mäusemädchen
Tier- und Naturfreundin
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Die nun schon mehrfach gepostete Annahme (es handelt sich eigentlich weit eher um eine Behauptung), daß Amazonen im Gegensatz zu beispielsweise Graupapageien "flugfaul" seien, ist an Unsinnigkeit kaum zu überbieten. Richtig ist, daß Amazonen (wie viele Vertreter anderer Gattungen auch) außerhalb der Balz- und Brutzeiten in (je nach Art) kleineren oder größeren Gruppierungen und/oder Familienverbänden in den frühen Morgenstunden die Schlafbäume verlassen und zu Nahrungsflügen (die sich durchaus über mehrere Kilometer erstrecken können) aufbrechen. (Ironie an) Daß sie derartige Strecken nicht von Ast zu Ast kletternd zurücklegen (können), versteht sich von selbst. (Ironie aus) Auch außerhalb derart (über)lebenszweckgebundener Aktivitäten gestalten sich die Tagesabläufe von Amazonen im Freileben nicht so, daß sie ihren 8-12-Stunden-Tag in einem bestimmten Baum "verdösen". Zu Ruhe- und Aktivitätsphasen sind genügend Arbeiten verfügbar. (Ironie an) Sollte "Flugfaulheit" nicht der Korrektheit halber als Gattungsmerkmal von Amazonen in die Ethogramme übernommen werden? (Ironie aus) Weitere Ausführungen dazu sind (so hoffe ich) nicht unbedingt notwendig. Für einige Arten sind die "Bewegungsmuster" (u. a. auch – jedoch nicht nur – durch Besenderung (1)) überaus gut dokumentiert. Das gilt nicht nur für die von Snyder et al. bestens beforschte Puerto-Rico-Amazone, sondern beispielsweise auch für die "Allerweltsart" Blaustirnamazone. Zu Einzelheiten wäre der betreffenden Userin sehr zu empfehlen, sich bei gesteigertem Interesse einige der (aus ihrer Sicht) wohl "stümperhaften Amateurarbeiten" zu besorgen. Beispielsweise:
Gilardi, J. & C. Munn (1998 ): Patterns of flight activity, flocking and habitat use in parrots of the Peruvian Amazon, Condor 100: 641-653
Moschione, F. & Y. R. Banchs (1995): Alimentation del Loro Hablador (Amazona aestiva) en el Norte Argentino, Resumenes V. Congreso de Ornithologia Neotropical, Asuncion, agosto 1995, 5-11
Bezüglich "Flugfaulheit" bei (manchen) Amazonen unter Haltungsbedingungen kann vielleicht noch zu dem bereits Gesagten angemerkt werden, daß speziell Amazonen bekannter Maßen (um nur ein Beispiel zu nennen – weitere wurden schon zur Genüge benannt) bei entsprechender (Fehl)Fütterung zur Verfettung neigen und ihre "Fluglust" und Flugfähigkeit dadurch Einschränkungen erfahren kann. Mangelnde Flugmöglichkeit in Zusammenhang mit (zu) fettreicher Ernährung potenziert das Problem.
(Ironie an) Als Konsequenz der Uhu`schen "Forschungen" zur Bewegungsunlust von Amazonen kann nur die Forderung nach prioritär mit vielen Klettermöglichkeiten ausgestatteten Volieren stehen; wobei es unerheblich sein dürfte, größere "Flugabstände" verfügbar zu machen. (Ironie aus) Wer vom natürlichen Verhalten von Amazonen (welches - wie a.dau zutreffend anmerkt – je nach Art zudem erheblich variieren kann) so wenig versteht, sollte sich mit im Brustton der Überzeugung geäußerten "Gewissheiten" etwas zurückhalten.
