Haustier oder Wildtier. Das Modere Urbane Artenspektrum

Diskutiere Haustier oder Wildtier. Das Modere Urbane Artenspektrum im Forum Stadttauben im Bereich Tauben - Haustiere, Wildtiere oder modernes urbanes Artenspektrum Die zwischen Vogelklappe und mir aufgekommene Kontroverse bezieht sich nur...
darf ich hier ganz bescheiden einflechten, dass ich einen taubenschwarm nun seid jahren füttere, mit dem ergebnis, dass keinesfalls eine grossartige vermehrung zustande kommt, sonst müsste es in diesem bezirk, nur so wimmeln, von stadttauben, wenn davon ausgegangen wird, dass fütterung mit artgerechtem futter, vermehrung bedeutet.

an eier komme ich nicht ran. trotzallem, erscheint mir dieser taubenschwarm als gesund mit dichten anliegenden federn. wonneproppen!!
 
A propos artgerechtes Futter. Ich nehme mal an, dieses würde in seiner Zusammensetzung einem guten Zuchtfutter aus dem Landhandel entsprechen.

Jeder würde wohl zustimmen, wenn man Brot als nicht artgerechtes Futter einstuft.Aber jeder, der Haustauben hält oder der ihre Herkunft aus der Wildform von den Meeresküsten Europas mal durchdenkt, weiß wie scharf diese Vögel auf Mineralsalze, insbesondere auf Kochsalz sind. Dieses ist nun in unserem Brot reichlich enthalten.

Der Haustaubenzüchter kommt dem Mineralstoffhunger der Tauben durch spezielle Picksteine entgegen, die aus Lehm und Kochsalz bestehen. Ebenso wird angeraten Salat mit Kochsalz zu würzen, erst dann nehmen es die Tauben. Wie kommen aber wild lebende Haustauben an Salz ran, wenn sie weit weg vom atlantischen Ozean oder Mittelmeer wohnen? (Im Winter fressen sie sogar Streusalz. Sie picken auch Mörtel)

Es kann also sein, dass wir mit unserem salzigen Brot den Tauben einen großen Gefallen tun. Wir befriedigen ihren - aus Mangel herrührenden - Heißhunger auf diesen Vitalstoff und erzeugen möglicherweise dadurch eine starke Bindung an den städtischen Lebensraum und an uns als dessen Bringer. Wenn das stimmt, müsste man doch unser "Verelendungsfutter" in einem ganz anderen Licht sehen.
 
Hallo HansWilhelm,

mit der zitierten Spanne von 260 bis 535 g kommen wir natürlich nicht so richtig weiter. Eine etwa 4 Wochen alte junge Stadttaube wiegt ca. 350 g. Mit 160 g aufwärts bekomme ich sie vielleicht noch durch, wenn sie nur abgemagert und ansonsten gesund ist, darunter sieht es schlecht aus. Ältere Tauben habe ich gerade ein paar zum Wiegen da, in den nächsten Tagen. Vielleicht kann sich ja auch noch jemand anderes zum Gewicht von Stadttauben äußern, aber ich bezweifele, daß der Durchschnitt unter 450g liegt.

südwind, aus Deiner Schwarmgröße kann man nicht auf die Vermehrungsrate schließen, da die Zahl der anfliegenden Tauben mit etwas zeitlicher Verzögerung über die ausgebrachte Futtermenge gesteuert wird. Will sagen, wenn Du die tägliche Futtermenge verdoppelst oder strikt halbierst, hast Du bald eine daran angepaßte Taubenzahl, die regelmäßig anfliegt.

HansWilhelm, die Tauben, die ich aufziehe, bekommen kein (Koch-) Salz, sondern Kalk- (Calcium-) und Vitaminpräparate; die freilebenden nichts dergleichen. Selbst wenn sich dadurch die Affinität zu Brot erklären läßt, ist dieses bei Körnerfutter nicht überlebenswichtig. Mit dem Salz im Brot allein ist jedenfalls kein Kalkmangel auszugleichen.

Habe die Sendung leider nicht gesehen, da zu spät gelesen.
 
ich persönlich richte mich nach den angaben von Autorin: Elli Heß (Bundesarbeitsgruppe Stadttauben) für mich einleuchtent erklärt und lässt erstmal keine fragen für mein verständnis offen.
weder militant noch dogmatisch oder sonstwie ideologisch geprägt oder verblendet.

auf der einen seite wird behauptet, fütterung bedeutet vermehrung. dementgegen steht die behauptung: "nichtfüttern erhöhe die reproduktionsrate".
eines ist sicher, nichtfüttern bedeutet verelendung, krankheiten, und teilweise verhungern in kauf nehmen.

die halb verhungerten tauben werden zum teil aufgelesen, aufgepäppelt und freigelassen in die vorangegangene verelendung. 8o das kann es ja dann auch nicht sein?

wo steht, dass sich überhaupt stadttauben "von.... bis....." übernatürlich vermehrt haben? und seit wann? oder sind es nur subjektive einzel-beobachtungen, die mit einer insgesammten vermehrungsrate wenig zu tun haben? kann man tauben überhaupt auf ihre bestandsdichte hin, zählen? oder werden sie doch nur geschätzt?

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Hintergründe und Fakten zum Thema »Füttern der Stadttauben«
Viele Kommunen suchen Lösungen für ihre »Stadttaubenprobleme«. Eine Bestandskontrolle der Population ist auch von Tierschutzseite wünschenswert. Leider sehen einige Kommunen in Fütterungsverboten das »Allheilmittel«. Behauptungen werden in den Raum gestellt, um Fütterungsverbote zu legitimieren. Pseudo-Tierschutzargumente (wie z.B. »Füttern schadet den Tauben«) führen an den tatsächlichen Problemen und Lösungen vorbei und sind Teil einer Hetzkampagne gegen Mensch und Tier. Wahr oder unwahr, richtig oder falsch? Vor dieser Frage stehen BürgerInnen angesichts der Propaganda mancher Kommunen.




BEHAUPTUNG 1
Die Fütterung ist Ursache der Vermehrung der Tauben und damit auch des Taubenproblems. Je mehr Nahrung den Tauben zur Verfügung steht, desto höher ist ihre Brutaktivität. Durch die Fütterung haben die Tiere mehr Zeit, ihren Fortpflanzungsaktivitäten nachzugehen.
CONTRA

Dieser Behauptung liegt die Annahme zu Grunde, daß Stadttauben Wildtiere sind und ihr Fortpflanzungsverhalten wie bei Wildtieren nach Jahreszeit und Nahrungsangebot gesteuert wird. Diese Annahme ist falsch und steht im Widerspruch zu allen wissenschaftlichen Erkenntnissen über Stadttauben. Stadttauben sind »verstädterte« Haustiere: Sie werden seit Jahrtausenden gezüchtet. Sie sind Haus-, Rasse- und Brieftauben sowie deren Nachkommen, gleichgültig ob in der 20ten Generation oder »frisch« zugeflogen.

