Paramyxovirus beim Singsittich - Hat jemand Erfahrungen damit gemacht?

Diskutiere Paramyxovirus beim Singsittich - Hat jemand Erfahrungen damit gemacht? im Forum andere Sittiche im Bereich Sittiche - Hallo, vor einiger Zeit erwarb ich ein junges Singsittichweibchen, das ich schon länger in einer ansonsten gut geführten Zooabteilung eines...
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Pet Detective

Guest
Hallo,
vor einiger Zeit erwarb ich ein junges Singsittichweibchen, das ich schon länger in einer ansonsten gut geführten Zooabteilung eines großen Gartencenters beobachtet hatte. Es saß wochenlang lethargisch in einem winzigen Käfig mit Nymphensittichen zusammen und wirkte dermaßen einsam und traurig, daß ich es irgendwann schließlich aus Mitleid kaufte. (Ich wollte ihm ein Männchen dazukaufen, fand aber zu dieser Zeit nirgends eines.) Meine Bedenken, überhaupt einen dieser berühmten Notkäufe zu tätigen, bestätigten sich leider sehr schnell - nach nur einem Tag Eingewöhnungszeit in einer großen Gemeinschaftsvoliere lebte sich "Xena" zwar völlig problemlos ein und blühte zwischen Wellensittichen und Zebrafinken förmlich auf, veränderte aber ca. 1 Monat später ihr Verhalten auf erschreckende Weise.

Der Vogel bekam nach und nach Schwierigkeiten beim Fliegen, verfehlte plötzlich Stangen oder klammerte orientierungslos am Gitter. Binnen weniger Tage wurde es immer krasser, und ich bekam Panik, daß es sich um ein Paramyxovirus handeln könnte, für die Singsittiche, wie ich später erfuhr, leider als besonders anfällig beschrieben werden.

Mein schlimmster Verdacht bestätigte sich, es war PMV-3 (hieß früher Drehkrankeit, verwandt mit dem Newcastle Virus) mit schweren ZNS-Symptomen bei gutem Allgemeinzustand und unvermindertem Appetit. Aus dem pfeilschnellen Flieger war ein wackelndes, rückwärtskugelndes Wrack geworden, daß wir in einem kleinen Krankenkäfig halten mußten, um es vor Verletzungen zu bewahren. Das Schlimme war, daß Xena bei all der Schwere der Bewegungsstörungen ansonsten sozusagen voll da war und keinerlei Abbauerscheinungen zeigte.

Ich wälzte in dieser Zeit viele Tierarztbücher und recherchierte ein bißchen in Bibliotheken, doch außer detaillierten Beschreibungen der Symptome bei Singsittichen im Tierversuch gab es nirgends eine Lösung. Die Chance auf Heilung bestand, war aber sehr klein. Solange die Tiere im guten Ernährungszustand sind, können sie irgendwann wieder gesunden. Wir hatten die Wahl, einschläfern lassen oder auf ein Wunder hoffen. Ich tat letzteres, leider vergebens.

Xena lebte fast 3 Monate ohne jede Veränderung und schlief dann ein. Gerne hätte ich ihr diese Zeit erspart, nur gaben mir die Ratlosigkeit der Tierärzte und die Berichte über plötzlich gesundende Vögel Hoffnung, sie könnte es schaffen. Ein Männchen hatte ich ihr vor Krankheitsbeginn (zum Glück) nicht besorgen können, und später war klar, daß es sich sicher angesteckt hätte.

Mein gesamter anderer Vogelbestand hat sich aber gottseidank nie infiziert, obwohl Xena das Virus bereits in sich getragen haben muß, als ich sie kaufte.

Ich habe seitdem nie wieder Singsittiche gehalten, denn mir graut davor, so etwas Trauriges nochmal erleben zu müssen.

Deshalb meine Frage: Kann jemand bestätigen, daß Singsittiche anfällig für PMV-3 sind?

Kennt jemand Fälle, in denen die Vögel tatsächlich wieder gesund geworden sind?

Der Literatur nach sind nur jüngere Tiere anfällig. Kann das jemand bestätigen?

Ich bin für jeden Hinweis dankbar. http://www.vogelnetzwerk.de/forum/frown.gif

Viele Grüße
PD
 
Hallo,

das ist ja wirklich schlimm mit dieser Krankheit. Ich habe bis jetzt noch nichts von diesem Virus gehört.