Schon die simpelsten anatomischen Merkmale körperlich gesunder Vögel (völlig ernst gemeinte Anmerkung : das Vorhandensein funktionstüchtiger Flügel, die Besonderheiten des Respirationsapparates) deuten ganz stark auf eine gewisse Notwendigkeit des Fliegens hin . Natürlich gibt es auch Vertreter der Familie Aves, deren Flügel bzw. Flugfähigkeit sich im Verlauf der Stammesgeschichte so weitgehend zurückgebildet haben, daß sie sich aktuell auf dem Boden bewegen. Allerdings: Amazonen gehören nicht dazu. (Ironie an) Oder doch? Sollten sie gerade an der Schwelle einer derartigen Entwicklung stehen? Erste Beobachtungen vom "Papageienhof" scheinen darauf hinzudeuten. (Ironie aus)
Noch kurz einige Anmerkungen zum "Auf-den-Rücken-Werfen": Dieses bisher bei Amazonen m. W. nur unter Haltungsbedingungen beobachtete Verhalten (2) wird im Prinzip ausschließlich bei Auseinandersetzungen auf dem Boden (oder solchen, die sich nach "Luftattacken" zwangsläufig auf den Boden verlagern) ab einer gewissen Eskalationsstufe (und auch dann in der Regel nur von einem arg bedrängten –"unterlegenen" Exemplar) gezeigt. Das Aggressionsmuster bei Amazonen läuft (bei "Ernstauseinandersetzungen") meist nach dem Schema "Annäherung-Drohen-einseitige Bisse-wechselseitige Bisse-Rückzug/Flucht" ab. "Auf den Rücken-Werfen" als Aktivmaßnahme bei eskalierenden/eskalierten Auseinandersetzungen bietet keinerlei Vorteile für das betreffende Exemplar und ist bei anderen Arten (insbesondere aus dem Bereich der Säuger) als (finale) deeskalierende Geste (=Präsentation verletzlicher Körperpartien) der Unterwürfigkeit, die für den Angreifer beißhemmend wirken kann, bekannt.
(1) Neben dem Arbeiten mit Sender/Empfänger wird zuweilen auch zwecks Langzeitbeobachtungen zum Gruppen- oder Lokomotionsverhalten freilebender Papageien auf das Markieren einzelner Tiere aus einer Gruppe (durch beispielsweise farbliche Kennzeichnung, Bänder, Entfernen von Gefiederteilen, fotografische Dokumentation erkennbarer Besonderheiten etc.) zurückgegriffen. (Ironie an) Selbstverständlich werden Freilandforscher/innen mit jahre-, manchmal jahrzehntelanger Erfahrung in/mit der Beobachtung des Bewegungsverhaltens von Arten jeden Ratschlag zur Taug- bzw. Untauglichkeit von Sendern seitens der Betreiberin eines "Papageienhofes" liebend gern entgegennehmen. Ich habe (weil wir nun mal bei "Sendern" angelangt sind) den Eindruck, daß der Lieblingssender einiger Zeitgenossen "RTL 1 bis 98" sein könnte. (Ironie aus)
(2) Eine evtl. Erklärung dafür, daß es entsprechende Freilandbeobachtungen (jedenfalls bisher) nicht gibt, könnte darin zu sehen sein, daß Amazonen (von einigen Ausnahmen abgesehen / z. B. das Aufsuchen von Barreiros, Colpas etc.) sich eher selten am Boden aufhalten und das "Auf-den-Rücken-Werfen" in Bäumen nur unter akrobatischen Verrenkungen möglich sein dürfte und in Auseinandersetzungen (aus naheliegenden Gründen) schon gar nicht ein probates Mittel zur Verschaffung von "Kampfvorteilen" darstellt. Aggressionsbegrenzende Strategien (wie beispielsweise Unterwerfung und Beschwichtigung) haben stets – und gerade unter zwangsläufig beengteren Haltungsbedingungen – Vorteile gegenüber final aggressionsfortführenden Strategien, wie u. a. Maynard Smith in einem sog. "spieltheoretischen" Modell (dem sog. "Dow-hawk-Modell") aufzeigte. Sog. Assessment-Modelle gehen davon aus, daß die Kontrahenten am Anfang nur ganz vage über ihre relative Kampfkraft (fighting ability) "Bescheid wissen". Die wechselseitige Einschätzung wird erst im Verlauf der Auseinandersetzung konkreter. Für das (ein- und voraussichtlich) schwächere Tier lohnt sich eine Fortsetzung des Kampfes nicht mehr. Folgt man den Forschungen zur Funktion der Auslösung von "Beisshemmungen" bei Säugern (Anmerkung: In Bezug auf Papageien gibt es hierzu so gut wie keine Arbeiten), so kommt man nicht an den Studien von E. Zimen vorbei. Hier ein Ausschnitt: "Die Beißhemmung wird also nicht in erster Linie durch Demutsverhalten ausgelöst, wie Lorenz annimmt, sondern beruht auf der Erfahrung des Angreifers, hängt zusammen mit seiner Angst, selbst gebissen zu werden, wenn sein Beißen intensives Verteidigungsverhalten beim Angegriffenen auslöst. Die Beißhemmung dient somit auch keinem abstrakten, allen gemeinsamen Ziel (...), sondern nur den individuellen Interessen des nicht fest Zubeißenden, der dadurch der Gefahr, selbst gebissen zu werden, aus dem Weg geht (...)." Wölfe sind nun wahrlich in vielerlei Hinsicht kaum mit Papageien zu vergleichen. Allerdings finden sich hinsichtlich Mechanismen der Aggressionsbegrenzung durchaus interspezifische Gemeinsamkeiten, die zumindest interessante Ansätze aufzeigen und eines Überdenkens wert sein können.
