Wetterprognose und deren Relevanz für den Vogelzug

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Accipiter nisus

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Moin allerseits,

da der Thread " Kranichzug im Herbst 2011" eigentlich nur für Beobachtungen gedacht ist, habe ich mich entschlossen, für meine Ausführungen separat einen Thread zu eröffnen, wobei ich diesen täglich aktualisiere ( wenn es mir zeitlich möglich ist auch zwei mal, falls das nötig sein sollte). ;)

Nun, beginnen wir gleich.

Mitteleuropa liegt inmitten zweierlei Druckgebilde, im Westen flankiert durch einen atlantischen Langwellentrog, im Nordosten durch eine umfangreiche Antizyklone. Es resultiert eine kräftige, südöstliche Höhenströmung, in der eher kühle und recht feuchte Luftmassen advehiert werden- klassifizieren können wir die gegebene Großwetterlage darüberhinaus auch als S a ( Süd antizyklonal). Der atlantische Langwellentrog erreicht derzeit im Kern 988 hPa, die osteuropäische Antizyklone 1036 hPa- der Druckgradient nimmt derzeit zu- primär im norddeutschen Tiefland, vor allem aber auf den Kammlagen der Mittelgebirge und entlang der deutschen Nordseeküste sind stürmische Böen nicht ganz auszuschließen. Durch die geringe Verlagerung westwärts ( der Antizyklone) steilt die Höhenströmung leicht auf- die Folge ist: östlichere Komponente, damit etwas trockenere und abermals kühlere Luftmasse, die zurzeit advehiert wird. Diese Luftmasse konnte sich nunmehr in den Gebieten östlich der Weser untermischen, sodass insbesondere in Ostdeutschland in der kommenden Nacht leichter Luftfrost möglich ist. Hervorgehend aus der noch starken Luftbewegung im norddeutschen Tiefland wird die Luftfrostgefahr in dieser Nacht eher gering sein ( ausgenommen windgeschützte Muldenlagen).



Die oben angesprochene, trockenere Luftmasse flutet die Westhälfte vorerst nicht, sodass es hier äußerst hochnebelträchtig weitergeht- doch das dürfte ( abgesehen von seltenen Fällen) bereits am Samstag ein Ende haben- die Feuchteadvektion setzt aus.... was aber nicht heißt, dass wir nicht nachts mit Nebel oder Hochnebel zu rechnen haben- in den Abendstunden wird sich dieser wieder bilden, sich erst in den späten Vormittagsstunden auflösen, in ungünstigen Tallagen womöglich gar nicht.

Nun, die Luftmasse wird trockener und trockener, der Gradient fächert auf- ergo: zum Wochenende ist auch in der Westhälfte der Bundesrepublik mit leichten Luftfrösten zu rechnen, am ehesten frostfrei bleibt es noch hinter der Deichlinie- das restliche norddeutsche Tiefland bleibt nach jetzigem Stand nicht ausgespart.

Soweit zunächst zu den aktuellen Geschehnissen und der der kommenden Tage... nun, wie oben angesprochen scheint sich der Winter allmählich regen zu wollen, nicht bei uns, aber in Ost/ Nordosteuropa. Gehen wir nun auf die Gründe ein...

Sehr milde Luftmassen werden derzeit in Richtung Grönland advehiert- die derzeitige Omegawetterlage ( wenn eine Antizyklone von zwei Tiefdruckgebieten " umzingelt" ist, ist ein Garant dafür, dass es in Osteuropa zu einem ersten, kräftigen Wintereinbruch kommt). Andererseits kehrt eine sehr kalte, polare Luftmasse südwärts zurück und betrifft in diesem Fall Nordost/ bzw. Osteuropa. Nun, der arktische Polarwirbel ( ein großräumiges Höhentief über dem ewigen Eis), was in den späten Herbstmonaten entsteht ( Höhentiefs bilden sich, wenn kalte Luftmassen absinken und in der Höhe demnach einen tieferen Druck begünstigen), zeigt sich derzeit deformiert bzw gestört, wahrscheinlich nur vorübergehend. Diese Tatsache lässt durchaus kräftige Kaltlufteinbrüche auf der Nordhalbkugel zu, ob Nordamerika, Osteuropa oder auch Westeuropa ( Situation ähnlich wie im Winter 2009/2010).
Ein Indiz für diesen gestörten Polarwirbel zurzeit ist ein beachtlicher Blizzard, der sich zurzeit über Alaska entwickelt und sich mehr und mehr vertieft ( Luftdruck nimmt ab).
Der dortige Wetterdienst sieht eine Möglichkeit, dass jener Sturm alle anderen in den Schatten stellen könnte...



