Rebhühner hinterm Haus und der Artenschutz

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Billy

Billy

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Hallo, da andere Rebhuhn-Themen schon sehr veraltet sind fange ich lieber mal ein neues Thema an.
Eigentlich bin ich ja Graupapagei-Halter, aber man wächst ja bekanntlich mit den Herausforderungen :-)

Also, bei uns hinter der Firma sind zwei große Wiesen, mittenduch geht eine mäßig befahrene Straße (Industriegebiet). Die 2 Wiesen sind als Bauland ausgeschrieben. Ob sie verkauft sind kann ich nicht genau sagen.
Jedenfalls hab ich seit einigen Monaten Rebhühner am Zaun von meinem Grundstück gesehen. Mittlerweile hab ich 19 Tiere zählen können. Hab mich dann mal mit dem Thema Rebhühner beschäftigt und festgestellt, dass diese Tierchen streng geschützt sind, quasi fast ausgestorben in Deutschland. In der Schweiz sind sie schon offiziell als ausgestorben gemeldet. Die hier zuständigen Landkreise haben schon ein Projekt zum Schutz des Rebhuhns gestartet, bei dem die Landwirte freiwillig Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Ein Gemisch aus wenig bewachsenen Schwarzbrachen und stark bewachsenen Wiesen. Also hab ich mir den Rasenmäher geschnappt und hab an meinem Zaun entlang einen 5m breiten und ca 50m langen Streifen freigemäht, der auch jetzt so bleiben soll...
Und siehe da, die Rebhühner kommen dort mehrmals täglich hin, um Sonne zu tanken und Staubbäder zu nehmen. Die Küken von damals sind mittlerweile schon fast so groß geworden wie die Eltern. Sind mir gegenüber auch nicht ängstlich, nur der Hahn bringt Unruhe rein wenn er mich sieht. Ich hab auch schon etwas Vogelfutter hingestreut und die Tiere kommen es täglich futtern, wenn die Spatzen nicht schneller waren. Es sind wirklich sehr schöne Tiere, das ist mir früher nie bewusst gewesen. Ich hab aus meinem Zaun gestern eine strebe rausgeknipst, und heute mittag sitzt doch glatt die ganze Gang auf meinem frisch gemähten Rasen in meinem Garten und sonnt sich, während einige im Schatten der Hecke chillen.

Naja soviel dazu... Jetzt ist mir aber aufgefallen, dass sie mehrmals täglich in einer Kette die Straße überqueren um auf Nachbars Wiese zu gelangen. Das gefällt mir gar nicht, denn ich hab Angst dass sie überfahren werden..

Ebenfalls hab ich Angst das eines Tages Bagger anrücken, und alles inclusive Rebhühner in den Boden stampfen.
Was kann ich machen?
Hab schon beim Amt Meldung gemacht, aber der zuständige Mann, der auch mit am Projekt rebhuhn mitgewirkt hat, der freut sich nur über die Rebhühner, das wars. Er sagte mir dass die Gemeinde das letzte Wort hat, und er sich nicht komplett einen Kampf liefern kann. Die Gemeinde, so wie man sie hier kennt wird sich einen Teufel um die Rebhühner kümmern, denn die wartet schon seit Jahren auf einen dicken Fisch, der dort baut und fleißig Gewerbesteuer zahlt. Kenne einige kleinere Betriebe, incl mich selbst die damals am Grundstück interessiert waren, aber abgewimmelt wurden.

Was meint ihr?
Ist das Schicksal der Rebhühner schon besiegelt? Denn das sind die einzigsten beiden Wiesen die es noch in diesem Gewerbegebiet gibt, sonst nur Ackerland von Großbauern.
 
Warte einfach noch ein Weilchen, dann werden es die freilaufenden Stubentiger schon richten.
 
Vielleicht kannst Du an die Öffentlichkeit gehen. Zeitung usw. Oder mal die "Grünen" hinzu ziehen.
 
Hat aber den Nachteil, das alle möglichen Leute nachsehen kommen, um einen Blick auf die Vögel zu werfen, was dann vielleicht so viel Unruhe schafft, daß die Tiere sich eine ruhigere Umgebung suchen.
Sollte dort oder in der Nähe gebaut werden, werden sie sowieso verschwinden.
Gruß
 
Ich will mal so sagen: Das Rebhuhn ist in Deutschland selten geworden (häufig wurde es allerdings nur durch das Wirken des Menschen, ursprünglich war es sicherlich alles andere als häufig). Die Art an sich ist jedoch nicht gefährdet. Insofern wird man da nichts erreichen können, zumal die Abwägung der Wichtigkeit sicherlich gegen die Rebhühner ausfallen würde.

