Der "Gelbseitensittich": Unterart oder Mutation?

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Suzuki

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Hallo zusammen,

da das Interesse und die Verwirrung scheinbar größer ist und ja schon mehrfach hier festgestellt wurde, dass die Diskussion in dem Thema nicht richtig aufgehoben ist, mache ich doch noch mal ein eigenes Thema dazu auf.

Die Vögel, die heute als Gelbseitensittiche in den Volieren fliegen, stammen alle von wildfarbigen Grünwangensittichen ab, bei denen sich erst in Gefangenschaft wieder die Farbspielart gezeigt hat, wie sich vor über 100 Jahren schon mal beobachtet wurde. Bei den meisten Mutationsformen in Gefangenschaft ist es ja so, dass zufällig ein abnorm gefärbtes Tier im Nest liegt, eben eine Laune der Natur. Manchmal ist es nicht ganz so überraschend, weil man bewusst Inzucht getrieben hat, aber das steht auf einem anderen Blatt. Man kann dann zwei Dinge tun: sich an dieser Kuriosität erfreuen und sie aus der Vermehrung herausnehmen oder bewusst versuchen, die Fehlfarbe durch Zuchtauslese zu festigen. Wieder spielt bei letzterem Inzucht eine nicht unwichtige Rolle. Genau das ist beim Gelbseitensittich passiert. Eine Gefiedermutation, die sich in der Natur nicht durchsetzen konnte (hatte ja wenigstens zweimal die Chance) wurde vom Menschen künstlich als Merkmal fixiert. Es ist also kein Unterschied zu den meisten Primärmutationen wie blau oder gelb da. Ähnlich wie beim Wellensittich oder vielleicht noch besser beim Halsbandsittich ist es heute beim Grünwangensittich schon so weit, dass man verschiedene Mutationen kombinieren kann, so dass dann die erwähnten Zimter, Blauen und andere zu Stande kommen.
Aus biologischer Sicht besteht also bei der Mutationsform "Gelbseitensittich" kein Unterschied zu der Mutation gelb oder blau. Ein Gen ist defekt und einen in der Natur nicht überlebensfähige Farbabweichung entsteht, gegen die selektiert wird. Ob die Mutation nun farblich ansprechend ist oder nicht, ist reine Geschmackssache.

Ich hoffe, die Sache ist nun erhellt.

Beste Grüße

Gert
 
Hi Gert,

wenn das alles so klar ist, warum wird dann der Gelbseitensittich (P. m. hypoxantha) in der Taxanomie als Unterart des Grünwangen-Rotschwanzsittich (Pyrrhura molinae) geführt?
 
Hallo Christian,

ich habe es doch nun schon erklärt, warum das Taxon hypoxantha (als Name) Gültigkeit hat. Dieser Name ist vor der Bezeichnung sordida (dieser erst 1947) vergeben worden. Damals wurden beide Bezeichungen vergeben, in der Annahme, es handle sich um verschiedene biologische Entitäten. Das ist aber mitnichten so. Die zuerst bezeichneten Tiere mit den gelben Seiten stellten sich schließlich 90 Jahre später lediglich als Mutationsvögel in der sie umgebenen Population normal gefärbter Grünwangensittiche herau, indem eine Züchterin aus den USA in den 80er Jahren in ihrer Anlage aus wildfarbenen Mato-Grosso-Grünwangensittichen einen "Gelbseitensittich" züchtete. Nach den internationalen Regeln der Nomenklatur hat die Bezeichnung "hypoxantha" Vorrang vor "sordida", insofern der Name der zuerst vergebene für Vögel der zu benennenden Unterart ist, auch wenn er in irriger Annahme vergeben wurde. Die korrekte wissenschaftliche Bezeichnung für den Mato-Grosso-Grünwangensittich ist daher Pyrrhura molinae hypoxantha und nicht mehr Pyrrhura molinae sordida, der nun ungültig ist. Wer das nochmal nachlesen will: PAPAGEIEN 5/91, S. 141. Erstaunlich, dass Arndt Recht behalten sollte, die Halter und Züchter brauchen wirklich einige Zeit, sich an Neuerungen zu gewöhnen, in dem Fall über 15 Jahre...
Genau deswegen setze ich ja ganz gerne die Bezeichung "Gelbseitensittich" optisch ab, weil sie nicht ein zoologisches Taxon bezeichnet sondern eine Farbspielart, ähnlich wie beim Harlekinwellensittich.
Übrigens schätze ich es nicht besonders, wenn ein geschriebenes Wort von mir ohne mein Einverständnis verändert wird, Christian. Wenn Du also so gut sein könntest, den Titel des Themas wieder dahingehend zu ändern, dass das Wort Gelbseitensittich wieder in Anführungsstriche gesetzt wird. Danke.