Nun, die Modelle simulieren es derzeit- auch in Osteuropa steht womöglich ein kräftiger Wintereinbruch an, resultierend aus dem gestörten Polarwirbel zurzeit, der solche begünstigt... für uns vorerst nicht relevant, das kann aber schneller passieren als wir denken..

Ich bleibe dabei, dass sich ein solcher Wintereinbruch am Ende dieses Novembers auch in Mitteleuropa ergibt- das wird in Modellen ansatzweise schon gezeigt, darüber ausführlich zu diskutieren bringt aber allein wegen der zeitlich noch großen Distanz im Hinblick auf das Kartendeuten wenig.

Arktische Wildgänse und Graukraniche werden sich also in den kommenden Tagen an verschiedenen Rastplätzen wie der Diepholzer Moorniederung oder der Rügen-Bock-Region vermehrt sammeln, vielfach sind sie auch eingetroffen ( an der Diepholzer Moorniederung werden derzeit gut 67.000 Exemplare in einer Synchronzählung erfasst- und es werden sicherlich noch einige mehr in den kommenden Tagen. Für Nachzügler jedenfalls heißt es: Aufbruch aus den Brutgebieten im Osten und Norden Europas... falls sie nicht bereits aufgebrochen sind... ich denke sie werden um Diepholz und an der Ostsee noch so lange verharren, bis es auch hier soweit ist..

Übrigens, in Schweden gab es am heutigen 10.11 an keiner einzigen der Messtationen eine Schneedecke... das erste Mal seit 1904- hier wurden auch die Schneemengen an den Stationen aufgezeichnet... ansonsten gab es in jedem Jahr bereits um diese Zeit zumindest eine dünne Schneedecke... ehrlich gesagt würde es mich nicht wundern, wenn es früher oder später zu einem deutlichen Ausgleich kommt...... in diesem Winter.

Damit einen schönen Gruß in den späten Nachmittag,
Nisus.
 
So, die trockenkalte Luftmasse hat nunmehr die Elbe erreicht- östlich davon klart es auf, die Temperaturen rutschen ins Negative, Vorsicht hier: Reifglätte überall möglich, prädestiniert sind Wälder und Brücken! Primär in den westdeutschen Niederungen noch Gefahr durch Nebelschwaden- die Sache mit dem Nebel tagsüber dürfte dann mit der trockenen Kaltluft die ab morgen advehiert wird ( auch in den Westen) gegessen sein, nachts aber immer noch möglich.
Nur Richtung Donau kann sich die " Nebelpampe" durchaus auch tagsüber halten...

Und damit genug für den Moment, gute Nacht allerseits,
bis dann.
 
Moin,

die trockenkalte Luftmasse hat mittlerweile ganz Deutschland geflutet- das merkt man nicht nur an den Temperaturen ( aktuell nur 4.8 °C) hier und böiger Ostwind, sondern auch am Himmel- die Wolken sind aufgelöst worden, wie erwartet.
Eigentlich günstige Bedingungen für die Kraniche, die zurzeit in der Rügen-Bock-Region rasten weiterzuziehen, ich denke einige werden das nutzen.
 
Eigentlich günstige Bedingungen für die Kraniche, die zurzeit in der Rügen-Bock-Region rasten weiterzuziehen, ich denke einige werden das nutzen.

