Liebe Vogelfreunde,
erst jetzt bin ich wieder einigermaßen in der Lage, hier weiter zu berichten.
Zu Beginn möchte ich mich sehr herzlich bei
@Evy,
@Schnabler,
@Ernalotte, einfach allen, für Eure Ratschläge bedanken, die ich allesamt gelesen hatte, auch Deine Zeilen, liebe
@SamantaJosefine .
Just an jenem Tag bekam ich zu meiner Sorge um meine geliebte Sonja hinzu sehr beunruhigende Nachrichten von meiner Ärztin, und so muss ich mich zur Abklärung des Befundes einer Operation unterziehen. Bisschen viel harter Tobak auf einmal. Aber dies möchte ich nur am Rande erwähnen zur Erklärung meines langen Schweigens.
Nachdem ich Deinen Text studiert hatte, liebe Samantha Josefine, bemächtigte sich meiner ein schlimmer Zwiespalt: sollte ich meine geliebte Sonja noch dem Stress eines Tierarztbesuchs aussetzen, sie dadurch gefährden und die Zeit die ihr noch bliebe angsterfüllt, mit Vertrauensverlust und friedlos gestalten, oder gäbe es doch noch eine Hoffnung auf Rettung und ich würde mir danach Vorwürfe machen, vielleicht doch nicht alles Menschenmögliche für mein geliebtes, mir anvertrautes Wesen getan zu haben?
Ich hatte schwer mit mir gerungen, aber letztendlich wollte ich doch für und mit ihr kämpfen, sie den Klauen des Todes entreißen. So bekam ich einen kurzfristigen Termin für den 15. April in der vogelkundigen Tierarztpraxis bei München.
So ließ ich sämtliche mögliche Untersuchungen bei meiner armen Sonja vornehmen mit folgendem Ergebnis:
- überraschenderweise lag Sonjas Gewicht mit 24 g absolut in der Norm, aber mit gleichzeitiger völliger Atrophie ihres Brustmuskels (Verkümmerung, Abbau), obwohl sie eine hervorragende und ausdauernde Fliegerin war – das Vogelzimmer ist ja lang genug, um weitere Strecken zurückzulegen. Meiner Verwunderung Ausdruck verleihend meinte die Tierärztin, dass das Gewicht nicht unbedingt etwas aussage; es könne sein, dass etwas in ihrem Bauchraum das Gewicht verursache.
- der Kropfabstrich war negativ
- alles andere wie Federkleid etc. unauffällig, Flügel in Ordnung, keine Entzündungen
- Sonja setzte während der Autofahrt einen weichen, massigen, grünlich hellbraunen Kot ab, Urin unauffällig. Die Tierärztin untersuchte den Kot unter dem Mikroskop: es waren teilweise unverdaute Stückchen darin zu finden, wenige Bakterien und Hefepilze, was aber durchaus im Bereich der Norm sein konnte, so die Veterinärin. Leider deuten unverdaute Nahrungsbestandteile im Kot auf eine Bornavirus-Erkrankung hin.
Die Tierärztin wollte einen Versuch wagen: ich sollte Sonja über die Dauer von 10 Tagen 2 x täglich ein Antibiotikum, ebenso ein Pilzmittel eingeben. Bei Schmerzen sollte ich ihr auch ein Analgetikum in den Schnabel träufeln. Des Weiteren sollte ich ihr Flohsamenpulver übers Futter streuen. Nach 4 Tagen sollten die Medikamente anschlagen, falls Sonjas Krankheit darauf anspräche, am Dienstag, also morgen solle ich zur Kontrolle wieder in die Praxis kommen. Sonja bräuchte ich nicht von den anderen Vögeln separieren, da sie ja wohl alle Träger des Bornavirus wären.
Nun, mit tiefem Schmerz muss ich Euch mitteilen, dass meine geliebte Sonja am Karfreitag, dem 18. April, gegen 14:30 Uhr verstorben ist.