Die Unterscheiung zwischen Haus- und Wildtier ist von großer Bedeutung, da ein erhöhtes Reproduktionsverhalten ein Haustiermerkmal ist. Aus diesem Haustierstatus resultiert das ganzjährige Fortpflanzungsverhalten, da die Domestikation (Haustierwerdung/Züchtung) eine genetische Veränderung zur Folge hat. In einer Studie stellte Dr. Daniel Haag-Wackernagel 1984 fest, daß hungernde Tauben im Gegensatz zu gefütterten Tauben die höchsten Werte an erfolgreich ausgebrüteten Eiern erzielten. Somit trägt nicht das Füttern zur Vermehrung der Tauben bei, sondern die Zucht durch den Menschen.

Wie in früheren Zeiten verbleiben auch heute erschöpfte und verirrte Rasse- und Brieftauben, im strengen Sinne also ausgesetzte Tiere, in den Städten, schließen sich den Stadttaubenschwärmen an und verpaaren sich mit ihnen. Das Stadttaubenproblem ist also eine vom Menschen verursachte Situation.





BEHAUPTUNG 2

Fütterungsverbote sind das wirksamste Mittel. Das Füttern der Tauben verhindert die Lösung des Problems.

CONTRA

Diese Behauptung geht wieder von der Falschannahme aus, daß die Vermehrung der Tauben vom Nahrungsangebot gesteuert wird. Hier werden ökologische Maßstäbe von Wildtieren auf Haustiere übertragen.

Eine Bestandskontrolle der Stadttauben kann nicht über Fütterungsverbote erfolgen. Nur ein Gesamtkonzept mit kontrollierten Futterstellen ermöglicht eine wirksame und tiergerechte Lösung. Durch die Fütterung können die Taubenschwärme kontrolliert und z.B. an Taubenschläge gebunden werden. Die Anbindung an Schläge, in denen durch Gelegeaustausch eine Geburtenkontrolle erfolgt, entspricht den Bedürfnissen der Tiere und entlastet zudem Hausbesitzer, da der Taubenkot in den Schlägen gesammelt werden kann.

Eine kontrollierte Fütterung ist auch die Voraussetzung zum Ausbringen eines Taubenhormons, da beim Ausbringen einer »Pille« eine kontrollierte Aufnahme gewährleistet sein muß. Dies ist nur über regelmäßige Fütterung möglich. Fütterung trägt nicht zur Vermehrung der Tauben bei, sondern zur Gesunderhaltung. Dies entspricht dem Ziel »eines gesunden Taubenstandes« der Kommunen. Parallelen zwischen »herrenlosen« Hauskatzen und »herrenlosen« Haustauben (Stadttauben) zeigen, daß eine Kontrolle des Nachwuchses erfolgen muß, aber ebenso eine Versorgung der Tiere.





BEHAUPTUNG 3

Das Füttern schadet den Tauben und verhindert eine natürliche Lebensweise der Tiere. Der Mensch macht sie dadurch abhängig.

CONTRA

Bei solcher Argumentation arbeiten Kommunen mit Pseudo-Tierschutzargumenten, um tierliebende Menschen davon abzuhalten, sich für Tiere einzusetzen. Durch die jahrhundertelange Bindung der Tauben an den Menschen sind sie in ihrem Nahrungserwerb vollkommen vom Menschen abhängig. Tauben wurden durch die Domestikation (Züchtung/Haustierwerdung) und nicht durch die Fütterung in den Städten vom Menschen abhängig gemacht.

Das Argument, Stadttauben könnten durch »Nicht-Füttern« zu einer natürlichen Lebensweise zurückfinden, ist aus biologischer Sicht unsinnig. Ein einmal domestiziertes Tier, das als Haustier vom Menschen abhängig gemacht wurde, läßt sich nicht in den genetischen Ursprungszustand zurückversetzen. »Stadttauben« entsprechen nicht mehr in vollem Umfang den Anforderungen der freien Wildbahn. Als gezüchtete Nachkommen der Felsentaube sind sie auf die Stadt als Lebensraum bzw. auf Gebäude als Felsenersatz angewiesen. Sie sind extrem standorttreu und haben nur einen eingeschränkten Bewegungsradius.

Da Stadttauben als reine Körnerfresser in den Städten nicht die für sie notwendige Nahrung finden, führt ein Nicht-Füttern dazu, daß die Tiere gezwungen sind, von den Abfällen der Menschen zu leben. Dies führt zu Gesundheitsschäden bei den Tieren, ebenso wie das Füttern von Brot und anderen Essensresten. Eine kontrollierte Fütterung mit artgerechtem Taubenfutter schadet den Tauben jedoch nicht - sie sind darauf angewiesen. Artgerechte Ernährung bedeutet vitaminreiches Körnerfutter und Sämereien (Weizen, Erbsen, Mais, Wicken, Kardisaat, Milocorn, Darisaat). Tauben, die ca. 12-15 Jahre alt werden können, erreichen durch die harten Lebensbedingungen (Hunger, dadurch geschwächte Krankheitsabwehr, permanente Verfolgung und Streß) in den Städten nur ein Alter von 2-3 Jahren.





BEHAUPTUNG 4

Durch das Füttern von Tauben schaden die Fütterer ihren Mitmenschen, weil die Tiere eine Gesundheitsgefährdung darstellen und ihr Kot die Gebäude zerstört.


CONTRA

Unabhängig davon, daß - wie oben erwähnt - nicht die Fütterung Ursache der Vermehrung ist, werden hier erneut Vorurteile über Gesundheitsgefährdung und Gebäudezerstörung durch Tauben propagiert. Es ist nachgewiesen, daß von Tauben keine größere Gesundheitsgefährdung als von anderen Tierarten ausgeht.

Taubenkot, dessen pH-Wert im neutralen bis schwach sauren Bereich liegt, ist ein ästhetisches und hygienisches Problem, aber im Gegensatz zu den Luftschadstoffen und dem daraus resultierenden sauren Regen, nicht die Ursache der Zerstörung vor allem historischer Gebäudesubstanz. Viele historische Objekte verfallen, an denen nie eine Taube gesessen hat.