Und ich sehe anhand der aktuellen Rastzahlen, dass weit über 24 000 Tiere in den letzten 2 Wochen genau diese Region bereits verlassen haben. Es waren am 6.11 nur noch wenig mehr als 3000 Tiere dort ... Die haben also nicht, wie von Dir vorausgesagt, in der ruhigen Periode abgewartet - sondern sind abgewandert ....


Gruß
Jörg
 
Und ich sehe anhand der aktuellen Rastzahlen, dass weit über 24 000 Tiere in den letzten 2 Wochen genau diese Region bereits verlassen haben. Es waren am 6.11 nur noch wenig mehr als 3000 Tiere dort ... Die haben also nicht, wie von Dir vorausgesagt, in der ruhigen Periode abgewartet - sondern sind abgewandert ....


Gruß
Jörg

Ich weiß. Die restlichen werden aber wohl diese Tage nutzen...
 
Und ich sehe anhand der aktuellen Rastzahlen, dass weit über 24 000 Tiere in den letzten 2 Wochen genau diese Region bereits verlassen haben. Es waren am 6.11 nur noch wenig mehr als 3000 Tiere dort ... Die haben also nicht, wie von Dir vorausgesagt, in der ruhigen Periode abgewartet - sondern sind abgewandert ....


Gruß
Jörg

Das wurde nicht von mir vorausgesagt, niemand kann genau wissen, wie die Kraniche sich verhalten.... ich habe es lediglich eingeschätzt, voraussagen kann niemand ihr Verhalten wie du weißt.

Grüße.
 
Kontinentale Luftmasse flutet Mitteleuropa- Kurzfristüberblick.

Moin allerseits,

auch heute gibt es nochmals einen Überblick von mir- wie versprochen täglich- mal kurz, mal länger.

An der großräumigen Wetterlage hat sich bislang nichts geändert- dem osteuropäischen umfangreichen Bodenhoch stehen weiterhin atlantische Tiefdruckkomplexe gegenüber. Resultierend aus der Lage der Druckgebilde hat sich eine südöstliche Höhenströmung ergeben, die derzeit in Grundschichtniveau mehr und mehr auf östliche Richtungen drehte. Ursache war eine marginale Verschiebung des oben erwähnten Bodenhochs.
Nun, seit den heutigen Frühstunden kommt es nicht mehr zur Feuchteadvektion, sodass sich Nebel und Hochnebel vielerorts gelichtet haben, süddeutsche Niederungen werden sich hingegen weiterhin mit einer dichten Hochnebeldecke " herumplagen" müssen. Feuchteadvektion findet hier nachwievor statt.

Nun, in den anderen Regionen verschärft sich der Druckgradient zwischen Bodenhoch und atlantischen zyklonalen Systemen mehr und mehr- die Folge: ein kräftiger Ostwind, der sich durch Abnahme des Gradienten allerdings bereits morgen nach und nach legen wird. Was gegenwärtig ebenso vorhanden ist, ist Kaltluftadvektion ( trockenkalte bzw kontinentale Luftmasse)- eine typische Strahlungswetterlage. Selbst in westdeutschen Niederungen also ist in den kommenden Nächten durchaus mit leichtem Luftfrost zu rechnen, Bodenfrost ohnehin bereits- bei einem Blick auf die Wetterstation, die derzeit 1.2 °C meldet scheint das plausibel. Küstenabschnitte mit Seewindverhältnissen bleiben davon ausgespart. Mittelfristig scheint sich dieser Trend von antizyklonaler Großwetterlage fortsetzen zu wollen- das Bodenhoch wirkt weiterhin als Blockade und hält sämtliche Frontensysteme atlantischen Ursprungs ab.
In Osteuropa dagegen herrscht des Nachts bereits strenge Kälte, der gegenwärtig leicht deformierte Polarwirbel ist die Ursache... für uns ist dies zunächst noch irrelevant... zunächst.

Und auch heute konnte ich erneut hunderte Wildgänse beobachten, die die Windverhältnisse gegenwärtig nutzen.. bei den Kranichen dürfte das ebenfalls der Fall sein.