Ich bin unendlich traurig und erschüttert über ihren Verlust. Die Medikation habe ich gewissenhaft und konsequent durchgeführt. Trotz ihrer zunehmenden Schwäche nahm Sonja das Antibiotikum willig an – das Pilzmittel mochte sie allerdings nicht. Ich hatte Hoffnung, und doch ein ungutes Gefühl.
Obwohl sie von Tag zu Tag schwächer wurde und die Atemnot immer deutlicher zunahm, fraß sie weiterhin (vor allem Fenchel), putzte sich und war interessiert am Geschehen. Seit dem Tag des Besuchs bei der Tierärztin konnte Sonja jedoch nicht mehr fliegen. Ich gestaltete ihr eine kleine Futterstation mit Sitzstangen auf einer Ebene beim Fenster und stellte ihr eine Wärmelampe (Elstein-Dunkelstrahler) zur Verfügung. Über einen Ultraschall-Vernebler versuchte ich, die Luftfeuchtigkeit auf mindestens 52 % anzuheben.
Am Freitagmorgen saß Sonja aufgeplustert da, ihre Atemnot war deutlich schlimmer geworden, sie atmete mit geöffnetem Schnabel. Ich gab ihr weiterhin das Antibiotikum und – zum ersten Mal – das Schmerzmittel. Gegen 14:00 Uhr fraß sie noch etwas frisches Keimfutter, doch das Atmen fiel ihr sichtlich schwer, sie würgte mehrfach und taumelte.
Ich wollte gerade in der Praxis der vogelkundigen Tierärzte anrufen, um über einen Hausbesuch zum Einschläfern meiner lieben Vogelmama zu sprechen (die Kosten wären mir in dem Moment egal gewesen, denn ich konnte Sonja nicht so leiden sehen) – doch in diesem Moment rief meine pflegebedürftige Mutter dringend nach mir. Als ich nach rund 30 Minuten zurück ins Vogelzimmer kam, lag Sonja tot in ihrem Bettchen.
Es war ein furchtbarer Anblick für mich – für meine kleine, geliebte Sonja jedoch vermutlich eine Erlösung. Sie war noch warm und schlaff, gestorben war sie wohl kurz zuvor. Ich hob sie vorsichtig auf, wollte mir ihren Bauch ansehen – er war tief dunkelblau verfärbt. Sie starb mit offenem Schnabel, die Augen halb geschlossen.
Sonja war bis zuletzt lebendig, zutraulich, lebensfroh – ihre Erkrankung muss sie lange verborgen haben. Sie flog bis vor kurzem mit großer Ausdauer durch das Zimmer, zeigte stets guten Appetit – besonders liebte sie die Körnerbude-Mischung für Megabakterien, Fenchel und reife Äpfel. Sie döste in den letzten Monaten öfter tagsüber und zog sich abends früher als die anderen zurück. Auch zeigte sie heuer kein Interesse am Nestbau, obwohl sie zuvor eine leidenschaftliche Dauerbrüterin war. Ich hielt sie irrtümlich für 1 Jahr älter und schob die Veränderung ihres Verhaltens auf ihre Lebensjahre – doch erst vor wenigen Tagen entdeckte ich in den Unterlagen vom Tierheim, dass sie erst 2020 geschlüpft war.
Vor etwa zwei Wochen bemerkte ich zum ersten Mal dottergelbe Ausscheidungen unter ihrem Schlafplatz. Ich vermutete, dass dies mit den süßen, mehligen Äpfeln zusammenhängen könnte (leberbelastend) und setzte das Obst für ein paar Tage ab. Die Färbung verschwand, der Kot veränderte sich – und entsprach schließlich dem, wie ihn die Tierärztin untersuchte. Zu diesem Zeitpunkt fraß sie besonders gern Fenchel.