Beste Grüße

Gert
 
Hi Gert,

wenn das alles so klar ist, warum wird dann der Gelbseitensittich (P. m. hypoxantha) in der Taxanomie als Unterart des Grünwangen-Rotschwanzsittich (Pyrrhura molinae) geführt?

@ suzuki

ich habe das ja nun in etwa verstanden, doch hat der gelbseitensittich eine "eigene" lat. bezeichnung und darum ist es für mich noch immer keine echte mutation. für mich ist er eine unterart mit farbabweichung und offensichtlich gibt es noch immer keine 100% richtige einordnung.
wenn sich so viele geister daran scheiden, wäre ich vorsichtig es als mutation zu bezeichnen. trotz allem ist sie anfänglich in der natur entstanden und wurde dann weiter gezüchtet. diese art sieht für mich immer noch natürlicher aus als blaue grünwangen, blau-weiße aras oder völlig anderst gefärbte edelpapageien.
 
Hallo Steffi,

die Geister scheiden sich mitnichten daran und die Tiere, die Du zum Beispiel hälst, sind habe auch keine "eigene lateinische Bezeichung". Genau wie alle Wellensittiche (auch die Farmutationen) unter die Bezeichung Melopsittacus undulatus fallen, fallen alle Mato-Grosso-Grünwangensittiche (also wildfarbene, Gelbseiter, Zimter und Blaue) unter die Bezeichnung Pyrrhura molinae hypoxantha. Fakt ist ebenfalls, dass der Gelbseiter eine Mutationsform ist wie jede andere auch. Sie ist in Gefangenschaft gezüchtet worden und bis dahin hat über 90 Jahre lang kein Mensch in der Natur oder in Gefangenschaft ein lebendes Exemplar gesehen. Wie gesagt, Deine subjektive Einschätzung kann Dir niemand nehmen, fakt ist aber, dass diese Muationsform genauso natürlich ist wie viele andere, insbesondere auch die blaue.

Beste Grüße

Gert
 
Hallo zusammen,

Da kann man streiten oder auch diskutieren.

Funktioniert Evolution nicht immer auf der Basis von Mutationen?

Sind nur natürliche Mutationen berechtigt einen Lateinischen namen zu bekommen?????

Meine Gelbseitensittiche bleiben Gelbseitensittiche. Punkt Aus.

Liebe Grüße

Ingo
 
Hallo Ingo et al.,

wenn Gelbseitensittiche sensu lato tatsächlich in freier Wildbahn aufgefunden würden und anhand eines solchen (freilebenden) Vogels beschrieben worden sind (was ich nicht mit 100 %iger Wahrscheinlichkeit sagen kann und will), und man heute zu der Ansicht gekommen ist, dass es sich um eine natürlich vorkommende Farbform des Grünwangenrotschwanzsittichs (P. molinae) handelt, hätte man - streng wissenschaftlich gesehen - den "Gelbseitensittich" formell in Pyrhurra molinae forma hypoxantha, allenfalls var. hypoxantha umbenennen müssen - ist das geschehen? Wenn ja, durch wen? Wo und wann veröffentlicht? Vielleicht weiß Gert hierüber mehr.

