alfriedro
Wildfang
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Die vielen Fragen von verunsicherten Papageienhaltern und die Resignation der wirklichen Fachleute über die gebetsmühlenartigen Wiederholungen ihrer Antworten, Ratschläge und Tipps, die Hinweise auf Biologisches etc., begleitet von Gängelei von Geschäftsleuten und Anfeindungen spezieller Lobbyisten haben mich angeregt, darüber nachzudenken, was die Papageienhalter eigentlich wollen mit und von den Tieren. Ich bin der Ansicht, dass die Menschen ganz allgemein glücklich sein möchten, aber nicht so recht wissen wie. Die Fastzination an einem so schönen Tier, was so intelligent und lernfähig ist, wie ein Papagei, ist nur verständlich. Unbekümmert schafft man sich so ein fantastisches Tier an, weil es ja auch so klug und verständig zu sein scheint. Man vermutet oder erhofft sich einen kleinen Schatz zum Liebhaben. Etwas, worauf man auch stolz sein kann, weil es so schön ist.
Man kann zum Glücklichsein natürlich auch eine Entscheidung zu einem Leben mit Papageien treffen. Dann aber droht man vielen Irrtümern aufzusitzen, die so herumgeistern und ist hin und her gerissen, was man nun glauben soll. Und das Unglück lässt dann nicht lange auf sich warten. Verunsicherung ist nur der Anfang. Dann kommen natürlich viele kluge Ratschläge von wahren Experten, die versuchen, dem drohenden Elend eine Wendung zu geben. Was für Anforderungen dieses hochintelligente, lebhafte Tier stellt, um auch glücklich zu sein, wird irgendwie nicht verstanden. Man versucht, das Tier zu einem kleinen Menschen zu machen. Das gelingt nicht. Dann kommt Zweifel und schließlich Verdruss, Zorn, Verzweiflung, Resignation. Nichts, was das Versprechen auf Glück mit Papageien einlöst. Die Einsicht, dass es doch ein Irrtum war, wie man sich das Leben mit dem Papagei vorgestellt hat, kommt vielleicht. Aber der Mut zu einem Neuanfang bleibt oft auf der Strecke. Manche Papageienhalter schämen sich vielleicht sogar, dass sie die richtigen Ratschläge nicht befolgt haben. Etwas Beschämendes versteckt man lieber, man versucht daraus zu entkommen, indem man es verschweigt oder schließlich verdrängt. Dann kommt das wirkliche Leid für die Tiere. Vernachlässigung und Verbannung bis es schließlich schwer krank entdeckt wird oder stirbt.
Wir sollten eine Anleitung erfinden für das Glück mit Papageien zu leben. Ich glaube, die Menschen möchten nicht mit der Nase in ihren eigenen Unrat gesteckt werden. Ich bin überzeugt, dass es ohne Zeigefinger geht. Eher so: "Schau mal, wie schön der Papagei ist. Du kannst sein Freund werden. Ich erzähle dir mal, wie so ein Papagei lebt und was ihn glücklich macht. Wenn der Papagei glücklich ist, ist das auch dein größtes Glück." Also so, wie für Kinder, aber eben in einer Sprache für Erwachsene. Sie möchten ja gerne schon groß sein. Sie sind zwar erwachsen, aber irgendwie auch noch Kinder.
Einschränkend muss man natürlich sagen, dass man über Papageien noch nicht allzu viel weiß. Nur das, was so in Menschenobhut gesammelt wurde und das ist nicht unbedingt das Beste. Naturbeobachtungen sind spärlich und recht allgemein. Es muss eben noch geforscht werden. Aber man weiß auch genug, um das Tier ins rechte Licht zu setzen.