Wir halten seit über einem Jahr ein Pärchen, die sind wohlauf.

Vielleicht war das Verhalten im Zoogeschäft schon ein erstes Anzeichen...

Ich kann dir leider nicht weiterhelfen, wollte dir aber nur sagen das es bestimmt hier noch viele andere Singsittich-Halter mit kerngesunden Tieren gibt.

Liebe Grüße

Tatjana
 
Hallo,

mein Nymphensittich hatte vor einigen Wochen die selben Symptome, Verfehlen von Landeplätzen und Schiefhaltung des Kopfes.
Ich war natürlich sofort mit Benny beim Tierarzt, der tippte zunächst auch auf PMV, da ich auch etliche Wildvögel halte, die das Virus eventuell hätten einbringen können.

Eine meiner Tauben weist jedoch ebenfalls bereits seit einem halben Jahr diese Drehbewegung des Kopfes auf. Ich bekam sie in diesem Zustand, doch die damaligen Untersuchungen hatten keine Krankheitserreger ergeben. Sicherheitshalber ließ ich von beiden Vögeln Blut entnehmen und auf PMV untersuchen. Der TA prophezeite mir damals bereits, daß, falls es tasächlich PMV sei, keine Überlebenschancen bestünden.
Zum Glück wurde bei beiden kein PMV nachgewiesen, und auch sonst keine Erreger.
Es muß sich um ein Blutgerinnsel im Gehirn gehandelt haben, welches innerhalb von einigen Wochen abgebaut wurde. Behandelt wurde Benny mit Vitaminen und Aspirin, zur Blutverdünnung. Bei der Taube war die vermutliche Ursache eine Schwermetallvergiftung.
Damals habe ich mich auch überall versucht, über PMV zu informieren. Die Aussage, daß es kaum Überlebenschancen gebe, war leider immer wieder gegeben. Ich sah bereits im Geiste allem meine Vögel tot oder mit Schiefköpfen.

Aber nicht gleich in Panik geraten, wenn ein Vogel diese Symptome zeigt, es können, wie gesagt, auch harmlosere Ursachen sein.

Daß es bei Deinem Sprinsittich leider doch der Fall war, tut mir sehr leid. Ich kann mir gut vorstellen, was Ihr durchgemacht habt http://www.vogelnetzwerk.de/forum/frown.gif

Soviel ich herausfinden konnte, sind häufig Agas für diese Krankheit anfällig, daß speziell Springsittiche leicht befallen werden, war mir bislang nicht bekannt.

viele Grüße,

Anke
 
Hallo,
erstmal vielen Dank für die schnellen Antworten!

An eine Gehirnverletzung bzw. Blutgerinnsel hatte ich zunächst auch gedacht, bis dann die typischen Kopfbewegungen und -schiefhaltung dazukam und sich das ganze drastisch steigerte. Außerdem hätte ich beim besten Willen nicht gewußt, wie sich der Vogel eine derart starke Hirnverletzung zugezogen haben sollte, da er davor ja noch topfit war.

Tatjana, Du hast natürlich recht, das Verhalten im Zooladen war sicher schon verdächtig, und obwohl der Sittich sonst ein perfektes Gefieder usw. hatte, hätte ich ihn einfach nicht kaufen dürfen. Ich habe mir deswegen auch schwere Vorwürfe gemacht, denn meine anderen Vögel hätten sich ja ebenfalls anstecken können.

Schön zu hören, daß andere Singsittichhalter diese wirklich grauenvolle Krankheit nicht kennen, da hast Du sozusagen nichts versäumt ... aber vielleicht gibt es ja noch jemanden, der mit diesen Vögeln dasselbe durchgemacht hat? Ich bin weiterhin froh über jeden Kommentar.

Viele liebe Grüße
PD
 
Moin PD!

Ich habe selbst keinen großen "Bestand" an Singsittichen gehabt (insgesamt vier), bei denen ist es nie aufgetreten. Auch von den mir bekannten Züchtern und Haltern habe ich bislang noch nicht gehört, das sie eine PMV-Erkrankung bei ihren Vögeln hatten.
Die PMV-3-Krankheit soll besonders bei australischen und afrikanischen Papageien und Sittichen auftreten, vorrangig bei
Nymphen, Agas und den Neophema-Arten; bei der PMV-1-Krankheit gelten afrikanische und südamerikanische Papageien und Sittiche als besonders empfänglich.
Insofern bin ich schon der Ansicht, das Singsittiche keine speziellere Disposition für diese Erkrankunkung haben als andere australische Sitticharten auch.

