Halsband-Sittich in Deutschland freilebend???

Diskutiere Halsband-Sittich in Deutschland freilebend??? im Forum Edelsittiche im Bereich Sittiche - Hallo! Habe gestern gehört, dass in der nähe von Bonn eine Kolonie von Halsbandsittichen(oder so ähnlich) in freier Wildbahn leben soll!! Ist...
HansWilhelm schrieb:
Im Berthold/Bauer werden Vorkommen des Möchssittichs in Tschechien im Sarzava-Tal erwähnt. Weißt Du darüber mehr?

Gruß HansWilhelm

Habe schon ein paarmal versucht an Infos aktueller Mönchsittich-Vorkommen in Tschechien heranzukommen. Leider bisher ohne Erfolg.
Hier die Infos zu den Böhmischen Mönchsittichen der Belgier:

Tchéquie : à Sazava (Bohème, au sud-est de Prague), une colonie est fondée par un couple et 4 jeunes échappés en 1985; elle atteint 87 ex. en 1990, année de la recapture de la plupart des oiseaux; 6 couples et 2 mâles en 1994 (TRUFFI & STASTNY, 1998; SNOW & PERRINS, 1998);

mal schnell übersetzt:
Im Sazava-Tal südöstlich von Prag (leider keine genauere Angabe des Ortes) entflogen 1985 ein Paar und vier Jungtiere. Bis 1990 hatte sich die Kolonie auf 87 Tiere vermehrt (beachtliche Reproduktionsrate binnen fünf Brutperioden!). Ebenfalls 1990 wurden die meisten Tiere wieder eingefangen. 1994 gab es noch 6 Paare und 2 Männchen.

2003 wurde die Art für Tschechien als "un-natural species" geführt.
http://birds.wz.cz/ornith/bird_czech.htm

BirdLife international (Avibase) verzeichnet 2005 die Art ebenfalls als einfgeführt.
http://www.bsc-eoc.org/avibase/avibase.jsp?lang=DE&pg=checklist&region=cz&list=aou

Mehr ist nicht zu finden. Kann leider auch kein Tschechisch, sonst könnte ich da nochmal nachforschen.
So lange es aber keine definitiven Angaben zu aktuellen Bestandszahlen gibt, gehe ich davon aus, dass es heute keine Mönchsittiche mehr in Tschechien gibt.

Grüße
Michael
 
In der Tat, die Vermehrung von 6 (1985) auf 87 Individuen in fünf Jahren bedeutet eine durchschnittliche Zunahme der Population um mehr als 70 % pro Jahr. Wäre diese Dynamik so weitergegangen, so gäbe es im Jahre 1995 ca 1300 und im Jahre 2005 ungefähr 275000 Mönchssittiche im Sarzava-Tal. alles natürlich unter der Voraussetzung, dass die Nahrungsgrundlage dies erlaubt.

Die englische Population des Halsbandsittichs bringt es auf eine Zunahme von 30 % im Jahr. Dies entspricht einer Verdopplung der Population alle drei Jahre. Auch ganz schön rasant. Eine ähnliche Größenordnung habe ich aus dem Material von Dieter Zingel ausgerechnet für die ersten Jahre der Wiesbadener Population, deren Wachstum er haargenau dokumentiert hat.
 
HansWilhelm schrieb:
Die englische Population des Halsbandsittichs bringt es auf eine Zunahme von 30 % im Jahr. Dies entspricht einer Verdopplung der Population alle drei Jahre.

Habe gerade eine Publikation aus Spanien gelesen (Murgui & Valentin 2003). In Valencia gibt es deutlich weniger Halsbandsittiche als bei uns. Trotz mindestens 14-jähriger Besiedlung gab es in Valencia im Jahre 2001 gerade mal 15 Halsbandsittiche. Selbst die Zahl der Guayaquilsittiche war dort höher (21 Tiere), obwohl sie erst 9 Jahre dort lebten. Mönchsittiche gab es zu diesem Zeitpunkt immerhin 80 Exemplare.
Grüße
Michael
 
Bericht auf WDR am 1.Februar

Hallo zusammen,

ich weis nicht ob das hier rein passt, aber hier ein TV-Tipp für Euch:

Am Dienstag den 1. Februar um 20.15 Uhr
kommt
"Abenteuer Erde" auf WDR.
Thema: "Die bunten Vögel vom Rhein"

Liebe Grüße...
 
Einige weitere Thesen möchte ich mal gern zur Diskussion anbieten:

1. Europäische Papageien besiedeln niemals solche Lebensräume, die den Charakter komplex und stabil vernetzter Lebensräume noch haben, wie z.B. Wald, Flussaue, Wattenmeer, Hochmoor usw.

