1)
Es ist natürlich nicht untersagt, als Betreiber/in einer "tiergartenähnlichen Einrichtung" (= wie es im rechtlichen Sinne eine "Auffangstation" ab einer bestimmten Größe und Kapazität ist) "eigene" Tiere zu halten, sie zur Zucht zu verwenden und Nachzuchtexemplare zu veräußern.
2)
Der Sinn einer "Auffangstation" besteht (wie der Name schon verrät) darin, Tiere, die egal aus welchen Gründen von ihren ursprünglichen Besitzern nicht mehr gehalten werden können, "aufzufangen", d. h. ihnen zunächst einen Platz zu bieten.
3)
Gerade (jedoch nicht nur) auf dem Sektor der privaten Haltung sog. "Großpapageien" kommt es augenscheinlich gehäuft zu Problemen verschiedenster Art (wie nicht nur in diesem Forum geradezu inflationär nachlesbar), die letztlich zur Abgabe von Tieren führen.
4)
Es ist klar, daß "Auffangstationen" in der Regel nur über räumlich, finanziell und personell begrenzte Kapazitäten verfügen.
5)
Schon daraus (aber auch aus anderen Gründen) ergibt sich die Notwendigkeit einer (möglichst) zügigen Weitervermittlung aufgenommener Tiere.
6)
Werden während eines Zeitraumes X mehr Tiere aufgenommen (oder befinden sich mehr Tiere im "Bestand") als während des gleichen Zeitraumes weitervermittelt werden können/sollen, führt dies zwangsläufig zu einer Reduzierung der "freien" Plätze, einer höheren Besatzdichte (also weniger Raumangebot für vorhandene Exemplare) und nicht selten zu "Notlösungen", die weder für Mensch noch Tier zufriedenstellend sein können.
7)
Ist bei einer von 2 Personen betriebenen "Auffangstation" für Papageienvögel der "Bestand" auf 100 + X Psittaziden angestiegen, wovon bei einer erheblichen Anzahl von Psittaziden die Verweildauer in der "Station" den Begriff "Stammbestand" nicht unplausibel erscheinen läßt, so ist auf Dauer gesehen, möchte man der eigentlichen Zielsetzung und Zweckbestimmung ("Auffangstation") gerecht werden, ein Vermittlungsmanagement gefragt, welches räumliche und sonstige Ressourcen freisetzt/freihält.
8 )
Ist zudem das gesamte Artenspektrum (Aras, Amazonen, Graupapageien, Kakadus) zu unterschiedlichen Anteilen in relativ hohen Exemplarzahlen mit verschiedensten Vorgeschichten (und Problematiken) im "Aufnahmebestand" vertreten, macht dies artspezifische und (zuweilen notwendige) individuelle "Betreuungen" nicht einfach(er).
9)
Eine mir (durch persönliche Kontakte und Vorortbesuche) bekannte, von zwei Personen betreute, "Aufnahmestation" für Großpapageien (Mitinitiator/Mitbetreiber: Nabu) benötigt bei einem derzeitigen Bestand von ca. 40 Vögeln die konstante Mithilfe Dritter, die u. a. durch Praktikantinnen/Praktikanten im Rahmen eines sog. FÖJ (freiwilliges ökologisches Jahr) gewährleistet wird. Einen Beitrag zur Finanzierung leistet ein angegliederter Futtermittelshop.
10)
Ist eine saubere Trennung (damit ist weniger eine räumliche Trennung gemeint) zwischen "Eigenbestand" (private "Hobbyhaltung"), der eventuellen Integration aufgenommener Exemplare in den "Eigenbestand" und Aufnahme- bzw. Vermittlungsbestand nicht gewährleistet, dient das sicherlich nicht einer wünschenswerten und (bei/für "Auffangstationen") gebotenen Transparenz.
11)
"Auffangstationen" für Psittaziden sollten sich an einem ethischen Minimalkodex orientieren und zum Beispiel (ganz abgesehen von anderen Aspekten) Mischlingsnachzuchten und
Handaufzuchten weder durchführen (noch öffentlich rechtfertigen).
