Die Amsel-Story

Diskutiere Die Amsel-Story im Forum sonstige Vogelarten im Bereich Wildvögel - Sehr geehrte Forenmitglieder, ich möchte Euch folgende Geschichte erzählen: Das rege Treiben in der Tanne haben wir eigentlich relativ...
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Mallina

Guest
Sehr geehrte Forenmitglieder,

ich möchte Euch folgende Geschichte erzählen:


Das rege Treiben in der Tanne haben wir eigentlich relativ früh bemerkt. Alle paar Minuten flog ein Vogel in den Baum und verschwand kurzer Zeit wieder. Daraufhin kam ein Anderer, verschwand zwischen den Ästen im Inneren und flog wenig später wieder heraus. Aber um welche Vogelart es sich dabei handelte, wussten wir nicht, da wir dem Ganzen zu jenem Zeitpunkt keine große Beachtung schenkten. Meine Mutter äußerte den Verdacht, dass die Vögel wohl dabei wären, ein Nest zu bauen. - Und siehe da! Das taten sie tatsächlich ...

Bild:
http://img356.imageshack.us/img356/7927/nestjn2.jpg
By sevendreams, shot with DMC-LZ3 at 2008-05-01

Mit einem Hauch von Romantik.

Selbstverständlich wurde das Nest erst dann aus dem Baum genommen, nachdem die Vogeljungen dieses verlassen hatten. Außerdem habe ich die in das Nest eingebaute Plastiktüte entfernt.

Als mein Vater schließlich vor etwa 2 Wochen beabsichtigte, die Tanne ein wenig in Form zu bringen, schoss der Amselpapa aus der Tanne, setzte sich auf die Mauer und stieß aufgeregt Schimpf- und Warnrufe hervor. Da beschloss mein Vater, die Tanne vorerst in Ruhe zu lassen. Schließlich wurde ich neugierig. Seit etwa 10 Jahren wächst nun die Tanne in unserem Garten. Doch bisher hatten wir niemals Gäste bekommen.
Was tat sich denn nun in der Tanne? fragte ich mich. Also stieg ich auf einen Stuhl und schob ein paar Äste beiseite, um hineinzusehen. Im dunklen Inneren glänzte ein Paar schwarzer Augen. Regungslos saß die Amselmutter da und bewegte den Kopf nur sehr wenig. Beim genaueren Hinsehen entdeckte ich vier kleine Schnäbel, die wie Kronenzacken entlang des Nestrandes platziert waren. Eines davon öffnete sich sogar. Ich, die sich für Vögel eigentlich nie begeistern konnte, war absolut entzückt!

Dass sich eine Amselfamilie in unserem relativ kleinen Garten einquartiert hatte, war für uns etwas Neues. Daher musste dieses kleine Ereignis unbedingt auf Bildern festgehalten werden.

Bild:
http://img170.imageshack.us/img170/5200/amselmamafb2.jpg
By sevendreams, shot with DMC-LZ3 at 2008-05-01
(Das Datum stimmt eigentlich nicht.)

Das Leben der jungen Familie war bis zu jenem Zeitpunkt friedlich verlaufen. Nun jedoch, da die Temperaturen kontinuierlich anstiegen, und das milde Wetter die Bewohner des Hauses nach draußen lockte, waren die Amseleltern verunsichert, wie es weiter gehen würde. Sie waren mit der Spezies Mensch vertraut und hatten bisher vermutlich nicht viele gute Erfahrungen gesammelt.
Das Amselmännchen begriff, dass es vorsichtig sein musste, als es eines Nachmittags drei ausgewachsene Menschen auf Gartenstühlen entdeckte. Denn obwohl diese den Anschein erweckten, lediglich ein Sonnenbad zu nehmen, so waren sie dennoch potentiell gefährlich. Mit dem lebendigen Wurm im Schnabel hüpfte der Amselpapa von der Mauer auf die Gartentür, und in jenem Moment, in dem er sich mehr oder weniger unbeobachtet fühlte, nahm er den "Hintereingang" in die Tanne. Kurzer Zeit später flatterte die Vogelmutter mit ihrer Beute im Schnabel auf die Mauer und checkte die Lage. Sie marschierte hin und her und hielt kurz an, um Jedem dieser potentiellen Vogeljungen-Diebe ins Auge zu blicken, doch in erster Linie, um die Fremden einzuschüchtern, indem sie sich aufplusterte. Doch dieses Vorhaben ging ins Leere. Durch das Aufplustern wurde sie lediglich zu einer großen, gefiederten Kugel. Sie sah einfach niedlich aus, was in uns den Wunsch weckte, ihr über das Federkleid zu streicheln. Den ganzen Tag lang war sie - wie es natürlich ihre Art ist - auf der Hut, griff allerdings nicht an.