Die Hetzkampagne gegen Tauben hat zur Folge, daß auch gegen Menschen, die sich für diese Tiere einsetzen, vorgegangen wird. Dies erfolgt durch Verhängung von Bußgeldern und nicht zuletzt durch Beleidigungen, ja teilweise tätliche Übergriffe. Hintergrund ist die Annahme, daß die »Taubenfreunde« durch das Füttern der Tauben indirekt auch ihre Mitbürger schädigen. In Anbetracht der Fakten ist es absurd, daß Front gegen Menschen gemacht wird, die die Verantwortung für unsere Stadttauben erkennen und übernehmen. Diese »Fütterer« stellen im Rahmen eines Gesamtkonzeptes zur Bestandskontrolle der Taubenpopulationen ein großes Potential an ehrenamtlicher Unterstützung und Mitarbeit dar.





FAZIT
Fütterungsverbote lösen keine Probleme, sondern führen zu Hetzjagden auf Mensch und Tier. Sie schaden den Tieren und den Menschen. Fütterungsverbote sind ein verordneter Hungertod und verstoßen gegen das Tierschutzgesetz.

Autorin: Elli Heß (Bundesarbeitsgruppe Stadttauben)
 
Südwind postet die bekannte These, dass den Stadttauben die erhöhte Reproduktionsrate angezüchtet wurde und diese daher unabhängig von der Fütterung sei. Darin drücke sich eben der Haustiercharakter der Tiere aus. Die Vermehrung sei dann nicht durch Unterlassen der Fütterung zu beeinflussen. Die Tauben würden verhungern oder krank werden, sich aber trotzdem weiter vermehren. Na ja, wer's glaubt...

Trotzdem eine Frage:

Das gezielte Anzüchten einer hohen Vermehrungsrate, gab es das jemals wirklich? Haustauben sind auf alle möglichen Merkmale hin züchterisch selektiert worden: Schlagtreue, Heimfindungsvermögen und Flugleistung bei Brieftauben, Körpermasse bei Fleischtauben, Dicke Kröpfe bei Kropftauben, Seltsame Federstrukturen bei Strukturtauben, Flugspiele bei Tümmlern, Ringschägern, Purzlern, Sturzfliegern. Dauerfliegen bei Tipplern und Hochfliegern, Niedliche Erscheinung bei Mövchen, Interessante Farbkombinationen bei Farbtauben und, und , und...

Die Zunahme von Brutperiodendauer und -häufigkeit ist allgemeines Domestikationsmerkmal, aber auch ein Verstädterungsmerkmal.

Wird die Taube als Wildtier des modernen urbanen Artenspektrums akzeptiert, so wird der Tierschutz gewissermaßen wieder nach Hause geschickt, weil ökologische Mechanismen die Kontrolle der Population übernehmen (sollen). Und da lassen die neueren Entwicklungen hoffen: Neben der Erholung des Wanderfalken, die nahezu identisch ist mit dessen Verstädterung, erleben wir einen ähnlichen Prozess beim Habicht, dessen Bestände seit seiner jagdlichen Schonung zunehmen und die Stadt erobern. Beide großen Greifvögel haben in Städten eine wesentlich höhere Reproduktionsrate als in der "freien Natur", wo ihnen Hungertod und Jägerschaft (illegal) nach wie vor zusetzt. Und wem verdanken sie das: Ihrem Brot- und Buttertier, der Strassentaube, die im wahrsten Sinne des Wortes ein Lockvogel der Stadt ist.. Im Winter hinzuziehende Sperberweibchen dürften da ebenfalls hin und wieder mal zugreifen, ebenfalls des nachts, wenn alle Tauben brav schlafen, der Steinmarder. Das Eindringen dieser mittelgroßen Taubenjäger in die Stadt ist ein relativ moderner Vorgang und wenn man davon ausgeht, dass eine Wanderfalkenfamilie pro Jahr 700 Tauben frisst, - beim Habicht werden es mehr sein und es gibt auch viel mehr Habichte- tja, dann wäre man doch gut beraten, wenn man mal schauen würde, ob sich da ein Fließgleichgewicht einpendelt.

Nochmal, Vogelklappe, kurz zum Film. Es wurden drei verschiedene Konzepttionen, der Taubenplage Herr zu werden und ihre Praxis in Schweizer Städten, vorgestellt: Tötung, Hormonbehandlung und Schlagbetreuung. Funktionieren soll nur diie Hormonbehandlung. Die Felsentaube hingegen kämpft ums Überleben. Ihre Restbestände werden durch Haustauben genetisch unterwandert und entwertet. Dieser Entwicklung steht man rat- und konzeptionslos gegenüber.
 
Hallo,

Das gezielte Anzüchten einer hohen Vermehrungsrate, gab es das jemals wirklich?
Ja, die bekannten "Feldflüchter" wurden gehalten um die Jungtiere zu verzehren (Squab). Und das schon seit Jahrtausenden! Das war eine Ursprüngliche Hauptnutzung der Tauben. Flugeigenschaften und Phänotypveränderungen gab es erst später. Im Mittelalter gab es (wie jetzt noch in verschiedenen Südlichen Ländern)große Taubentürme auf Burgen und Klöstern um den Adligen und Geistlichen "Täubchen in den Rachen fliegen zu lassen"...
z.b. hier zu lesen oder bei Wackernagel

http://www.ehabweb.net/images/1133.jpg
http://www.peopleteams.org/niledelta/images/pidgeon_tower.JPG

Selektiert wurde da natürlich auf Bruttrieb! Worauf sonst!?

Auf Greifvögel als Lösung der "Taubenprobleme" zu hoffen ist völlig realitätsfern! Wanderfalken jagen nicht in Bahnhofshallen und unter Brücken, Habichte meiden Fussgängerzonen und Marktplätze. Also den "Brennpunkten" wenn es um Probleme von und mit Tauben geht.

Einzig Jungtauben werden erwischt. Alttauben können sehr gut mit den greifen umgehen!

http://www.evlka.de/extern/goettingen/st-jacobi/wir-ueber-uns/falken.htm schrieb:
Ca. 16 Reisetauben, 3-4 Lachmöwen und 4-5 Kiebitze auf dem Zug schlägt das Falkenweibchen jährlich in sehr großer Höhe über der Stadt und der Umgebung, um sie, ohne sie abzusetzen, direkt zum Turm zu bringen, während sie mit Stockenten im Leinetal auf Wiesen landet, um sie zu rupfen und zu fressen, und davon nur Teile zum Turm bringt. Hingegen fängt sie viele junge, unerfahrene Stadttauben, 3 - 4 Buntspechte und Eichelhäher und 2 -3-Elstern jährlich aus geringer Höhe. Die älteren, erfahrenen Stadttauben kennen ihren Hauptfeind genau und wissen, wie sie ihm geschickt ausweichen können. Weil sie bei Gefahr sofort blitzschnell zu Boden stürzen, stellen sie für die Jungfalken eine große Gefahr dar, denn sie locken die unerfahrenen Jungfalken in die Nähe von Glasscheiben und anderen lebensgefährlichen Hindernissen

tobi
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

dir Taubentürme gefallen mir gut, aber weder sie noch die angeführten Schriften sprechen für eine selektive Zuchtwahl in Richtung hohe Reproduktionsraten bei den Feldflüchtern

Mir erscheinen die züchterischen Ambitionen bei den Feldflüchtern gleich Null. Man stellte ihnen Nistgelegenheiten zur Verfügung, griff sich ab und zu einige Jungvögel als Braten und kümmerte sich sonst herzlich wenig um sie.

