grassamen und ähnliche. Im tropischen Urwald dagegen gibt es kaum Nahrung für Goulds. Dort wird man auch kaum Goulds antreffen. Ein heiß-feuchtes Klima ist somit nicht das natürlich Biotop für sie. In der Steppe, in der die Goulds vorwiegend zur Brutzeit leben, kann es, trotz der nördlichen Lage, bei Nacht auch recht kühl werden. Temperaturen bis zu 15° sind dort normal.

Dass sich die Goulds in den 60 Jahren seit der Ausfuhrsperre in Australien, bei uns den etwas tieferen Temperaturen angeglichen haben, ist ohne Frage.
Ich möchte mit meinem Artikel auch nicht anregen, die Goulds in Deutschland so kühl zu halten. Denn in Deutschland ist ohne Frage infolge der zu warmen Haltung in ebenfalls den letzten 60 Jahren eine Zuchtauswahl in die andere Richtung erfolgt. Wahrscheinlich würden bei euch die Goulds bei gleicher Haltung wie bei mir, sofort krank werden.
Was jedoch zu überlegen wäre, das ist die Tatsache, dass der Brutauslöser nicht die Temperatur und auch nicht die Sonnenscheindauer ist, sondern der Regen bzw. die hohe Luftfeuchtigkeit. Ich denke, dies wird in Deutschland kaum beachtet. Man gibt wahrscheinlich den Goulds auch zu viel Licht. In ihrer Heimat in Australien sind die Unterschiede der Sonnenscheindauer zwischen Tag und Nacht nur sehr gering. Im Winter ist der Tag kaum mehr als 2 Stunden länger als im Sommer. Auch das sollte beachtet werden.

Noch kurz zum Mauserverhalten meiner Vögel: Die Mauser erfolgt erst, wenn es im Frühling deutlich wärmer wird. Dann mausern fast alle Jungen gleichzeitig durch, also auch die ganz Jungen, die im August geschlüpft sind und diejenigen, die dann schon 5-6 Monate alt sind. Die Mauser geht dann sehr schnell voran, besonders bei den älteren. Bei der Mauser hatte ich ebenfalls noch keine Verlauste. Ich habe von meinen 2 Paar Goulds so viel Nachzucht, dass ich Probleme habe, sie zu verkaufen und überlege im Ernst, ob ich deshalb nicht ganz mit der Zucht aufhöre. Sie brüten einfach zu gut und ich lebe sehr abgelegen und habe mit dem Absatz ohnehin Probleme.
Gelegentlich kommt es vor, dass der eine oder andere Vogel von den früh geschlüpften schon ganz leicht auch während des Winters mausert und im Laufe der Monate dann ein paar farbige Federn zeigt. Aber durch mausern tun auch diese erst, wenn es wärmer wird. In diesem Jahr ist allerdings ein Vogel dabei, der jetzt schon fast fertig ist. Alle anderen warten noch auf warmes Wetter, das nicht vor Oktober-November sein wird. In aller Regel sind bis Weihnachten alle Vögel vermausert.
Wenn die Jungen vermausert sind, geht nicht automatisch die Brutzeit an. Es kann dann noch Monate dauern, bis sie dann beim ersten Regenfall in Brutstimmung kommen. Die älteren Vögel brüten dann zur gleichen Zeit wie die jüngeren.

Schöne Grüße nach Deutschland
Werner
 
Zuletzt bearbeitet:
hallo Werner,
danke für den interessanten Bericht.
Ich finde es spannend, mal Erfahrungen aus "1. Hand" zu bekommen

Was mir nicht ganz klar wurde, - ist der Brutauslöser 1) der Beginn des Regens (wo ja die Gräser erstmal beginnen müssen, Samen zu bilden?
2) Oder das Auftreten von Grassamen, eine Weile nach Beginn der Regenzeit ?

D.h, beginnen sie in "Vorraussicht" das es bald Grassamen gibt mit Paarung / Nestbau etc, oder müssen schon Grassamen vorhanden sein als Reiz ?

In Gefangenschaft kann man ja die Paarung mit reichhaltigerer Fütterung stimulieren, das spräche ja für Punkt 2.

Gruß Rolf
 
Hallo Rolf
Nein, deine Vermutung ist nicht richtig. Oft genügt schon nur ein Regentag um sofort (also fast schon am nächsten Tag) den Bruttrieb auszulösen. Je länger die Trockenzeit, umso schneller kommt es dann beim ersten ersehnten Regen zu einer Reaktion.
Manchmal haben wir auch im Sommer ein oder zwei Tage Regen. Einige Paare reagieren auch dann schon, sodass es in diesem Fall vorkommt, dass die Brut schon im Februar oder März beginnt. Habe allerdings von anderen Züchtern schon gehört, dass in Fällen von solchen Sommerregen die Brut nicht so erfolgreich und reibungslos erfolgt.
So spät einsetzender Regen und eine solch extreme Trockenheit wie dieses Jahr ist allerdings selten. Aber wie ich schon schrieb, war dieses Jahr besonders trocken (extremer Wassernotstand in Kaitaia zum Beispiel). . Aber 3-4 Monate ohne Regen (also Jan.,Febr.,März) ist eigentlich normal.
Gestern habe ich noch eine Überraschung erlebt. Das Paar, das zuerst mit dem Brüten begann und insgesamt 16 Junge in dieser Saison wohlgenährt und gesund auf die Stange gebracht hat, hat nochmals Eier im Kasten. Ich hätte ihn rechtzeitig beseitigen sollen. Jedoch habe ich nach so vielen erfolgreichen Bruten nicht mehr mit einer weiteren Brut gerechnet. Vielleicht ist auch dies eine Reaktion auf den extrem trockenen Sommer.
Ich habe gestern noch etwas vergessen. Die Vögel bauen bei mir sehr gute Nester. Manchmal sind sie so dicht, dass ich mit dem Finger ein kleines Loch durch das Nistmaterial von oben machen muss, um überhaupt ins Nest hinein sehen zu können. Dieses stark ausgebauten Nester sind sicher ein folge von den niedrigen Temparaturen. Im Nistkasten ist immer recht gemütlich warm und so lange die Jungen im Nest sind, ist keine Gefahr, dass sie zu kalt haben oder gar wegen Unterkühlung eingehen. Insbesondere, wenn viele Junge im Nest sind. Die halten sich dann selbst sehr warm.

