Frage an Vererbungsspezialisten

Mich würde mal interessieren, wie das mit der Vererbung des Gesangstalents ist. Ist ein Harzer Roller ein Harzer Roller, weil er von seinem Vater gehört hat, wie es geht, oder kann er das spezielle Rollerlied dank seiner Gene? Hat die Harzer Rollerin das Talent dann grundsätzlich auch in den Erbanlagen? Könnte sie es auch weitervererben, wenn sie sich mit einem stinknormalen Kanarienhahn verpaart? Oder wird ein junges Hähnchen mit guten Anlagen total verdorben, wenn es als "Vorbild" nur einen übel lauten Papa hat?
Und kann ein Kanarienvogel das Lied der Afrikanischen Nachtigall lernen?

Hi Sushi,

gute Frage! Hat mich auch schon beschäftigt. In der Literatur heißt es ja immer, wenn man den Junghähnen gute Vorsänger vorsetzt, dann lernen sie den entsprechenden Gesang.

Das würde aber theoretisch bedeuten, dass ein Farbkanari-Junghahn lernen kann, wie ein Harzer Roller zu singen, wenn er nur früh genug diesen entsprechenden Gesang zu hören kriegt (und sonst nix).

Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen. Ich denke, da spielt sowohl die Genetik (also Mama und Papa und deren Talent) mit als auch das, was der Junghahn hört. Also bei o.e. Beispiel kann der Farbkanari sich vielleicht was abhören vom HR-Vorsänger, aber so perfekt wie dieser wird er wohl nicht.

Denke ich jedenfalls. Was sagen die Profis?

hi,

bin zwar kein vererbungsspezialist aber, es gibt für gesangskanarien extra singkäfige. die werden pyramidenvörmig übereinandergestellt, in jeden käfig einen vogel, oben einen topsänger, unten jungtiere und dann lernen sie das singen.

ob sie dafür aber extra anlagen haben weiß ich nicht.

interessant....

Hallo,

der Gesang eines Harzer Rollers ist sicherlich in seinen Genen verankert. Genauso ist dieser Gesang auch beim Harzer Weibchen gefestigt. Mehr sogar, man schreibt den Weibchen zu, dass sie den Gesang „stärker vererben“ als ein Hahn. Hier geistert seit „Tretters Lehrbuch“ die Zahl 64% durch die Gegend. Was bedeutet, dass ein Weibchen zu 64% und der Hahn zu 36% an der Gesangsverbung beteiligt sind. Nun ist es aber bei Kanarien so, dass diese auch ein sehr großes Nachahmungstalent besitzen. Es gibt Vögel die das Knarren von Türen nachmachen. Deshalb ist es auch wichtig was der Vogel hört. Es gehört beides immer zusammen um einen „guten Sänger“ zu züchten, zuerst die Erbanlagen und dann die Umwelteinflüsse. Dies ist nicht nur beim Harzer so, sondern bei Farben- und Positurkanarien ganz genau so. Wie gesagt beides ist wichtig, die Veranlagung wie auch die äußeren Einflüsse.
Noch mal zu den Gesangskanarien. Es gab um 1905 einen Züchter in Bremen Namens Reich, dieser schaffte es Kanarienvögel zu züchten, die den Schlag einer Nachtigall sangen. Dies hat er durch ständige Zuchtauslese und geeignete Vorsänger erreicht. Zu Ende seiner Zuchtversuche brauchte er keine Vorsänger mehr, der Nachtigallenschlag war im Erbgut gefestigt.

Das ganze Thema ist hochinteressant, es gibt viele Abhandlungen darüber. Es wurden zum Beispiel auch schon Mäuse gezüchtet welche auf einen bestimmten Ton nicht mehr regierten. Dies wurde auch in deren Erbanlagen gefestigt.

Ist der Hammer oder?

Hallo Jürgen!
Danke für Deinen sehr interessanten Bericht!

Hallo

Jürgen hat mit seinem Beitrag alles richtig gesagt, wie der Gesang der Kanarien vererbt wird.
Bei meinen Kanarien habe ich was tolles erlebt, was den Gesang angeht.
Ich habe mal Fife Kanarien gezogen.
Einer meiner Jungen Fife hat gesungen wie ein Stieglitz.
Er hat den Gesang von meinen Stieglitzen gelernt.
Leider haben seine Jungen diesen Gesang nicht gelernt.
Es lag wohl daran, dass ich keinen großen Wert darauf gelegt habe.
Es währe aber bestimmt möglich diesen Gesang weiter auf die Jungen zu übertragen.
Ich bin mir sicher das man dieses Ziel erreichen könnte, wenn man sich ganz darauf konzentrieren würde.
Die Zucht mit dem Gesang ist nicht einfach.
Für mich gehört der Kanarienvogel zu den Besten Sänger, die es giebt.

Ich habe meine Henne von einem Gesangskanarienzüchter, der seinen Tieren Tonbandaufnahmen der Afrikanischen Nachtigall vorgespielt hat. Die Vögel sangen auch tatsächlich so (ähnlich zumindest) wie der Vogel auf dem Tonband. Die Küken meiner Henne singen aber leider wie der Erzeuger, dessen Gesang hauptsächlich laut ist. Die Henne selbst gibt auch keine melodischen Geräusche von sich, sondern im Gegenteil hauptsächlich ein durchdringendes Quietschen, was am ehesten mit Ferkelquieken zu vergleichen ist. Vielleicht war ja das der Grund, warum der Züchter sie ausgesondert hatte.
Auch interessant fand ich, dass der Züchter auch Reisfinken züchtete, deren Gesang sich, in meinen ungeschulten Ohren jedenfalls, genauso angehört hat wie die Kanarienvögel.

Dankeschön Jürgen für Deine sachkundige Auskunft!