Etwas ähnliches machte man auch mit den Staren. Auch deren Junge wurden gegessen und dazu wurden Starenkästen aufgehängt.

Interessant das von Dir angeführte Zitat

Quote

geringer Höhe. Die älteren, erfahrenen Stadttauben kennen ihren Hauptfeind genau und wissen, wie sie ihm geschickt ausweichen können. Weil sie bei Gefahr sofort blitzschnell zu Boden stürzen, stellen sie für die Jungfalken eine große Gefahr dar, denn sie locken die unerfahrenen Jungfalken in die Nähe von Glasscheiben und anderen lebensgefährlichen Hindernissen

Unquote

spricht aufs Überzeugendste gegen ihren Haustiercharakter.

Gruß HansWilhelm
 
Die Tauben würden verhungern oder krank werden, sich aber trotzdem weiter vermehren. Na ja, wer's glaubt...
Würdest Du glauben, daß sich zwei Tauben in einer 8-Meter-Voliere, die sie über eine Klappe verlassen könnten, zwischen dort zwar flug-, aber keineswegs hüpfunfähigen Krähen verpaaren und in einem offenen ! kleinen Vogelhäuschen anfangen zu brüten ? Hätte ich auch nicht geglaubt, ist aber bei mir passiert. Wenn das kein übersteigerter Brutdrang ist ...

Tötung, Hormonbehandlung und Schlagbetreuung. Funktionieren soll nur diie Hormonbehandlung.
Dann mußt Du aber auch dazusagen, HansWilhelm, daß Wackernagel nach Einstellung der Fütterung in Basel die verhungernden Stadttauben lieber töten ließ. Mit Tötung kann man zwar alles vorübergehend in den Griff bekommen, aber man löst nicht das ursächliche Problem. Zur "Taubenpille" gibt es eine gute Doktorarbeit, in der auch deren Einsatz in Berlin behandelt wird, kann sie suchen, wenn es Dich interessiert. Es gibt einige berechtigte Kritikpunkte dagegen. Mich macht vor allen Dingen stutzig, daß die Zulassung als Tierarzneimittel abgelehnt wurde, sie daher nur als Schädlingsbekämpfungsmittel zum Einsatz kommen kann. Die Datenlage, die dazu geführt hat, hätte ich vor deren Verwendung gerne abgeklärt.

Bleibt das, was als einziges funktioniert: die Schlagbetreuung. Was spricht denn nun dagegen ? Können wir uns auf diese Lösung vielleicht unabhängig von Deinem städtischen Biotopverständnis einigen ?
 
Hallo Alle,


Die Taubenpille als Schädlingsbekämpfungsmittel zugelassen Almut? Das interessiert mich nun aber sehr. Ich kann hier meine Kataloge hin und her wälzen, ich werde nicht fündig. Vielleicht habe ich ja etwas verpennt, mein letzter Wissensstand ist, das die Taubenpille den Tieren unerträgliche Schmerzen bereitet und daher aus Tierschutzrechtlichen Gründen (zumindest von uns Schädlingsbekämpfern) nicht eingesetzt werden darf, und das ist auch gut so.

Außerdem bin ich der meinung das die Städte, Gemeinden etc. nicht nach Lösungen suchen sondern lediglich nach billigen Lösungen-auf Kosten der Tiere. Diese Behauptung stelle ich lediglich aus meiner Berufserfahrung heraus auf. Oft genug werden wir aufgefordert ( unter der hand natürlich): Mensch, macht die Viecher weg, egal wie aber laßt euch nicht erwischen, sonst haben wir die Tierschützer am Hals. In diesem Fallbekommt man natürlich auch keine Rückendeckung. Dumm, wer sich auf solche Spielchen einläßt.

Also, die Taubenhauslösung finde ich ebenfalls sehr gut. Aber es ist schwer den Leuten das Geld dafür aus der Tasche zu ziehen.

Ich habe z.Zt eine Plattenbausiedlung wo ich von Zeit zur Zeit, je nachdem wie sich ein Mieter aufregt die Balkone vernetzen soll, in Auftrag. Es handelt sich bei dieser Siedlung um ca. 80 Bauten. Der Taubenbefall ist meines Erachtens überhaupt (noch) nicht besorgniserregend (vom Standpunkt der Schädlingsbekämpfung). Eine nach und nach Vernetzung der Balkone ist völliger Blödsinn, was ich dem entsprechenden Verwalter auch gesagt habe. Hier gehts nur um eine Alibivergrämung nach dem Motto: huptsache ich bin meiner Verplichtung als Vermieter nachgekommen. Ich schlug also vor in dem Gebiet 3-4 Häuser aufstellen zu lassen, um die Mobilisierung und Vermittlung von Taubenfreunden die sich um die Häuser kümmern und Eier gegen Gipseier austauschen wollte ich mich kümmern. Ein Tierheim liegt 1km Luftlinie weit weg. Engagierte Taubenliebhaber gibts in der Nachbarstadt. Der Verwalter war von dem Vorschlag begeistert, konnte den Gedanken bei seinen Vorgesetzten und Vorstand aber nicht durchsetzen. Die Häuser (die nicht von mir geliefert werden, ich verdiene also keinen Cent daran) waren Ihnen zu teuer. Sehr bedauerlich. Wieder ein guter Gedanke aus falscher Sparsamkeit im Sande verlaufen.

Ich grüße Euch herzlich

Georg
 
Hallo

dir Taubentürme gefallen mir gut, aber weder sie noch die angeführten Schriften sprechen für eine selektive Zuchtwahl in Richtung hohe Reproduktionsraten bei den Feldflüchtern

Mir erscheinen die züchterischen Ambitionen bei den Feldflüchtern gleich Null. Man stellte ihnen Nistgelegenheiten zur Verfügung, griff sich ab und zu einige Jungvögel als Braten und kümmerte sich sonst herzlich wenig um sie.