Ich denke, man muss die Sprache an die Bedürfnisse der Menschen anpassen. Die Darstellung der Tiere, Ökologie, Natur ist mir zu hochgestochen naturwissenschaftlich, wirkt distanziert und überheblich. Das zieht man sich nicht so gerne an. Ein Bisschen vermenschelnd und humorig darf es schon sein, wenn der Wesenskern der Sache nicht dabei verwischt oder verzerrt wird. Auch etwas mehr Leichtigkeit und Zurücknahme der Dogmen wäre vielleicht sinnvoll. Damit die Menschen sich einer Wahrheit annähern können, muss ein spielerisches Verhältnis zur Sache geschaffen werden, in dem sie unbefangen schauen können. Die Begeisterung für die Wirklichkeit kann genauso groß und schön sein, wie für die Illusion, dass ein Papagei ein Streicheltier sei. Fische kann man auch nicht schmusen. Echsen und Lurche ebenfalls nicht (manche kuscheln sogar mit Vogelspinnen). Aber mit einem Vogel kann man wirklich in einen Dialog treten. Man kann mit ihnen in unmittelbaren Kontakt treten. Der Vogel zeigt uns etwas, was wir in uns Menschen suchen. Hochgeistiges hat sich in dem Vogelwesen inkarniert, ist Materie geworden, ist ein Glied in einem Lebensgefüge (Biozönose) geworden. Auf vielen Ebenen zeigt uns der Vogel die Welt und zurecht werden Naturschutzprogramme entwickelt um der Vögel willen, obwohl ja das gesamte Ökosystem geschützt wird. Der Eisvogel ist Vogel des Jahres 2009. Warum? Weil seine Brutstätten nach wie vor gefährdet sind. Wir schützen die ausgespülten Steilwände an Wasserläufen und schützen damit den Eisvogel, und die spezifische Flora und die speziellen Insekten am Bachlauf und und und.
Ein wirklich vielschichtiges Unterfangen ist es einen Bewusstseinswandel herbeizuführen für die Akzeptanz der Wirklichkeit. Und wir müssen Wege finden, die es ermöglichen, als Mensch und als Vogel glücklich zu sein. Einer davon liegt im Kopf des Menschen, einer in der Biologie des Vogels und einer in den materiellen Möglichkeiten.
Holen wir den unbedarften Papageienhalter einfach mal dort ab, wo er sich befindet: In seiner Illusion, der Papagei sei ein drolliger Kobold, ein Spielkamerad und Schmusetier. Es wird ihm vorgeworfen, das Tier zu vermenschlichen und zu missbrauchen. Niemand, der gerade für eine Sache begeistert ist, lässt sich gerne etwas vorwerfen, vorhalten oder verbieten. Das ist Spielverderberei.
Klar, aus Sicht des Papageis wäre das nützlich, gleich dort, wo der Missstand entsteht, einen Riegel vorzuschieben. Aber das Tier hat uns Menschen gegenüber auch eine Aufgabe zu erfüllen, wie ich an anderen Stellen schon mehrfach angedeutet habe (siehe auch weiter unten). Nur Ist die Aufgabe noch nicht eindeutig genug gestellt. Auch die Menschen, die sich mit dem Papagei befassen, haben eine Aufgabe zu erfüllen und diese ist noch nicht richtig erkannt. Das Spiel kann aber umgestaltet werden so, dass alle was davon haben (Stichwort Ökologie verbunden mit Kulturentwicklung).
Also der kleine Kobold ist ein solcher, weil in seiner Natur etwas, was sein Wesen ausmacht, menschlich erscheint. Er hat vieles in seinem Wesen, was uns Menschen anspricht, so dass wir uns in ihm wiederfinden und deshalb so hingezogen fühlen, dass wir uns mit ihm identifizieren. So haben wir schon einen kleinen Menschen aus ihm gemacht.
Treten wir wieder ein Stück zurück und betrachten ihn aus einer Distanz der Naturwissenschaft. Der Papagei ist Teil in einer langen Entwicklung seiner eigenen Natur und seines Lebensraumes (Evolution in einem ökologischen Beziehungsnetz der unterschiedlichen Lebensformen). Der Papagei in seiner derzeitigen Artenvielfalt und Ausdrucks seines Verhaltens ist flexibel weil intelligent, er ist sozial und darin hoch entwickelt. Die Einzelnen Arten sind Ausdruck von Spezialisierungen in ganz bestimmten Zusammenhängen.
Nähern wir uns wieder an mit der Brille des unbefangenen Betrachters, der von Ökologie und Biologie kaum etwas versteht: Der Papagei ist ein Vogel, was uns Menschen ein wenig neidisch macht. Er ist sehr farbig (nicht alle), was uns Menschen anzieht. Er verkörpert Exotik, was uns Menschen ein Inbegriff paradiesischen Lebens ist. So hat er allerlei, was uns Menschen verspricht, umgeben wir uns mit diesem Tier, ein Stück Glück auf Erden zu sein. Beides ist wahr. Diese Diskrepanz zwischen Vorstellung und Wirklichkeit ist in einen Einklang zu bringen.
