Definition "Vogel fliegen lassen" und die Haltungsfrage

Diskutiere Definition "Vogel fliegen lassen" und die Haltungsfrage im Forum Greifvögel und Eulen im Bereich Wildvögel - Guten Abend, ich interessiere mich nun seit einiger Zeit für Greifvögel und die Falknerei und plane auch in ferner Zukunft einen...
Yakari

Yakari

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Guten Abend,

ich interessiere mich nun seit einiger Zeit für Greifvögel und die Falknerei und plane auch in ferner Zukunft einen Falkner-/+Jagdschein.

Nun habe ich natürlich angefangen mich ein wenig im Voraus über die Thematik einzulesen.
Dabei bin ich auch auf die unterschiedlichen Haltungsformen gestoßen.
Hier im Forum wurde in einem älteren Beitrag die Haltung an der Flugdrahtanlage diskutiert.
Dabei wurde auch gesagt, dass diese Haltung gerade für Harris Hawks sehr geeignet ist. Natürlich nur wenn der Vogel täglich ( alle zwei Tage ) gebeizt wird.
Nun habe ich in einer anderen Quelle gelesen, dass der Vogel täglich geflogen werden muss.
Was bedeutet hier das "Fliegen lassen". Gibt es andere Varianten außer der Beiz? Oder bezieht sich das "Fliegen lassen" gerade auf die Beiz?

Dazu habe ich natürlich von unzähligen Haltungsformen gelesen [ Volieren, Flugdrahtanlagen, Pflog, Mauserkammer (zur Mauser)]. Natürlich passend dazu unzählige Meinungen.
Oft habe ich aber von einer Art Wechselhaltung gelesen. Das heißt, dass der Vogel während der Saison in der Flugdrahtanlage sitzt und außerhalb der Saison in der Voliere oder eben zur Mauser in der Mauserkammer.
Wo genau liegen denn die Vorteile eines solchen saisonalen Wechsels? Könnte man einen Vogel nicht nur in der Voliere halten oder ist das von Nachtteil wegen der Erreichbarkeit des Tieres zur Beiz?


Ich hoffe das sind nicht zu viele Fragen.
Vielen Dank im Voraus
Yakari
 
Die meisten Fragen hast Du selbst schon richtig beantwortet. Die ideale Haltung ist, genau wie Du beschrieben hast, die Anbindehaltung an einer geschlossenen Flugdrahtanlage während der Jagdsaison und die Unterbringung in einer Mauserkammer im Frühjahr und Sommer während der Mauser.

Während der Mauser werden die Vögel in Mauserkondition (vereinfacht gesagt bei ihrem höchsten Gewicht) gehalten. In der Regel werden sie dann wieder recht scheu und störungsanfällig. In der Mauserkammer stehen sie dann ruhig und vollkommen stressfrei.

Die Flugdrahtanlage erlaubt dagegen einen näheren Kontakt mit dem Vogel. Das Aufnehmen zur Jagd oder zum Training ist wesentlich einfacher als bei einem Vogel, der frei in der Mauserkammer fliegt.

Bzgl. des Rhythmus des Trainings bzw. der Jagd kommt es immer auf den ausbildungszustand des Beizvogels an. Ein eingejagter Vogel erhält auf der Beute einen vollen Kropf. Er darf also so viel kröpfen (fressen) wie er will. Hierdurch steigt das Gewicht enorm. Für den nächsten Tag ist er dann meist ohnehin nicht einsatzbereit, weil das Gewicht zum Jagen ja in einem bestimmten Bereich liegen muss. Die meisten austrainierten Beizvögel werden wohl alle zwei bis drei Tage geflogen.

Das kommt einem Vogel in freier Wildbahn recht nahe. Der jagt ja auch nur wenn er hungrig ist oder seinen Nachwuchs versorgen muss.

Etwas anders verhält es sich beim Abtragen und Einjagen eines jungen Vogels. Hier wird die Atzung (also das Futter) meistens so bemessen, dass der Vogel am nächsten Tag wieder bereit für eine neue Trainingssituation ist. Die jüngeren Vögel werden also meistens täglich trainiert oder eben auch geflogen.

Nach erfolgreicher Jagd bekommen sie aber ebenfalls einen vollen Kropf und haben dann einen oder zwei Tage Pause.

Das ist aber alles sehr vereinfacht dargestellt. In Wahrheit ist das deutlich individueller und hängt vom jeweiligen Vogel (der Art, dem Einsatzbereich, der Jagdmethode, den Tagestemperaturen, dem Individuum, etc. ab)

Darüber hinaus gibt es besondere Situationen wie zum Beispiel eine mehrtägige Gemeinschaftsbeizjagd bei der die Vögel mehrere Tage hintereinander geflogen werden. Dann muss natürlich die Azungsmenge entsprechend angepasst werden.