Am nächsten Tag ereignete sich eine kleine Tragödie ...
 
Sonnig warm präsentierte sich der Sonntagnachmittag. Während ich im Garten saß, sah ich, wie die Vogelmutter das Nest wenige Male verließ, um mit Regenwürmern und anderen Insekten zurückzukehren. Doch vom Amselvater fehlte jede Spur. Erst gestern hatte er zusammen mit ihr fleißig nach Futter gesucht, flog alle zwei, drei Minuten ans Nest und verließ dieses wieder. Wo blieb er jedoch an diesem Sonntag? Erst verstrichen dreißig Minuten, ohne dass er sich auch nur ein einziges Mal hatte blicken lassen. Dann eine Stunde. Noch immer war er nicht erschienen.

Hatte meine Familie, die am Tag zuvor den bescheiden kleinen Garten (ca. 15 qm) in Anspruch genommen hatte, das Amselmännchen verängstigt? Hatten wir den Vater der Amseljungen etwa vertrieben? Ich bekam Schuldgefühle. Denn ich hatte die Vögel auch ein paar Mal mit der Kamera belästigt. Vielleicht hatte ich dazu beigetragen, dass er nun fort war? Oder war dem Amselpapa was geschehen? Wie sollte die Amselmama die vier kleinen, hungrigen Schnäbel alleine durchfüttern? Schließlich war es für die beiden Vogeleltern schon ein full-time-Job gewesen, die Kleinen satt zu bekommen.


http://img291.imageshack.us/img291/2601/neugieriguq8.jpg

http://img291.imageshack.us/img291/8753/2schnbelre0.jpg

http://img291.imageshack.us/img291/2229/4vgelchenna4.jpg


Aber dann fiel mir ein Stein vom Herzen, denn zwei Stunden später tauchte der schwarz gefiederte Vogel endlich auf der Gartentür auf. Der Amselpapa gab einen kurzen Laut von sich und flog schließlich ins Nest, wo hungrige Schnäbel bereits auf ihr Essen warteten. Den ganzen Tag verbrachten die Amseleltern damit, den Nachwuchs zu versorgen. Und sie ließen sich von den Menschen, die es sich auf den Gartenstühlen gemütlich gemacht hatten, nicht stören. Die Amseln kümmerten sich um die Vogeljungen, während meine Eltern Zeitung lasen.


http://img291.imageshack.us/img291/5089/zugrodt5.jpg
 
Bald wäre es so weit: Die Amseljungen würden ihr Nest verlassen. Aber ich war etwas überrascht, dass sie sich einen Tag aussuchen würden, an dem es quasi alle fünf Minuten regnete. Um halb fünf kam meine Mutter aus dem Garten und meinte: „Da ist ein Amseljunges aus dem Nest gefallen.“


http://img237.imageshack.us/img237/7457/ausschaudf6.jpg


Als ich nach draußen eilte, saß ein Amseljunges auf dem Tor, das einen halben Meter hoch war und unseren Garten vom Nachbarn trennte, während ein Anderes gut sichtbar im Gebüsch saß und tschiip, tschiip von sich gab. - So klang es zumindest in meinen Ohren.
Sekunden lang beobachtete die Vogelmama - mit einem Wurm im Schnabel - das Geschehen vom hohen Gartentor, ehe sie in den Nachbarsgarten flog, wo ein Amseljunges bereits erste Flugversuche unternahm.


http://img237.imageshack.us/img237/3176/xxxxxvm7.jpg


Zwei von ihnen hielten sich nach wie vor in unserem Garten auf; Eines in der Tanne, wo es ein Mal von der Mutter gefüttert worden war, während das Andere mit seinen kurzen Flügelchen schlug und zu fliegen versuchte.


http://img237.imageshack.us/img237/533/flugversuchcn4.jpg

http://img237.imageshack.us/img237/3117/sitztimbaumhn0.jpg

http://img237.imageshack.us/img237/6258/versteckku4.jpg


Ich hatte drei Vögelchen gesehen, bevor zwei von ihnen unseren Garten verließen. Wahrscheinlich war das vierte Geschwisterchen auch nicht weit entfernt.


http://img237.imageshack.us/img237/2455/hbscherkleinerth6.jpg


Als erneut Regen fiel, suchte ein Vogeljunges Unterschlüpf unter dem Dach, flog dann wieder auf den Boden.

http://img237.imageshack.us/img237/3131/whrendesregnetejq8.jpg


Aber auch die Vogelmama versteckte sich dort.

http://img237.imageshack.us/img237/4536/vogelmutterregencz1.jpg


Aller Abschied ist schwer. Vor allem, wenn man sich so sehr an Mitbewohner gewöhnt hat wie ich. Aber so ist nun mal das Leben. - Irgendwann werden sie alle erwachsen.
 
Thema: Die Amsel-Story

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