Mögliche Ausbreitung des Vogelgrippe-Virus / 2. Versuch

Diskutiere Mögliche Ausbreitung des Vogelgrippe-Virus / 2. Versuch im Forum Vogelgrippe / Geflügelpest im Bereich Allgemeine Foren - Lukas Jenni (Ornithologe) von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach: Wer sich die Route des aktuellen Seuchenzugs etwa von Ostasien über...
1. Verdacht bei Nutztieren - Bestand in Bayern gekeult

Nutztierbestand in Bayern gekeult

Erster Vogelgrippe-Verdachtsfall bei Nutztieren in Bayern: Das Geflügel eines oberfränkischen Betriebs wurde in der Nacht vorsorglich getötet, weil ein Influenza-A-Schnelltest positiv war. Ob die Tiere das gefährlich H5N1-Virus in sich trugen, ist noch nicht erwiesen.
Ein Eilkurier brachte die Proben sofort zum FLI

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................................Ministeriumssprecher Roland Eichhorn sagte der Nachrichtenagentur AP, man hoffe, dann Klarheit über den Fall zu haben. Seinen Angaben zufolge wurden die Enten erst vor kurzem an den Betrieb geliefert. Woher die Tiere stammten und ob sie möglicherweise bereits vorher infiziert waren, konnte er noch nicht sagen.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,405647,00.html
 
Rumänische Ortschaft unter Quarantäne

Cernavoda unter Quarantäne

In Rumänien wurde am Montag Cernavoda und damit die erste Stadt wegen des Vogelgrippevirus unter vollständige Quarantäne gestellt. Das auch für Menschen gefährliche Virus H5N1 sei vom Referenzlabor in Bukarest bei mehreren Nutzvögeln bestätigt worden, meldete das Landwirtschaftsministerium am Montag. Die Donauortschaft im Südosten des Landes zählt rund 20.000 Einwohner, ein Teil arbeitet im anliegenden Atomkraftwerk Cernavoda.

Der Betrieb des AKW´s sei durch die Massnahmen nicht betroffen

http://www.n-tv.de/643930.html
 
Erhärteter Verdacht gegen Zugvögel, viele Fragen noch offen

Quelle: http://www.wissenschaft-online.de/abo/ticker/802961

In einem anfänglich relativ unbeachteten Artikel meldete die Fachzeitschrift Science am 02. März, dass sich die Anzeichen auf eine länderübergreifende Ausbreitung des Geflügelpesterregers H5N1 durch wandernde Wildvögel verdichteten .......
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So lassen sich laut noch nicht publizierter, der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jedoch vorliegender Daten, die in Russland, Kasachstan, Türkei, Irak und sogar Nigeria nachgewiesenen H5N1-Stämme auf den gleichen Erregertyp zurückführen, der bereits im letzten Frühling 6000 Wildvögel am Qinghai-See in China tötete.

Aufgrund dieser offenkundigen Stabilität des Virus vermutet die WHO, dass die hochgradig pathogene Form des Vogelgrippeerregers sich nunmehr zumindest an bestimmte Wasservogelarten angepasst hat und diese nicht mehr tötet........
..................Diese Einschätzung wird auch durch eine Veröffentlichung von Virologen um Robert Webster vom St. Jude Childern's Research Hospital in Memphis, Tennessee geteilt, die seit 2003 mehr als 13 000 Kot- und Abstrichproben von Wildvögeln - darunter 5000 Enten - untersucht hatten und tatsächlich in sechs offenkundig gesunden Tieren das Virus fanden [2].
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...........Die gegenwärtigen Ausbruchsmuster in Mitteleuropa lassen sich nach Fiedler auch nur dadurch erklären, "dass das Virus spätestens im letzten Herbst antransportiert worden sein muss". Denn danach habe es keinen weiteren Zustrom von Zugvögeln mehr aus bekannten Vogelgrippegebieten gegeben. Auch die These, dass H5N1 durch Reiher- und Tafelenten aus Westsibirien gen Deutschland gebracht wurde, hält der Max-Planck-Forscher für plausibel.
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...............Allerdings muss dieser Transport ebenfalls bereits im letzten Herbst stattgefunden haben, denn sie erreichten ihre Rast- und Überwinterungsgebiete schon im Oktober und sind in höchster Zahl dort im November zu finden. Erst als dann der lange harte Winter die Wildvögel unter hohen Druck setzte, der etwa durch sehr hohe Vogeldichten in wenigen kleinen freien Eislöchern zu erhöhtem Ansteckungsrisiko führte, kam es zu einem größeren Sterben der Tiere.

