Deine Ausführen zu grundlegenden evolutionsbiologischen "Prinzipien" sind einerseits korrekt, beziehen sie sich doch auf die Wirksamkeit, d.h. die Wahrscheinlichkeit des Auftretens bestimmter Phänotypen in großen bzw. kleinen Populationen. Also: Eine Mutation wird sich einer kleinen Population schneller durchsetzen als in einer großen ... Eine Mutante macht bei 9 anderen Individum ja auch gleich 10 % auf, bei 999 anderen nur 0,1 % - dass sind schon Unterschiede, was ? Beschleunigte Artenbiuldung bei Inselpopulationen ...
Daraus abzuleiten, dass es sich bei Mutanten vor allem um Importnachfahren handelt, die die Mutationen schon in sich trugen, ist allerdings nicht korrekt. Mutationsraten sind konstant. In der Natur verschwinden heterozygote Träger auch ganz schnell wieder ... Warum? Es kommt einfach nur ein kleiner Anteil der Tiere zur erfolgreichen Fortpflanzung, die Sterblichkeiten sind hoch.
In einem solchen Fall, also den schon vorhandenen, versteckten (heterozygoten) mutierten Genen, müssten bei angewandter Linienzucht umgehend die Phänotypen auftreten ... tun sie aber nicht!
Erst im Rahmen eines einsetzenden, degenerativen Domestikationsprozesses, also nach zig Generationen ... erscheinen sie, die geliebten Phänotypen-Varianten! Was ist daraus abzuleiten ....
Genau: Sie sind natürlich allesamt in der Haltung entstanden ...
Gruß
Das ist zu stark vereinfacht und Du hast meine Ausfühurngen entweder nicht gründlich gelesen oder gründlich missverstanden.
Dien Allelvielfalt einer evolutiv alten Art ist ebensowenig zu unterschätzen wie die Mutationsfrequenz zu überschätzen. Wie Du schon sagtst, die letztere ist -relativ- konstant. Sie beweist daher auch, dass die Farbmutationenm die wir heute haben nicht alle erst in Gefangenschaft gefallen sein können. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Mutation an einem Lokus fällt der, sobald homozygot, phänotypisch für uns sichtbar zu Tage tritt ist natürlich noch viel kleiner als die generelle Mutationswahrscheinlichkeit. Darauf warten zu müssen und darauf, dass das zufällig einmal homozygot auftritt korrelliert keineswegs mit der Vielfalt der mittlerweile herausgezüchteten Farbschläge. So viele Tiere um mit der natürlichen Mutationsrate die vorhandene Vielfalt zu erklären wurden nämlich längst nicht gezüchtet. Nur wenige Arten bilden da Ausnahmen. Es kann natürlich viele Gefangenschaftsgenerationen dauern, bis zufällig eines der vielfältigen aber einzeln durchaus nicht allzu häufigen (oberhalb einer gewissen Verteilungsgrenze werden sie eben doch ausselektioniert -wegen Homozygotierisiko) Mutationen einer Art mit hohem Heterozygotiegrad im selben Tier homozygot vorliegt. Das ganze heisst natürlich dennoch nicht, dass in menschlicher Obhut keine sichtbar werdenden Spontanmutationen auftreten, aber ich behaupte nach wie vor, deren Häufigkeit wird drastisch überschätzt.
Für meine These spricht in meinen Augen auch, dass bei den von mir als Kategorie zwei genannten Arten in der Zucht in der Tat bisher kaum Mutationen audfgetreten sind.
Ich bleibe dabei: Hoher Hetrozygotiegrad, evolutives Alter einer Art ist -neben Artkreuzungen in Gefangenschaft- die Hauptursache für das Auftreten von Farbvarianten in der Zucht und NICHT spontane Mutationen.
Und im übrigen hast Du trotzdem recht: Eine genetische Abweichung erscheint in kleinen Populationen -unsere Zuchtvögel- rascher phänotypisch als in gro0en -Wildpopulation. Das heisst aber nicht, dass die genetische Abweichung nicht in beiden gleichermassen vorhanden ist. Eine schöne Aufgabe für Statistiker-Populationsbiologen errechnen sowas.
Gerade in großen Populationen verschwinden heterozygote Träger übrigens auch nicht rasch wie Du oben fälschlich gesagt hast. Das Gegenteil ist der Fall, sie reichern sich - bis zu einer gewissen, berechenbaren, Grenze-an, da die Wahrscheinlichkeit einen für das gleiche Gen ebenfalls heterozygoten Partner zu finden und somit die Wahrscheinlichkeit für homozygote Nachkommen bei solchen Arten gering ist. Solange das so bleibt, gitn es keinen stringenten Selektionsdruck.
Das Gegenteil gilt für kleine Naturpopulationen (zB auf Inseln), da es da rasch zu homzygoter Ausprägung kommt und die wird meist ausselektioniert.
Eben aus diesem Grunde neigen Inselarten und seltene Arten auch in Gefangenschaft nicht so sehr zur Variation-ihr Homozygotiegrad ist eben hoch.