So, na rate mal welches Taubenpaar mehr Junge bringt und somit die Gene weitergibt, wenn man z.B. gleichmäßig immer nur von jedem Gelege ein Junges entfernt und das andere aufwachsen lässt?
Die Paare mit den 5 Bruten im Jahr oder die mit 3 Bruten im Jahr, Richtig prozentual haben die mit den meisten Bruten auch die größte Reproduktionsrate. Da ich aber davon ausgehe das der Mensch nicht willkürlich sammelt. Sondern schon merkt das in manchen Brutplätzen weniger Bruten waren, wurden stattdessen die "schlechten Eltern" anstelle der fehlenden Jungen verspeist. Um so Platz für bessere Brüter zu machen.

Da die Populationen in solchen Türmen recht stabil sind also kaum Migrationsbewegungen vorhanden sind, wenn das Ding nicht gerade abbrennt. So wirkt sich eine solche zwangläufige Selektion einfach stärker aus.

Anders als bei den von dir angeführten Staren die flächendeckend brüten und zudem noch Zugvögel sind!

Quote

geringer Höhe. Die älteren, erfahrenen Stadttauben kennen ihren Hauptfeind genau und wissen, wie sie ihm geschickt ausweichen können. Weil sie bei Gefahr sofort blitzschnell zu Boden stürzen, stellen sie für die Jungfalken eine große Gefahr dar, denn sie locken die unerfahrenen Jungfalken in die Nähe von Glasscheiben und anderen lebensgefährlichen Hindernissen

Unquote

spricht aufs Überzeugendste gegen ihren Haustiercharakter.

Oha, was spricht gegen den Haustiercharakter???:? Lernfähigkeit? Oder Flugfähigkeit? Zum Themaflugfähigkeit kannst du ja mal selber gucken was Hausttauben so alles in der Luft anstellen können und wozu es genutzt wurde.Klick

Und zum Thema Lernfähigkeit kannst du ja beispielsweise mal bei google: "Skinner + Tauben" eingeben...

Haustiere zeichnen sich im allgemeinen durch einen Wegfall von Instinkthandlungen aus. *frei nach K.Lorenz*
Dies macht sie lernfähig, da sie nicht mehr starr auf bestimmte Reize reagieren müssen. So ist der Pudel lernfähiger( dressierbarer) als ein Wolf...
Und das eine Taube weiss wo und wie sie navigieren muss um nen Falken abzuhängen, wenn sie schon mal die Ehre hatte auf einen Falken zutreffen, sie die Gegend kennt und sie "Flugerfahrung" hat, daran kann man sicher keinen Unterschied zwischen Haus- und Wildtier festlegen.
Denn auch die Haustauben müssen ihren Blutzoll den Greifen zahlen. Nur die "fittesten" Brieftauben überleb(t)en, wenn sich der Falke auf den Taubenschlag eingeflogen hat. Von den Reisetauben auf dem Wettflug mal abgesehen.

Hast du jetzt noch Argumente gegen eine "Zuchtwahl" bzw. Selektion???

gruß tobi
 
Hallo,
da mich die Diskussion außerordentlich fasziniert und bereichert hat, möchte ich auch einen Beitrag leisten.:zwinker:
Auch wenn in Stadttaubenpopulationen ein genetisch fixierter, gesteigerter Bruttrieb vorhanden wäre, so beweist dieses noch keinen Haustierstatus. Es zeigt lediglich, dass die Selektion in der Stadttaubenpopulation nicht das Verschwinden dieses Merkmals verhindert. Es kann zum einen daran liegen, dass die begünstigenden Bedingungen für die Entstehung dieses Merkmals, eine ausreichende Futtergrundlage, weiterhin vorhanden sind. Es können aber auch Merkmale einer früheren Domestikation weiter bestehen, wenn sie keinen stören und nicht ausselektiert werden. Ein Beispiel sind die Mustangs in Nordamerika, bei denen es sich um verwilderte Hauspferde handelt. Unter diesen kommen auch immer wieder Schimmel oder Schecken vor, ohne Beeinträchtigungen, denn es fehlen natürliche Fressfeinde, durch die diese Tiere besonders gefährdet sind. In ursprünglichen Wildpferdpopulationen waren diese nicht vorhanden, da sich ihr Aussehen durch Selektion auf optimale Tarnung angepasst hat. Trotzdem spricht man nicht von Haustieren.
Ein weiteres Beispiel sind die bei uns angesiedelten Mufflons, häufig auch als „Wildschafe“ bezeichnet. Diese stammen von Korsika, Sardinien und dem östlichen Mittelmeerraum. Es gibt Vermutungen, dass es sich bei Mufflons um Haussschafe in einem frühen Domestikationsstadium handelt (Benecke 1994). Niemand würde Mufflons als Haustiere bezeichnen. Inzwischen gibt es für den Prozess der Verwilderung, der Entwicklung vom Haus- zum Wildtier, einen Begriff, die Dedomestikation.

Als Definition für Haustier nennt Benecke (1994): „Als Haustiere werden im allgemeinen Tiere bezeichnet, die der Mensch zu seinem Nutzen hält und die unter seiner Obhut leben.“ Er betont aber auch, dass dies nicht in allen Fällen ausreicht, z.B. bei Rentieren oder bei in Farmen gehaltenen Pelztieren (Silberfuchs, Nerz, Chinchilla) oder beim Teichkarpfen. Als wesentliches Kriterium zur Unterscheidung nennt er dann, Haustiere sind Tiere, die in weitgehender Isolation zur Wildform leben und über mehrere Generationen kontrolliert vom Menschen fortgepflanzt worden sind. Dies hat die Veränderung von Eigenschaften zur Folge, die Zahl der Generationen, die dafür notwendig sind, kann nicht angegeben werden.

Bei der Verwilderung kommt es zur teilweisen Rückentwicklung in Richtung Wildtier. Dies hängt z.B. vom Domestikationsstadium ab oder der Einkreuzung der Wildart. Eine völlige Wildtierwerdung ist aber bisher nicht beobachtet worden, genetisch bleiben verwilderte Haustiere Haustiere. Diese Entwicklung geht bei Stadttauben kaum voran, da die Populationen regelmäßig durch Haustauben „gespeist“ werden. Aber auch weil sich die Lebensbedingungen nur geringfügig von denen in der Domestikation unterscheiden (Brutplatz- und Futterangebot).