2. Insofern ist der Begriff ihrer „ökologischen Einnischung“ überhaupt in Frage zu stellen, denn es gibt kein Ökosystem, welches durch ihre Anwesenheit stabilisiert würde.

3. Papageien als Neozoon besiedeln solche Lebensräume, in denen der Stoffwechselfluss fragmentiert ist. Die urbane Garten- und Stadtlandschaft bietet solche Lebensräume hoher pflanzlicher Diversität und geringer Vernetzung.

4. In solchen Habitaten sammeln sich Nahrungsmittel kumulativ an. Das Aufsuchen solcher Kumulationen (Obst, Bucheckern, Hainbuchennüsse, Ahornsamen, Misteln; Rosskastanienblüten u. –knospen....) ist eine Schlüsselfähigkeit von Papageien als nomadisierende, in Gruppen organisierte Nahrungsaufstöberer und Abernter und Weiterzieher.

5. Sie fressen an fast allem was pflanzlich ist. Nahrungsökologisch sind sie noch dem Eichhörnchen am nächsten. Aber dieses kann nicht fliegen und lebt auch nicht in Gruppen. Halsbandsittiche haben nur zeitlich begrenzte Nahrungskonkurrenten. Mal ist es der Kernbeißer, mal ist es der Star, mal die Elster, mal die Maus, mal der Stiglitz, mal die Misteldrossel.

6. Weil Papageien Kumulationen plündern, leben sie auch kumulativ. Sie nisten, schlafen und suchen Nahrung gemeinsam, ohne dass diese Verbände eine Struktur hätten.

7. Die Risiken unserer Klimazone liegen für Papageien darin, dass das kumulative Nahrungsangebot eine jahreszeitliche Periodik mit Engpässen durchmacht. Die hohe Diversität der heimischen und exotischen Pflanzen im urbanen Raum mildert diese Bindung an die Jahreszeiten erheblich....

8 ...aber der Mensch als Substitut, als Vogelfütterer, wird eingebaut und die Validität eines Lebensraums ist für Papageien dadurch erst gegeben.

9. Warum haben Deutschland und England Halsbandsittiche und Spanien Mönchssittiche? Was machen Spanier anders als Engländer, wenn sie Gärten anlegen oder Parks)

10. Vielleicht füttern Spanier Tauben (und Mönchssittiche, die zwischen Tauben Brot stibitzen) und die Deutschen füttern Meisen, (was dem Fettbedürfnis der Halsbandsittiche entgegenkommt; Knödel, Ringe). Deshalb mag der Mönchssittich die Spanier und Belgier in ihren Parks und der Halsbandsittich favorisiert Engländer und deutsche Gartenfreunde und ihre Zuneigung zu Waldvögeln.
 
Ob die Aussagen für alle Papageien in Europa richtig sind, kann ich nicht beurteilen, meine Aussage bezieht sich überwiegend auf Halsband und Mönche.

1. Europäische Papageien besiedeln niemals solche Lebensräume, die den Charakter komplex und stabil vernetzter Lebensräume noch haben, wie z.B. Wald, Flussaue, Wattenmeer, Hochmoor usw.

Stimmt nicht mehr uneingeschränkt. Alle Halsbandsittich-Vorkommen im Rheinland haben derzeit Vorposten in natürlichen Auwaldstandorten.

2. Insofern ist der Begriff ihrer „ökologischen Einnischung“ überhaupt in Frage zu stellen, denn es gibt kein Ökosystem, welches durch ihre Anwesenheit stabilisiert würde.

Um diese Aussage zu verifizieren ist meines Erachtens die Zeit der Etablierung noch zu wenig fortgeschritten.

3. Papageien als Neozoon besiedeln solche Lebensräume, in denen der Stoffwechselfluss fragmentiert ist. Die urbane Garten- und Stadtlandschaft bietet solche Lebensräume hoher pflanzlicher Diversität und geringer Vernetzung.

Hohe pflanzliche Diversität ist zweifelsohne richtig, geringe Vernetzung kann ich nicht erkennen.

4. In solchen Habitaten sammeln sich Nahrungsmittel kumulativ an. Das Aufsuchen solcher Kumulationen (Obst, Bucheckern, Hainbuchennüsse, Ahornsamen, Misteln; Rosskastanienblüten u. –knospen....) ist eine Schlüsselfähigkeit von Papageien als nomadisierende, in Gruppen organisierte Nahrungsaufstöberer und Abernter und Weiterzieher.

