Also? Was?
schon das Produkt einer Verpaarung von zwei äusserlich identisch aussehenden Wildfängen disjunkter, also nicht natürlich in Verbindung stehender Wildpopulationen ist zwar für Laien absolut nicht von einem Wildvogel zu unterscheiden, aber aus populationsbiologischer Sicht (in aller Regel, es gibt genetisch begründbare Ausnahmen) schon nicht mehr zur Auswilderung geeignet.
Genetisch sind diese "Produkte" nämlich immer deutlich von allem abweichend, was frei noch rumfliegt, meist dazu auch noch verarmt an allelischer Vielfalt und somit auch in ökologischer Flexibilität über weitere Generationen eingeschränkt.
Das hat gar nichts, aber auch rein absolut gar nichts damit zu tun ob der Vogel einem wilden Artgenossen nun bis auf die letzte Feder gleicht oder nicht.
Das ist schon mal biologengemäße Haarspalterei. Disjunkte Populationen sind entweder so nah zueinander gelegen, dass gelegentlich auch Individuen von der einen zur anderen Pop. hinüber gelangen können, dann ist es noch immer ein Genpool, oder aber so weit auseinander gelegen, dass sie nicht mehr gleich aussehen. Ausnahmen?
Es gibt Populationen sehr ähnlicher Arten, die gleiche Lebensräume besiedeln, aber sich trotzdem nicht kreuzen. Die Diversität liegt dort auf einer anderen Ebene.
Aus populationsbiologischer Sicht gibt es Überschneidungsgebiete von Unterarten, die sich auch tatsächlich vermischen. Die Überschneidungsgebiete bleiben bei nichtwandernden Arten lokal.
Was ist, wenn man nun in Menschenobhut erzeugten Nachwuchs verwendet, um eine in Wildnis ausgestorbene Art wieder anzusiedeln? Pah! Schreit der Biologe. Das ist ein Faupax an der Evolution! Das ist ja ein Artefakt und nicht mehr die Art, die da war. Trotzdem, so meine ich, wäre eine Art vom Aussterben gerettet. Die Evolution nimmt nun einen geringfügig anderen Verlauf, nicht war?
Das heisst nicht, dass nicht "in letzter Verzweiflung", also nach dem völligen Erlöschen einer Art im Freiland auch solche Tiere noch zur Auswilderung kommen könnten -es gibt dafür auch Beispiele- doch ist das dann immer ein Freilandexperiment was wenig mit der Ursprungspopulation zu tun hat und nur selten überleben solche Tiere dauerhaft ohne erhebliche menschliche Hilfe.
Die menschliche Hilfe ist für eine Überbrückungszeit, weil die Tiere lernen müssen. Ansonsten sind sie durchaus in freier Natur lebensfähig. Sie schaffen es ja sogar, sich an Standorten zu etablieren, die nicht denen ihrer angestammten Heimat entsprechen. Wiederansiedelung ist nur dann zum Scheitern verurteilt, wenn die Tiere nicht die zu ihrem Leben notwendigen Bedingungen vorfinden. Also muss man ihr Habitat herrichten.
Tiere für Auswilderungsprojekte brauchen einen lückenlosen Stammbaum bis zum Wildfang zurück und müssen Verpaarungen entstammen, die Lokalitäten ebenso wie genetische Diversität berücksichtigen. Sonst bringt das alles nichts weiter als das Risiko, eventuelle Wildpopulationen durch Verpaarung mit solchen Vögeln weiter in ihrer Überlebensfähigkeit einzuschränken.
Entsprechende Erhaltungszuchtprogramme werden mit großem wissenschaftlichen Aufwand zentral gesteuert und verlangen eine recht große Population beteiligter Individuen und entsprechend umfangreiche Koordinierungsarbeit.
Kein Privatmann oder keine Gruppe von Privatleuten kann das leisten und selbst den koordiniert arbeitenden Zoos gelingt so etwas nicht ohne Einschränkungen.
Für die Qualität ist das sicherlich von Vorteil, wenn man ein Stammbuch führt und eine möglichst große Population dafür hat. Die hat man aber gerade von den seltenen Arten sowieso nicht. Ein Netzwerk ist machbar und heute auch gar nicht schwierig zu bewerkstelligen. Und wenn die Zoos damit Probleme haben, dann weiß ich auch nicht. Meistens liegt es daran, dass sie die Tiere entweder gar nicht zur Vermehrung bringen, oder soviel Nachwuchs haben, dass sie sie nicht unterbringen können. Übrigens erhält man gerade dadurch die Biodiversität, dass man sogar gezielt Individuen aus unterschiedlichen Populationen mischt. Damit fördert man mitunter die Überlebensfähigkeit, weil dann Inzucht ausgeschlossen werden kann. Das heißt noch nicht, dass man Unterarten miteinander vermischt.
Für Privatzüchter heisst das, Wildformzucht ist eine Farbformzucht wie jede andere. Nicht mehr und nicht weniger..... na ja vielleicht etwas mehr, weil sie dem pädagogischen Zweck förderlich ist, Betrachtern -gewissermassen am Modell- vor Augen zu führen, wie das zugehörige Wildtier aussieht.
Alle darüber hinausgehenden Ansprüche sind aber Augenwischerei und nicht in der Realität begründet.
Das ist keine persönliche Meinung, sondern belegbare Tatsache.
Ich garantiere dafür, dass kein Biologe, der sich mit solchen Problematiken beruflich beschäftigt etwas anderes sagen wird!
Hauptartenschutzanteil der Hobbyzucht ist es, Wildfangquoten zu reduzieren und Interesse an der Art zu wecken, das letztlich auch in Engagement beim Habitaterhalt münden kann.
De facto kein kleiner Beitrag zum Artenschutz.
Aber die Zuchtvögel selber sind hier nur sehr sehr indirekt von Bedeutung.
Je nachdem, wie man sein Handwerk betreibt, gebe ich der obigen Aussage nicht Recht. Wenn auf die Haltungsmethode geachtet wird und auf die Auswahl der Zuchttiere, ergeben sich durchaus wiederauswilderbare Tiere, die sehr wohl denen der Wildpopulation entsprechen. Das auch nach Generationen.
Das es auch anders sein kann und auch so ist, bestreite ich nicht. Es ist eine Frage des Wollens, und darin sind wir uns einig, davon gibt es sehr wenig. Andererseits wächst das Interesse und auch das Wissen um die Bedeutung der Reinheit von Arten und Unterarten. Das sollte man anerkennen. Daher steht meine Behauptung:
Es ist möglich, auch für den Privathalter, Vögel wildfarbig sowie arten und unterartenrein zu vermehren, im Verbund zu tauschen und weiter zu vermehren, um über Generationen einen Bestand zu erhalten, der einer Wildpopulation in genetischer Qualität fast gleich kommt. Das einzige Problem ist der Verlust an standortinduzierter Intelligenz. Diese ist gegebenenfalls durch Vorbereitung zu trainieren.
Grüße, Al