Verordnung / Forschung / Realität

Diskutiere Verordnung / Forschung / Realität im Forum Vogelgrippe / Geflügelpest im Bereich Allgemeine Foren - Geflügelpest-Verordnung vom 18.10.2007 § 56 (1) 1. hat die zuständige Behörde (...) b) eine Untersuchung von Wildvögeln, insbesondere von...
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gastleser02

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Geflügelpest-Verordnung vom 18.10.2007

§ 56

(1)
1. hat die zuständige Behörde (...)
b) eine Untersuchung von Wildvögeln, insbesondere von Wasservögeln und von kranken oder verendet aufgefundenen Wildvögeln, auf das hochpathogene aviäre Influenzavirus durchzuführen."

Soweit der VO-Text (Anmerkung: dieser Passus war bereits in der "alten" VO enthalten).

Die nachlesbare Realität (Lagebericht des FLI):

"In Deutschland wurden im Jahre 2007 bisher bei 326 Wildvögeln HPAIV H5N1-Infektionen labordiagnostisch nachgewiesen (...) Dabei wurden bisher 116 Wildvögel am FLI als HPAIV H5N1-infiziert diagnostiziert. Bei den verbleibenden 210 Wildvögeln wurde (...) aviäres Influenzavirus vom Subtyp H5 nachgewiesen. In diesen Fällen wurde aus technischen Gründen auf die Typisierung der Neuraminidase verzichtet. Es ist jedoch aufgrund des epidemiologischen Zusammenhanges davon auszugehen, dass HPAIV H5N1-Infektionen vorlagen."

Es wurde bei lediglich 35,6 % der labortechnischen Nachweise konkret auf das "hochpathogene aviäre Influenzavirus" beprobt. Die VO wurde von behördlicher Seite nicht (wie in der VO ohne Interpretataionsspielraum gefordert) umgesetzt. Aus einer ordnungsgemäßen Typisierung ableitbare Erkenntnisse wurden "aus technischen Gründen" (welchen?) durch Annahmen ersetzt.

Eine Forschung, die derart leichtfertig möglichen Erkenntnisgewinn "verschleudert", darf sich nicht wundern, wenn Kritik laut wird.
 
Geflügelpest-Verordnung vom 18.10.2007

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Eine Forschung, die derart leichtfertig möglichen Erkenntnisgewinn "verschleudert", darf sich nicht wundern, wenn Kritik laut wird.

Nun ja.. es spielt wohl auch eine entscheidende Rolle, welche Erkenntnis man apriori als zu gewinnende betrachtet. Diplomatisch formuliert.

Ein wenig undiplomatischer: Durch Zufall oder bloßes Unvermögen lassen sich die bisherigen Versäumnisse längst nicht mehr erklären. Was bliebe, wäre Vorsatz.. aber allein der Gedanke erschiene nicht wenigen Leuten als ungeheuerlich.

Dennoch sollte man sich in Anbetracht der bisherigen Ereignisse auch mit ungeheuerlichen Annahmen anfreunden. Mehr noch: Man kommt buchstäblich nicht umhin, dies zu tun.

Gruß,
Werner
 
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Munin: "Durch Zufall oder bloßes Unvermögen lassen sich die bisherigen Versäumnisse längst nicht mehr erklären. Was bliebe, wäre Vorsatz.. aber allein der Gedanke erschiene nicht wenigen Leuten als ungeheuerlich."

Ich kenne die Modalitäten und Umstände der Beprobung des "Untersuchungsmaterials" nicht. Ich verfüge auch über keinerlei Kompetenz in Sachen Virologie oder Anwendung labortechnischer Verfahren. Ich registriere einfach die (nachlesbaren) Fakten.

Bei nüchterner Betrachtung bleibt jedenfalls die Tatsache, dass bei mehr als 3/4 der positiv beprobten Totfunde auf eine weitergehende Typisierung "aus technischen Gründen" verzichtet wurde. Konkrete Ergebnisse wurden durch Annahmen ersetzt. Ich unterstelle kein Motiv. Dazu müsste ich ebenfalls auf "Annahmen" zurückgreifen.