12)
Zurückkommend auf Pkt. 1): Die Aufnahme und Betreuung abgegebener Psittaziden zu Teilen und zeitweilig aus Veräußerungserlösen verkaufter Nachzuchtexemplare (etwas hochpreisigerer Arten) - ob nun aus dem "Eigenbestand" oder aus "Aufnahmebeständen" spielt in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle - mitzufinanzieren, ist (vorsichtig formuliert) ambivalent und wenig "zweckdienlich" (vgl. Pkt. 2), 3) 4) und 11)).
13)
Unterbringung, Versorgung und Pflege von 100 + X sog. "Großpapageien" stellen natürlich einen nicht unerheblichen Kostenfaktor dar. Selbst bei minimal angesetzten 1,50 Euro/Vogel/Tag und 100 Exemplaren ergibt sich eine Summe von 150 Euro/Tag (also monatlich ca. 4.500 Euro), wobei außerplanmäßige Aufwendungen wie z. B. für Tierarztkonsultationen sowie laufend anfallende Kosten für Beheizung und Energie und sonstige Aufwendungen noch unberücksichtigt bleiben.
14)
Insofern ist es überaus legitim, für Vergesellschaftungsaufenthalte und/oder sonstige Abgaben/Unterbringungen von der abgebenden Stelle einen Unkostenbeitrag einzuverlangen. Gleichzeitig ist es jedoch ebenso geboten, der abgebenden Stelle (falls von dieser gewünscht) nachvollziehbar und transparent in/nach einem festzulegenden Zeitrahmen mitzuteilen, wie mit dem/den abgegebenen Vogel/Vögeln weiterhin verfahren wurde.
15)
Sollte/n der/die jeweiligen Vogel/Vögel aus "Halter/innen-Interesse" (u. a. aus "züchterischen Beweggründen") im "Eigenbestand" der Betreiber der jeweiligen Auffangstation/en verbleiben (bzw. in das "Eigentum" der Betreiber "übernommen" werden), wäre korrekter Weise eine Verrechnung der Zahlungsleistung des Vorbesitzers mit einem auszuhandelnden Übernahmepreis durchzuführen (vgl. Pkt. 10).
16)
Es ist (zumindest oftmals) wenig sinnvoll, Papageien nach geglückter (oder scheinbar geglückter) Vergesellschaftung/Verpaarung in ein Umfeld (Wohnzimmer) zurückzugeben, welches nach wie vor den arteigenen Lebensbedürfnissen unzureichend entspricht. Zudem sind je nach "Vermittlungsintensität" und personeller Ausstattung/Auslastung einer "Auffangstation" die tatsächlichen Überprüfungsmöglichkeiten (zu) sehr eingeschränkt. Dies kann in der "Vermittlungsrealität" durchaus dazu führen, daß aus einem Problem(Vogel) sozusagen über Nacht deren zwei werden. Dies ist ein generelles Problem bei/von "Auffangstationen" und keiner bestimmten Station anzulasten.
17)
Eine mustergültig geführte (wirkliche) "Auffangstation" mit selbstbegrenzter Kapazität hat das "Papageienschutz-Centrum Bremen" verfügbar gemacht. Unter Berücksichtigung der tatsächlich vielfach vorzufindenden unzulänglichen Verhältnisse der privaten Papageienhaltung plädiert das "Papageienschutz-Centrum" für eine Einstellung der züchterischen Bemühungen zum Zwecke der Bedienung des "Heimtiermarktes".
18 )
Abschliessend: Es ist sinnvoller und für Mensch und Vogel "gewinnbringender", einer überschaubaren Anzahl abgegebener Papageien Betreuung, Pflege und/oder Vergesellschaftungsmöglichkeiten zu bieten, als einer kaum noch individuell überschau- und betreubaren Anzahl von Psittaziden gerecht werden zu wollen. Kein Tierpfleger bei beispielsweise Hagenbeck (Großraumvoliere / Besatz 17 Ara chloroptera) oder einer ähnlichen zoologischen Einrichtung ist mit einer solchen Anzahl von Großpapageien, wie in manchen "Auffangstationen" vorhanden, konfrontiert. Kein professioneller Tierpfleger würde von sich behaupten, einer derartigen Anzahl von Papageien (darunter in dieser oder jener Hinsicht "problematische" Exemplare) auch nur halbwegs in Pflege und Betreuung genügen zu können.
Gruß
MMchen