Ob dies allerdings immer primär durch die Vogelgrippe verantwortet wurde, steht für Fiedler noch nicht zweifelsfrei fest: "Die Sterblichkeitszahlen sind an keiner dieser Stellen ungewöhnlich hoch. Einjährige Höckerschwäne erleiden in harten Wintern eine Mortalität von bis zu 40 oder sogar 50 Prozent, und es waren wie jeden Winter weit über 1000 einjährige unter den 10 000 Höckerschwänen im Gebiet der Wittower Fähre anwesend." Fiedler möchte aber nicht ausschließen, dass die zögerliche Entfernung der Kadaver die Infektionsrate anderer Vögel - gerade der Aasfresser - erhöht habe.

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............Zweifelsfrei wurden jedoch laut dem Friedrich-Löffler-Institut - der Forschungseinrichtung des Bundes für Tierseuchen - in einigen der Schwäne pathogene Veränderungen der inneren Organe festgestellt, die eindeutig für die Aviäre Influenza üblich sind. Im Gegensatz zu den Arbeiten von Webster fehlen in Europa allerdings immer noch H5N1-Nachweise in lebenden Wildvögeln, obwohl in den letzten Jahren, und gerade seit dem letzten Herbst, unzählige Proben untersucht wurden. Das gilt ebenso für die beiden verdächtigen Entenarten. Eine mögliche Nachweislücke könnte die trotz allem geringe Beprobungsdichte in Europa sein - oder aber die Ergebnisse sind noch nicht öffentlich zugänglich, was bereits von verschiedenen Forschern moniert wird.

Wolfgang Fiedler hält zudem auch immer noch auch andere Einschleppungswege für möglich: illegale Transporte von Wild- und Hausgeflügel, Geflügelprodukten oder sogar von Hühnermist, der aus China importiert wird. Bezeichnenderweise brach die Seuche in Nigeria, der Türkei, Indien oder Ägypten in großen Geflügelzuchtbetrieben aus, während infizierte Wildtiere dort erst später oder gar nicht gemeldet wurden

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.....................Diese Fälle erklären jedoch nicht das Auftreten von H5N1 in Bayern, Brandenburg oder auf Rügen. Viele Fragen bleiben weiterhin ungeklärt; deshalb mahnt Wolfgang Fiedler weiterhin erhöhten Forscheifer an. Sollte es sich dann tatsächlich erweisen, dass die Geflügelpest bereits seit letztem Herbst (unbemerkt) in Mitteleuropa weilt, so könnte dies auch eine gewisse Entspannung der Situation bedeuten: Das Risiko eines Überspringens der Krankheit von Wild- auf Hausgeflügel wäre geringer als bislang vermutet.
 
Forscher halten Daten zu H5N1 bewußt zurück

Forscher halten H5N1-Sequenzdaten zurück
Mit den modernen genetischen Verfahren können relativ einfach ganze Stammbäume von Krankheitserregern erstellt werden. Das eignet sich zur Aufklärung der Übertragungs- und Wanderwege von Seuchen. Doch bei der H5N1-Vogelgrippe "sitzen" offenbar viele Labors auf ihren Sequenzierdaten, um später wissenschaftlichen Ruhm zu ernten.

Die italienische Expertin Ilaria Capua vom Instituto Zooprofilattico Sperimentale di Venezia hat jetzt an die Virologen der Welt appelliert, diese Informationen allen Wissenschaftern zugänglich zu machen.

Aufruf zur Bereitstellung von Daten


Ilaria Capua drängte 50 ihrer Kollegen weltweit, alle Gensequenzdaten in die internationale GenBank einzuspeisen. Sie tat das etwa mit Gendaten von H5N1-Viren, die aus Italien und Nigeria stammten. Das wäre entscheidend, um die Ausbreitung und die Entwicklung des Virus verstehen zu können, erklärte sie.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verfolgt eine andere Strategie: 15 Labors weltweit tauschen über ein Password geschützt ihre Daten aus. Das Argument: Sonst würden manche Länder ihre Informationen gar nicht zur Verfügung stehen. China hat laut "Science" beispielsweise seit einem Jahr keine solchen Informationen mehr mit der WHO ausgetauscht.


mehr unter orf.at
 
Die Sperrbezirke um Neustadt/Timmendorfer Strand können jetzt (hoffentlich) aufgehoben werden. Interessant finde ich die Aussage des dortigen Amtstierarztes: "Bemerkenswert ist für Dr. Vogelreuther auch, dass die toten Stockenten aus Timmendorfer Strand und Neustadt nicht das gleiche Virus in sich trugen" Link
Und das trotz der geographischen Nähe der Fundorte. Das deutet doch darauf hin, dass die Tiere das Virus aus unterschiedlichen Gegenden mitgebracht haben.
 