Auf jeden Fall, beim Halsband kommt aber noch ein extremer Hang zur Tradition dazu. Es gibt in Düsseldorf Straßenzüge, wo sie täglich entlangfliegen, und dort auch alle Nahrung finden und fressen. Zwei Straßen weiter (weniger als ein halber Kilometer entfernt) fliegen sie nicht entlang und dort hängen die Äpfel noch am Baum.

5. Sie fressen an fast allem was pflanzlich ist. Nahrungsökologisch sind sie noch dem Eichhörnchen am nächsten. Aber dieses kann nicht fliegen und lebt auch nicht in Gruppen. Halsbandsittiche haben nur zeitlich begrenzte Nahrungskonkurrenten. Mal ist es der Kernbeißer, mal ist es der Star, mal die Elster, mal die Maus, mal der Stiglitz, mal die Misteldrossel.

Ja!

6. Weil Papageien Kumulationen plündern, leben sie auch kumulativ. Sie nisten, schlafen und suchen Nahrung gemeinsam, ohne dass diese Verbände eine Struktur hätten.

Es gibt weitere Vorteile, die die Halsband vom Leben in der Gruppe haben (z.B.: Partnerwahl, Prädationsschutz). Nach meiner Auffassung haben die Verbände sehrwohl eine Struktur. Z.B. glaube ich, dass vorjährige Jungvögel in der Regel im ersten Lebensjahr noch mit ihren Eltern einen lockeren Familienverband bilden. Leider kann ich dies nicht mit harten Daten belegen, sondern nur indirekt aus meinen Beobachtungen schließen.

7. Die Risiken unserer Klimazone liegen für Papageien darin, dass das kumulative Nahrungsangebot eine jahreszeitliche Periodik mit Engpässen durchmacht. Die hohe Diversität der heimischen und exotischen Pflanzen im urbanen Raum mildert diese Bindung an die Jahreszeiten erheblich....

Für den Halsband gibt dies uneingeschränkt, nicht aber für Papageien allgemein. Es gibt auf allen Kontinenten in der gemäßigten Zone Papageien, die sollten diese Probleme nicht haben (und es gibt sogar wandernde Arten)

8 ...aber der Mensch als Substitut, als Vogelfütterer, wird eingebaut und die Validität eines Lebensraums ist für Papageien dadurch erst gegeben.

Ob Halsbandsittiche sich ohne Fütterung bei uns angesiedelt hätten, und ob sie sich ohne Fütterung halten würden, werden wir wohl nie beweisen oder widerlegen können.

9. Warum haben Deutschland und England Halsbandsittiche und Spanien Mönchssittiche? Was machen Spanier anders als Engländer, wenn sie Gärten anlegen oder Parks)

Also ich habe in Spanien und Italien beide Arten an vershiedenen Plätzen gesehen, ich glaube nicht, dass es an den Parks liegt. Eher an meiner bereits geäußerten These, dass es dort eben kaum geeignete Habitate gibt (auch Parks). Die Mönche haben, wie z.B. in Cadiz die Möglichkeit durch wenige Großnester eine nette Population zu gründen. In der (einziegn) Parkanlage in Cadiz gibt es aber nur eine Handvoll Bäume, die für eine Bruthöhle des Halsband ausreichen würden.

10. Vielleicht füttern Spanier Tauben (und Mönchssittiche, die zwischen Tauben Brot stibitzen) und die Deutschen füttern Meisen, (was dem Fettbedürfnis der Halsbandsittiche entgegenkommt; Knödel, Ringe). Deshalb mag der Mönchssittich die Spanier und Belgier in ihren Parks und der Halsbandsittich favorisiert Engländer und deutsche Gartenfreunde und ihre Zuneigung zu Waldvögeln.

Datt halte ich mit Verlaub für sehr gewagt, zumal es in Belgien weit mehr Halsband als Mönche gibt und auf kleiner Fläche auch mehr Halsband als es in Deutschland auf vergleichbarer Fälche gibt.