Hinsichtlich der Heilungsaussichten: ebenso wie bei PMV-1 (Newcastle disease) gibt es keine heilende Therapie, lediglich unterstützende Maßnahmen (bspw. orale Gaben von Elektrolyten, Vitamin-K-Gaben).
Bei an PMv-3 erkrankten Vögeln ist eine höhere Überlebensrate gegeben als bei ND. Da aber im Gegensatz zu ND eine PMV-3-Erkrankung nicht meldepflichtig ist, gibt es hier auch nur ungenügende Daten.
PMV-3 kann auch von klinisch gesunden,d.h. nicht selbst erkrankten Vögeln ausgeschieden werden. Insofern wäre eine Infektion des Singsittichs erst bei Dir auch nicht völlig auszuschließen, jedoch beträgt wie bei der
ND die Inkubationszeit bei empfänglichen Tieren 5 bis 10 Tage, aber erst nach mehrwöchigen Verlauf treten Störungen des Zentralnervensystems auf. Dies spricht wiederum für eine vorangegangene Infektion.
Es gibt eine seltene spontane Rückbildung der Symptome, auch kann ein Vogel bei ausrechender Versorgung und Haltung wochen- und monatelang mit der Krankheit leben, eine Heilung jedoch soll es nicht geben. Bei den Berichten über eine Heilung ist auch zu fragen, ob es sich tatsächlich um eine PMV-Infektion handelte oder um Vergiftungen oder
Hirnverletzungen durchaus ähnlichen Symptomen, wie Anke ja auch beschrieb.

Ich würde mich von der Haltung dieser schönen Sittiche (bei denen vor allem immer wieder der Zusammenhalt der Paare beeindruckt) wegen dieser einmaligen tragischen Erfahrung nicht abhalten lassen, aber auch auf alle Fälle den Zooladen meiden.

------------------
Tschüss Rüdiger
 
Hi Rüdiger,
1000 Dank für Deinen ausführlichen Kommentar.

Obwohl ich auch in mehreren älteren (Jahrgang 1975-85) veterinärmedizinischen Veröffentlichungen/Büchern lesen mußte, daß Singsittiche für PMV geradezu prädestiniert seien und die damals noch völlig unerforschte "Drehkrankheit" bei ihnen zum ersten Mal beobachtet wurde, können Berichte neuerer Zeit dies nicht mehr eindeutig bestätigen. Daher stimme ich Dir zu, daß die Gefährdung dieser Art wirklich nicht unbedingt höher ist als anderswo.

Daß mein eigener Bestand latent mit dem Virus infiziert war, halte ich für sehr unwahrscheinlich, da ich bis heute trotz Nachzuchten und Neuzugängen nie wieder derartige Symptome beobachten konnte (zum Glück!). 100%ig ausschließen kann man es dennoch nicht.

Wir haben den Vogel damals auch mit erhöhten Vitamingaben und Konditionsfutter bei Kräften gehalten, in der Hoffnung, es könnte eine Besserung eintreten. Im Nachhinein hat die gute Ernährung das traurige Ende wohl nur hinausgezögert. Eine Spontanheilung hatte ich auch nicht gerade erwartet, aber vielleicht eine langsame Besserung.
Hätte ich heute dieselbe Diagnose bei einem anderen Vogel, würde ich ihn sicher einschläfern lassen, um ihm so ein qualvolles Leiden zu ersparen.

Wie Du schon sagst, ist sicher auch die fehlende Meldepflicht vom PMV-3 "schuld" daran, daß es sowenig Informationen über den Verlauf der Krankheit gibt. Das erklärt auch die Ratlosigkeit des TA´s, der letztendlich weniger über PMV-3 wußte als ich nach meinen Recherchen.

Vielleicht werde ich mir irgendwann wieder Singsittiche zulegen. Ich fand Xena auch dermaßen wundervoll, daß mir jetzt noch fast die Tränen kommen, wenn ich an ihre letzten Monate zurückdenke. Sie hatte sich sogar mit einem Wellimännchen angefreundet und war überhaupt einer der beeindruckendsten Vögel, mit denen ich je mein Dasein teilen durfte.

Nochmals vielen Dank für Eure Hilfe!

Liebe Grüße
PD
 
Thema: Paramyxovirus beim Singsittich - Hat jemand Erfahrungen damit gemacht?

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