Umgang mit blindem Wellensittich

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DeichShaf

Guest
Moin zusammen,

mich interessiert weniger, wie man die Blindheit bei einem Wellensittich feststellt und was für Vorsichtsmaßnahmen dann notwendig werden. Was das für Probleme mit sich bringt, ist bekannt. Es geht eher darum, wie man als Halter damit umgehen sollte.

Mal die Fakten: Pierrot ist ein etwa drei Jahre alter Hahn, der eigentlich bei einer Nachbarin zusammen mit mehreren anderen Wellis in einem großen Zimmer lebt. Es ist erwiesen, dass er blind ist: Er erschrickt nicht, wenn man sich mit der Hand schnell nähert, er reagiert nur auf Geräusche, nicht auf Bewegungen, er fliegt überaus vorsichtig (so vorsichtig fliegen nicht mal flügge gewordene Jungvögel) und wenn man ihn berührt, zuckt er sehr zusammen. Landet er unfreiwillig auf dem Boden oder einer Stelle, die er nicht kennt, geht das Geschrei los.

Die Ursache für die Blindheit ist noch unbekannt, ein Schlaganfall kann aber recht sicher ausgeschlossen werden: Der Greifreflex ist bei beiden Füßen gleich stark ausgeprägt, er sitzt ganz normal und fliegt auch stabil. Er kann auf seinem rechten Auge wohl noch ein paar Schemen erkennen, aber das wars dann auch schon.


Mir gehen mehrere Fragen durch den Kopf:

1. Wie kann ich dem kleinen Fratz Sicherheit geben, ohne ihn von allen anderen zu trennen? Wenn er in seiner angestammten Umgebung ist, kann er bestimmte Punkte gezielt und recht sicher anfliegen, aber wenn er mal nicht sofort Halt findet und abstürzt, findet er sich kaum mehr zurecht. Diese Abstürze führen da, wo er normalerweise leebt dann dazu, dass er sich in überaus gefährliche Situationen bringt (auf dem Boden herumlaufen, in dunkle Ecken verstecken) - klar kann man ihn auch in einem Käfig unterbringen, wo er nicht in Gefahr ist. Aber was ist das für ein Leben?

2. Da er nichts mehr sieht, verhält er sich so, als sei es Nacht: Kein Gesang mehr, keine Aktivität mehr. Nur wenn Hunger ist, geht er zum Napf. Gibt es da irgendwelche Animationsmöglichkeiten, die ihm vermitteln "Hey, es ist Tag"? Auf den Gesang anderer Wellis reagiert er nur bedingt. Kontaktrufe erwidert er jedenfalls nicht, es wird nur der Kopf in die Richtung gedreht.

3. Partnerin - er hatte bislang Krümel (eine Dame mit Lipom) als Partnerin, kümmert sich aber nun nicht mehr um sie. Sie wiederum reagiert auch nicht mehr auf ihn (klar, wenn er total passiv ist) - was kann ich hier machen, um die Partnerschaft zu stützen?


Ich baue darauf, dass es zumindest ein oder zwei Leute gibt, die hier Tipps parat haben.
 
Hm, kennt er etwas, woran er hoch klettern kann?
So dass man ihn mehrfach (ein paar Mal am Tag über längere Zeit) mal darauf und später davor setzten kann und dann möglichst viele solcher Hilfen anbringen kann, so dass er lernt, danach zu suchen, wo er hochklettern kann (Leiter, Käfiggitter/ aufgestellte Gitter halt etc.).

Er lebt doch in einem Vogelzimmer.
Kann man nicht die dunklen Ecken beseitigen und Barrieren anbrigen, so dass er nur noch zu den Kletterhilfen oder an "glatte Barrieren" (Wand) findet, wenn er auf dem Boden ist?
Und evtl. so etwas wie eine Polsterung auf den Boden legen (mir fallen gerade nur Sportmatten ein, die wären wasserabweisend und weich, vielleicht gibt es auch noch etwas anderes)?
 
Naja, das Vogelzimmer in dem er lebt ist eigentlich ein Wohnzimmer mit Couch, Fernseher und dem üblichen Kram. Mal sehen, ob ich Katja überreden kann, ein Experiment zu wagen: Dass der kleine Pieper zu mir ins dedizierte Vogelzimmer zieht. Da habe ich nämlich solche Leitern und fest positionierte Sitzgelegenheiten.

Gibts sonst noch Ideen, auf die ich jetzt gerade nicht komme? ;-)
 
Du fragst Dich, was für ein Leben er im Käfig führen kann.....aber was für ein Leben führt er außerhalb des Käfigs?
Du schreibst, daß er sich nicht mehr bewegt wenn er es vermeiden kann weil für ihn Nacht ist und er frißt wenn er Hunger hat, am Leben der Anderen aber nicht mehr teilnimmt.
Da stellt sich mir die Frage, ob das Leben so wie er es jetzt führt wirklich lebenswert ist.
Was macht das Leben eines zufriedenen Wellis aus? Was davon hat er jetzt noch? Kann eine Umgestaltung seiner Umgebung ihm die Nacht nehmen? Kann er dann wider am Leben teilnehmen ? Oder wird es ihm nur erleichtert zum Futter zu kommen?
Das ist echt ein schwieriger Fall .... ich hoffe, daß Ihr eine gute Lösung findet.
 