Maynard Smith, J. (1982): Evolution and the theory of games, Cambridge Univ. Press, Cambridge
Maynard Smith, J & G. R. Price (1973): The logic of animal conflict, Nature, London, 246/1973/1
Zimen, E. (1978 ): Der Wolf – Mythos und Verhalten, Meyter Verlag, Wien-München, Seite 60
Gruß
Heidrun
Gilardi, J. & C. Munn (1998 ): Patterns of flight activity, flocking and habitat use in parrots of the Peruvian Amazon, Condor 100: 641-653
Moschione, F. & Y. R. Banchs (1995): Alimentation del Loro Hablador (Amazona aestiva) en el Norte Argentino, Resumenes V. Congreso de Ornithologia Neotropical, Asuncion, agosto 1995, 5-11
Bezüglich "Flugfaulheit" bei (manchen) Amazonen unter Haltungsbedingungen kann vielleicht noch zu dem bereits Gesagten angemerkt werden, daß speziell Amazonen bekannter Maßen (um nur ein Beispiel zu nennen – weitere wurden schon zur Genüge benannt) bei entsprechender (Fehl)Fütterung zur Verfettung neigen und ihre "Fluglust" und Flugfähigkeit dadurch Einschränkungen erfahren kann. Mangelnde Flugmöglichkeit in Zusammenhang mit (zu) fettreicher Ernährung potenziert das Problem.
(Ironie an) Als Konsequenz der Uhu`schen "Forschungen" zur Bewegungsunlust von Amazonen kann nur die Forderung nach prioritär mit vielen Klettermöglichkeiten ausgestatteten Volieren stehen; wobei es unerheblich sein dürfte, größere "Flugabstände" verfügbar zu machen. (Ironie aus) Wer vom natürlichen Verhalten von Amazonen (welches - wie a.dau zutreffend anmerkt – je nach Art zudem erheblich variieren kann) so wenig versteht, sollte sich mit im Brustton der Überzeugung geäußerten "Gewissheiten" etwas zurückhalten.
Schon die simpelsten anatomischen Merkmale körperlich gesunder Vögel (völlig ernst gemeinte Anmerkung : das Vorhandensein funktionstüchtiger Flügel, die Besonderheiten des Respirationsapparates) deuten ganz stark auf eine gewisse Notwendigkeit des Fliegens hin . Natürlich gibt es auch Vertreter der Familie Aves, deren Flügel bzw. Flugfähigkeit sich im Verlauf der Stammesgeschichte so weitgehend zurückgebildet haben, daß sie sich aktuell auf dem Boden bewegen. Allerdings: Amazonen gehören nicht dazu. (Ironie an) Oder doch? Sollten sie gerade an der Schwelle einer derartigen Entwicklung stehen? Erste Beobachtungen vom "Papageienhof" scheinen darauf hinzudeuten. (Ironie aus)
Noch kurz einige Anmerkungen zum "Auf-den-Rücken-Werfen": Dieses bisher bei Amazonen m. W. nur unter Haltungsbedingungen beobachtete Verhalten (2) wird im Prinzip ausschließlich bei Auseinandersetzungen auf dem Boden (oder solchen, die sich nach "Luftattacken" zwangsläufig auf den Boden verlagern) ab einer gewissen Eskalationsstufe (und auch dann in der Regel nur von einem arg bedrängten –"unterlegenen" Exemplar) gezeigt. Das Aggressionsmuster bei Amazonen läuft (bei "Ernstauseinandersetzungen") meist nach dem Schema "Annäherung-Drohen-einseitige Bisse-wechselseitige Bisse-Rückzug/Flucht" ab. "Auf den Rücken-Werfen" als Aktivmaßnahme bei eskalierenden/eskalierten Auseinandersetzungen bietet keinerlei Vorteile für das betreffende Exemplar und ist bei anderen Arten (insbesondere aus dem Bereich der Säuger) als (finale) deeskalierende Geste (=Präsentation verletzlicher Körperpartien) der Unterwürfigkeit, die für den Angreifer beißhemmend wirken kann, bekannt.