Hier habe ich mal die beiden Seiten der Betrachtung in einem kleinen Ausschnitt der gesamten Komplexität nebeneinander gestellt. Man kann etwas erahnen, was Annäherung zweier fremder Welten bedeutet, deren Botschafter unter anderen Lebewesen auch der Papagei darstellt. Man ahnt auch, dass der Papagei ein Helfer ist in der Entwicklung eines höheren Bewusstseins der Menschheit.
Als Konsequenz in der richtigen Tier-Mensch-Beziehung müssten also folgende erste Schlüsse gezogen werden:
Als Mensch: Ich liebe den Papagei, weil er ein wenig ist, wie ich. Er lässt mich träumen. Ist er bei mir, bin ich glücklich. Ich bin (jetzt, gleich, später) bereit, ein Stück von mir aufzugeben für das (Natur-)Leben insgesamt. So kann ich ein Stück mehr eins werden mit der Welt.
Als Papagei: Der Mensch kann mich erkennen als Vertreter einer untergehenden Welt. Er soll mich lieben, damit er auch meine Welt lernt zu lieben. Er kann durch mich meine Welt erkennen lernen. So kann sie noch gerettet werden. Er muss noch viel lernen.
Als Vermittler dieser zwei Welten stehen jene Menschen, die die Sprache der Natur und der Tiere ein wenig zu verstehen gelernt haben. Sie übersetzen, was der Botschafter der "fremden Welt" verstehen lassen will. Er muss die Sprache wirklich übersetzen und nicht eine eigene Sprache sprechen. Und er muss die Sprache des Botschafters noch besser verstehen lernen. Grammatik (Naturwissenschaftliche Methode des empirischen Denkens und Beweisens) reichen nicht aus. Gefühle sind die Worte, die zu Sätzen zusammen zu fügen sind. Das Vokabular ist gewaltig und fremd.
Die unbedarften Papageienliebhaber sind ja eigentlich unsere Freunde, weil sie emotional mit den Tieren verbunden sind und doch eigentlich für die Sache einstehen. Wenn wir also ihre Fehler nicht moralisieren, lassen sie sich auch gerne beraten. Ob sie es richtig verstehen, liegt in unserer Hand.
Wie ist es dann mit denen, die kommerziell mit Papageien zu tun haben? Um dieses objektiv beurteilen zu können, ist es sinnvoll einen kulturhistorischen Blick auf die Tierhaltung zu werfen.
Seit Urzeiten hält man Tiere als Nahrungslieferanten. Auch als Jagdhelfer konnte man z.B. Hunde gebrauchen. Greifvögel und Kormorane sind Jagdhelfer aus der Vogelwelt. Dann wurden Tiere gezielt vermehrt. Allmählich kam man dahinter, dass man mit gezielter Auswahl Nutztiere auch zu besonderen Zwecken hervorzüchten kann. Was bei der Zucht überzählig war, wurde verkauft. Kein Mensch hatte je hinterfragt, ob es gut sei, die Tiere züchterisch zu verändern oder zu verkaufen. Auch die Art der Haltungsbedingungen hat nie einer hinterfragt. Es ergab sich aus der täglichen Notwendigkeit. Das Tier hatte dem Menschen zu dienen. Je besser es das konnte, desto wertvoller war es auch. Dieses züchterische Arbeiten setzt sich natürlich in den Tieren fort, die heute ausschließlich der Unterhaltung dienen. Die Unterhaltung ist jetzt nicht negativ zu bewerten, sondern dient der Beschäftigung mit den Belangen der Natur, mit allem was dazu gehört und das sind eben auch Irrtümer.