Nochmals zur Frage nach Anfang der Brut. Wenn es mit dem Regen anfängt, dann wächst alles sehr schnell. Denn es ist dann meistens noch relativ warm. Manche Bäume wie z.B. einige Zypressen und Eukalyptusarten treiben dann sogar lange neue Triebe wie ansonsten im Frühjahr. Allerdings wird es dann von Mitte Juni an doch meistens recht kühl und die Grassamen reifen dann bei uns nicht mehr aus. Aber das "wissen" die Vögel nicht. In ihrer Heimat ist es dann doch um Einiges wärmer, sodass dann, wenn es Junge gibt, reichlich Nahrung vorhanden ist. Bei uns müssen wir Menschen dann mit entsprechendem Futter (Keimfutter, Eifutter) nachhelfen. Allerdings bin ich mit Eifutter sehr vorsichtig, wenn es zu kühl wird. Ich gebe es nicht, wenn es unter 15° kalt wird. Und dann auch nur so viel, dass es nur über die warme Mittagszeit aufgenommen wird. Auch mit Grünfutter verfahre ich so.

Warum man in Gefangenschaft mit reichlich Futter stimulieren kann, ist auch logisch. Denn wenn Futter da ist, kann man brüten. Nur ist das dann gewissermaßen ein verspäteter Auslöser, aber immerhin noch ein Auslöser. Die Regenzeit war ja nicht vorhanden und konnte somit nicht auslösen. Das macht für mich sehr viel Sinn.

Was ich mit meinem Artikel eigentlich auch sagen wollte, das ist die übertriebene Angst vor kühler Witterung. Allerdings ist diese Angst in Deutschland sicher berechtigt, denn über die lange Zeit der Käfighaltung in Deutschland haben sich die Vögel an diese Käfigsituation und die zu hohen Temperaturen gewöhnt. Leider war damals, als die Goulds noch ziemlich selten waren, die Meinung vorhanden, man müsse sie extrem warm halten, weil sie doch aus einem so heißen Kontinent kommen. Dass es in diesem heißen Kontinent auch sehr kalt werden kann, hat leider niemand bedacht oder auch nicht gewusst. Zum Beispiel hat es in Alice Springs im Winter bis zu -7° bei Nacht. Bei Tage dann allerdings oft bis zu 25° und mehr! Aber dort kommen die Goulds nicht vor. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass man die Hitze von Australien oft etwas falsch beurteilt. Und wer war damals vor 50-60 Jahren schon in Australien und insbesondere in einer so abgelegenen und wilden Gegend wie die Heimat der Goulds? Ohne ausreichende Erfahrung und Ausrüstung wäre eine private Exkursion sehr wahrscheinlich mit einer Katastrophe ausgegangen.

Meine Erfahrungen mit unseren Goulds finde ich auch deshalb interessant, weil alles genau entgegen der sonstigen Brutabläufe geht. Also im Frühjahr wird gemausert, im Herbst gebrütet. Wenn man nur mit Vögeln zu tun hat, die den in Europa üblichen Mustern folgen, dann wird man wohl kaum auf die Idee kommen, dass ein ganz anderes Brutverhalten überhaupt möglich ist. Und ich glaube, dass man damals bei der Eingewöhnung der frisch importierten Goulds an eine solche Möglichkeit überhaupt nicht gedacht hat. Sicher ist Wärme bei frisch importierten Vögeln notwendig. Aber nicht eine permanente Wärme von 30°, was damals sehr wohl empfohlen und auch durchgeführt wurde. Ich hatte damals einen Freund, der Goulds züchtete. In seiner Vogelstube war es heiß, dass man es fast nicht aushalten konnte! Und das praktizierte er das ganze Jahr über! Kein Wunder, wenn die Goulds dann bei einem anderen Züchter nicht mehr so übertrieben warm gehalten wurden und dann krank wurden. Und dann hieß es, sie halten keine kühle Witterung aus.
Lang anhaltende kühle Tage, wie sie z.B. in D von Oktober und November an vorkommen, würden sie nicht ertragen. Besonders nasskalte Nebeltage wären ihr sicherer Tod. Wichtig ist, dass es immer wieder auch tagsüber warm wird. Dann halten sie eine kühle Nacht leichter aus. Das sind jedenfalls meine Erfahrungen.


Hoffe, noch einige wichtigen Information angefügt zu haben.
Mit schönen Grüßen
Werner
 
Thema: Brutverhalten der Gouldsamadinen im nördlichen Neuseeland

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