Kraniche in den Süden

Ich beobachte beim Zug in den Süden, dass der V-Flug plötzlich aufgebrochen wird, die Vögel scheinbar ziellos Kreise fliegen oder auch die Richtung ändern, um dann nach etlichen Minuten die V-Formation wieder aufnehmen und dann zielgerecht weiter fliegen. Welchen Grund hat das?

Hallo!

Kraniche nutzen gerne aufsteigende Warmluft, also Thermiken, wenn sie welche erwischen, weil sie so problemlos und mitunter schnell erheblich an Höhe gewinnen können, und auf diese Art kraftsparend weite Strecken im gemächlichen Segelflug zurück legen können.

Die Reisehöhe von bis zu 400 Meter ohne Thermik zu erreichen, ist für Kraniche sehr schwer und ginge nur über lang andauernden, energiezehrenden Ruderflug, was aber unökonomisch ist, und daher wo immer es sich bietet, die kraftsparende Thermik genutzt wird.

Aus diesem Grund sind sonnige Tage meist die Top- Zugtage, kommt dann noch beschleunigender Rückenwind hinzu, gibt es sozusagen kein Halten mehr, da Thermik plus Rückenwind die Überbrückung riesiger Distanzen in kürzester Zeit erlaubt.

So hatten wir letzten Donnerstag Ostwind, also Rückenwind, zugleich mit Sonne, und die Kraniche flogen zuhauf aus Polen ein/ vorüber, und dies sowohl recht hoch als auch fast doppelt so schnell, als ohne Rückenwind.
Ich möchte meinen, daß sie es an jenem Tag noch bis Niedersachsen in die Diepholzer Moorniederung schafften =).

Grüße, Andreas

Danke für deine Antwort! Für mich ist sie aber nicht ganz schlüssig. Wahrscheinlich fehlt mir physikalisches know how. Bei Gänsen habe ich diese Beobachtung noch nie gemacht und die Kraniche setzen ihre Flügelkraft bei diesem scheinbar unorientierten Flug voll ein und ein Höhengewinn ist auch nicht erkennbar. Ich wäre dir dankbar, wenn du meine physikalische Lücke schließen würdest!
einen lieben Gruß von Polly

Hallo!

Gänse können nicht segeln wie zB Kraniche, weil bei ihnen durch ihre geringere Spannweite und die anders geformten Flügel sowie ihr relativ hohes Gewicht für die Tragfläche der Flügel die sogenannte Flächenbelastung zu hoch ist, sprich, würden die versuchen, sich kreisend in die Höhe zu begeben, würden sie runterplumpsen wie eine bleierne Ente.

Der Kranich hingegen hat durch seine größere Spannweite und das relativ geringere Körpergewicht eine weit geringere Flächenbelastung (also das Gewicht, welches sich pro cm² Flügelfläche ergibt), und kann dadurch segeln.

Im allgemeinen profitieren die Kraniche erheblich von Warmluftsäulen, also Thermiken.
Als ich am 18.10. in Linum war, zogen einige Trupps ab, was sich daran erkennen ließ, daß sie über den Teichen in eine Thermik gerieten, aus der Formation ins Kreisen übergingen, und im Laufe von 10 Minuten bestimmt 250 Meter in die Höhe kamen, worauf sie dann wieder aus dem Kreisen in Formation übergingen und Richtung Südwest davonzogen.
Daß die Kraniche auch beim Kreisen mit den Flügeln schlagen, dient der Kurssteuerung, da die Thermiken stets nur einen bestimmten Durchmesser haben, und sie darin bleiben müssen, um sie weiter nutzen zu können. Auch wird mit dem Flügelschlag so navigiert, daß eine gewisse Ordnung im Schwarm erhalten bleibt, daß also dadurch die einzelnen Familien und Paare zusammen bleiben.

Vergleicht man hierzu das Kreisen der Störche, die auf dem Zug keinerlei Familienzusammenhalt zeigen, fällt auf, daß diese völlig kreuz und quer durcheinander kreisen.

Dann gibt es noch die Möglichkeit, daß die Kraniche eventuell ohne großen Höhengewinn kreisen, wenn sie zwar eine Thermik gefunden haben, diese aber zu klein oder zu schwach ist, ihnen also keine Vorteile erbringt, worauf sie dann nach einer gewissen Zeit ihren normalen Flug fortsetzen.
Auch habe ich aus meinen vielen Beobachtungen den Eindruck, daß mittels Kreisen kleine, engräumige Windströme genutzt werden, die die Vögel schneller voranbringen, ohne Höhe zu bringen, dafür aber halt mehr zurück gelegte Distanz, als wären sie außerhalb dieses kleinräumigen Windes geflogen.

Wenn noch Fragen sind, gerne her damit =)...

Grüße, Andreas

Hallo Andreas, sehr gut erklärt. Hätte ich bestimmt nicht so gut hinbekommen.
Man merkt ein Profi war am Werk!
Gruß Uwe

Hallo Andreas,
das ist mal eine Erklärung, die für mich schlüssig ist.
Ich danke dir dafür. Bitte kläre mich auf, woher du dieses Fachwissen hast.
einen lieben Gruß von Polly

Hallo!