"Klemens Steiof 15.03.2006


Geflügelpest (3. Schreiben)


Die Vogelwarte Radolfzell scheint nun mit Tafel- oder Reiherente den möglichen Fernüberträger der Geflügelpest im Freiland gefunden zu haben (Spiegel online vom 9.3.06). Wohlgemerkt, den Vogel, auf den die Asia-Variante des H5N1-Virus nicht hoch pathogen wirkt, und der sie deshalb über weite Strecken und längere Zeiträume unentdeckt (ohne Krankheitsausbrüche unterwegs) transportieren kann.

Die einzige Untersuchung zu Vögeln im Freiland, die hierfür als Unterstützung herangezogen werden kann, und auf die sich der in Spiegel online erwähnte „Science“-Beitrag bezieht, ist die von Chen et al. (2006). Es lohnt sich, diese Veröffentlichung genauer anzusehen (Inhaltswiedergaben eingerahmt):

 13.115 Kotproben von Zugvögeln (inclusive 4.674 Enten) wurden zwischen 2002 und 2005 in Hongkong (n=6.005) und Poyang (n=5.358) gesammelt. Dabei wurden insgesamt 44 Influenza-A-Viren sechs verschiedener Subtypen gefunden (0,34 %), nur 6 Proben hiervon der hoch pathogenenen „Asia-Variante“. Letztere wurden nur in Poyang festgestellt.

 Die 6 Proben mit HPAI (hoch pathogener Vogelgrippe) wurden am Poyang-See (Südost-China) bei 2 Probenahmen im Januar und März 2005 von gesund erscheinenden Enten kurz vor ihrem Abzug („apparently healthy migratory ducks … just before their migration north“) isoliert. Dies stellt 0,1 % der dort beprobten Vögel dar.

 Das Überleben dieser Vögel wird damit erklärt, dass sie sich vielleicht erst mit einem harmlosen H5-Virus infiziert, gegen diesen Antikörper gebildet haben, und dadurch möglicherweise besser gegen die hoch pathogene Variante geschützt waren.

 Die Vögel von Poyang mögen sich bei Hausgeflügel in den Überwinterungsgebieten in Süd-China infiziert haben.

 Es wurden in Poyang zwei verschieden Genotypen des Virus gefunden („Z“ und „V“).

 Die meisten von versuchsweise mit diesen Viren kontaminierten (Labor-)Enten überlebten (Gänse starben) und schieden das Virus bis zu 7 Tagen auch aus. Hieraus wird geschlussfolgert, dass die Möglichkeit besteht, dass ziehende Enten das Virus beherbergen und weit verbreiten können.

• In Poyang wurden bei den 6 Vögeln im Freiland 2 verschiedene Genotypen von H5N1 gefunden. Sollte das Virus innerhalb der Vogelpopulation (welche Entenart war infiziert, oder waren es mehrere?) weitergegeben werden, wäre von einem identischen Virentyp bei den einzelnen Vogelindividuen auszugehen. Dieser Umstand weist eher auf eine kurz vorher erfolgte Infektion durch aus verschiedenen Quellen ausgebrachte Viren hin. Nach Johan Mooij (per e-mail) ist der in der Trockenzeit stark austrocknende Poyang-See ein wichtiges Reisanbaugebiet, in dem auch mehrere Geflügelfarmen liegen, in denen zu der Zeit H5N1-Ausbrüche zu verzeichnen waren.

• Unter 6.005 Proben in Hongkong wurde nicht eine einzige mit dem hochpathogenen Erreger gefunden, obwohl dort Zugvögel überwintern, die durch verschiedene betroffene Gebiete in Ostasien ziehen. Das zeigt, dass kein maßgeblicher Vektor bei den Zugvögeln existieren kann. Zusammen mit den in Poyang isolierten Proben waren weniger als 0,05 % der Vögel Träger von HPAI. Und diese wurden vermutlich kurz vorher infiziert.