Wenn das nicht formell korrekt geschehen ist, bleibt's trotz neuen Erkenntnissen beim alten Namen, Ende.

Prinzipiell können in freier Wildbahn auftretende Farbformen einen eigenen wissenschaftlichen Namen erhalten, gleich ob bei Tieren oder Pflanzen. Das "Namensgebungstralala" ist aber an gewisse Regeln gebunden (Typus bestimmen/festlegen und in einer öffentlicher Sammlung hinterlegen, lateinische Diagnose, Veröffentlichung in anerkannter Publikation, etc.).

Grüße

Daniel
 
Hallo Daniel,

entschuldig, dass ich erst jetzt antworte, aber ich habe Deinen Beitrag schlicht übersehen.
Zuerst veröffentlicht hat die Umbenennung offenbar Arndt im Jahr 1991. Die genaue Referenz findest Du weiter oben. Collar ist 1997 der Argumentation gefolgt und auch die SACC (South American Classification Committee, American Ornithologists' Union, http://www.museum.lsu.edu/~Remsen/SACCBaseline03.html) erkennt die Neuregelung als gültig an.
Die von Dir vorgeschlagene Lösung greift deswegen nicht, weil ja "hypoxantha" der erste vergebene Name für einen Vogel der Unterart ist, der auch die gelbseitigen Vögel angehören. Daher musste der Name der Unterart also in hypoxantha geändert werden. Da macht es dann wenig Sinn, die Bezeichnung noch einmal zu vergeben, zumal man die Bezeichnung var oder forma in der Zoologie nicht so häufig gebraucht wie beispielsweise in der Botanik.
Und auch dort würde man sicher nicht eine var oder forma vergeben für eine Variation, die natürlicherweise nur in 4 Exemplaren im Freiland gesichert gesehen wurde. Zuletzt würde man bei Pyrrhura molinae wohl am besten alle Mutationsformen in einen Topf werfen und mit einem Zusatz "dom." versehen.

Interessant übrigens eine andere Entwicklung, die sich ebenfalls leise still und heimlich vollzogen hat: Der Salvadori-Weißohrsittich hat Artstatus als Pyrrhura griseipectus bekommen, was sich hoffentlich in den Schutzbemühungen widerspiegelt, denn angeblich gibt es von der Art nur noch 250 freilebende Tiere. Die Änderung vollzog sich allerdings erst 2006, so dass man da guten Gewissens unwissend sein kann.

Beste Grüße

Gert
 
Moin, moin!

Der Salvadori-Weißohrsittich hat Artstatus als Pyrrhura griseipectus bekommen, was sich hoffentlich in den Schutzbemühungen widerspiegelt, denn angeblich gibt es von der Art nur noch 250 freilebende Tiere.

Dann kann man nur hoffen, daß sie schnellstens in WA Anhang I aufgenommen werden. Fatalerweise sind sie bei WISIA nämlich gar nicht gelistet.
 
um es kurz zu machen, der gelbseitensittich ist die opalin-mutation des grünwangen-rotschwanz.
der unterartstatus hypoxantha ist von daher nicht gerechtfertigt.
die mutation vererbt geschlechtsgebunden, heißt

aus 1,0 opalin x 0,1 wf fallen opaline 0,1 und wf/opalin 1,0
aus 1,0 wf/opalin fallen zur hälfte opalin 0,1 und zur hälfte wf sowie hälfte rein wf 1,0 und hälfte spalterbig
aus 1,0 rein wf x 0,1 opalin fallen nur wf wobei die 1,0 spalterbig sind.

würde es sich tatsächlich um versch. unterarten handeln, so müsste bei der Kreuzung ein "mischprodukt" entstehen, dies ist nicht der Fall, es fallen entsprechend der geschlechtsgeb. Vererbung die angegebenen wf und opalin tiere.