Soweit für den Moment, Grüße,
Nisus.
 
Es ist frostigkalt- auch hier im Nordwesten mit frischen -1.4 °C aktuell- wie erwartet. Nun, Werte in dieser Größenordnung werden wir auch in den kommenden Nächten noch haben- die Advektion dieser oben erwähnten Luftmasse bleibt erhalten ( Strahlungswetterlage).
Mittelfristig gilt weiterhin: antizyklonal, nachts frostig..

Und damit gute Nacht allerseits!
 
Moin,

Minimum heute Früh: -3.3 °C, wie erwartet frostigkalt also- nachwievor Advektion der trockenen Luftmasse, der Druckgradient hat wie bereits erwartet abgenommen- mit ihm der böige Ostwind, der die Auskühlung in den Nächten noch gehemmt hat. Nichtsdestotrotz nutzen Zugvögel die derzeitige Wetterlage wie ich hier am Himmel mitbekomme.

Umfangreicheres Update bei Bedarf später..

Sonnigen Gruß in den Samstag,
Nisus.
 
Gut, für uns vorher zwar irrelevant, dennoch: in Nordosteuropa steht ein erster, durchgreifender Wintereinbruch bevor ( eine polare Luftmasse) wird advehiert, da sich an der Nordflanke der blockierenden Antizyklone, die zurzeit für die stabile Witterung bei uns sorgt ein zyklonales System durchzwängt.
In 850 hPa-Basis ( 1500 m Höhe) werden Werte um -10 °C erreicht- bei der entsprechenden Durchmischung sind das Maxima von etwa -1 °C. Das oben genannte Polartiefdrucksystem geht aus dem zurzeit deformierten Polarwirbel hervor und sorgt in Karelien in den kommenden Tagen für kräftige Schneefälle- für uns noch keine Auswirkungen- ein kräftiger Wintereinbruch ist in Mitteleuropa nachwievor nicht in Sicht.
 
An der Großwetterlage hat sich bisweilen nichts geändert, morgen folgt ein weiteres Update.
 
Ich fasse mich heute kurz: - bis einschl. dem Wochenende weiterhin antizyklonal, hochnebelträchtig, daher nur geringer Tagesgang ( Maxima unter Hochnebel kaum < 0 °C- tendenziell in der kommenden Woche endlich wechselhafter- Frontensysteme können uns erreichen. Danach bestehen einige Optionen- winterliche Frostluft aus Nordosten könnte advehiert werden.... warten wir es ab. Die Kontrollläufe haben das Szenario zur kommenden Woche jedenfalls bestätigt.
 
Same procedure auch heute- um die vierhundert Wildgänse rasten hier derzeit im Moor... und sie werden noch bleiben, in der erweiterten Mittelfrist ist nach jetziger Kartenlage ein durchgreifender Wintereinbruch möglich, was passend zu meiner Wintereinschätzung wäre, aber noch ist da nichts sicher, warten wir es ab!
 
Steht eine Umstellung unmittelbar bevor?

Moin allerseits,

nachwievor hält sich hohes Geopotential über Nordosteuropa bei gleichzeitig tiefem Luftdruck nahe Islands ( 952 hPa, Tief in Orkanstärke). Die seit über vier Wochen stabile antizyklonale Großwetterlage liegt also weiterhin vor. Doch bereits seit einigen Tagen wird in der Modellwelt eine rabiate Umstellung angedeutet, die durch ein mittlerweile starkes Shapiro-Keyser- Tiefdruckgebiet. Nun, nach diesen Rechnungen verstärkt sich dieses System auf dem Weg gen. Westeuropa ( durch zunehmende Temperaturdifferenzen in den Vertikalen der höheren Luftschichten).
Laut des bekannten, amerikanischen Modelles GFS würde dieses Tiefdruckgebiet, was letztlich durch günstige Bedingungen entsteht zum Orkantief werden und die charakteristische Zugbahn Skagerrak nehmen. Der Druckgradient innerhalb Mitteleuropas, genauer: Deutschland wäre enorm, 40 hPa auf 400 km. Die Isobarenlinien sind sehr dünn gedrängt- die Folge dieses sehr hohen Gradienten wären orkanartige Böen oder auch Orkanböen innerhalb der Tieflagen- da mit dieser Zugbahn nordwestliche Winde herrschen wäre eine Sturmflut die Folge.