 Die Ähnlichkeit von Gensegmenten der im Januar und März in Poyang gefundenen und der beim Krankheitsausbruch in Quinghai (nördliches Zentral-China, Mai 2005) isolierten Viren weist deutlich darauf hin, dass die Enten das Virus über große Distanzen transportieren können (ca. 1.700 km).

• Die Zugvogelbewegungen in China spielen sich überwiegend in Nord-Süd-Richtung ab, nicht jedoch in Ost-West-Richtung. Poyang ist Überwinterungsplatz für Vögel aus Nordostasien und der vorwiegend östlichen Mongolei. Zugbewegungen zwischen Poyang und Qinghai sind nicht bekannt (Martin Williams per e-mail). Somit spricht auch nichts dafür, dass das Virus von Januar/März 2005 bis Mai 2005 durch Zugvögel von Poyang nach Qinghai gebracht wurde. Ein Krankheitsausbruch in den mutmaßlichen Durchzugs- und Brutgebieten der 6 Enten (also ca. nördlich von Poyang) ist nicht bekannt geworden. Und niemand weiß, ob die Vögel noch lange gelebt haben.


 Ferner wurden in Süd-China seit 2004 51.121 Proben von gesund erscheinendem Geflügel (auf Märkten) genommen. 3.051 (6,0 %) wurden mit Influenza-Viren gefunden, darunter 512 (1,0 %) mit hoch hoch pathogenen H5N1.

 Bei 69 in China und 52 in Indonesien, Malaysia und Vietnam sequenzierten Viren wurden regional unterschiedliche Varianten gefunden („regionally distinct sublineages“), die die langfristige Endemie in diesen Regionen belegen. Wesentlicher Mechanismus hierfür ist die Übertragung durch Geflügel.

 Eines der in Vietnam im Mai 2005 isolierten Viren war verschieden von den vorher (aber nach 2003) in Vietnam und Thailand gefundenen, aber identisch mit den in der chinesischen Provinz Guangxi im Mai 2005 gefundenen. Hieraus wird ein Transport durch Geflügel geschlussfolgert.

 Die Vielfalt der Genotypen des Virus in einigen südchinesischen Provinzen spiegelt die Transportwege von Geflügel wieder.

 Es wird geschlussfolgert, dass der beste Weg um die Seuche zu bekämpfen darin liegt, Maßnahmen an der Quelle anzusetzen, am gehaltenen Geflügel. Frühe Erkennung und umfassendes Schlachten der betroffenen Tiere war in Süd-Korea, Japan und Hongkong erfolgreich.

• Die Ausbildung von Endemismen spricht gegen die These der Verbreitung von H5N1 durch Zugvögel. Die verschiedenen regionalen Varianten („sublineages“) in Südchina werden als Nachweis für einen anhaltenden Endemismus gesehen. Es ist auch wenig plausibel, dass neue Regionalvarianten durch Zugvögel induziert werden. Dieses scheinen die Autoren selbst erkannt zu haben, da sie die Vielfalt der in den Tierhaltungen vorgefundenen Genotypen und Varianten („sublineages“) als Ergebnis der Transporte von Geflügel zwischen den Provinzen ansehen. Bemerkenswert ist die hohe Durchseuchung des Hausgeflügelbestandes. Für Thailand wird die Erhaltung und Verbreitung des Virus auch durch frei weidende Hausenten angenommen (Gilbert 2006).
Die Arbeit von Chen et al. wird als Beleg für die Ausbreitungsmöglichkeit des Virus im Freiland durch Wildvögel gewertet. In der Tat verstärkt sie aber die Zweifel an dieser These.