Es gibt ein Zusammenleben von Mensch und Tier, der Kommensalismus genannt wird. Anders als bei der Symbiose zieht nur ein Partner Nutzen aus der Gemeinschaft. Dabei ernähren sich Tiere von Nahrungsvorräten und Abfällen des Menschen. Hierzu zählen die Hausmaus und die Hausratte, aber auch neuerliche Entwicklungen wie das Vordringen von Füchsen, Wildschweinen, Waschbären etc. in urbane Lebensräume. Anders als bei der Domestikation wandern diese Tiere gegen den Willen des Menschen in seinen Lebensraum ein. Und genau hier würde ich Stadttauben einordnen, als kommensal lebende, verwilderte Haustiere. Benecke vermutet, dass sich die Felsentaube schon sehr früh dem Menschen angeschlossen hat und in einigen Siedlungen von ihm geduldet, gefördert und schließlich auch genutzt wurde. Nicht auszuschließen ist deshalb, dass Stadttaubenpopulationen darauf zurückzuführen sind und nur regelmäßig durch entflogene Haustauben bereichert wurden.

Ohne Sarkasmus meine ich, dass Stadttauben sich diesen Lebensraum frei gewählt haben. Sie suchen nicht die Nähe des Menschen, sondern günstige Lebensbedingungen. Es besteht kein Anlass zur Fütterung. Denn obwohl darüber hier kontrovers diskutiert wurde, ist es logisch, dass damit die Population stabilisiert und vergrößert werden kann. Die Populationsgröße bewegt sich in einem Fließgleichwicht, welches u. a. abhängt vom Nahrungsangebot und dem Beute-Jäger-Verhältnis. Und wie bereits mehrfach betont wurde, hat das Überleben der Stadttauben über Jahrhunderte ihre Selbst- und Eigenständigkeit bewiesen. Das befreit mich nicht von der ethischen Pflicht die Qual von Tieren zu mindern, also z.B. verletzten Tauben zu helfen.

Die Idee von Tieren des urbanen Artenspektrums zu sprechen, halte ich für sinnvoll. Dabei ist die Einordnung per Definition (Haustier, Wildtier, verwildertes Haustier?) unerheblich. Ökologische und evolutionär erprobte Mechanismen sollten auch hier funktionieren. Ich akzeptiere, dass dabei individuelles Leid nicht auszuschließen ist, wie auch bei allen anderen frei lebenden Arten.

Axel:+klugsche
 
Es besteht kein Anlass zur Fütterung.
das ist eine klare ansage. nun würde mich wirklich interessieren, welche ernährung der stadttaube in ihrem urbanem gebiet zur verfügung steht? abfälle und erbrochenes, oder hundekot, kann doch sicher nicht als nahrungsgrundlage angesehen werden, um daraus ableiten zu können, "sie nicht zufüttern zu müssen".
 
Hallo Georg,

die Information, daß es sich um ein zugelassenes Schädlingsbekämpfungsmittel handelt (wobei Stadttauben nicht generell als Schädlinge gelten) stammt von dem Vertreiber der Taubenpille Fertistop, der diese offenbar legal verkauft. Vielleicht kommst Du an das Sicherheitsdatenblatt, das ich im Internet nicht finde ? Mich würde außerdem interessieren, wie sich die Hormone auf die Knochenstruktur auswirken.

Vielleicht meinst Du mit den Nebenwirkungen die Chemosterilantien, die auch ’mal im Einsatz waren ? Erwähnt in dieser Doktorarbeit auf Seite 23 oben:
http://www.tiho-hannover.de/service/tsz/dissertationen/dissab/muellermichael.pdf
Für die hier untersuchte Hormonpille waren keine Nebenwirkungen bekannt.

"Domestikationsmerkmale, wie Senkung der Territorialität und Erhöhung der Fruchtbarkeit ziehen das teilweise massenhafte Nisten auf engstem Raum nach sich " (Haag 1984); Seite 14.

Seite 16: "aus den genannten Fakten leitet sich ein Eingreifen im Sinne des Tierschutzes ab" (Tierschutzbeirat Niedersachsen 1998 ); Seite 16.

"Trotz bekannter einzelner Ausnahmen scheitert die Ansiedlung von Greifvögeln zumeist an den Biotopansprüchen dieser Tiere. Die verdichteten Stadtzentren sind kein geeigneter Lebensraum..."; Seite 22 (wie Wagtail bereits schrieb).

Insgesamt eine recht aufschlussreiche Arbeit zur Problematik.
 
Hi Almut!

Ich danke Dir für Deine Antworten und den Link. Vermutlich handelt es sich um diese Pille. Auf dem damaligen Tierschutzlehrgang (genauer: Sachkundenachweis gemäß § 4 Tierschutzgesetz über die notwendigen tierschutzrechtlichen Kenntnisse und Fähigkeiten für das Bekämpfen von Wirbeltieren) wurde diese Pille nur nebenbei erwähnt, da es sich eben um ein tierquälerisches Produkt handelte und deshalb abzulehnen ist. Meiner Meinung nach gehören solche produkte in die Hand der Veterinärmediziner und nicht in die von Schädlingsbekämpfern.
Zu diesem Fertistopp werde ich versuchen Dir zu helfen. Mal schauen was ich erreichen kann. Du liest dann von mir.

MfG

Georg
 
Sorry, dass ich das erst jetzt schreibe, aber es gab teilweise technische Probleme beim Beitragsenden (so Werkstattforum) ... jedenfalls konnte ich meinen Text damals einfach nicht posten (hab's mehrmals versucht).

wagtail schrieb:
Weiterhin zu Haustauben Klick

Andrea schrieb schon mehrmals, hier im Forum das die "knappe" Fütterung ihre Tiere( Kelebek = türkische Kunstflugtaubenrasse) erst zur "erfolgreichen Brutfürsorge" bringt.

Hallo Tobi,

vielen Dank für Deine Links. Zu dem ersten kann ich noch nicht viel sagen, aber den zweiten (hier zitiert) hatte ich anders verstanden:

An dieser Stelle (Beitrag 24) schrieb Andrea nämlich:

"ich will Dir mal von meinen Erfahrungen mit den Kelebek (eine türkische Tümmlerasse) berichten. Bevor ich sie bekam hatte ich Dt. Modeneser, Brieftauben und Coburger Lerchen und ich hab mir nie groß Gedanken über die Fütterung gemacht."

und weiter:

"Ich hab dann in meiner Not verstossene Junge meinen anderen Tauben zur Aufzucht untergeschoben und nach ein paar Tagen hatten die unterentwickelten Jungen ihr Nestgeschwisterchen, dass bei den Eltern im Nest verblieben war, in der Entwicklung überholt. Ich war drauf und dran die Kelebek wieder abzuschaffen. Heute weiss ich, dass dies alles bedingt war durch eine falsche Fütterung."

Es handelt sich hier also um ein Phänomen, das nur bei manchen Rassen (wie Kelebek) auftritt - keineswegs aber kann man diese Eigenschaft auf alle Haustaubenrassen verallgemeinern. Einige Rassen ziehen ihre Jungen bei Standfutter nämlich einwandfrei auf.

