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Lurch
Lurch
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Hallo Lurch,
Ich habe da nicht so viel Einblick aus erster Hand. Kenne bis jetzt keinen Züchter persönlich - es ist hier bei uns nicht so verbreitet. Ja klar, man muss immer gucken, wie der Einzelne drauf ist.
Mich würde interessieren, falls Du es mir sagen willst, wie viele Tauben prozentual so ungefähr bei Dir nicht zurückkommen. Hängt ja sicher auch von der Entfernung ab.
Ich sehe halt immer nur die vielen gestrandeten. Wir atmen immer auf, wenn die Saison zu Ende ist, weil es echt krass ist, wie viele bei uns als Verein von Findern gemeldet werden, die man dann alle abholen, aufnehmen und versorgen muss. Ich glaube, diese Seite der Medaille sehen viele Züchter wiederum gar nicht so. Einer sagte mal: manche kommen auch nicht zurück - naja, der Habicht will ja auch was fressen. Aber es ist eben doch oft nicht der Habicht, sondern sie liegen irgendwo entkräftet oder verunglückt herum. Und dazu die, die man eben auf den Straßen herumlaufen sieht. Weil wir die auch langfristig beobachten (nach kranken usw.), sehen wir, wie lange die bleiben - oft Monate. Bei uns sind es hauptsächlich polnische, wo sicherlich auch die Ansichten und Haltungsstandards noch andere sind als in Deutschland.
Ich könnte meinen Tauben, die ich liebe, gar nicht so ein Risiko absichtlich aufladen. Wenn sie fliegen wollen, können sie ja von zu Hause aus ne Runde fliegen. Das reicht mir völlig aus, ihnen dabei zuzusehen.
Wir haben übrigens einen jungen Mann im Verein, der vom Brieftaubenzüchter zum Stadttaubenhelfer mutiert ist. Der hat jetzt über 100 Fundtauben bei sich, oft welche, die kleine Behinderungen haben und geschützte Unterbringung brauchen. Er trauert seinem Sport nicht nach. Aber es gibt ja wohl auch Züchter, die Fundtauben aufnehmen.
Ich freu mich über jeden, ob Züchter, Halter oder sonstwas, der im Umgang mit den Tieren seinem Herzen folgt!
Hallo Thea,
ich beantworte dir die Frage nach meinen Verlusten gerne, trotzdem man daraus keine Hochrechnung erstellen kann, wie viele Tauben insgesamt abhanden kommen.
Fakt ist, dass die meisten Verluste auf den ersten kürzeren Flügen passieren. Dazu kann ich ein paar Gründe anführen. Der erste Grund sind die Greifvögel. Wir können die Tauben ab September bis Mitte April des nächsten Jahres keinen Freiflug geben. Ich habe es einmal versucht, das Ergebnis, das Sperberweibchen hat sich jeden Tag eine Taube geholt. Deswegen sind die Tauben im Frühjahr (der erste Wettflug beginnt Ende April) untrainiert, bei falscher Winterhaltung zu fett und die im vorherigem Sommer gezogenen Jungtiere haben als dann jährige noch keine Erfahrungen mit Greifvögeln gemacht. Wenn der Freiflug im Winter noch möglich wäre, würde die Verlustrate durch Greifvögel sehr viel geringer ausfallen.
Tauben, die die ersten Wettflüge überstanden haben (Entfernungen etwa 100 bis 300 Km) verlieren wir seltener. Auf den weiteren Entfernung (bis 600Km haben sie ein gutes Körpergewicht und sind durchtrainiert. Deswegen sind die Verluste dann geringer. Wenn doch, und das ist auch nicht auszuschließen, sind es in der Mehrzahl Verletzungen durch z. B. Windräder, durch Hochspannungsleitungen und man glaubt es kaum, auch durch Abschuss. Gerade die Windräder sind für unsere Tauben ein großes Hindernis. Wenn sie gestartet werden, und das sind nicht selten mehrere tausend Tauben, fliegen diese die ersten 100 KM in einem Schwarm, bevor der sich nach Heimkehrwille, Orientierungsfähigkeit und Wettflugform der einzelnen Tauben auflöst. Und von diesen am Anfang mehrere tausend Tauben haben, wenn sie Richtung Windräder fliegen, nur die an der Spitze fliegenden eine reelle Chance. Alles was dahinter fliegt, sieht diese sich drehende Flügel zu spät, und dann entscheidet das Glück über den weiteren Flug.
Zu meinen Verlusten, und zu Verlusten allgemein können mehrere Gründe genannt werden. Den erste Grund habe ich schon genannt, das Glück der Taube. Aber es ist auch die Qualität, körperlich und orientierungsmäßig, ein wichtiger Faktor. Wenn nicht sogar der größte Faktor. Oder man kann es auch anders sagen, die Zucht der Tauben.
Ich z. B. züchte nur aus Paaren, die wirklich ihre Qualität auf den Flügen schon bewiesen haben, und dieses an ihren Nachwuchs weiter vererben. Am Ende sieht es bei mir so aus, am Anfang der Reisesaison setze ich zwischen 30 bis 40 Tauben für einen Wettflug ein, nach Halbzeit bleiben etwa ein Drittel bis zur Hälfte der Tauben zu Hause, weil sie sich auf den Fügen schwer getan haben. Diese werden dann als Ammenpaare eingesetzt. Die anderen werden bis zum letzten Flug eingesetzt.
Über das Jahr gesehen, verliere ich von den anfänglich 40 Tauben etwa 4 bis 6 Tauben. Dabei sind aber Tiere, die in einem anderen Schlag zugeflogen sind, und die ich dem Besitzer nach Wunsch und Absprache überlasse. Ich muss aber auch gestehen, ich betreibe dieses Hobby seit meinem 13. Lebensjahr. Und da sammeln sich Erfahrungen an, die sich auf die Verlustrate u.a. auch auswirken. Bei einem Anfänger sieht die Sache schon etwas anders aus. Aber, und da freuen sich nicht nur du Thea, Anfänger gibt es kaum noch welche. Der Nachwuchs bleibt total aus, so dass man sagen kann, Brieftaubensport ist ein aussterbendes Hobby.
Gruß Lurch