Zwei weitere Untersuchungen beinhalten Aussagen zur Übertragungsfähigkeit der HPAI durch Stockenten (Hulse-Post et al. 2005, Sturm-Ramirez et al. 2005). Diese sind jedoch im Labor durchgeführt worden, was mit Freilandbedingungen nicht vergleichbar ist (v.a. physiologische Belastung der Wildvögel). Übrigens wird aus diesen Arbeiten gerne zitiert, dass Enten das Virus bis zum 17. Tag nach der Infektion ausscheiden können, was eine Verdoppelung bis Verdreifachung bisher ermittelter Werte bedeutet. Die Autoren sagen selber, dass dies offenbar darauf zurückzuführen ist, dass die Enten mit einem Gemisch an Viren infiziert wurden. Und während sich der Organismus zunächst mit dem häufigsten Virus auseinandersetzt, kann ein anderer Virustyp nach Tagen die Oberhand gewinnen und so zu einem verzögerten Infektionsverlauf führen. Im Freiland wäre hingegen von der Infektion mit einem Virentyp auszugehen, weshalb der Krankheitsverlauf dort wesentlich schneller sein müsste.
Die Arbeit von Kou et al. (2005) weist verschiedene H5N1-Viren in Feldsperlingen nach. Diese sind in Südchina Standvögel und können daher kaum in die Übertragungswege eingreifen.

Was bleibt noch an der Vermutung, Zugvögel transportieren das Virus über große Entfernungen? Nicht viel, sie ist nach wie vor äußerst unwahrscheinlich. Es ist bis jetzt keine Vogelart nachgewiesen worden, die das Virus transportiert, ohne selber daran zu erkranken. Wenn es zu einem Krankheitsausbruch im Freiland kommt, sterben die Vögel innerhalb kurzer Zeit. Wobei über den Anteil der infizierten, aber nicht erkrankten Vögel offenbar (noch) keine Aussage getroffen werden kann. Dem Virus fällt es scheinbar schwer, im Freiland in einen Vogelorganismus einzudringen, denn der Anteil der erkrankten Vögel an den insgesamt in dem jeweiligen Gebiet vorhandenen Vögeln ist meist recht gering. Das Virus verschwindet jedoch so oder so. Folgeausbrüche nach mehreren Wochen oder Monaten sind noch nicht beschrieben worden.
Die völlig mangelhafte Übereinstimmung der Ausbreitungswege von HPAI von Asien nach Europa (und Afrika) und dem Vogelzug hat Johann Mooij (per e-mail) detailliert dargelegt.
Dies und auch weitere Fragen lassen die These von (nicht selbst erkrankenden) Zugvögeln („Kaskaden-Enten“) als Vektoren noch unwahrscheinlicher werden:

 Warum kommt es nie zu Folgeausbrüchen? Wenn das Virus in einer Wildvogelpopulation überleben sollte, müssten diese auftreten.

 Warum gibt es entlang der Zugwege des potenziellen Fernüberträgers keine Krankheitsausbrüche? Ganze Streumuster von Kranheitsausbrüchen wären zu erwarten.

 Warum werden im Freiland keine Träger des Virus festgestellt (bis auf die 6 oben genannten Enten, die sich vermutlich gerade infiziert hatten)? Und das bei mittlerweile weit über 100.000 getesteten Proben (Martin Williams per e-mail).

 Warum wurden dort, wo die Zugvögel aus Asien tatsächlich zu Millionen hinfliegen, den ganzen Winter über keine Ausbrüche im Freiland festgestellt?

Im Ergebnis hat uns die ganze Diskussion über Zugvögel als mögliche Ausbreitungsvektoren der Geflügelpest bereits viel Zeit gekostet. Sie hat in der Bevölkerung eine völlig irrationale Panik hervorgerufen. Sie hat zu einer negativen Haltung den Wildvögeln gegenüber geführt. Die Maßnahmen gegen den Eintrag der Seuche durch Zugvögel hat die Kleintierhaltung und die tierschutzgerechte Geflügelhaltung in die Enge gedrängt. Es ist ein Zynismus, dass die Massentierhaltung, die für das Entstehen und die Ausbreitung HPAI vermutlich verantwortlich ist, nun noch dadurch profitiert, dass die Konkurrenz beseitigt wird.
Und die Beschuldigung der Zugvögel hat von den viel wahrscheinlicheren Übertragungswegen und den wichtigen Frage abgelenkt: Auf welche Weise ist das Virus in die Landschaft eingebracht worden? Welche Transporte von Geflügel- oder Geflügelprodukten sind hierfür verantwortlich? Die Beschlagnahme von 55 Tonnen Geflügelfleisch aus China in Antwerpen Mitte Januar ist nur ein Schlaglicht auf mögliche Handelswege (weitere Hinweise zur möglichen Verbreitung durch Aquakulturen auch nach Europa siehe Feare 2006).