Auch bin ich nicht der Meinung, dass die Erkenntnis "weniger Futter als Standfutter führt zu besserer Fütterung der Jungtiere" eine Bestätigung für die Behauptung "Vermehrung ist unabhängig von der Ernährung" darstellt. Wenn die Jungen geschlüpft sind (und auch schon wenn die Eier gelegt sind), ist es für eine knappe Fütterung ja auch längst zu spät.

Es ist übrigens bei Haustauben wirklich nicht ungewöhnlich, eine knappe oder energiearme Fütterung gezielt einzusetzen, um Gelege zu verhindern - es trennen nämlich nicht alle ZüchterInnen ihre Tauben im Herbst oder Winter nach Geschlechtern. Vor diesem Hintergrund erscheint es mir jedenfalls recht kühn, von einer Unabhängigkeit der Vermehrung von der Ernährung zu sprechen - vor allem, wenn dabei angenommen wird, dies sei bei Haustauben ja auch so. Die Ursache für die kontinuierliche Vermehrung könnte genauso gut darin zu suchen sein, dass das Nahrungsangebot der Straßentaube keinen säsonalen Zyklus kennt.
 
Die Ursache für die kontinuierliche Vermehrung könnte genauso gut darin zu suchen sein, dass das Nahrungsangebot der Straßentaube keinen säsonalen Zyklus kennt.
Dagegen spricht aber, Gunnar, daß dieses Phänomen nicht bei standtortreuen Wildvögeln zu finden ist, bei denen Nahrungsangebot (Winterfütterung), Lichtverlängerung und höhere Wärme in Städten gleichermaßen als Voraussetzung vorhanden sind. Aus welchem Grund also bei anderen Arten, z. B. Spatzen, die schon sehr lange "Kulturfolger" sind, nicht ?
 
Hallo südwind,
was ist gegen Abfälle einzuwenden? Sie sind keine homogene Masse, sondern bestehen aus Vielerlei. Die Taube sucht sich Brauchbares heraus. Stärkehaltige Sachen wie Brot, Waffeln, Krümel etc. sind der eigentlichen Körnernahrung doch sehr ähnlich. Fette und besonders Pflanzenfette, wie z.B. in Pommes werden auch in der Taubenhaltung sogar gezielt verabreicht. Der Mineralien- und Vitaminbedarf kann auch anderweitig befriedigt werden -
Salz durch Streusalz, Kalk ist in Städten im Überfluss (Mörtel) vorhanden. Ich sehe Tauben auch öfter in Grünanlagen Gras zupfen. Tauben nutzen auch Sämereien, die sie in Parkanlagen, noch mehr aber auf Öd- und Brachflächen finden. Letzteres entspricht absolut artgerechtem Futter. Am Erbrochenen ist vielleicht der Salzgehalt interessant.

In der Umwelt existieren keine Kategorien wie Ekel oder Abscheu, vielleicht sollte man diese auch nicht auf andere Lebewesen übertragen wollen. Tiere sind da mehr am Nutzen orientiert. Und Tauben sind nicht die einzigen. Fuchs, Waschbär, Schwein, Sperling, Krähe, Ratte und Maus leben auch von „Abfall“. Und bei Kleinstlebewesen, die unseren Müll, Exkremente und Sonstiges verdauen, müssen wir uns sogar bedanken, dass sie Nährstoffe wieder für uns verfügbar machen. Die menschliche Ernährung ist auch nicht gerade nur vom Feinsten. Vergorenes, Vergärtes, Geronnenes und Gesäuertes ist eigentlich zum Wegwerfen. In einigen Fällen gewinnen wir daraus unsere Delikatessen (Kefir, Joghurt, Käse, Sauerkraut, Wein etc.).

Warum wird die Taube bei der Ernährungsfrage exemplarisch herausgegriffen? Wir müssen uns auch fragen, ob sich die anderen genannten Tiere im städtischen Umfeld artgerecht ernähren können. Dabei haben diese den Vorteil der relativ freien Nahrungswahl. Haustiere können das nicht und sind auf das Wissen ihrer Halter oder der Futtermittelindustrie angewiesen.

Gruß Axel
 
Die von Vogelklappe angeführte Doktorarbeit spricht den Satz aus, der die Wunschvorstellung einiger Tierschützer, welche die "betreute Schlaglösung" favorisieren, zusammenfasst, nämlich die "Rückführung der Stadttaube in den Haustierstatus". (Seite 26) Diese Konzeption kann aber garnicht funktionieren, weil Stadttauben zu zahlreich sind und die eingerichteten Schläge nur wiederwillig und vereinzelt annehmen. Sowohl der von mir genannte Film, als auch das bereits zitierte "Taschenbuch für Vogelschutz" (bei dem übrigens der Vize-Vorsitzende des Nabu in Berlin mitgearbeitet hat) beurteilen die Aussichten dieser Methode skeptisch. Inzwischen glaube ich auch nicht mehr, das daraus noch was wird. Der organisatorische und Kostenaufwand sind zu groß und andere öffentliche Probleme haben die Taubenhysterie verdrängt.

Es ließe sich natürlich nichts dagegen einwenden, wenn liebenswerte Mitmenschen solche Schläge organisieren. Probleme entstünden erst dann, wenn eine Schlagbetreuung zur rechtlich verbindlichen Bestandsregulierung führen soll, Dann haben wir es nämlich mit zwei Sorten Stadttauben zu tun. Die legalen "Haustiere" im betreuten Schlag und die "sans-papiers", die das Leben unter Brücken und auf Gesimsen vorziehen. Letztere wären dann wirklich vogelfrei und mit Null-Toleranz zu beseitigendes Ungeziefer, während der Tierschutz seinen Mitgestaltungswunsch an der ihm übereigneten legalisierten Schlagpopulation ausleben darf. Das Schlagbetreuungsprogramm, liebe Vogelklappe, ist immer auch ein Ausgrenzungsprogramm für die anderen, und das werden viel mehr sein als sich jemals in Schlägen unterbringen lassen. Das wird der einzige wirklich greifbare Effekt dieser nicht funktionierenden Methode sein.

