Manfred
Foren-Guru
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Heilige und Scheinheilige
Von Jan Cornelius
Wodurch unterscheidet sich ein Heiliger von einem Scheinheiligen?
Im Gegensatz zu den Scheinheiligen sind die Heiligen alle längst tot. Daher gehen viele Menschen in die Kirche und suchen dort die Begegnung mit ihnen im Gebet.
Was aber Scheinheilige betrifft, betet man eher, dass man ihnen nicht begegnet, doch man trifft sie leider trotzdem auf Schritt und Tritt.
Man erkennt einen Scheinheiligen daran, dass er im Unterschied zu einem Heiligen nie einen Schein über dem Kopf hat, sondern höchstens einige Scheine im Portemonnaie. Manchmal behauptet er jedoch, sein Portemonnaie sei leer, aber das nur zum Schein, damit man die Rechnung für ihn bezahlt.
Besonders an den Weihnachtstagen, wenn die Großfamilie, ob sie es will oder nicht, endlich wieder zusammenkommt, hat Scheinheiligkeit Hochkonjunktur, denn sie führt zu einem liebevollen Umgang miteinander. Und zwar solange, bis es dann doch noch kracht. In genau einem Jahr ist dann aber alles wieder gut, denn Weihnachten ist auch ein Fest der Versöhnung, ob man diese Versöhnung nun will oder nur so scheinheilig tut.
Man kann vor Scheinheiligen nicht genug warnen! Vor allem auf der ganz persönlichen Beziehungsebene können sie einem besonders stark zusetzen! So gaukelte mir meine Frau, beispielsweise jahrelang scheinheilig absolute Treue vor, bis ich sie eines morgens plötzlich stellte. „Wo hast du denn die Nacht verbracht?“, fragte ich sie, als sie erst um 10 Uhr früh nach Hause kam. „Bei meiner Freundin Annie.“ Daraufhin reichte ich empört die Scheidung ein, denn das konnte gar nicht sein: Mit Annie war zufällig ich die ganze Nacht zusammen gewesen.
Scheinheilige gibt’s freilich auch im Kulturbetrieb. So hat kürzlich ein Schriftsteller ein atheistisches Buch geschrieben und danach hat er gebetet, dass es sich verkaufen möge.
Apropos beten: Sogar im Bereich der Kirche sind in der letzten Zeit eine Menge Scheinheilige aufgeflogen. Man denke hier nur an den Bauer, der zum Pfarrer sagte: „Nichts für ungut, dass ich nicht mehr in die Kirche komme, aber da sind mir zu viele Scheinheilige!“ „Stimmt“, meinte daraufhin der Pfarrer, „aber für einen mehr wäre schon noch Platz.“
Auch Boulevardblättern oder einigen Fernsehsendern wird immer wieder Scheinheiligkeit vorgeworfen: Sie hätten ein geheimes Vergnügen daran, über unmoralische Dinge zu berichten und Menschen durch den Dreck zu ziehen. Dem muss man jedoch Fairerweise widersprechen! Das Vergnügen ist nicht geheim, sondern offensichtlich.
Sehr häufig nennt man auch Politiker scheinheilig, unter anderem, weil sie von den Bürgern verlangen, den Gürtel enger zu schnallen, sich selbst aber gleichzeitig die Diäten erhöhen. Das würden sie jedoch gewiss nie machen, wenn ein anderer es für sie erledigen würde. Politiker sind auch nur Menschen, warum vergisst man das dauernd und hackt auf ihnen herum? Es reicht doch schon, wenn sie für edle Prinzipien kämpfen, wieso erwartet man von ihnen, dass sie diesen Prinzipien auch noch Folge leisten!
Unter dem Strich: Scheinheilige gibt es in unserer Gesellschaft wie Sand am Meer. Wie sagte nur der Philosoph und Menschenkenner Bertrand Russell: „Wir haben zwei Sorten von Moral: Eine, die wir predigen, aber nicht praktizieren, die andere, die wir praktizieren, aber nicht predigen.“
Das hört sich schlimm an, aber lassen wir uns davon nicht irritieren! Damit meinte Russell natürlich nicht uns, sondern alle anderen.