Wenn Du Dich wirklich intensiver mit dem Thema beschäftigen willst, ist es ratsam sich einen Falkner in Deiner Nähe zu suchen. Die Fragen lassen sich vor Ort und persönlich viel besser beantworten.

Aber selbstverständlich helfe ich auch gerne im Forum weiter.

Viele Grüße
 
Wow, vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort!
Momentan liegen die Scheine noch weit in der Zukunft, da ich erstmal mit der Schule fertig werden muss. Dazu habe ich noch ein Pferd, welches mitten in der Ausbildung steckt. Solange muss ich mich mit dem Internet und den entsprechenden Büchern begnügen. Wenn Zeit und Geld da ist werde ich versuchen einen Falkner zu finden, der den Nerv dazu hat sich meiner ein wenig anzunehmen. Es wird ja sehr oft dazu geraten mit einem Fachmann in Kontakt zu kommen.

Viele Grüße und vielen Dank nochmal
 
Um das "Fliegen lassen" noch näher zu erläutern:

Rechtlich will ich jetzt nichts falsch definieren und lasse es daher mal aus.
In der Praxis bedeutet das "Fliegen lassen" im Zusammenhang mit deiner Frage: Jegliche Art der Bewegung, ob nun Beiz (jagen, den Vogel an Wild bringen), Flugtraining (z.B. auf Beuteattrappe - Federspiel, Balg), Konditionstraining (gesichert springen lassen, "vertical jumping") oder Faustappellübungen (Vogel mehrfach zu sich auf die Faust rufen, mit/ohne Absicherung) und andere.

Während der Saison wird der Vogel optimalerweise, wie schon von Gentilis geschildert, bei der Jagd bewegt. Wenn man den Vogel im Sommer an der Flugdrahtanlage lassen möchte, kann man aber auch über den Sommer Übungen wie Vertical Jumping regelmäßig durchführen (z.B. wenn man den Vogel wegen möglichen Stoffwechselproblemen nicht in Mauserkondition haben möchte).
Für alle Methoden bestimmend ist aber, dass man bei einem völlig frei fliegenden Vogel auf dem Gelände eine Jagderlaubnis braucht und potentiell zu schlagendes Wild auch gerade geschlagen werden darf (Schonzeit beachten). Nicht nur die Mauser, sondern auch das ist ein Grund, warum die Beizvögel über den Sommer nicht "geflogen" werden.

Auch ich rate dir, in deiner Gegend nach praktizierenden Falknern zu suchen und einem über die Schulter zu schauen. Wie man XY tut, ist in der Praxis einfach und gut gezeigt, aber schwer beschrieben. Auch für die anstehenden Scheine ist Praxiserfahrung Gold wert, da erlebtes "Wissen" viel präsenter ist als angelesenes. Außerdem liest man in Büchern wenig über von Dotter vollgesauten Handschuhen, verzwickten Beizsituationen und dem Gefühl, wenn du einem Falken/Habicht auf deinem Handschuh das erste Mal in die Augen schaust.

Kontakte bekommst du am besten über die drei großen Verbände DFO, ODF und VDF. Einfach mal ungeniert Vorstände anschreiben (sollten alle eine Webpräsenz haben, wo die Kontaktdaten einsehbar sind).
 
Gut geschrieben ihr beiden :zustimm:
Gerade die praktische Seite bietet dann halt doch regelmässig Situationen, die so nicht im Lehrbuch stehen. Hab ja Leute kennengelernt, die haben einen Falknerlehrgang vor Jahren absolviert und nie einen lebenden Vogel gehandelt. Da kommen dann nachher die Ueberraschungen, wenn der Vogel nicht so reagiert wie er nach Plan sollte.
 
Auch vielen Dank für diese Antworten!
Also kann man das "Fliegen lassen" ja durchaus variieren.
Die Verbände merk' ich mir mal. Dann habe ich auch gleich einen Ansatzpunkt wenn ich später einen Falkner suche.
Über Facebook habe ich auch von einem Internationalen Falknereimarkt ganz in meiner Nähe erfahren. Wenn sich das einrichten lässt, wäre das natürlich toll um eventuell Kontakte zu knüpfen.
Mal sehen, ich bin gespannt! :jaaa:
 
Ich drücke Dir die Daumen. Aber Vorsicht: das macht sehr schnell süchtig! :zwinker:
 
Thema: Definition "Vogel fliegen lassen" und die Haltungsfrage
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