(1) Neben dem Arbeiten mit Sender/Empfänger wird zuweilen auch zwecks Langzeitbeobachtungen zum Gruppen- oder Lokomotionsverhalten freilebender Papageien auf das Markieren einzelner Tiere aus einer Gruppe (durch beispielsweise farbliche Kennzeichnung, Bänder, Entfernen von Gefiederteilen, fotografische Dokumentation erkennbarer Besonderheiten etc.) zurückgegriffen. (Ironie an) Selbstverständlich werden Freilandforscher/innen mit jahre-, manchmal jahrzehntelanger Erfahrung in/mit der Beobachtung des Bewegungsverhaltens von Arten jeden Ratschlag zur Taug- bzw. Untauglichkeit von Sendern seitens der Betreiberin eines "Papageienhofes" liebend gern entgegennehmen. Ich habe (weil wir nun mal bei "Sendern" angelangt sind) den Eindruck, daß der Lieblingssender einiger Zeitgenossen "RTL 1 bis 98" sein könnte. (Ironie aus)
(2) Eine evtl. Erklärung dafür, daß es entsprechende Freilandbeobachtungen (jedenfalls bisher) nicht gibt, könnte darin zu sehen sein, daß Amazonen (von einigen Ausnahmen abgesehen / z. B. das Aufsuchen von Barreiros, Colpas etc.) sich eher selten am Boden aufhalten und das "Auf-den-Rücken-Werfen" in Bäumen nur unter akrobatischen Verrenkungen möglich sein dürfte und in Auseinandersetzungen (aus naheliegenden Gründen) schon gar nicht ein probates Mittel zur Verschaffung von "Kampfvorteilen" darstellt. Aggressionsbegrenzende Strategien (wie beispielsweise Unterwerfung und Beschwichtigung) haben stets – und gerade unter zwangsläufig beengteren Haltungsbedingungen – Vorteile gegenüber final aggressionsfortführenden Strategien, wie u. a. Maynard Smith in einem sog. "spieltheoretischen" Modell (dem sog. "Dow-hawk-Modell") aufzeigte. Sog. Assessment-Modelle gehen davon aus, daß die Kontrahenten am Anfang nur ganz vage über ihre relative Kampfkraft (fighting ability) "Bescheid wissen". Die wechselseitige Einschätzung wird erst im Verlauf der Auseinandersetzung konkreter. Für das (ein- und voraussichtlich) schwächere Tier lohnt sich eine Fortsetzung des Kampfes nicht mehr. Folgt man den Forschungen zur Funktion der Auslösung von "Beisshemmungen" bei Säugern (Anmerkung: In Bezug auf Papageien gibt es hierzu so gut wie keine Arbeiten), so kommt man nicht an den Studien von E. Zimen vorbei. Hier ein Ausschnitt: "Die Beißhemmung wird also nicht in erster Linie durch Demutsverhalten ausgelöst, wie Lorenz annimmt, sondern beruht auf der Erfahrung des Angreifers, hängt zusammen mit seiner Angst, selbst gebissen zu werden, wenn sein Beißen intensives Verteidigungsverhalten beim Angegriffenen auslöst. Die Beißhemmung dient somit auch keinem abstrakten, allen gemeinsamen Ziel (...), sondern nur den individuellen Interessen des nicht fest Zubeißenden, der dadurch der Gefahr, selbst gebissen zu werden, aus dem Weg geht (...)." Wölfe sind nun wahrlich in vielerlei Hinsicht kaum mit Papageien zu vergleichen. Allerdings finden sich hinsichtlich Mechanismen der Aggressionsbegrenzung durchaus interspezifische Gemeinsamkeiten, die zumindest interessante Ansätze aufzeigen und eines Überdenkens wert sein können.
Maynard Smith, J. (1982): Evolution and the theory of games, Cambridge Univ. Press, Cambridge
Maynard Smith, J & G. R. Price (1973): The logic of animal conflict, Nature, London, 246/1973/1
Zimen, E. (1978 ): Der Wolf – Mythos und Verhalten, Meyter Verlag, Wien-München, Seite 60
Gruß
Heidrun