Gruß


Tobias
 
Hallo,
hier kommt ein etwas längerer Text

HansWilhelm schrieb:
1. Europäische Papageien besiedeln niemals solche Lebensräume, die den Charakter komplex und stabil vernetzter Lebensräume noch haben, wie z.B. Wald, Flussaue, Wattenmeer, Hochmoor usw.
Das hat meines Erachtens nichts damit zu tun, dass es "stabile" Lebensräume sind. Halsbandsittiche mögen keinen geschlossenen Wald, das Wattenmeer ist nicht für die Papageien geeignet und alles andere als ein "stabiler" Lebensraum, denn es ändert sich in seiner Form recht schnell. Ebenso fluktuierend sind die natürlichen Flussauen, die ja wie Tobias sagt auch von Halsbandsittichen besiedelt werden. Ein Hochmoor würde evtl. besiedelt werden, wenn es in der Stadt läge, da die Sittiche Birkenblüten bzw. Kiefernnadeln fressen können. Aber die schmalen Moor-Bäume sind als Brutbäume aufgrund der wenigen Nährstoffe im Moor eher ungeeignet. Wichtig ist, dass der Lebensraum in der Ebene liegt und die Bäume dürfen nicht zu dicht stehen. Die Sittiche brauchen die offene Landschaft um Feinde schnell zu erkennen und je nach Prädator anders zu reagieren. Beim aus dem Hinterhalt jagenden Sperber kreisen sie in kreischenden Schwärmen so lange bis der Feind abzieht, beim Wanderfalken bleiben sie im Baum sitzen, weil der Wanderfalke nur im Flug jagen kann. Außerdem sind sie untereinander sehr kommunikativ, sie nehmen bevor sie zu den Schlafbäumen fliegen erstmal untereinander Kontakt auf, auch deshalb darf die Vegetation nicht zu dicht werden. Man muss also beim Habitat natürlich die Lebensweise der Tiere beachten. Dann kommt man schnell darauf, dass die Stadt für sie bei uns der geeignete Lebensraum ist. Sie bietet unzählige Arten an Nahrungspflanzen, eine offene Struktur mit Bäumen und Häusern als Sitzwarten, wenig Feinde, ein begünstigtes Klima, ausreichend Brutplätze usw.
Indische Halsbandsittiche sind wohl die Papageien, die sich am engsten dem Menschen angeschlossen haben. Ohne die "Präadaption an den Menschen" und an den städtischen Lebensraum hätte die erfolgreiche Besiedlung nie in dem Maße stattgefunden wie wir sie gerade beobachten. Beim Wellensittich kam es ja nie zu einer erfolgreichen Stadtpopulation, weil bei ihm keine ökologische "Präadaption" an den menschlichen Lebensraum stattfand. Auch afrikanische Halsbandsittiche, die sich nie so eng an den Menschen angeschlossen haben, findet man bei uns ja nicht.

HansWilhelm schrieb:
2. Insofern ist der Begriff ihrer „ökologischen Einnischung“ überhaupt in Frage zu stellen, denn es gibt kein Ökosystem, welches durch ihre Anwesenheit stabilisiert würde.
"Ökologische Einnischung" muss nicht bedeuten, dass durch die Einnischung das Ökosystem stabilisiert wird, sondern dass die Art sich einfügt ohne einer anderen Art direkte Konkurrenz zu machen.
Dennoch gibt es ja aus Köln die Beobachtung, dass Halsbandsittiche für ein besseres Angebot größerer Bruthöhlen in den Parks sorgen. Auch in Heidelberg wurden viele der durch Spechte und Sittiche entstandenen Fassadenhöhlen in der Wärmedämmung von Staren bebrütet. Es gibt also durchaus Hinweise, dass die Sittiche für ein langfristig verbessertes Höhlenangebot stehen, was der Stabilisierung des Ökosystems ja recht nahe käme.
Wenn man es so sehen will gibt es einen weiteren positiven Effekt, der sich beobachten lässt. Wenn Halsbandsittiche an Meisenknödeln fressen, fällt ein gewisser Teil immer auf den Boden, wo sie bei uns nie zu beobachten sind. Allerdings profitieren dann Haussperlinge, Grünlinge, Haustauben, Buchfinken u.a. von einer ihnen vorher nicht zugänglichen Futterquelle.

HansWilhelm schrieb:
3. Papageien als Neozoon besiedeln solche Lebensräume, in denen der Stoffwechselfluss fragmentiert ist. Die urbane Garten- und Stadtlandschaft bietet solche Lebensräume hoher pflanzlicher Diversität und geringer Vernetzung.
Was meinst Du genau mit dem Stoffwechselfluss? Neozoen sind im Allgemeinen häufig in von Menschen gestörten Lebensräumen zu finden, da dort die Konkurrenz geringer ist.

HansWilhelm schrieb:
4. In solchen Habitaten sammeln sich Nahrungsmittel kumulativ an. Das Aufsuchen solcher Kumulationen (Obst, Bucheckern, Hainbuchennüsse, Ahornsamen, Misteln; Rosskastanienblüten u. –knospen....) ist eine Schlüsselfähigkeit von Papageien als nomadisierende, in Gruppen organisierte Nahrungsaufstöberer und Abernter und Weiterzieher.
Als Nomaden würde ich Halsbandsittiche nicht bezeichnen. Es gibt nur wenige einheimische Vögel, die so standorttreu sind. Sie sind aber ohne Zweifel Nahrungsubiquisten.