Ich vermute stark, dass Sonja ebenfalls vom Bornavirus betroffen war, mit Symptomen vor allem im Verdauungstrakt. Diese Vermutung bestätigte mir auch die Tierärztin mit dem Hintergrund, dass Sunny, ihr Partnervogel nachweislich am 16.12.2023 an dem Virus verstorben war. Die Atemnot ähnelte auch sehr der ihres Partners. Anders als bei ihm traten jedoch keine neurologischen Symptome auf. Auffällig war aber bei ihr die Muskelatrophie bei gleichzeitig stabilem Gewicht.
Ich frage mich, warum die bei vielen Kanarienhaltern beobachtete Atemnot nicht offiziell zu den möglichen Symptomen der Bornavirus-Infektion zählt – obwohl sie in so vielen Fällen deutlich zu beobachten ist.
Nun habe ich große Sorge um ihre drei Nachkommen, die bei mir leben – ein Hahn und zwei Hennen. Das Vogelzimmer halte ich stets sehr reinlich, die Vögel haben den ganzen Tag Freiflug, Licht durch das Fenster und auch UV- Vogellampen, sie bekommen täglich frisches Futter (Salat, Apfel, Chicorée, Fenchel und Fenchelgrün), teilweise Keimfutter unter hygienischen Bedingungen, verschiedene Kornmischungen von Körnerbude, Corvimin (sparsam, alle 2 Tage), Kolbenhirse, Eifutter, Grit… . Meine Vöglein sind keinem Stress ausgesetzt, meine Wohnung ist eine Nichtraucherwohnung, es gibt keine echten Pflanzen im Vogelzimmer, keine Gefahrenquellen. Ich weiß nicht, was ich noch tun könnte, um das Wohlergehen meiner Vöglein zu sichern. Die Luftfeuchtigkeit liegt derzeit meist nur zwischen 38 und 42 %, es bedarf einer Erhöhung auf 52 - 60 %, woran ich nun gezielt arbeiten werde.
Seit Sonjas Tod sind die drei ungewöhnlich aufgeregt, fressen deutlich weniger, und am Samstag kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Hennen. Alfi, Sonjas Sohn, suchte überall seine Mutter/Gefährtin.
Ich frage mich im Nachhinein, ob ich Sonja durch den Tierarztbesuch und die Medikation womöglich zusätzlichen Schaden durch den Stress zugemutet habe. Ihr Herzchen schlug jedes Mal so heftig vor Angst. Und doch wollte ich alles tun, um ihr Leben zu retten.
Doch leider war alles umsonst- und leider kann man das vorher nicht wissen.
Ich bin untröstlich; Sonja war ein ganz besonderes Wesen, und ihr Verlust trifft mich tief.
Zum Schluss möchte ich noch einige Fragen beantworten, die mir Samantha Josefine stellte:
Das Bornavirus brachte Sunny wohl aus dem Tierheim mit. Es kann sein, dass die ganzen Vögel in der Voliere somit Träger des Bornavirus sind/waren.
Sunny wurde damals im Tierheim abgegeben und stammte aus miserablen Haltungsbedingungen, Sonja war eine abenteuerliche Henne, eine kleine Ausreißerin, die von der Feuerwehr gesichert wurde und ins Tierheim gebracht.
Beide fanden bei mir ein neues Zuhause und bekamen bald darauf 3 Küken als Nachwuchs. Diese sind wohl schon „vom Ei weg“ Virenträger, und bei dem Gedanken daran wird mein Herz ganz schwer.
Leider ist es durch die Sectio erwiesen, dass Sunny am Bornavirus gestorben ist. Sonja habe ich aber bei mir begraben- ich wollte sie nicht auch noch aufschneiden lassen.
Und ich werde gerne Bilder vom Vogelzimmer posten.
Liebe Grüße!
Euer trauriges Vogelmädchen
Das erste Foto zeigt meine Sonja 1 Tag vor ihrem Tod. Danach Bilder vom Vogelzimmer und ein Foto von meinen 4 Lieblingen, aufgenommen vor rund 3 Monaten.