Mensch, hier wird man ja ganz rot, danke schön ^^...
Nun ja, ich interessiere mich seit meiner frühen Kindheit für die Natur im Allgemeinen und Vögel im Besonderen, und da ich inzwischen 33 bin, bleibt in den knapp 30 Jahren besonderem Interesse natürlich das eine oder andere hängen von all dem Gelesenen, gesehenen und beobachteten.
Mit 3 habe ich von meinem Berliner Opa ein Kinderbuch bekommen, "Bouke- Erlebnisse einer Wildgans" (Habe es gerade gestern zufällig bei amazon gefunden. Den Titel kannte ich gar nicht, ich erinnerte mich nur an die Zeichnungen und die Bilder. Ich war ja so klein damals ^^), und das gab den Ausschlag.
Seitdem bin ich offenen Auges und Ohres für alle Naturvorgänge, habe mit 8 mein schönstes Kompliment von einer Teenie- Nachbarstochter bekommen ("Der muß nur einmal hochkucken, da weiß er schon, was das ist" ^^), war mit 10/11 auf der Klassenfahrt nach Amrum der lebende Naturführer, naja =)...
Macht mir halt einen Heidenspaß, das alles zu wissen, und um so schöner ist es, wenn ich damit noch jemandem helfen kann =)!

Grüße, Andreas

Hallo Andreas....kein Grund rot zu werden. Ich habe vermutet, dass du beruflich in Sachen Ornithologie unterwegs bist...um so erstaunlicher dein Wissen. Jetzt kommt gleich die nächste Frage: Welche kleine Vogelart singt zu dieser Jahreszeit in Norddeutschland herum? Warum tut sie das?
Und zu allem Überfluss hatte ich gerne noch deine Meinung zur Elsternhege!
einen lieben Gruß von Polly
PS: dies habe ich in ähnlicher Art schon mal gesendet...es aber noch nicht zu lesen bekommen....hoffentlich klappt es jetzt!

Hallo!

Was jetzt in Norddeutschland umhersingt, kann gut das Rotkehlchen sein, die sind bekannt dafür, ihre Reviere bereits im Winter abzustecken, und behilfs dessen auch mittendrin zu singen.

Zur Elsternhege meine ich, das eigentlich gar keine nötig ist, weil die Rabenvögel ihre Population immer noch am besten regulieren.
Zum einen sind die Elstern untereinander selbst spinnefeind, sprich Nichtbrüter machen Brutpaaren das Leben mit Grenzübertritten und Nesträubereien schwer, und zudem nehmen sich auch Raben-/ Nebelkrähen der Elsternnester und Gelege an, die sie entweder im Baustadium zerstören, so es sich um Nester handelt, oder sie räubern die Gelege.
Beides sorgt dafür, daß die Elsternpopulation stets von Natur aus reguliert wird, und würde unsereiner dann noch kommen und hegen/ schießen, dann hätte man dieselbe Situation wie beim Fuchs.
Nämlich, daß es rein gar nichts nützt, da aus Populationsreserven umgehendst leere Reviere wieder besetzt sind, und die Paare durch die reduzierte Population mehr Brut- und Aufzuchtserfolg haben.
Ich finde es also ziemlich sinnfrei, da einzugreifen.

Grüße, Andreas

PS: Au, es wäre der Job und Traum meines Lebens, wenn ich ornithologisch/ naturmäßig was machen und davon auch leben könnte. Leider geht sowas zu 98% nur ehrenamtlich.

Hallo, für alle die es interresiert. War heute auf der Seite von "German_Birdnet Zugbeobachtungen" und fand eine Meldung wo sich Kraniche in ihrem Rastgebiet ihre Schlafgewässer in Klärbecken ausgesucht haben. Dazu noch ein Bilderhinweis auf http://www.faunoekjmueller-magdeburg.de/Aktuelles/Vogel_/WT_Vo_o8/WtVo2Hjo8/wtvo\2hjo8.html
Die Bilder solltet ihr Euch mal ansehen. Sehr interresant aber auch traurig.
Viele Grüße Uwe

Leider geht der Link nicht =(!

Grüße, Andreas

Entschuldige Andreas, ich habe den Link so eingegeben wie er in "Birdnet" abzulesen war. Man kann die Bilder auch auf (www.faunoekjmueller-magdeburg.de unter "Aktuelles" dann unter "Vögel u.a. Wirbeltiere 2008" anklicken) direkt ansehen. Einfach ab dem ersten Bild den rechten Balcken nach unten ziehen, dann kommen die restlichen Bilder.
Gruß Uwe

Danke Andreas!
Ich danke dir wieder einmal für deine Fachkenntnis und die Veröffentlichung.
Rotkehlchen habe ich von anderer Stelle auch bestätigt bekommen- ich sehe das mal als richtig an!!! Von den Elstern wusste ich das nicht....aber sie ärgern mich. Elstern -gekillt im Herbst -würden mich beruhigen, da sie doch andere Kleinvögel fressen würden- bis zur Brut wäre dann mal etwas Zeit. Aber vielleicht habe ich da wieder eine schräge Sichtweise. Es wäre symphatisch, wenn du mich mal wieder richtigstellen würdest.
einen lieben Gruß von mir
PS. mit dem bezahlten Einsatz von Menschen wie dir würde Naturschutz intensiver und effektiver sein!!