HansWilhelm schrieb:
5. Sie fressen an fast allem was pflanzlich ist. Nahrungsökologisch sind sie noch dem Eichhörnchen am nächsten. Aber dieses kann nicht fliegen und lebt auch nicht in Gruppen. Halsbandsittiche haben nur zeitlich begrenzte Nahrungskonkurrenten. Mal ist es der Kernbeißer, mal ist es der Star, mal die Elster, mal die Maus, mal der Stiglitz, mal die Misteldrossel.
Deshalb gehe ich nicht wirklich von einer Konkurrenz zwischen diesen Arten aus.

HansWilhelm schrieb:
6. Weil Papageien Kumulationen plündern, leben sie auch kumulativ. Sie nisten, schlafen und suchen Nahrung gemeinsam, ohne dass diese Verbände eine Struktur hätten.
Halsbandsittiche sind wie fast alle Papageien sehr sozial. Sie nisten aber nicht notwendigerweise in Kolonien. Es gibt auch genügend Einzelpaare. Nahrungs suchen sie häufig in Gruppen auf. Je näher sie dem Schlafbaum sind, desto größer werden die Fressgemeinschaften.
Es gibt sicherlich eine Struktur der Schlaf-Verbände. In Heidelberg gibt es beispielsweise eine gesonderte Schlafbaumgruppe im Herbst/Winter von ca. 50 Tieren, die sich aus unerfindlichen Gründen nicht der Hauptgruppe anschließt. Es handelt sich hierbei wahrscheinlich um eine Satellitenpopulation, welche die Süd- und Weststadt von Heidelberg besiedelt. Im Sommer sind dann aber alle Tiere auf den gleichen Bäumen zu finden. Außerdem gibt es Tiere , die zwischen mehreren Schlafplätzen im Gebiet wechseln.

HansWilhelm schrieb:
7. Die Risiken unserer Klimazone liegen für Papageien darin, dass das kumulative Nahrungsangebot eine jahreszeitliche Periodik mit Engpässen durchmacht. Die hohe Diversität der heimischen und exotischen Pflanzen im urbanen Raum mildert diese Bindung an die Jahreszeiten erheblich....
Einen Nahrungsengpass gibt es in der Stadt für die Sittiche nicht wirklich.

HansWilhelm schrieb:
8 ...aber der Mensch als Substitut, als Vogelfütterer, wird eingebaut und die Validität eines Lebensraums ist für Papageien dadurch erst gegeben.
Natürlich nutzen die Sittiche die Futterstellen exzessiv im Winter, obwohl sie auch Knospen und Früchte der Bäume fressen. Würde die Fütterung ausbleiben oder stark reduziert werden, könnten sich die Populationen meines Erachtens durchaus am Leben erhalten, vielleicht aber in geringerer Dichte. Eventuell müssten die Tiere dann auch andere Nahrungsquellen außerhalb der Stadt erschließen. Es gibt aber auch jetzt noch unzählige Bäume, die noch voller potenzieller Nahrung hängen, außerdem blühen hier in Heidelberg schon die ersten Kirschen und Haselnüsse, daneben wurden die Knospen von Zuckerahorn gefressen. Vogelfutter ist nie die ausschließliche Nahrung.

HansWilhelm schrieb:
9. Warum haben Deutschland und England Halsbandsittiche und Spanien Mönchssittiche? Was machen Spanier anders als Engländer, wenn sie Gärten anlegen oder Parks)
Wenn ich an die stark bebauten Touristenhochburgen denke, bleibt wenig Platz für geeignete Brutplätze. Großflächige Parkanlagen im Englischen Landschaftsstil mit weitläufigen Freiflächen und alten Platanen und anderen Brutbäumen sind ja gute Halsbandsittich-Brutplätze, aber eben typisch für Mittel- und Westeuropa, nicht für das Mittelmeer.

HansWilhelm schrieb:
10. Vielleicht füttern Spanier Tauben (und Mönchssittiche, die zwischen Tauben Brot stibitzen) und die Deutschen füttern Meisen, (was dem Fettbedürfnis der Halsbandsittiche entgegenkommt; Knödel, Ringe). Deshalb mag der Mönchssittich die Spanier und Belgier in ihren Parks und der Halsbandsittich favorisiert Engländer und deutsche Gartenfreunde und ihre Zuneigung zu Waldvögeln.
Ich bin auch der Überzeugung dass es Unterschiede in der Vogelfütterung gibt. Ob dies allerdings der Grund ist, ob Mönch- oder Halsbandsittiche bevorzugt werden, möchte ich bezweifeln. Da spielen sicherlich die potenziellen Brutplätze eine wichtigere Rolle.
Übrigens fressen Halsbandsittiche auch Brot, wenn sie es angeboten bekommen und auch Mönchsittiche gehen an Meisenknödel.