Von Jan Cornelius
Wodurch unterscheidet sich ein Heiliger von einem Scheinheiligen?
Im Gegensatz zu den Scheinheiligen sind die Heiligen alle längst tot. Daher gehen viele Menschen in die Kirche und suchen dort die Begegnung mit ihnen im Gebet.
Was aber Scheinheilige betrifft, betet man eher, dass man ihnen nicht begegnet, doch man trifft sie leider trotzdem auf Schritt und Tritt.
Man erkennt einen Scheinheiligen daran, dass er im Unterschied zu einem Heiligen nie einen Schein über dem Kopf hat, sondern höchstens einige Scheine im Portemonnaie. Manchmal behauptet er jedoch, sein Portemonnaie sei leer, aber das nur zum Schein, damit man die Rechnung für ihn bezahlt.
Besonders an den Weihnachtstagen, wenn die Großfamilie, ob sie es will oder nicht, endlich wieder zusammenkommt, hat Scheinheiligkeit Hochkonjunktur, denn sie führt zu einem liebevollen Umgang miteinander. Und zwar solange, bis es dann doch noch kracht. In genau einem Jahr ist dann aber alles wieder gut, denn Weihnachten ist auch ein Fest der Versöhnung, ob man diese Versöhnung nun will oder nur so scheinheilig tut.
Man kann vor Scheinheiligen nicht genug warnen! Vor allem auf der ganz persönlichen Beziehungsebene können sie einem besonders stark zusetzen! So gaukelte mir meine Frau, beispielsweise jahrelang scheinheilig absolute Treue vor, bis ich sie eines morgens plötzlich stellte. „Wo hast du denn die Nacht verbracht?“, fragte ich sie, als sie erst um 10 Uhr früh nach Hause kam. „Bei meiner Freundin Annie.“ Daraufhin reichte ich empört die Scheidung ein, denn das konnte gar nicht sein: Mit Annie war zufällig ich die ganze Nacht zusammen gewesen.
Scheinheilige gibt’s freilich auch im Kulturbetrieb. So hat kürzlich ein Schriftsteller ein atheistisches Buch geschrieben und danach hat er gebetet, dass es sich verkaufen möge.
Apropos beten: Sogar im Bereich der Kirche sind in der letzten Zeit eine Menge Scheinheilige aufgeflogen. Man denke hier nur an den Bauer, der zum Pfarrer sagte: „Nichts für ungut, dass ich nicht mehr in die Kirche komme, aber da sind mir zu viele Scheinheilige!“ „Stimmt“, meinte daraufhin der Pfarrer, „aber für einen mehr wäre schon noch Platz.“
Auch Boulevardblättern oder einigen Fernsehsendern wird immer wieder Scheinheiligkeit vorgeworfen: Sie hätten ein geheimes Vergnügen daran, über unmoralische Dinge zu berichten und Menschen durch den Dreck zu ziehen. Dem muss man jedoch Fairerweise widersprechen! Das Vergnügen ist nicht geheim, sondern offensichtlich.
Sehr häufig nennt man auch Politiker scheinheilig, unter anderem, weil sie von den Bürgern verlangen, den Gürtel enger zu schnallen, sich selbst aber gleichzeitig die Diäten erhöhen. Das würden sie jedoch gewiss nie machen, wenn ein anderer es für sie erledigen würde. Politiker sind auch nur Menschen, warum vergisst man das dauernd und hackt auf ihnen herum? Es reicht doch schon, wenn sie für edle Prinzipien kämpfen, wieso erwartet man von ihnen, dass sie diesen Prinzipien auch noch Folge leisten!
Unter dem Strich: Scheinheilige gibt es in unserer Gesellschaft wie Sand am Meer. Wie sagte nur der Philosoph und Menschenkenner Bertrand Russell: „Wir haben zwei Sorten von Moral: Eine, die wir predigen, aber nicht praktizieren, die andere, die wir praktizieren, aber nicht predigen.“
Das hört sich schlimm an, aber lassen wir uns davon nicht irritieren! Damit meinte Russell natürlich nicht uns, sondern alle anderen.