Der elementare Tiefgang in der Zwiespältigkeit von Absicht und Wirkung, zeigt sich praktisch in jeder die Stadttaube betreffenden Frage, nicht nur in der Frage der Fütterung, wo beides nämlich, Füttern und Nichtfüttern zugleich falsch und richtig sein soll und das sogar in Bezug auf dasselbe Ziel. Ähnlich gelagert ist Wagtails Statement, wonach es mit der Feindvermeidung als Überlebensprogramm eines Wildtieres bei der Stadttaube deshalb so gut klappt, weil sie als domestiziertes Tier sehr lernfähig sei. Um innerhalb dieser Dichotomien nicht weiterhin leerlaufendes Geschwafel zu produzieren, habe ich die Konzeption des modernen, urbanen Artenspektrums vorgeschlagen.
in dessen System sowohl der menschliche Einfluss als auch die Fragmente der im urbanen Raum verbleibenden ökologischen Gesetzmäßigkeiten neu synthetisiert werden. Das soll mehr sein, als im Begriff des Kommensualismus fassbar wird.

Vogelklappe hat hellsichtig bemerkt, dass ein Flug über Deutschland ein in kleine Einheiten parzelliertes Land zeigt, in dem es große Naturräume kaum noch gibt. Das heißt, dass die Evolution der anspruchsvollen, größeren Arten sich in den verbleibenden Restflächen nicht mehr abspielen kann. Der urbane Raum hingegen universalisiert sich und zeigt zumindesten oberflächlich spektakuläre Erscheinungen, wie z.B. die Integration von Papageien in sein Artenspektrum. Er bringt Tierarten veschiedener Kontinente in Kontakt und löst eventuell Neubildungen von Arten- oder Unterarten aus und dynamisiert das Naturgeschehen auf neuartige Weise. Für alle diese Vorgänge muss ein neuer Reflexionsrahmen geschaffen werden, eben der, den ich vorgeschlagen habe.

Der Tierschutz hat zur ersten Amtshandlung die Kontrolle über das Tier. Tiere, die er nicht individualisieren und kontrollieren kann, rutschen ihm gewissermaßen aus den Händen. Deshalb ist die Domestizierung der Strassentaube inhärentes Programm. Die Rechtfertigungen verdichten sich zu einer zusammengeschusterten Legitimationsideologie, ähnlich wie bei den Jägern. Der ökologisch orientierte Naturschutz hingegen zeigt keinerlei Bestrebungen, die Strassentaube für sich zu entdecken - sie ist nach wie vor irrelevant und ohne Status für das Naturschutzrecht - denn er schützt keine Tiere, sondern letztendlich genetische Ressourcen. Die Strassentaube geht nicht in der ökologischen Systemlogik auf, denn sie integriert wie in einem Zufallspuzzle das der menschlichen Obhut verlustig gegangene heterogene Material, Die Felsentaube ist eine gute Art, die Strassentaube ist deren normverletzender und-zesetzender Wechselbalg.

Ich wohne in einer kleineren Ortschaft in der es schätzungsweise 10 - 30 Strassentauben gibt. Sie kommen wirklich überall vor, auch in sehr kleinen Orten, solange die se eine Schule, ein Feuerwehrhaus, einen Bahnhof usw. haben Ich habe noch nie jemand gesehen, der sie füttert. In einem Gebäude (Polizei) haben sie auf Balken gesessen, die man daraufhin mit Spikes versehen hat. Wo sie jetzt wohnen, weiß ich nicht. Hin und wieder sehe ich sie bei der Raiffeisen-Genossenschaft, wo Getreide unter offenem Himmel gelagert wird. Sie sind alle vom Feldflüchtertyp und sehr scheu. Ich führe das auf die dauernde Verfolgung durch Greifvögel zurück. Ich habe auch eine Taubenschlag mit Pfautauben. Wenn diese im Garten picken, sehe ich manchmal einzelne Strassentauben, die ihre Flugrichtung ändern und in einem Bogen nahe vorbeikommen. Sie landen niemals. Vor Jahren ist eine mal für ein paar Tage in den Schlag gekommen. Dann ist sie mit einer Pfautaube abgehauen.
 
Vogelklappe schrieb:
Dagegen spricht aber, Gunnar, daß dieses Phänomen nicht bei standtortreuen Wildvögeln zu finden ist, bei denen Nahrungsangebot (Winterfütterung), Lichtverlängerung und höhere Wärme in Städten gleichermaßen als Voraussetzung vorhanden sind. Aus welchem Grund also bei anderen Arten, z. B. Spatzen, die schon sehr lange "Kulturfolger" sind, nicht ?

Da kann ich natürlich auch nur spekulieren, aber meines Wissens benötigen Spatzen für die Jungenaufzucht Insekten, die im Winter wohl auch in Großstädten nicht ausreichend vorhanden sind - während Haus-, Stadt- und Felsentauben ihre Jungen (dank Kropfmilch) mit reinem Körnerfutter großziehen können ...
 
aber meines Wissens benötigen Spatzen für die Jungenaufzucht Insekten
Da hast Du recht, Gunnar, die benötigen sie für die erfolgreiche Aufzucht, das erklärt aber nicht, warum sie es nicht auch mit ungeeignetem Futter oder unter widrigen Bedingungen (ungeeignete Nistplätze) ganzjährig versuchen wie die Stadttaube, deren Nachwuchs in der Folge häufig verhungert.

Habe jetzt nur überflogen, HansWilhelm, aber zwei Punkt möchte ich bereits kurz herausgreifen:
Letztere wären dann wirklich vogelfrei und mit Null-Toleranz zu beseitigendes Ungeziefer...
Wo nimmst Du denn das her ? Aachen ? Erlangen ? Augsburg ? Basel ? Ist es dort nicht eher so, daß die Toleranz steigt, weil es nicht mehr solche Massen an unbetreuten Tauben sind ?
Wo kam es zu Nulltoleranz ?
Das heißt, dass die Evolution der anspruchsvollen, größeren Arten sich in den verbleibenden Restflächen nicht mehr abspielen kann.
Unsinn. Evolution spielt sich immer ab. Ein Ergebnis kann auch das Aussterben einer Art sein, weil sie sich einem neuen Lebensraum nicht anpassen konnte. In dem kurzen Zeitraum, in dem wir die Artentwicklung Europas mit fundierten Kenntnissen beobachten können, hat die größte Auswirkung von Evolution vielleicht sogar bei uns stattgefunden. Meine Theorie des engen Beckens: irgendwann haben die Frauen, bedingt durch die Zunahme der Kaiserschnitte, alle so enge Becken, daß die Mehrheit nicht mehr durch den natürlichen Geburtskanal gebären kann. Dauert bei der langen Generationsfolge des Menschen ein bißchen, kommt aber garantiert bei ganzen Generationen, in der zu enge Becken nicht mehr zu Muttertod oder Kindverlust führen. Unsere extreme Arbeitsteilung macht uns sehr anfällig. Alles nur eine Frage der Umstände.
 
Thema: Haustier oder Wildtier. Das Modere Urbane Artenspektrum

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