Homöopathie-Medizin der Zukunft
Lieber Alfred,
Alfred Klein schrieb:
Hallo Thomas
Möchte mal gerne wissen was die Homöopathie bem Menschen bei einem "unklaren Bauch" macht.
Tut mir leid aber Du übertreibst nach meinem Empfinden doch etwas.
Du hast so oft geschrieben daß einer Behandlung gleich welcher Art zuerst mal eine Diagnose unbedingt nötig ist. Nun ist das auf einmal nicht mehr wahr.
So etwas finde ich nicht unbedingt seriös.
Deine Kritik ist unberechtigt, aber das mache ich Dir nicht zum Vorwurf. Das liegt einfach daran, daß Du Dich zwar schulmedizinisch recht gut auskennst, Dich aber noch nicht ausreichend mit den Grundgedanken der Homöopathie beschäftigt hast und deshalb immer versuchst, die Homöopathie und die Schulmedizin an der gleichen Elle zu messen, was aber nicht geht, da es völlig unterschiedliche Medizinsysteme sind. Du hast mit einem Recht: Ich argumentiere zuweilen auch immanent schulmedizinisch, wenn ich mich z.B. darüber aufrege, daß ein TA ein AB ohne Erregernachweis und Antibiogramm verordnet hat. Das liegt daran, daß dieses Verhalten auch innerhalb der Schulmedizin Pfusch ist und dieser Pfusch von mir, der ich auch über schulmedizinische Kenntnisse verfüge, als solcher gebrandmarkt wird. Wenn schon AB, dann bitte (immanent) kunstgerecht!
Ich würde mich aber nicht aufregen, wenn ein Homöopath ohne Erregernachweis behandelt, wenn er nur eine gescheite homöopathische Anamnese macht. Da würde ich mich nur aufregen, wenn er bei der Anamnese pfuscht. Jedes Medizinsystem erfordert die ihm gemäßen Diagnosemethoden.
Ich will versuchen, nochmal einiges klarzustellen, ohne daß es in eine Grundsatzdiskussion ausartet, die in einem solchen Forum nicht zu leisten ist.
Man muß unterscheiden, ob man schulmedizinisch behandelt - da braucht's unbedingt eine klinische Diagnose, Erregernachweise und die ganze Arie.
Für eine homöopathische Behandlung ist die klinische Diagnose, wenn überhaupt, von allenfalls untergeordneter Bedeutung, da die Homöopathie nicht nach den klinisch-schulmedizinischen "Ursachen" (welche Bakterien, welche Viren etc.) fragt, sondern nach der Gesamtheit des Symptombildes. Deshalb braucht man in der Homöopathie viel ausführlichere Anamnesen als in der Schulmedizin (oft 20 Seiten Fragebögen und mehr).
Bei Gelenkschmerzen interessiert den Homöopathen überhaupt nicht, ob der Schulmediziner das "Rheuma" oder "Gicht" nennt; auch sind die schulmedizinisch interessanten Blutwerte hier nebensächlich. Es interessiert dagegen (was Dich kein Schulmediziner je fragen wird), wie die Art der Schmerzen ist, ob das Gelenk geschwollen ist, ob es sich heiß oder kalt anfühlt, ob sich die Beschwerden bei Nässe, Trockenheit, Wärme oder Kälte verbessern oder verschlechtern, ob es nachts oder tagsüber oder vor oder nach dem Essen besser oder schlechter ist und so fort.
Bei einem "akuten Abdomen" oder "unklaren Bauch" frage ich den Menschen, wie sich die Schmerzen anfühlen, ob, von wo und wohin sie ausstrahlen, schaue auf die Modalitäten (vgl. oben: Tageszeit, Wetter, 1000 andere Dinge), ob die Schmerzen durch Druck besser oder schlechter werden, ob sie mit oder ohne Blähungen sind, ob sie sich durch Essen oder durch kalte oder warme Getränke verbessern oder verschlechtern, ob eine warme oder eine kalte Kompresse als angenehm oder unangenehm empfunden werden und so fort. Danach erfolgt die Verschreibung. Und ob die Krankheit schulmedizinisch das Etikett "Sigmadivertikulitis" oder "Morbus Crohn" oder "Reizdarm" (sagt der Schulmediziner, wenn ihm die präzisen Diagnosen ausgehen) trägt, ist mir dabei ganz egal.
ALFRED KLEIN schrieb:
Da ZNS - Störungen etliche Ursachen haben können welche nicht unbedingt behandelbar sind finde ich Deine Aussage einfach nicht gut. Sollten Nervenzellen absterben, aus welchen Gründen auch immer dann kannst Du auch nichts dagegen machen.
Nun kommt das Argument "das habe ich auch nicht behauptet".
Dann laß es doch einfach wenn Du nichts wesentliches zum Problem beizutragen hast.