VG
Pere ;)
 
Ja das wäre echt schade. Ich hab jetzt vom zuständigen RP bzw untere Naturschutzbehörde (also da wo ich auch Graupapageien melden muss) die Schilder bekommen, die sie damals auf den Feldern aufgestellt haben. Die hab ich mir ausgedruckt und einlaminiert. Die werde ich jetzt vorne am Gehweg aufstellen, denn darauf steht auch dass man die Tiere nicht stören sollte. Hab vorgestern gesehen wie ein nicht angeleinter Hund plötzlich ins Feld geflitzt ist, die Besitzer direkt hinterher. Und als sie zurück kamen, war der Hund angeleint. Mehr kann ich momentan nicht tun. Ich hab auch mit dem Chef der Nachbarfirma gesprochen. Der sagte, dass die Rebhühner auch manchmal bei denen auf der Wiese sind, obwohl das Gelände abgezäunt ist. Er findet das auch super und wäre froh wenn dort ein Rebhuhnschutzgebiet entstehen würde, anstatt neuer Gebäude. Naja was soll man machen? Kämpfen kämpfen und nochmals kämpfen. Heute waren die Rebhühner wieder bei mir im Garten und haben sich mit dem Rasensprinkler vergnügt. Auffliegen tun sie nicht wenn ich komme, aber sie ducken sich und hoffen dass ich sie nicht sehe
 
Genau. Dafür kämpfen. Wenn es Ernst wird auch mit Unterschriftenaktionen. Man muss es wenigstens versuchen. Sie fühlen sich da sichtbar wohl.
 
Hi, es gibt gute Nachrichten.
Morgen kommt ein Journalist der Zeitung! Vielleicht ist der Weg in die Öffentlichkeit der beste Schutz!
Anbei noch ein paar schöne Bilder die ich aus meinem Fenster geknipst habe!
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Klasse. Wie die sich zusammenkuscheln?Wäre mir im Moment ja etwas warm. Ich drücke die Daumen, das etwas bewirkt werden kann.
 
Die scheinen sich ja dort richtig wohl zu fühlen. Wünsche dir viel Erfolg.
 
Ja die kuscheln auch in der prallen Sonne. Sie sind zwar scheu, aber fliegen nicht auf sondern verlassen gackernd den Garten durch das Loch im Zaun. Und die Wiese ist total ausgetrocknet, deswegen ist das Wasser absolut notwendig. Mein Nachbar hat draußen schon eine künstliche Pfütze angelegt. Aber die Hühner sind lieber bei mir im Garten. Eigentlich die Hälfte vom Tag. Ansonsten streifen sie in den Wiesen oder der Nachbarschaft umher.
 
Das ist ja echt phantastisch. Ich drücke dir die Daumen, dass das was wird.

@Peregrinus Ja, in Osteuropa gibt es noch deutlich mehr Rebhühner, aber in D ist die Art schon vom Aussterben bedroht und die Schutzprojekte und vielerorts Sperrung der Jagdzeit kommt nicht von ungefähr. Sie sind zumal Indikator für intakte Wildwiesen, von daher wird sich da außer dem Rebhuhn sicher noch die ein oder andere schützenswerte Art finden.
 
@Peregrinus Ja, in Osteuropa gibt es noch deutlich mehr Rebhühner, aber in D ist die Art schon vom Aussterben bedroht und die Schutzprojekte und vielerorts Sperrung der Jagdzeit kommt nicht von ungefähr. Sie sind zumal Indikator für intakte Wildwiesen, von daher wird sich da außer dem Rebhuhn sicher noch die ein oder andere schützenswerte Art finden.
Alles eine Frage der Definition: Ich finds irgendwie immer etwas skuril, wenn vom "Aussterben in einem bestimmten (politischen) Gebiet" gesprochen wird. Entweder, eine Art ist als solche vom Aussterben bedroht, d. h. es besteht die Gefahr, dass die Tiere für immer verschwinden, oder sie ist es nicht. Beim Rebhuhn ist es eben nicht so. Die Art ist ungefährdet, verschwindet lediglich in Deutschland oder Mitteleuropa wieder, nachdem sie ursprünglich auch nicht besonders häufig war und nur durch spezielle Nutzungsformen des Menschen zu einem "Massenvogel" wurde. Nach Änderung der Nutzungsform geht der künstlich entstandene Bestand seit Mitte der 1960er Jahre wieder zurück.