wer mir nicht glaubt, AZN 09/2006 Seite 253
 
Hallo

Ich habe ja auch mal Gelbseitensittiche gehabt. Ich habe die Vögel abgegeben weil ich mir nicht mehr sicher war, welche Vögel ich überhaupt habe. Mutationen möchte ich nicht züchten. Meine Vögel waren von zwei verschiedenen Züchtern. Die einen waren schön gelb und die anderen mehr bräunlich gelb durchsetzt gefärbt. (Alles Jungtiere ) Die dunkel gefärbten haben nach der Mauser soweit umgefärbt das sie doch sehr den Grünwangenrotschwanzsittichen ähnelten. Sie sahen nicht mehr aus wie die Gelbseiten. Sie sahen aus wie zwei völlig verschiedene Vögel (farbmäßig gesehen)
 
Hallo,

@coco3000: Vielen Dank für Deinen wertvollen Beitrag, der nun auch den letzten überzeugen sollte, dass es sich um eine "stinknormale" Mutation handelt. Richtig ist auch, dass ein eigenes Taxon für diese Vögel nicht gerechtfertigt ist. Nur um das noch einmal deutlich zu sagen: Der Name hypoxantha gilt für alle Vögel einer begrenzten Wildpopulation, die eine Unterart bilden, die früher sordida hieß und aus völlig "normalen" grünen Grünwangensittichen besteht.

@Christian: Ein Anhang I-Status im WA ist kaum gerechtfertigt. Die Bedrohungsursache liegt nicht im internationalen Handel, der Vogel ist wie alle brasilianischen Vögel im Grunde durch nationales brasilianisches Recht auf dem Papier durch intra- und internationalen Handel ausreichend geschützt und taucht daher im internationalen Handel legal sowieso nicht auf. Da CITES ja nur den legalen Handel kontrolliert, hat es also gar keinen Sinn, ihn auf den Anhang I raufzusetzen. Das schafft für alle Halter im Ausland (und derer sind ja nicht wenige) nur mehr Verwaltungsarbeit, schädigt dem Ansehen von CITES und bläht die Anhänge nur unnötig auf.
Wichtiger wäre vor Ort das Bewusstsein, dass nicht nur eine Unterart sondern eine ganze Art im Begriff ist zuverschwinden und die letzten km² Lebensraum endlich effektiv geschützt werden.

@Rudi: Ich kann Deine Entscheidung 100% nachvollziehen. Auch wenn man früher vielleicht Spaß an den Vögeln hatte, kann so ein Zweifel bzw. die folgende Erkenntnis einem die Sache sehr verleiden.

Beste Grüße

Gert
 
Hallo,

@Rudi: Ich kann Deine Entscheidung 100% nachvollziehen. Auch wenn man früher vielleicht Spaß an den Vögeln hatte, kann so ein Zweifel bzw. die folgende Erkenntnis einem die Sache sehr verleiden.

Beste Grüße

Gert


Hallo gert

Ich heiße nicht Rudi :nene:
 
Hallo Hans,

entschuldige, da hab ich nict aufgepasst.

Beste Grüße

Gert
 
Hallo Hans,
hattest du denn den dunkleren der beiden Gelbseiten auch aus Schwelm? Ich frag nur aus Interesse. Ich habe meine beiden nämlich jetzt daher bekommen und ihr Bauch ist sehr rot und an den Seiten eher orange, also mir ist schon aufgefallen, dass andere Gelbseiten viel gelber sind, als meine. Meine sind eher Orangeseitensittiche :D


Liebe Grüße
Anja
 
Hallo

Nein meine Gelben waren aus Schwelm. Die duklen waren aus Thüringen. Aber es gibt schon enorme Farbunterschiede unter diesen Vögeln.
 
Naja meine sind ja auch noch nicht ausgefärbt. Sind sie ja, glaub ich, erst nach zehn Monaten? Oder wie war das?

Übrigens vielen Dank für die schwelmer Adresse. Der ist unheimlich nett gewesen und wir fühlten uns gut beraten! Sehr zu emphfelen! :zustimm:
 
Thema: Der "Gelbseitensittich": Unterart oder Mutation?
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