Viele Grüße
Michael
 
Moin, Moin,
noch mal zu Mönche versus Halsis. Beide Arten unterscheiden sich ja nicht nur in Bezug auf den Nestabau. Auch die Art der Nahrung bzw. der Ort wo Nahrung gesucht wird ist unterschiedlich: Mönche nehmen im Freiland gerne Nahrung vom Boden auf, sie fressen nach einer Studie (Neozoe USA) die ich gelesen habe mehrere Monate lang häufig oder ausschließlich Grassamen die sie vom Boden auflesen (das deckt sich auch mit 3 Beobachtungen vom Fressen am Boden bzw. im Gras, die ich an ihnen in Spanien gemacht habe, Halsis fressen dagegen fast nie vom Boden).

Ich würde bei der Neigung von Mönchssittichen in südeuropäische Städte zu gehen auch Wasser bzw. künstliche Bewässerung von Parkanlagen nicht außer acht lassen. Sie baden gerne und der Wassermangel dürfte dort unten im Sommer schon ein begrenzender Faktor sein.

Wie liegt eigentlich die Brutzeit der Mönche? Nach dem einen historischen Freiflugexperiment in Schlesien über das gelesen habe bis weit in den Herbst. Reicht bei so einer späten Brutzeit die Nahrung? Sind die Nester wasserdicht und warm genug um einen ausreichenden Überschuss an Jungtieren zu gewährleisten? Sind Gemeinschaftsnester bei uns eventuell besonders anfällig für Predation, Vandalismus oder Parasiten?

Gruesse,
Detlev
 
Detlev schrieb:
noch mal zu Mönche versus Halsis. Beide Arten unterscheiden sich ja nicht nur in Bezug auf den Nestabau.
Neststandorte sind sicherlich nicht die einzige Unterscheidung, aber doch eine sehr bedeutende, wenn nicht gar der Hauptfaktor.
Nach Sol et al. (1997) sind Mönchsittiche in ihrer Heimat zwar Habitatgeneralisten, in Barcelona erwiesen sie sich aber als starke Habitatspezialisten. Ihre Kolonisierung 1992-94 erfolgte in Stadtparks mit Nahrungspflanzen und Dattelpalmen (Phoenix spp.). Palmen schienen der Hauptfaktor für das Vorkommen und die Häufigkeit der Mönchsittiche zu sein. Nester wurden bevorzugt in die höchsten Palmen gebaut, als Gründe wurden verringerte Störungen und ein verringerter Prädationsdruck genannt.
Erstaunlicherweise gibt es in Chile Mönchsittiche auch nur als Neozoen in Städten.
Viele Grüße
Michael
 
Hmm hab das Thema nur mal so überflogen (leider keine zeit all die zwar interessanten aber langen Texte zu lesen) also evtl. wenn’s interessiert mal ein bericht aus Köln. jeder der schon mal in Köln war hat die Sittiche sicher schon gesehen. Es müssen mittlerweile in paar 1000 sein, im gesamten Stadtgebiet, (mittlerweile habe ich sie auch schon in Leverkusen beobachtet) aber besonders im bereich der Innenstadt. Ich selbst habe schon einen Schwarm mit knapp 60Tieren gezählt. Am Häufigsten findet man sie im Grüngürtel, Im bereich um den Zoo und Stadtwald aber sogar direkt in der Innenstadt am Neumarkt lassen sich die Vögel die dort wachsenden Baumhaselnüsse schmecken. Sie scheinen Hauptsächlich von Nüssen, Bucheckern und Obst zu fressen (letzteres freut die Schrebergärtner überhaupt nicht). Im Winter trifft man sie auch an Futterstellen an. In der Ernährung haben die Neozoen durch ihren kräftigen Schnabel den Vorteil auch Wallnüsse und Haselnüsse Knacken zu können wozu die meisten Einheimischen Vögel nicht im Stande sind. (Ab und an sieht man sie sich mit Eichhörnchen um die Nüsse streiten) Auch was die Nistgelegenheiten angeht scheinen sie keiner Heimischen Art Konkurrenz zu machen da sie entweder alte Spechthöhlen erweitern oder bereits vorhandene höhlen in alten Parkbäumen beziehen (welche sie dann auch Lautstark im Trupp gegen Krähen und Elster verteidigen). Unangenehm auffallen tun sie bei den meisten Städtern eigentlich nur durch ihr Geschrei. (Lautstark hocken sie z.B: auf einem Haselbaum, schreien herum und lassen die leeren Samenhülsen auf ein Blechdach fallen :D).
Interessant ist dass die Vögel ihren Mineralstoffbedarf über die Häuserfassaden zu decken scheinen (Ich habe schon Häufiger beobachtet wie sie an den Hauswänden herumkrackselten und die Ecken des Verputzes benagten.)
Allgemein kann man wohl wagen zu behaupten dass die Vögel als Neozoen eigentlich ein Bereicherung als ein Problem darstellen obwohl man den Tag ja nicht vor dem Abend loben sollte. Ein Schauspiel ist es allemal diese Exotisch Anmutenden Vögel so gewöhnlich in der Stadt anzutreffen. Manchmal sieht man übrigens auch Blaue und gelbe Vögel, ob diese allerdings später entflogene /ausgesetzte Tiere sind oder tatsächlich in der Population überleben weis ich nicht.
Gruß,
Timm aus Köln (der Stadt mit den Jecken Vögeln :))
 