Klemens Steiof


Chen, H. et al. (2006): Establishment of multiple sublineages of H5N1 influenza virus in Asia: Implications for pandemic control. – PNAS 103 ( 8 ): 2845-2850. www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.0511120103
Feare, C.J. (2006): Fish farming and the risk of spread of avian influenza. http://www.birdlife.org/action/science/species/avian_flu/index.html
Gilbert, M. (2006): Free-grazing Ducks and Highly Pathogenic Avian Influenza, Thailand. – Emerging Infectious Diseases 12 (2): 227-234. www.cdc.gov/eid
Hulse-Post, D.J. (2005): Role of deomestic ducks in the propagation and biological evolution of highly pathogenic H5N1 influenza viruses in Asia. – PNAS 102 (30): 10682-10687. www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.0504662102
Kou, Z. et al. (2005): New Genotype of Avian Influenza H5N1 Viruses Isolated from Tree Sparrows in China. – Journal of Virology, Dec. 2005: 15460-15466.
Spiegel online (9.3.2006): Zugvögel greaten starker unter Verdacht.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,405172,00.html
Sturm-RamirezK.M. (2005): Are Ducks Contributing to the Endemicity of Highly Pathogenic H5N1 Influenza Virus in Asia? – Journal of Virology, Sept. 2005: 11269-11279"
 
Vogelgrippe jetzt auch in Israel

Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/ausland/604706.html
Das gefährliche Virus H5N1 erreichte unterdessen auch Israel und Dänemark. In Israel wurden fünf Menschen, die in Kontakt mit totem Geflügel waren, ins Spital eingeliefert. Vier Israelis und ein thailändischer Geflügelfarm-Arbeiter liegen im Spital der Stadt Beersheva in der Negev-Wüste, wie die Behörden mitteilten.

Gemäss Landwirtschaftsministerium war das Virus Ursache für das Massensterben auf Geflügelfarmen im Süden Israels. In zwei Kibbuzen waren etwa 11’000 Truthennen verendet. In den kommenden Tagen könnten 300’000 Tiere notgeschlachtet werden.

Israels Chefveterinär Mosche Haimowitsch teilte mit, der Staat habe in den Niederlanden vorsorglich vier Millionen Impfpackungen bestellt. Israel liegt auf einer Hauptstrecke der Zugvögel. Bislang war in dem Land noch kein Vogelgrippefall entdeckt worden.


Was mir dabei aufgefallen ist: Vier Israelis und ein thailändischer Geflügelfarm-Arbeiter liegen im Spital der Stadt Beersheva in der Negev-Wüste Da frage ich mich doch allen Ernstes wie diese Infektion zustande gekommen ist.
Wassergeflügel dürfte in der Negev-Wüste so häufig vorkommen wie Schnee am Äquator. ;)
Da zudem das Virus nur bei niedrigen Temperaturen überleben kann dürfte in der Wüstenhitze wohl kaum infizierter Vogelkot eine Rolle spielen.
Übrigens, die Truthennen werden in Israel in geschlossenen Ställen gehalten.
 
sunnytom schrieb:
Forscher halten H5N1-Sequenzdaten zurück
Mit den modernen genetischen Verfahren können relativ einfach ganze Stammbäume von Krankheitserregern erstellt werden. Das eignet sich zur Aufklärung der Übertragungs- und Wanderwege von Seuchen. Doch bei der H5N1-Vogelgrippe "sitzen" offenbar viele Labors auf ihren Sequenzierdaten, um später wissenschaftlichen Ruhm zu ernten.

Die italienische Expertin Ilaria Capua vom Instituto Zooprofilattico Sperimentale di Venezia hat jetzt an die Virologen der Welt appelliert, diese Informationen allen Wissenschaftern zugänglich zu machen.

Aufruf zur Bereitstellung von Daten


Ilaria Capua drängte 50 ihrer Kollegen weltweit, alle Gensequenzdaten in die internationale GenBank einzuspeisen. Sie tat das etwa mit Gendaten von H5N1-Viren, die aus Italien und Nigeria stammten. Das wäre entscheidend, um die Ausbreitung und die Entwicklung des Virus verstehen zu können, erklärte sie.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verfolgt eine andere Strategie: 15 Labors weltweit tauschen über ein Password geschützt ihre Daten aus. Das Argument: Sonst würden manche Länder ihre Informationen gar nicht zur Verfügung stehen. China hat laut "Science" beispielsweise seit einem Jahr keine solchen Informationen mehr mit der WHO ausgetauscht.