Aber selbst dem Laien (der ich auf diesem Gebiet bin) wird beim "Querlesen" klar, dass eine sorgfältige Forschung anders aussehen müsste. Sollte es dem FLI (übrigens eine Bundesbehörde) - aus welchen Gründen auch immer - nicht möglich sein, die gem. VO geforderte Typisierung (zumindest in der Mehrzahl der Fälle) zu gewährleisten, so darf m.E. an der Qualifikation als nationales Referenzlabor gezweifelt werden.

Wennn mangels (notwendig) konkreter (und grundsätzlich möglicher) Ergebnisse mit (ob wahrscheinlichen oder unwahrscheinlichen - es spielt vom Grundsatz her keine Rolle) Annahmen "gearbeitet" wird, hat das mit "Forschungsqualität" nichts gemein.
 
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Wennn mangels (notwendig) konkreter (und grundsätzlich möglicher) Ergebnisse mit (ob wahrscheinlichen oder unwahrscheinlichen - es spielt vom Grundsatz her keine Rolle) Annahmen "gearbeitet" wird, hat das mit "Forschungsqualität" nichts gemein.

Das war aber bereits recht früh klar, dass man gar nicht beabsichtigte epidemiologisch gründlich zu untersuchen. Hier nur mal als Beispiel der Fall der Schwarzhalstaucher am Stausee Kelbra:

Link

..Nach dem Fund von rund 190 toten Wildvögeln am Stausee Kelbra an der Landesgrenze zu Thüringen war bei 38 Tieren das H5N1-Virus nachgewiesen worden. Vermutlich seien aber alle 190 Schwarzhalstaucher an der gefährlichen Form der Vogelgrippe verendet, sagte der Stendaler Tierseuchenexperte Benno Ewert. ..

FLI-Pressesprecherin Elke Reinking erklärte den "nicht erforderlichen Untersuchungsbedarf" der anderen verendeten Lapptaucher ebenfalls mehrfach der Presse gegenüber. Da müsstest allerdings selbst mal eben googeln, ich hab' im Moment keinen Zugriff auf mein Archiv.

Ich unterstelle: Wenn in der Kriminalistik ebenso schludrig gearbeitet würde, gäbe es nur ungeklärte Todesfälle in Deutschland..

Gruß,
Werner
 
Würde es einen Unterschied machen, wenn die 210 auf H5 getesteten Vögel LPAI wären? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit für einen Wildvogel an LPAI zu sterben? Welche Schlüsse zieht man daraus, wenn man weiß, dass das seeehr unwahrscheinlich ist - und immerhin 120 Vögel HPAI getestet wurden?
Orakelt Ihr da wieder mal über ominöse andere Todesursachen?

Das Virus ist ja soooo harmlos.:vogel:
 
Warum fragt ihr nicht die Verantwortlichen anstatt euch hier in Spekulationen und Unterstellungen zu ergehen?

Wichtigtuer :zzz:
 
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Raven: "Warum fragt ihr nicht die Verantwortlichen anstatt euch hier in Spekulationen und Unterstellungen zu ergehen?

a)
Ich bin nicht "ihr" - ich habe (m)eine eigene Meinung. Darauf lege ich Wert.

b)
Ich schrieb: "Ich unterstelle kein Motiv. Dazu müsste ich ebenfalls auf "Annahmen" zurückgreifen."

c)
Ich spekuliere nicht. Ich nehme lediglich nachlesbare Fakten wahr. Ich schrieb: "Konkrete Ergebnisse wurden durch Annahmen ersetzt."

d)
Ich schrieb weiterhin zu den Annahmen: "...ob wahrscheinlichen oder unwahrscheinlichen - es spielt vom Grundsatz her keine Rolle..."

Redcap: "Orakelt Ihr da wieder mal über ominöse andere Todesursachen?

s.o.: ich möchte möglichst nicht im Plural angesprochen werden. Und: Ich "orakle" nicht "über ominöse andere Todesursachen".

Redcap: "Das Virus ist ja soooo harmlos."

Auch das entspricht weder meiner Ansicht, noch dem, was ich mit meiner nicht vorhandenen Qualifikation in Sachen Virologie aus mir zugänglichen Quellen herauszulesen glaube.

Redcap: "Würde es einen Unterschied machen, wenn die 210 auf H5 getesteten Vögel LPAI wären? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit für einen Wildvogel an LPAI zu sterben? Welche Schlüsse zieht man daraus, wenn man weiß, dass das seeehr unwahrscheinlich ist - und immerhin 120 Vögel HPAI getestet wurden?"