Timm schrieb:
Interessant ist dass die Vögel ihren Mineralstoffbedarf über die Häuserfassaden zu decken scheinen (Ich habe schon Häufiger beobachtet wie sie an den Hauswänden herumkrackselten und die Ecken des Verputzes benagten.)

Hallo Timm,
könnte es sein, dass es sich bei Deinen Beobachtungen um Sittiche an Wärmedämmfassaden handelt? Dann muss es keine Mineralstoffaufnahme sein, sondern ganz einfach die Suche nach geeigneten Brutplätzen.
Das ist nämlich das Thema meiner Diplomarbeit gewesen. In Heidelberg brütet schon die Hälfte der Halsbandsittiche in Wärmedämmfassaden, die anderen sind Baumbrüter. Wenn Du mir sagst wo diese Häuser sind, kann ich mal Kontakt zum Umweltamt in Köln aufnehmen. In Heidelberg sind wir nämlich gerade an einer Lösung des Problems.

Timm schrieb:
Manchmal sieht man übrigens auch Blaue und gelbe Vögel, ob diese allerdings später entflogene /ausgesetzte Tiere sind oder tatsächlich in der Population überleben weis ich nicht.

Wie viele Tiere sind es denn und wann hast Du sie gesehen?
Im Raum Heidelberg/Schwetzingen/Neckarhausen lebt ein blaues Männchen schon seit über 3 Jahren mit wildfarbenen Tieren zusammen. Es ist auch mit einem wildfarbenen Weibchen verpaart. Offensichtlich muss eine Mutation nicht zwangsläufig ein Nachteil sein.
Detlev und Tobias kennen gelbe Tiere aus Wiesbaden und Düsseldorf.

Viele Grüße
Michael
 
In Heidelberg sind wir gerade dabei Nistkästen für Halsbandsittiche im größeren Stil anzubringen. Bin mal gespannt, wie die Brutsaison 2005 wird.
 
Auf Fuerteventura nisteten die Mönchssittiche auch in Palmen. Die Nester umfassten rundum den ganzen Palmenkopf. Innerhalb eines Areals von ca. 1000 Quadratmeter direkt neben einer Hotelanlage fand ich mehrere Gemeinschaftsnester. Möglicherweise bilden die Palmen mit ihrer Wuchsform ganztägigen Schatten. Unter Sicherheitsaspekten (Ratten) könnte ich mir allerdings bessere Lösungen vorstellen. Manchmal sah man die Mönchssittiche entlang der Küstenstraße nach Jandia mehrere Kilometer weit bis in den Ortskern fliegen. Dort habe ich sie dann aus den Augen verloren. Meist blieben sie aber direkt neben der Hotelanlage, wo ein kleiner Zoo eingerichtet war, und wo sie sich an den Fütterungen beteiligten. Im Habitus fand ich sie Spatzen sehr ähnlich, mit denen sie auch die Vorliebe für getreidehaltige Futtermittel teilen. Bei uns im Tiergehege Kreuzberg haben wir 9 Mönchssittiche. Während Halsis Erdnüsse und Walnüsse allen anderem vorziehen, lassen die Mönchis diese oft liegen, plündern lieber das verschüttete Futter der Tauben und laufen dabei sehr gerne auf dem Boden herum.
Halsbandsittiche beschrieb ich als unerschrocken, aber distanziert. Nie habe ich erlebt, dass sie Menschen anbetteln und dabei die Fluchtdistanz aufgeben, wie es die Spatzen, Tauben, Meisen, Stockenten, Schwäne, aber auch Eichhörnchen usw. in den Parks tun . Dabei könnten sie die bevorzugten „Superstars“ der Tierfreunde sein. (Von Mönchis könnte ich mir glatt vorstellen, dass sie sich in einem Biergarten – wie die Spatzen - Brezelstückchen von den Tischen klauen, der Artikel über die Brüsseler Mönchis legt dies auch nahe) Halsbandsittiche geben ihre distancierte Art nicht zugunsten eines halbzahmen Zustandes auf, wie die vorgenannten Vogelarten. Der von „psittaciden“ konstatierte Anschluss an den Menschen bezieht sich daher nur auf die Nutzung des urbanisierten Siedlungsraums. Dem Menschen selbst gilt nur ein instrumentelles Interesse: Sind sie einmal an eine künstliche Futterstelle gewöhnt und finden diese einmal leer vor, so können sie hartnäckig Randale machen, bis der genervte Vogelfreund um 5 Uhr morgens mit blinzelnden Augen und fluchend Vogelfutter auf das Fensterbrett streut, damit er endlich weiter schlafen kann.
 