Regelmäßigkeit im Tagesablauf gewährleisten.
Die interessanten Welliplätze (Essen, trinken, spielen...) richtig stark UV-beleuchten, vllt. unterscheidet er zwischen dunkel und heller!
Welliplätze mit immer gleichen Pflanzen (Katzengras hier, Kresse da usw.) als Orientierung bestücken, vllt funktioniert sein Geruchssystem gut und hilft ihm.
Alle tiefen Tiefen vermeiden!
Den Boden gut polstern (weiche Decken mit BW-Bezug beziehen, lässt sich gut waschen), wie bei flugunfähigen eben auch!
Seile (Baumarkt) an gern besuchten Plätzen von A nach B spannen.
Keine Schaukeln die hin- und herschaukeln.
Kein Freiflug ohne Beobachtung.
Kanten polstern.
 
blinder Welli

Lieber Sven!

Toll, dass ihr Euch bemüht, dem Welli Lebensqualität zu erhalten.
Ich habe gehört, dass Leute ein erblindetes Tier in einem Käfig im Vogelzimmer halten. Dann hört das Tier die anderen Vögel - aber es kann weniger passieren, wenn niemand da ist.
MEINE persönlichen Erfahrungen mit dem blinden - oder sehschwachen - Hrn. Pieper Taube, der aber glücklicherweise das Fliegen irgendwann eingestellt hat, weil es immer in Katastrophen geendet hat - waren, dass akustische Orientierung hilft.
Ich habe gesungen oder gepfiffen, wenn ich mich im Raum bewegt habe. So kam nichts "unerwartet".
Auch ein Radio (mit nur einem Lautsprecher!) kann eine Orientierungshilfe bieten.
Der Geruchs- und Geschmackssinn ist bei Vögeln (angeblich) nicht sehr gut entwickelt.
Vielleicht könnte man ausprobieren an bestimmten Landepunkten ein akustisches Signal anzubringen????
Als Polsterung soll sich auch bewährt haben, Polstermaterial am Boden aufzulegen - und darüber einen dünnen PVC/...-Bodenbelag.Das federt gut ab, und kann dennoch gereinigt werden.

Möglichst wenig Veränderung im Raum - aber das versteht sich vermutlich von selbst.

Wärme hat Hr. Pieper auch sehr geschätzt. Er hatte ein spezielles Wärmepad, das er immer wieder aufgesucht hat - aber das kann auch ein Bedürfnis sein, dass durch andere Defizite zustande kam.

Aufpassen muss man, ob ein erblindetes Tier wirklich genug Futter bekommt/findet - oftmals verhungern blinde Vögel.
Daher öfter mal am Brustbein nachfühlen, ob der Ernährungsszustand noch passt.

Ich hoffe, ich konnte helfen -
mit lieben Grüßen
Barbara
 
Vielen Dank für die vielen Tipps. Die Frage, ob es für ihn noch lebenswert ist, wird seine Partnerin beantworten müssen. Vielleicht wird sie ja doch noch auf ihn zugehen. Vielleicht sucht er sie auch selbst noch. Derzeit beobachten wir (oder vornehmlich derzeit halt ich), was sich da entwickelt.

Das Futterproblem ist recht elegant gelöst: In dem Käfig, den er derzeit bewohnt, ist die Einstreu das Futter. Außerdem hat er einen festen Platz für Wasser, bewusst am Rand, damit er beim Herumklettern "drüber stolpert". Sein Kropf ist derzeit immer recht gut gefüllt gewesen, da mache ich mir wenig Sorgen. Eher um Verfettung wegen zu wenig Bewegung.

Es erstaunt mich, dass der kleine sich in dem Vogelzimmer, wo er normalerweise lebt, bestens zurechtfindet. So lange er bestimmte Plätze sicher anfliegen kann, kommt er wunderbar klar. Soll mal einer Sagen, Wellensittiche hätten keinen guten Orientierungssinn! :-)
 
Um das Thema noch mal aufzugreifen: Ich habe heute eher zufällig mitbekommen, wie ein nestjunger blinder Wellensittich in einem großen Schwarm zurechtkommt. Er kann natürlich nicht besonders gezielt fliegen, ist aber Teil des Schwarms, findet Anflugstangen und Futternapf (auf dem Boden). Das Interessante ist, dass Weibchen ja nicht balzen, Hähne aber sehr wohl auch andere Hähne anbalzen. Das könnte ich hier ausnutzen.

Ich überlege daher, Pierrot dauerhaft hier unterzubringen. Ich kann ihm am ehesten eine wellisichere Umgebung bieten, bei der er viele Artgenossen um sich hat. Mal sehen, was Katja sagt.
 
das ist eine schöne Nachricht........bin gespannt ob's klappt
 
Thema: Umgang mit blindem Wellensittich
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