Die Wahrscheinlichkeit für einen Wildvogel an LPAI zu verenden, dürfte (sollten nicht weitere Faktoren hinzutreten) recht gering sein. Eine weitergehende Typisierung hätte m.E. beispielsweise dazu dienen können, bei den in zeitlichen Abständen und an unterschiedlichen Lokalitäten tot aufgefundenen Wildvögeln möglicher Weise entweder identische oder abweichende Virenstämme zu verifizieren oder zu falsifizieren.

An dieser Stelle nochmals der Hinweis auf meine Anmerkung in Bezug auf die Wahrscheinlichkeiten der Annahmen des FLI: "...ob wahrscheinlichen oder unwahrscheinlichen - es spielt vom Grundsatz her keine Rolle..."

Raven (Fußnote): "Wichtigtuer"

Solche Anmerkungen sind nicht dazu geeignet, eine sachbezogene Diskussion zu führen.
 
In Deutschland wurden im Jahre 2007 bisher bei 326 Wildvögeln HPAIV H5N1-Infektionen labordiagnostisch nachgewiesen (...) Dabei wurden bisher 116 Wildvögel am FLI als HPAIV H5N1-infiziert diagnostiziert. Bei den verbleibenden 210 Wildvögeln wurde (...) aviäres Influenzavirus vom Subtyp H5 nachgewiesen. In diesen Fällen wurde aus technischen Gründen auf die Typisierung der Neuraminidase verzichtet. Es ist jedoch aufgrund des epidemiologischen Zusammenhanges davon auszugehen, dass HPAIV H5N1-Infektionen vorlagen
Ich denke, man muss unterscheiden zwischen der Fragestellung, ob ein Einzelfall im Rahmen einer Epidemie einer hochpathogenen Form zugeordnet werden kann, oder ob man die Kenntnis epidemiologischer Zusammenhänge, z.B. anhand genetischer Marker, vertiefen will.

Hinsichtlich der ersteren Fragestellung ist es nicht erforderlich, jedesmal alle oder einen Grossteil der Durchläufe nachzuvollziehen. Dies ist auch in anderen, z.B medizinischen Bereichen nicht unbedingt üblich. Niemand wird bei einer offensichtlich ablaufenden Epidemie in jedem Einzelfall alle möglichen Untersuchungen durchführen, sondern sich im Regelfall auf wesentlich geringeren Untersuchungsaufwand, oder sogar auf die klinik beschränken.

Außerdem lässt sich die Abgrenzung hochpathogen /niedrigpathogen sehr einfach und eindeutig durch Analyse des HA ermitteln (sog 'claeavage site' bei HPAI charakterisiert durch Anhäufung basischer AA wie z.B. Lysin).
Ausserdem erlaubt ein direkter Sequenzvergleich verschiedener HA's ebenfalls eine Zuordnung, da sich das HA von LPAI H5N1 Viren signifikant vom HPAI H5N1 HA unterscheidet. (Details können in den FLI Seiten nachgelesen werden).

Die NA Bestimmung ist nach wie vor aufwändig und zeitraubend, was bei der Diskussion um DIVA Impfstoffe, wie sie u.a. auf der Federtiere Seite geführt wird, nicht vergessen werden darf.

Hinsichtlich der zweiten, epidemiologischen Fragestellung reiht sich das ganze nahtlos in den Katalog von Fehlleistungen, Auslassungen und verpassten Chancen ein, wie es hier schon mehrfach thematisiert wurde.

Es ist offensichtlich, dass die BR nach wir vor die Bedeutung und die Gefahren dieser Epidemie unterschätzt, kein Interesse an tiefergehenden Erkenntnissen (bzw diese sind unerwünscht) hat, und glaubt, weiterhin Geld einsparen zu können.

Es ist auch offensichtlich, dass die Fortführung der bisherigen stamping out strategie von dieser Regierung als das kleinste Übel angesehen wird.

Zu gross ist die Angst vor unabsehbaren Folgen für die Geflügelindstrie und Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung. Anstatt sich mit solchen Fragen auseinanderzusetzen, werden lieber beide Augen fest zugedrückt vor den zutage tretenden Widersprüchen.
 
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