mehr unter orf.at
Ich halte das für hochinteressant. Allerdings frage ich mich,ob man sich wirklich in der heutigen Zeit noch dermaßen mit wissenschaftlichem Ruhm bekleckern kann, wenn es bildlich gesprochen, wenn nicht an allen Ecken und Enden der Welt so doch an recht vielen möglich ist, Gensequenzen zu entschlüsseln. Das macht irgendwie keinen Sinn, zumindest für mich nicht.
Mich macht eher mißtrauisch, daß offenbar niemand richtig Wert darauf legt, die Handelswege für Geflügel, Geflügelprodukte, Fischmehl und Fischöl offen zu legen und transparent zu machen.
Ich spekuliere mal wild drauf los:Könnte das sein, daß eine Karte mit den örtlichen Vorkommen von Gensequenzen in Ausbrüchen und Aufzeichnungen über Importe von Geflügel und Geflügelprodukten inclusive der Bestimmungsorte für solche Importe und den Herkunftsregionen der Waren uns erheblich mehr Aufschlüsse über die Verbreitungswegevon H5N1 gäben als sämtliche Zugvogeltheorien miteinander?
Wo Handel ist, ist Gewinn im Spiel. Niemand exportiert aus purer Gutmütigkeit.
Geld ist Macht und wenn man sich die Weltgeschichte anguckt, war es schon immer eine mächtige Triebfeder, alle erdenklichen Schweinereien zu inzenieren. Wenn es Ziel sein soll, die Seuche in den Griff zu kriegen, warum werden dann Daten zurückgehalten? Wem nutzt es, wenn mit diesen Daten nicht gearbeitet werden kann? Wem nutzt global gesehen, eine Fokussierung auf Zugvögel als Verbreiter von H5N1? Irgendwo hab ich den Glauben daran verloren, daß Umetikettiermaschinen lediglich bei Gammelfleischhändlern stehen.
 
18. März 2006 05:26

Vogelgrippe-Verdacht bei Menschen in Israel nicht erhärtet

BEERSCHEBA - Der Verdacht auf Vogelgrippe bei fünf Menschen in Israel hat sich Medienberichten zufolge nicht bestätigt. Keiner der ins Spital von Beerscheba eingelieferten Beschäftigten zweier Geflügelfarmen sei mit dem H5N1-Virus infiziert worden.

Dies berichteten israelische Medien in der Nacht zum Samstag unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Die fünf Arbeiter - vier Israelis und ein Thailänder - waren in zwei Betrieben in der Negev-Wüste im Süden des Landes tätig, in denen tausende Puten und Hühner nach dem Ausbruch der Vogelgrippe verendeten.

In zwei weiteren Geflügelbetrieben sollten Tests zeigen, ob die Seuche auch dort ausgebrochen ist. Die Polizei sperrte die Höfe ab. Den Behörden zufolge müssen wahrscheinlich hunderttausende Vögel getötet werden, um den Seuchenherd zu begrenzen.
http://www.swissinfo.org/sde/swissinfo.html?siteSect=143&sid=6554826&cKey=1142655972000
 
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http://www.avianinfluenza.org/

17.03.06

Illegally imported chicken brings bird flu threat back ( Hanoi, Vietnam )

Hanoi official warns of the danger of new bird flu outbreaks in the country due to the illegal importation of poultry into the country.
Deputy Health Minister Trinh Quan Huan said he wants checks at border crossings by Agricultural and Rural Development Ministry and other officials strengthened to prevent this from happening.
He also said that a great amount of poultry is being imported into the country bypassing the normal process of examining poultry for the H5N1 bird flu virus.
The World Health Organization had warned that the H5N1 virus had been detected in some China provinces, including those bordering Viet Nam.
Inspectors had reported that chicken from China was being sold at a very cheap VND5,000 ( $0.32 US ) per kg (2.2 pounds) and many people had bought it to re-sell inland at between VND40,000 ($2.52 US) and VND50,000 ($3.14 US) per kg (2.2 pounds).
More than 5.2 tons of illegally imported chicken and 150,000 eggs of unknown origin had been confiscated and destroyed in northern Quang Ninh Province earlier this month.
 
Wie passt Israel eigentlich in die Vogelzug-These?