Der Grund warum ich noch den Konjunktiv verwenden muss: diese Rechnungen tauchen erst seit wenigen Tagen auf, Zeitpunkt des Eintreffens wäre erst der kommende Freitag ( also noch mittelfristiger Bereich, daher Unsicherheiten). Bezüglich der Zugbahn ist nichts gegessen, das ganze könnte sich auch an der norwegischen Küste abspielen und nicht bei uns, es könnte natürlich ebenso ein normales herbstliches Sturmtief werden, nicht so ein Extremereignis wie berechnet ( Spitzenböen durch vertikalen Impulstransport ( Untermischung bei Schauern) bei 140 km/h).

Ich denke, dieses Tiefdruckgebiet, egal ob Sturmtief oder Orkantief wird die Großwetterlage gehörig umkrempeln und den wochenlang andauernden Hochdruck erst einmal Geschichte werden lassen... die Frage ist nur, ob sich anschließend die Westwinddrift wieder etabliert oder aber es zu hohem Geopotential über dem Euroatlantik kommen wird- damit eine Meridionalisierung ( nördliche Höhenströmung)- die Folge für uns: reichlich Schnee und anschließende Kälte.

Es sind zwei Optionen gegeben, käme es so... und bezüglich des Sturmtiefs nochmals: noch Konjunktiv, sollte es am Mittwoch noch ähnlich in der Modellwelt präsentiert werden, dann mache ich mir genauere Gedanken.

Die Umstellung der Großwetterlage sehe ich aber als durchaus wahrscheinlich an- es bleibt spannend, ich halte euch auf dem Laufenden. ;-)
 
Es bestehen weiterhin Unsicherheiten bezüglich der Zugbahn und der Intensität des besagten Sturmtiefs- nach jetzigem Stand würde es lediglich in den Gebieten nördlich der Mittelgebirge stürmisch werden, aber nichts wildes, morgen dann gibts ein größeres Update! ;-)
 
Bin sehr gespannt........die Kraniche ziehen in großen Mengen.....da muß etwas kommen!

Gruß
Manfred
 
Hier (zwischen Bremen und Hamburg) wirds in den nächsten Tagen lt. Wettervorhersage wohl etwas wärmer (momentan ist es tagsüber zwischen 2-4C, nachts so um 0C), für Sonntag sind zudem Sturmböen prognostiziert). Kraniche/Gänse hab ich schon seit einigen Tagen nicht mehr gesehen oder gehört. Die letzten die ich sah, waren noch einigermaßen unorganisiert und wechselten mehrfach die Flugrichtung
 
Moin, danke für eure interessanten Antworten.

Krankheitsbedingt konnte ich die letzten Tage leider nicht updaten, nun bin ich allerdings wieder auf dem Damm. Soviel kann ich vorab verraten: die Großwetterlage hat sich leicht umgestellt, vor wenigen Tagen bildete sich östlich von Neufundland ein unscheinbares Tief, was mittlerweile zum Orkantief geworden ist und sich mehr und mehr vertieft ( Druck sinkt mehr und mehr ab). Es befindet sich gegenwärtig über dem Europäischen Nordmeer und weist einen beachtlichen Kerndruck von nur 944 hPa auf. Dessen Frontensysteme griffen heute Vormittag auf Teile Norddeutschlands über, sind aber in der Luftmasse mit geringen Temperaturdifferenzen wenig wetterwirksam, brachten aber immerhin den ersten Niederschlag seit gut fünf Wochen.

Nun, was für Auswirkungen " Xaver", wie das Orkantief genannt wird auf Mitteleuropa bzw speziell die Bundesrepublik hat, kläre ich gegen 18.00 Uhr. ;-)

Bis dahin,
Grüße in den Feierabend!
 
