Wir reden ja nicht automatisch von Lebendfütterung. Es gibt durchaus auch Beutegreifer, die tot annehmen.
Allerdings entzieht man Ihnen dann das Ausleben des Verhaltensprogrammes der Jagd.
Und ob das artgerecht sein kann oder nicht, darf man ruhig kontrovers diskutieren - zu Recht.
Wie gesagt, ich verfüttere selber keine Vögel, da ich keine entsprechenden Nahrungsspezialisten halte. Nur deshalb also zwar - aber ich halte die unter anderem auch darum nicht, weil ich tatsächlich emotionale Probleme damit habe, sorgfältig aufgezogenen Vögel dann routinemäßig zu verfüttern. Aber das hat nichts mit Ethik, sondern schlicht mit nicht rationaler Sentimentalität meinerseits zu tun. Und selbst bei den Reptilien tue ich mich schwer, doch halte ich ein verfüttern für weitaus sinnvoller als eine Abgabe in Hände, die keine artgerechte Pflege verheissen. Nichtsdestotrotz versuche ich ich das und habe meine Nachzuchtmengen auch so reduziert, dass ich meine, dem Bedarf durch verantwortungsvolle Pfleger zu entsprechen. Aber in manchen Jahren liege ich arg daneben und viele Jungtiere bleiben sitzen oder es tauchen etliche Nachzuchten aus übersehenen Gelegen irgendwo auf. Damit muss man dann umgehen- und Verfüttern ist eine sinnvolle Lösung.
Zusätzlich halt eich eine Geckoart, deren reichlicher Nachwuchs tatsächlich vor allem als Futter für eine kleine Schlangenart, die gerne winzige Reptilien frisst, dient.
Aber ich schildere mal, wie das Verfüttern von Geckos bei mir aussieht: Die Eltern der Futtergeckos leben - natürlich-in artgerecht gestalteten Terrarien, die potentiellen Beutegreifer ebenfalls. Auch achte ich darauf, dass klimatische Ansprüche von Beutegreifer und Beute zueinander passen. Setze ich also Geckos als Futter in ein Terrarium, finden sie da alles, was sie brauchen. Dass da auch Beutegreifer vorhanden sind, wissen die Geckos ja nicht.
Die meisten werden dann in der Tat bald gefressen. Manche aber überleben über Monate, einige vermehren sich sogar im Terrarium der Beutegreifer.
Ich verfüttere nur, wenn der Größenunterschied zwischen Beute und Räuber groß ist. Töten und Fressen erfolgt dann sehr rasch, aber es ist im dicht bepflanzten Terrarium durchaus nicht einfach für den Jäger, die Beute auch zu finden- Das ist Enrichment für den Beutegreifer und eine Chance für die Beute. So kommt es zB dazu, dass in meinem großen Paludarium Jungferngeckos überleben und sich vermehren, obwohl sie eigentlich als Futter eingebracht wurden. Die Überlebenden führen dort letztlich sogar sicher ein besseres Leben als Artgenossen, die in 80 cm Terrarien sorgsam gepäppelt werden.
Was ist daran verwerflich?
Würde ich einen Zebrafink dort freilassen - was ich wie gesagt nicht tue, da es nicht nötig ist- würde er sich im Geäst tummeln und alles finden, was ein Vogel so braucht. Bis ihn ein sich unbemerkt anpirschender Waran mit einem Happs verschlingt. Das ist absolut artgerecht - für beide Parteien. Da meine Warane keine Wirbeltiernahrung brauchen, bekommen sie keine. Aber Pfleger von Schlangen, die zB auf Vogelnahrung spezialisiert sind und Vögel im Flug aus der Luft schlagen, sollten ihren Pfleglingen im Sinne einer artgerechten Haltung genau das ermöglichen. Auch wenn der Tötungsprozess dem Laien grausam erscheinen mag, hätte selbst so ein Futtervogel in der Hand verantowrtungsvoller Halter - und solche gibt es-- ein artgemäßeres Leben und eine "humaneren Tod" als nahezu alle Haustiere, die in Form von Wurst oder Schnitzel auf Euren Tischen landen. Ja, es ginge ihnen auch weitaus besser als den allermeisten Tieren, die euch Käse, Milch und Eier auf den Tisch bringen.
Warum das eine OK, das andere aber ethisch verwerflich sein soll, entzieht sich meinem Verständnis und ich sehe nichts weiter als unreflektierte Doppelmoral bei dem, der genüßlich sein Käsebrot kaut und dabei über den wettert, der einen beseelten Zebrafink einem natürlichen effizienten Beutegreifer verfüttert.