Zumindest für die ferne Zukunft der Tierhaltung bestehen keine guten Perspektiven, und auch in absehbarer Zeit dürften einige schwarze Wolken aufziehen. Warum?
Als Anfang dieses Jahrtausends von der damaligen, rot-grünen Bundesregierung der Tierschutz im Grundgesetz verankert wurde, war mir klar: Das ist der Anfang vom Ende ...
Allerdings benötigen in unserer Gesellschaft durchgreifende Veränderungen eben ihre Zeit, bisweilen Generationen (siehe z.B. Sozial- oder Energiepolitik). Deswegen geht das auch mit dem Verbot der Tierhaltung nicht so schnell. Es ist eher ein prozesshaftes Geschehen: Erst werden gefährliche Tiere (über-)reglementiert (und so bisweilen faktisch verboten), dann werden sie tatsächlich explizit verboten, das geht dann weiter über Zirkustiere, Wildtiere, Exoten (mit weitem Definitionsspielraum) usw. Irgendwann sind dann Hunde und Katzen dran, langfristig auch die gesamte Nutztierhaltung - in 10, 20 oder noch mehr Jahren?
Als Tiere noch eine bloße Sache waren, war die Situation rechtlich ziemlich einfach. Allenfalls Artenschutzaspekte und sehr rudimentäre Aspekte des Tierschutzes („Tierquälerei“ mit hohem Interpretationsspielraum) waren rechtssicher zu berücksichtigen.
Das hat sich deutlich verschärft. Die Rechtsposition des Tieres wurde deutlich gestärkt. Damit ist die Rechtsgüterabwägung eine andere. Allein schon der Begriff „artgerecht“ ist derart streitbehaftet, dass es dafür schwerlich eine endgültige Lösung geben kann - es sei denn die des Verbotes. Ein Haltungsverbot löst diesen Streit rechtssicher und konsequent. Wenn man hier die vielen unterschiedlichen Ansichten liest, dann ist dies in der Tat die naheliegendste Variante, um das Ganze aufzulösen. Der Aufschrei ist erst mal groß. In ein paar Jahren redet keiner mehr darüber!
Auf der einen Seite stehen Dinge wie die Freiheit des Einzelnen bzgl. seiner Lebensgestaltung oder die freie Berufswahl (Züchter!). Indes gibt es kein Recht auf „Spaß“ oder ein bestimmtes Hobby. Welchen Sinn und eine wie starke Rechtsposition hat z.B. die Haltung von soundsoviel Dutzend Vögeln in einer Außenvoliere? Just for fun? (Nebenbei: Ähnliche Fragen kann man stellen - und sie werden immer mehr gestellt! - für Hobbyschützen, Mountainbike fahren im Wald, Baden in Naturgewässern, Boot fahren in Naturgewässern, Auto fahren allgemein usw. usf.).
Der Graupapagei für Oma Schmidt in der Wohnstube hat hingegen vielleicht sogar eine soziale und therapeutische Funktion, die höher einzuschätzen ist, als das rein hobbygelenkte, aber „artgerechte“ Halten von Tieren. Alles nicht so einfach - wie löst man so etwas auf?
Die Freiheit kann zudem jederzeit eingeschränkt werden, wenn die Rechte anderer tangiert werden:
... auf Unversehrtheit, Gesundheit, freie Lebensgestaltung,
... eben die Rechte der Tiere selbst,
... zunehmend auch gesellschaftliche Aspekte: Neben Sicherheits- und Gesundheitserwägungen zunehmend ökologische und energetische Punkte.
Summiert man bereits heute die Vor- und Nachteile vor dem Hintergrund des heutigen Sicherheits- und Gesundheitswahns und Anspruchsdenkens, sieht es schon jetzt nicht gut für die Tiere aus. Nicht nur dass die artgerechte Haltung, ernsthaft hinterfragt, für den überwiegenden Teil der Halter eine mit vernünftigem Aufwand kaum zu schaffende Hürde darstellt, die Umwelt und die Mitmenschen müssen erheblich zurückstecken:
- Dreck (Hunde!) und Lärm
- Sicherheitsprobleme (Hunde, gefährliche Reptilien u.a.)