Umstellung der Großwetterlage innerhalb Europas- " Xaver" ist schuld.

Moin allerseits,

wie versprochen komme ich nun zum heutigen Update- Grund genug, die Großwetterlage hat sich in den vergangenen Stunden aus dem wochenlangen Muster heraus umgestellt. Gehen wir nun ins Detail.

Wochenlang herrschte die Großwetterlage Sa. Vom Fachslang übersetzt bedeutet dies " Südost antizyklonal), eine antizyklone Südostlage haben wir bereits seit Mitte Oktober. Hier stellte sich die Großwetterlage von TrM ( Trog Mitteleuropa) eben auf diese Klassifikation um und änderte sich bis zum heutigen Tag nur marginal, wenn überhaupt. Das einzige, was sich verändert hat war die Lage der Antizyklone, die zwischen Russland und dem Balkan variierte.
Dieses osteuropäische Hochdruckgebiet wies bekanntlich eine blockierende Funktion auf, sodass zyklonaler Einfluss in Mitteleuropa und damit Niederschläge ausblieben- einer der trockensten November seit Wetteraufzeichnungen steht ins Haus. Durch die jahreszeitlich bedingte, schwache solare Einstrahlung löste sich in der feuchten Luftmasse Hochnebel oder Nebel kaum auf, sodass es auch tagsüber teils frostigkalt bleiben konnte- die ersten Eistage ( Tage mit Maxima > 0 °C wurden aufgezeichnet).

Nun, nach gut fünf Wochen sollte sich dies ändern. Bereits vor wenigen Tagen war die Umstellung schon auszumachen, nicht vor unserer Haustür, sondern weit draussen auf dem Atlantischen Ozean. Durch günstige Lage unterhalb des Polarfrontjetstreams bildete sich hier östlich von Neufundland ein schwaches Tiefdrucksystem, welches sich quasi gekoppelt an den Jetstream Richtung Westeuropa bewegte. Das System vertiefte sich weiter dank der hohen Temperaturdifferenzen in den Vertikalen- insbesondere die Kaltluftmasse über Grönland war förderlich.
Aktuell, am Ende des Ausbildungsstadiums weist " Xaver", wie er genannt wird einen beachtlichen Kerndruck von 944 hPa auf, gut, gewisse Vertiefungstendenzen bestehen noch weiterhin, denn noch befindet sich das Orkantief vor der norwegischen Küste.
Zwar ist es für uns weniger relevant, aber es war die " Aktivierungsenergie" für die Westwinddrift, die nun wieder aufgelebt ist. In dieser Westwinddrift stehen die zyklonalen Systeme jetzt Schlange, eines von ihnen wird auch für Südskandinavien und Norddeutschland Relevanz zeigen.
Und genau dieses Sturmtief befindet sich zurzeit noch nördlich Irlands- seine Entstehungsgeschichte ist eine ähnliche. Durch die ungünstigere Lage unter dem rechten Auszug des Polarfrontjetstreams allerdings verlief die Entwicklung nicht ganz so rosig wie bei " Xaver", sodass das besagte System nur 970 hPa erreichen wird. Nichtsdestoweniger, der Gradient zwischen diesem Sturmtief und dem südosteuropäischen Hochdrucksystem ist hoch.
Die Regel: " Je dichter, die Isobarendrängung, desto höher die Windgeschwindigkeit" ist zu befolgen. Unter Isobaren versteht man übrigens die Linien, die auf Wetterkarten Positionen mit dem selben Luftdruck verbinden.

