Ich denke, es hängt immer davon ab, wie man einen Vogel abträgt. Man kann den kleinsten und vermeintlich ungefährlichsten Vogel zu einer wahren Killermaschine machen und der größte, gefährlichste Vogel kann sicherlich zu einem freundlichen Zeitgenossen werden.
Ich helfe einer Falknerin, die seit einer Weile einen jungen Gänsegeier hat. Dieser ist die ersten Tage per Hand aufgezogen worden, bis die "kritische Phase" vorbei war und hat dann das nächste halbe Jahr seines Lebens in einer Voliere mit anderen Geiern (Alttieren und Jungtieren) verbracht. Anschließend ist er bei meiner Freundin eingezogen. Das Training geht wirklich sehr langsam vonstatten. Zunächst wurde dem Gänsegeier eine Eingewöhnungsphase vergönnt, er wurde die ersten Tage in Ruhe gelassen (bis auf die Füttern, diese erfolgte immer über den Handschuh) und konnte sich so alles in Ruhe anschauen. Dann ging es mit zwei Mann in die Voliere, dem Vogel wurde beigebracht auf einem Block sitzen zu bleiben, bis beide Falkner in Position sind. Dann flog er von Block zu Block und erhielt entweder auf dem Block oder aber aus dem Handschuh sein Futter. Gleiches Spiel beim Verlassen der Voliere: Der Vogel musste wieder auf seinen Block (damit er nicht hinterherspringt, in Beine zwicken kann oder sonstiges). Als nächstes wurde dem Geier eine Lockschnur am Geschüh befestigt und er wurde aus der Voliere geführt. Hierzu wurde er zu Beginn mit Futter im Handschuh dazu animiert, durch die Volierentüre zu laufen. Später wurde Futter an verschiedene Stellen auf dem Boden geworfen, sodass er größere Sprünge machen musste. Den Tag verbrachte er dann außerhalb der Voliere an einem Block befestigt, um weitere Reize kennenzulernen.
Das klappt mittlerweile ganz gut. Er knabbert ein bisschen am Handschuh, wenn man die Lockschnur am Geschüh befestigt, allerdings nur am Nachmittag und nicht am Morgen, denn da weiß er, dass es bald Futter gibt und wird etwas ungeduldig. Ansonsten kann man direkt neben ihm gehen und ihn ohne Probleme aus dem Handschuh füttern. Bisher scheint sie alles richtig mit dem Gänsegeier zu machen, das Tier ist nicht aggressiv und die Fortschritte sind deutlich erkennbar. Ich kann gerne in ein paar Monaten nochmal berichten, wie es weiter geklappt hat.
Viele Grüße!