Ich habe ausdrücklich geschrieben, daß auch die Homöopathie ihre Grenzen hat, nämlich da, wo größere Gewebeareale irreversibel geschädigt sind. Hat ein Schlaganfall 50% Deines Hirns oder ein Magenkrebs Deinen Magen zerstört, helfen auch Globuli nichts mehr. Aber ansonsten sind, wie dargelegt, die schulmedizinischen "Ursachen" für die Auswahl der richtigen homöopathischen Arznei weniger interessant. Ich habe einen Ara mit epileptischen Anfällen homöopathisch geheilt, nur nach den Symptomen, ohne daß jemals die Ursache, die Tierärzte auch nicht herausfinden konnten, geklärt worden wäre. Ich habe zwei Amazonen in Behandlung, die chronische Polyurie haben, und sie waren nacheinander bei drei schulmedizinischen Koryphäen, wirklichen Größen der Vogelmedizin, in Behandlung. Dr. Janeczek, Prof. Dr. Korbel und Dr. Manderscheid haben klinisch nichts Relevantes gefunden - keine pathologisch veränderten Blutwerte, keinen Nierentumor, keine Entzündung, nichts. Und trotzdem die anhaltende Polyurie. Da gibt die Schulmedizin ganz schnell auf. Wenn sie nichts "Handfestes" im Sinne ihrere klinischen Duiagnosen "findet", fällt ihr auch zur Behandlung nichts ein, die ja immer entweder GEGEN etwas, nämlich Erreger, gerichtet, oder palliativ (Schmerzmittel) oder Mangelsubstitution ist. Finde ich aber keinen Mangel und keinen Erreger oder bin ich machtlos gegen ihn (Viren etc.), habe ich als Schulmediziner nichts mehr zu bestellen. Die Homöopathie kommt auch dann weiter, vorausgesetzt, die Lebenskraft des Individuums reicht noch aus. Dann kann aber nicht nur Unterdrückung von Erregern oder Symptomen, sondern echte Heilung stattfinden.
Rosina Sonnenschmidt sagte mal, was ich sehr gut fand:
"Die moderne Schulmedizin ist nicht schlecht oder unzureichend. Sie ist zu 50% großartig und zu 50% gar nicht vorhanden."
Die Schulmedizin ist großartig z.B. auf den Gebieten der Notfallmedizin und der Chirurgie. Aber auf dem gesamten Gebiet der chronischen Erkrankungen und der funktionellen Beschwerden hat sie fast nichts anzubieten, außer Linderung und Unterdrückung durch z.T. lebenslange Medikamenteneinnahme. Da werden dann auch Patienten, bei denen man klinisch "nichts findet", allzuoft als Simulanten oder psychisch Labile mit "vegetativer Dystonie" etc. abgestempelt. Die Homöopathie fängt da erst an, wo die Schulmedizin aufhört. Wobei ich die Schulmedizin nicht ablehne. Das tun nur Dogmatiker. Niemand, der bei Verstand ist, kann bezweifeln, daß eine abgetrennte Hand wohl durch die Wunder der modernen Chirurgie wieder anwachsen kann, aber nicht durch Globuli (die können die Heilung nur vorbeeiten und anschließend unterstützen, wenn der Chirurg fertig ist).
Aber zurück zu unserem Fall: Ein Vogel mit klinisch unklaren ZNS-Beschwerden. Bei einem Menschen würde man u.a. EEG und CT oder MRT machen. Und eine Liquoruntersuchung. Hast Du da für einen Kanari z.B. überhaupt Referenzwerte, gesetzt den Fall, solche Untersuchungen wären technisch überhaupt machbar? Wie dignostizierst und behandelst Du ein Virus, das evtl. für eine Encephalomeningitis verantwortlich ist? Wie behandelst Du eine hirnorganische Unregelmäßigkeit? Machst Du beim Vogel eine Liquoruntersuchung? Und wenn ja, was dann?
ALFRED KLEIN schrieb:
Einem User Mut zusprechen und ihm auf diese Weise helfen gehört hier auch dazu. Auch wenn ich nicht helfen konnte so denke ich doch daß sich Biene nicht so alleine fühlt mit ihrem kranken Vogel.
Das ist auch wichtig, nicht nur das herumorakeln wegen Deiner Leidenschaft.
Mut zusprechen reicht mir nicht. Ich will helfen, und nicht in den allgemeinen Mitleidschor nach Art eines "Kuschelforums" (Oh, Du ärmste, tut mir ja sooooo leid in 25 Varianten) einstimmen. Nichts grundsätzlich dagegen, obwohl das nicht mein Ding ist, das hat auch seinen Platz, aber das können andere auch besser als ich. Aber ich finde es fahrlässig, nicht einmal eine homöopathische Therapie versucht zu haben, wenn der Schulmedizin nichts einfällt oder sie mit ihrem Latein am Ende ist. "Da kann man wohl nichts machen" sagen, kann man immer noch. Vorher versucht man zu helfen. Und das hat weder mit Orakeln noch mit einer spleenigen Leidenschaft zu tun, sondern mit jahrelanger Beschäftigung mit der Materie, Wissen und Erfahrung.
Liebe Grüße,
Thomas