Das Frontensystem des Sturmtiefs, welches noch bei Irland liegt und sich weiter intensiviert hat uns bereits überquert, bzw eher den Norden Deutschlands. In Süddeutschland ist von der auflebenden Westwinddrift nur in den höheren Luftschichten etwas zu spüren, bodennah hält sich weiterhin Nebel- aufgrund der geringeren Distanz zur südeuropäischen Antizyklone. Durch das angesprochene Frontensystem gab es den ersten Niederschlag seit mehreren Wochen, die Trockenheit ist nichtsdestoweniger kaum beendet. Ersten Einfluss auf unsere Witterung zeigt das Sturmtief bereits jetzt- eben durch auffrischenden Wind. Primär bemerkbar machen wird es sich allerdings erst morgen und vor allem in der Nacht zum Sonntag und am Sonntag an sich. Sonntagmorgen erreicht es den Skagerrak und sorgt hier für Orkanböen- in Südskandinavien werden also nach jetzigem Stand etliche Festmeter Holz fallen. Der vertikale Impulstransport ( Untermischung des Höhenwindes bei konvektiven Ereignissen ( Schauern) bis in die bodennahe Luftschicht).
In Norddeutschland wird man nicht ganz so viel merken, nichtsdestotrotz: an den Küsten, sowohl Nord- als auch Ostsee besteht die Gefahr orkanartiger Böen ( BFT 11), auf exponierten Insellagen sind Orkanböen nicht ganz ausgeschlossen. Weiter im Binnenland, genauer: im Norddeutschen Tiefland rechne ich mit Böen in Sturmstärke, prädestiniert dafür ist die Nacht zum Sonntag und auch der Sonntagvormittag. Vorher, gemeint ist der Samstag werden sich die Böen hier auf etwa 6 BFT belaufen, an der Küste sind bereits dann Böen in Sturmstärke wahrscheinlich.

Da die Frontensysteme aufgrund der geringen Temperaturdifferenzen wenig wetterwirksam sind, ist mit keinem bzw wenn überhaupt geringem Niederschlag zu rechnen.

Fassen wir also im Fazit zusammen:

- die Westwinddrift lebt auf, die Tiefdruckgebiete folgen wie am Schnürchen.
- die Sturmtiefentwicklung ( südlichere als Xaver), die derzeit bei Irland liegt verlagert sich nach dem " Jütland-Typ" ostwärts und erreicht Sonntagvormittag den Skagerrak.
- im Norddeutschen Tiefland ( das nördliche NRW betrifft dies ebenfalls) sind Böen in Sturmstärke wahrscheinlich ( 9 BFT), vor allem im Zeitraum später Samstagabend- Sonntagmittag.
- an Nord- sowie Ostseeküste schwere Sturmböen und teils orkanartige Böen möglich, eine leichte Sturmflut ist nicht ganz auszuschließen, aber unwahrscheinlicher, da unpassende Windrichtung. Auf bestimmten Insellagen will ich Orkanböen nicht ausschließen.

Gegen Sonntagabend beginnt sich, das besagte Sturmtief wieder aufzufüllen ( der Gradient fächert auf), die Windgeschwindigkeiten, sowohl am Boden als auch in 925 hPa-Basis ( in 2500 m Höhe) nehmen ab. Voraussichtlich setzt sich dann leichter antizyklonaler Einfluss durch, dazu aber dann bei Bedarf mehr.

Also dann,
Grüße in das Wochenende, bald mit folgenden Updates. Bei Fragen fragen.

Accipiter nisus.
 
Das Orkantief der nördlicheren Bahn, Xaver, führt hochlabile Luftmassen mit sich, sodass es in Norwegen verbreitet zu Wintergewittern kommt ( prädestiniert sind Küstenabschnitte am Skagerrak). Aber auch durch herbstliche Konvektion treten an der holsteinischen Nordseeküste zurzeit Kaltluftgewitter auf- mit teils markanten Begleiterscheinungen.
Der Abendlauf des amerikanischen Modells übrigens schlägt andere Seiten auf: - Südost antizyklonal wird verworfen, stattdessen: TrM ( Trog Mitteleuropa)- die Westwinddrift wird uns wahrscheinlich noch mehrere Tage beschäftigen.
Mal schauen, inwiefern das von weiteren Läufen gestützt wird.

Alles weitere zur bevorstehenden Sturmlage siehe Beitrag oben.

Grüße und gute Nacht,
Nisus.
 
Thema: Wetterprognose und deren Relevanz für den Vogelzug

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