Da wäre unser imaginierter H5N1-Graugans-Vektor "Ernst Erpel" aber ziemlich blöd, ausgerechnet die Negev-Wüste (100 mm Regen pro Quadratmeter / Jahr, Tagestemperatur > 40 Grad im Sommer) in seiner Route einzuplanen. Das wäre schon gleich eine ganze Serie von "sechsern im Lotto" wenn der viruskontaminierte Ernst es obendrein auch noch hinbekommt im Vorbeiflug in die Lüftungsschächte der in der Wüstenhaltung eh abgedichteten Truthahnställe zu koten. So genau fliegen noch nicht einmal US-amerikanische Cruise Missiles.. ;)

Gruß,
Werner
 
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Zum Vogelzug über die Areale der Negev-Wüste:

Spaar, R. & Bruderer, B. (1996): Soaring migration of Steppe Eagles Aquila nipalensis in southern Israel: flight behaviour under various wind and thermal conditions. J. Avian Biol. 27: 289-301.

Spaar, R. & Bruderer, B. (1997a): Optimal flight behaviour of soaring migrants: a case study of migrating steppe buzzards Buteo buteo vulpinus. Behav. Ecol. 8: 288-297.

Spaar, R. & Bruderer, B. (1997b): Migration by flapping or soaring: Flight strategies of Marsh, Montagu’s and Pallid Harriers in southern Israel. The Condor 99: 458-469.

Spaar, R., Liechti, O & Bruderer, B. (2000): Forecasting flight altitudes and soaring performance of migrating raptors by the altitudinal profile of atmospheric conditions. Technical Soaring 24: 49-55.

Bruderer, B. (1996): Nocturnal bird migration in Israel. In: Shirihai, H. (Ed.) The Birds of Israel. Academic Press pp 58-60.

Auffallend: Keine Zugroute für im weitesten Sinne als "Wassergeflügel" zu bezeichnende Wildvögel.

Zwischenstops an den Peripherien der Halbwüste vorkommend.

Die schweizerische Vogelwarte Sempach ist Mitinitiatorin und Mitbetreiberein eines sehr umfassenden Erfassungsprogrammes der Zugbewegungen in der
betreffenden Region.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
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Ergänzend:

Der Ostafrikanischen Grabenbruch ist anziehend für Zugvögel und macht Israel zu einem internationalen Zugvogel-Verkehrsknotenpunkt. Gleichzeitig hat Israel weltweit die höchste Dichte an Kampfflugzeugen im Luftraum; und Israel verlor in den letzten 30 Jahren mehr Kampfflugzeuge durch Vögel als durch Feindeinwirkung.

Regelmässig im Mai werden z.B. eine Million Wespenbussarde (Pernis apivorus) im israelischen Luftraum erwartet.

Zusammenstöße von Vögeln mit Militärmaschinen werden von einer Vogel-Kontrolleinheit in einer Statistik erfasst. Diese Einheit sammelt sämtliche Vogel-Überreste nach Kollisionen ein und analysiert sie; durch Abgleich mit dem eigens dafür in internationaler Zusammenarbeit geschaffenen "Bird Remains Identification System" werden unter anderem Mikrostrukturen von Federn zur entsprechenden Vogelart zugeordnet.

Die Rastplätze liegen vorweigend in den Sumpfgebieten der Hula-Ebene im Norden Israels. Sie sind eine bedeutende Zwischenstation für Zugvögel. Ca. 500 Millionen Vögel ziehen im Laufe des Jahres dort vorbei.

Das Zentrum von Latrun ist einer der Pioniere im Verfolgen von Zugvögeln mittels kleiner Sender, die am Vogel befestigt werden. So wird die Wanderung von Weißstörchen (Ciconia ciconia), Gänsegeiern (Gyps fulvus) und anderen, im Sommer in Zentraleuropa nistenden Zugvögeln beobachtet und deren Rastplätze studiert und geschützt.

Schön zusammenfassend hier:

http://www.faz.net/s/RubFEB430C9AD0...E2BE70C8F76811486F~ATpl~Ecommon~Scontent.html
 
Hieße das, daß uns die Israelis gute Aufschlüsse daruber geben könnten, was den nun an Virenmenge tatsächlich mit den Zugvögeln unterwegs ist?
 
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Ja. Hohes "Aufkommen". Gute Beobachtungs- und Beprobungsplätze. Müsste "nur" ausreichend "koordiniert" werden. Aber was ist schon zu erwarten.....
 
Thema: Mögliche Ausbreitung des Vogelgrippe-Virus / 2. Versuch
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