- Gesundheitsaspekte (seid froh, dass das nicht systematisch untersucht wird; hier schlummern mehr Probleme als viele wahrhaben wollen ...)
- Zunehmend auch ökologische Aspekte: Gerade die artgerechte Haltung auf entsprechend großem Raum verlangt eben entsprechende Flächen, Energie (!), und auch die Futterproblematik ist nicht vernachlässigbar (was z.B. alle Hunde und Katzen so an Fleisch benötigen, ist durchaus bedeutsam für die Ökobilanz). Wenn heute Haushalte durch extremen Energieverbrauch auffallen, dann sind es solche mit Haschplantagen im Keller oder Hardcore-Reptilienhalter mit zig Terrarien ...
Früher hat man das alles unter Petitessen und „freie Lebensgestaltung“ abgetan. In einer enger werdenden Welt, die zunehmend an die Grenzen ihrer Ressourcen stößt, wird all dies Stück für Stück thematisiert werden. Wurden früher für ein Einfamilienhaus 5000 Liter Heizöl im Jahr verfeuert und das Familienauto brauchte 12 Liter / 100 km, da war das alles ziemlich egal. Werden die Menschen künftig in Passivhäusern leben und wird der Wagen nur noch einen Bruchteil Energie von heute brauchen, wird sich der Blick zwangsläufig auf andere Energie- und Ressourcenfresser richten. Das sind dann u.a. die Tiere, wobei die Nutztierhaltung noch einmal ein ganzes Stück kritischer zu sehen ist.
Vergessen wir nicht die Lobbygruppen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Heimtierhaltung ist relativ gering. Die Unterhaltungsindustrie ist weit mächtiger. Wenn Microsoft, Electronic Arts, Apple, Samsung und Co., aber auch Mattel etc. (Spielzeuge!) clever sind, dann unterstützen sie die Tierschützer massiv. Es wäre zu ihrem Vorteil. Irgendwie müssen die Leute ja ihre Freizeit verbringen.
Irgendwann (gar nicht soo weit weg ...) wird die Generation intelligenter, künstlicher Haustiere marktreif sein, unabhängig von Akkus, wie wir das heute noch kennen (Furby, Pleo etc.). Sie werden organisches Spezialfutter (welch ein Umsatzpotenzial!) aufnehmen und in Mikro-Reaktoren (z.B. Brennstoffzellen) zu Energie umsetzen. Wenn ich mir die Fortschritte da anschaue - das wird wirklich spannend! Und das Ertragspotenzial - traumhaft! Keiner wird sich mehr nach den heutigen Tieren zurücksehnen, jedenfalls nicht in der Wohnstube. Das wird so out sein wie Rauchen vielfach schon heute. Zudem verändern sich einfach die Menschen: Die nachwachsenden Generationen setzen andere Schwerpunkte als wir. Und da nimmt die Elektronik viel breiteren Raum ein ...
Die Nutztierhaltung wird durch Zellkulturen abgelöst - einfach aus energetischen und ökologischen Gründen (begrenzte Böden, Wasser etc., Treibhausproblematik, Gesundheitsaspekte ...). Auch dies erscheint langfristig wahrscheinlich und wünschenswert.
Zeithorizont für die „schöne neue Welt“: Ich schätze ab etwa ab 2030 ...
Soweit mal ein paar Gedanken. Wie gesagt: Ziemlich viel Gegenwind für die Tierhaltung - die Entwicklungslinien sprechen einfach (langfristig!) dagegen ...
Ist das schlimm? Ich denke, nein. Dinge verändern sich einfach. Was wurde früher alles noch gemacht, was heute undenkbar wäre (Umweltsünden, gesellschaftliche Dinge und vieles mehr)? Weint dem heute noch jemand nach? Na also ...