Natürlich muss man überlegen, woran das liegt und wenn möglich, gegensteuern. Das Rebhuhn ist ja nur eine von vielen Arten, die stark rückläufig sind. Es ist aber eben nicht das Zurückgehen des Rebhuhns an sich, was problematisch ist, sondern der Umstand, dass das Rebhuhn hier eher als Indikator für "intakte" Wiesen-Ökosysteme zu sehen ist. Es weist uns auf Probleme in der Landwirtschaft hin.

Diese landwirtschaftlichen Probleme bestehen aber nicht nur im Spritzmitteleinsatz. Ich kann es nicht oft genug erwähnen, weil es mich persönlich sehr betrübt: Die einst artenreichen Flächen meiner Heimat wurde durch sukzessive Übernahme der Flächen durch einen Biobetrieb im Laufe von zwei Jahrzehnten zerstört. Bei viermaliger Mahd pro Jahr und gleichzeitigem Eliminieren störender Ackerrand- und Heckenstreifen ist es völlig Wurscht, ob gespritzt wird oder nicht. Bio heißt Leben, aber die Flächen sind inzwischen einfach tot.

VG
Pere ;)
 
Nochmal paar schöne Bilder von gestern
Die künstliche Pfütze ,die mein Nachbar draußen für die Rebhühner gebaut hat wurde endlich angenommen!
Und wie man sehen kann, sie fühlen sich total wohl unter meiner Hecke, liegen sogar auf dem Rücken und chillen!

Der Reporter war da, ich hab ihm noch die Telefonnummer vom örtlichen Rebhuhn-Hegering gegeben. Ich denke er will wirklich einen guten Bericht abliefern,und sich nochmal bei Fachleuten informieren.
Die Leute von dort finden das Engagement super und wollen mir auch noch einen Futtereimer und eine Tränke vorbeibringen.
Außerdem hab ich jetzt immer Profis in Reichweite, sollten mal Probleme auftauchen.
Das ist doch alles ganz gut im Moment. Alle meine Nachbarn, die Presse und der örtliche Rebhuhnschutz engagiert sich mittlerweile für diese kleine Familie.

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Vielleicht ist der Nabu oder WWF noch eine gute Adresse.
Sicher bin ich da aber nicht.
Gruß
Terra
 
Wow, ich beneide dich um den wunderschönen Anblick! Gerne würde ich auch mal Rebhühner so aus der Nähe beobachten können.

Deinen Einsatz für die Vögel bewundere ich sehr und wünsche dir viel Erfolg! :zustimm:
 
Wow, ich beneide dich um den wunderschönen Anblick! Gerne würde ich auch mal Rebhühner so aus der Nähe beobachten können.

Deinen Einsatz für die Vögel bewundere ich sehr und wünsche dir viel Erfolg! :zustimm:


Tja das ist ab heute alles blutige Vergangenheit. Heute morgen sind 2 große Traktoren angerückt, die haben die Rebhuhnwiese innerhalb einer Stunde dem Erdboden gleich gemacht. Ich hoffe die Hühner konnten sich retten, jedenfalls sind sie jetzt heimatlos wenn sie noch am Leben sind. Der Zeitungsartikel und der Kontakt zu den Behörden hat leider nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Aber so ist das in Deutschland. Politiker können immer im Wahlkampf den Artenschutz als Propaganda missbrauchen. Aber sind sie im Amt, dann ist alles scheißegal. Ich habe alle möglichen Ämter und Vereine angeschrieben... Vergebens. Trauriges Ende eines schönen Sommermärchens. Hoffentlich mussten die Rebhühner nicht leiden, wenn sie sich nicht retten konnten. Und hoffentlich hat es dann alle erwischt, denn es waren ja viele junge dabei, die ohne die Eltern eh verloren sind.

Das war jedenfalls das erste und das letzte Mal, dass ich auf die Hilfe von Behörden gehofft habe. Stattdessen wird da jetzt eine große Lagerhalle gebaut.
Danke für eure Beiträge. Ich muss mich erst mal wieder beruhigen.
 

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Es haben alle Rebhühner überlebt. Meine Nachbarn haben die Maschinenführer gewarnt, dass dort Rebhühner drin sind. Die haben ihre Mähtaktik dann geändert.
Zum Schluss haben die Rebhühner dann die Flucht ergriffen. Trotzdem traurig. Jetzt müssen sie ich eine neue Wiese suchen. Viele gibt's nicht mehr.
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Thema: Rebhühner hinterm Haus und der Artenschutz

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