hallo Michael
könnte es sein, dass es sich bei Deinen Beobachtungen um Sittiche an Wärmedämmfassaden handelt? Dann muss es keine Mineralstoffaufnahme sein, sondern ganz einfach die Suche nach geeigneten Brutplätzen.
Nein es sind keine Wärmedämmfassaden sondern normal verputze Betonfassaden mit kleinen Kieseln die herauschauen. (Ich weis nicht wie man sie nennt, bin kein Architekt -Schulgebäude, 70er Jahre hässlicher zweckbau:)) Die Vögel knabbern besonders an den Hauskanten und lösen in seltenen Fällen einzelne Steinchen heraus.

Zu den farbigen...
Einen blauen der in einem Schwarm grüner mitflog (dachte erst es handelte sich um einen entfleuchten Wellensittich oder so etwas, dafür war er aber viel zu gross), vor knapp einem Jahr sowie einen weitern (der selbe?) in Gesellschaft eines Wildfarbenen (evtl der Partner) beim fressen in einer Buche letzten Sommer. Allerdings habe ich sie darauf nie wieder gesehen.
Gruß,
Timm
 
Hallo Timm,
Waren es viele Tiere, die an der Hauskante nagten oder nur Weibchen?
Kann es evtl. sein, dass sie sich einen Spaß gemacht haben die Steine herauszunagen und herunterzuwerfen? Ich habe selbst beobachtet, wie die Sittiche Steine von Flachdächern warfen.
Hier in Heidelberg fliegen die Sittiche regelmäßig auch an Fassaden ohne Wärmedämmung. Allerdings auch hier an Stellen, wo sie offenbar nach Bruthöhlen suchen. Hier ein Link:
http://www.birdnet-cms.de/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=74&idart=176
Timm schrieb:
Zu den farbigen...
Einen blauen der in einem Schwarm grüner mitflog (dachte erst es handelte sich um einen entfleuchten Wellensittich oder so etwas, dafür war er aber viel zu gross), vor knapp einem Jahr sowie einen weitern (der selbe?) in Gesellschaft eines Wildfarbenen (evtl der Partner) beim fressen in einer Buche letzten Sommer. Allerdings habe ich sie darauf nie wieder gesehen.
Gruß,
Timm
Warst Du schonmal an den Kölner Schlafbäumen? Ich bin der Meinung, dass man einen blauen Sittich (vor dunklem Hintergrund) sehr gut erkennen kann. Wenn er noch lebt, dann fliegt er sicherlich auch mit den anderen zu den Schlafbäumen.
Viele Grüße
Michael
 
Hi,

es sind Mandelbäume an denen die Mönche auf den Fotos von Mallorca fressen!

mfg tobi
 
Uh da muss ich gestehen bin ich überfragt. Meist tummelt sich ein ganzer Scharm (10oder mehr Tiere) um das Gebäude herum beklettert die Fassade und die Fensterbänke und macht dabei einen ungeheuren Lärm.
Die Schlafbäume der Vögel kenne ich leider nicht. Eine alte etwas freistehende Platane im Grüngürtel könnte ein solcher sein da die Vögel dort auch früh morgens schon hocken, bin mir aber nicht sicher. Ich beobachte die Vögel auch mehr so am Rande, wenn ich aber etwas mehr Zeit habe werde ich sie einmal genauer unter die Lupe nehmen.
Gruß,
Timm
 
Timm schrieb:
Die Schlafbäume der Vögel kenne ich leider nicht.
Hallo Timm,
wenn Du mir Deine email-Adresse schickst, kann ich Dir einen link geben, wo Du die Schlafplätze findest. Obwohl der Schlafplatz recht bekannt ist, möchte ich aus Sicherheitsgründen lieber auf die Angabe seiner genauen Lage hier im Forum verzichten.

Meine email:
**********

Grüße
Michael
 
Thema: Halsband-Sittich in Deutschland freilebend???

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