Seit etwa 500 Jahren begann ein Bewusstseinswandel in der Menschheit. Die Menschen betrachteten die Natur nicht mehr nur als etwas Gottgegebenes. Man begann, hinter den Dingen allgemein, eben auch in der Natur, ein Wirkungsgefüge zu erkennen. Dieses Bewusstsein hat sich ausgewachsen zu einem derzeit mechanistisch-materialistischen Weltbild, welches den Blick auf die Wirklichkeiten verstellt, die hinter der sichtbaren, sinnlichen Welt steht. Diesem Weltbild und dem Gesellschaftssystem, das damit zusammenhängt, dient im eminentesten Sinne das Geld. Wenn man das Geld als Fließmittel ansieht, Güter von Einem zum Anderen zu tauschen, so ist es eigentlich egal, welches Gut man tauscht. Das Geld ist folglich in den Mittelpunkt des Erwerbs gerückt, es ist Lebensgrundlage geworden. Es ist aber nicht nur eine Loslösung von der Ware eine Begleiterscheinung, sondern, wenn es keinen gibt, der darüber wacht, die Loslösung von Ethik und Moral. In der Phase der Industrialisierung unserer Kultur war das sehr krass: Die Menschen mussten für die Rechte ihres Daseins kämpfen. Die Ausbeutung der Natur und der Ressourcen geriet ins Unermessliche und dauert an. Überall, wo das Geld als abstraktes Tauschmittel eingesetzt wird, muss eine moralische Komponente mit berücksichtigt werden. Und Moral ist etwas, was mit jedem Kulturentwicklungsschritt, mit jedem Fortschritt, neu erarbeitet werden muss. In unserer Zeit wird die Natur - die ganze Welt - als etwas angesehen, das zu eigenen Zwecken umgebildet werden kann. Sobald das Geld, was mit den Produkten aufgewogen wird, ins Spiel kommt, kommt eine neue Moralfrage auf: Darf man Menschen klonen? Darf man Nutzorganismen genetisch so verändern, dass man mit chemischen Mitteln alles Andere, nur nicht unseren Nutzorganismus auslöschen kann? etc. Auf uns bezogen gilt dann die Frage, darf man Tiere der Natur entnehmen, um sie zu Handeln? Wenn ja, in welchem Umfang und zu welchem Zweck? Es folgen weitere Fragen darauf.
Wenn wir also auf diese Fragen gerechte Antworten geben wollen, welche Moral der Tierwelt und der Natur allgemein gegenüber entstehen soll, dürfen wir auch die kommerzielle Seite nicht verdammen, sondern müssen Lösungsmöglichkeiten suchen und anbieten. Auch hier besteht Aufklärungsbedarf und ist Verständnisbereitschaft nötig. Ich glaube nicht, dass man verurteilen und die Verursacher eines Missstandes mit ihrem Problem allein lassen kann. Man muss einen Weg aus dem Missstand in seiner gesamten Komplexität gemeinsam suchen und auch dem Kommerziellen zu seiner Berechtigung verhelfen.
Die Frage ist nun, wie erreicht man auf der "anderen" Seite die Bereitschaft zum Dialog? Man muss realistisch analysieren und man muss Prognosen treffen können, welche Folgen der Handlungen auftreten. Dafür muss gründlich geforscht werden. Dafür muss es mehr Geld geben, damit die Forschung dem Anspruch auf eine objektive Entwicklung einer Moral gerecht werden kann. Und man muss limitierte Zugeständnisse machen können. Weil Entwicklung Zeit benötigt.
Beispiel: Der Naturschutz verlangt, dass der Wolf als Teil einer intakten Natur in unsere Landschaft wieder integriert wird. Das betrifft aber nicht nur die Ökologie, das betrifft auch die wirtschaftlichen Ängste derer, dessen Tiere z.B. durch den Wolf gefährdet sind. Der Naturschutz hat mit der Politik eine Unterstützung derer ausgehandelt, die Verluste durch Wölfe erleiden. So ist der Wolf ein tragbares Problem in unserer Gesellschaft. Es ist eine Opferbereitschaft bei den Betroffenen entstanden, weil sie von der Gesellschaft getragen werden.
Wie muss also in Zukunft eine kommerzielle Behandlung der "Ware" Vogel, sprich Papagei, aussehen? Was darf man dabei den Tieren zumuten? Welchem Zweck soll ferner der Papagei dienen? Einige Fragen, auch solche die jetzt hier nicht aufgeführt sind, lassen sich katalogisieren und schon beantworten. Weil aber die Beschäftigung mit dem Tier, folglich mit der Natur insgesamt, zum erliegen kommt, wenn es keinen Handel damit geben darf, müssen dem Handel Zugeständnisse gemacht werden. Darüber sollten wir beraten.
So erreichen wir vielleicht irgendwann, dass der Mensch uneingeschränkt glücklich sein kann und der Papagei seine Botschaft zur Rettung seiner Welt vermitteln kann, ohne unnötig leiden zu müssen.
Grüße, der Vielundlangschreiber Alex
Man kann zum Glücklichsein natürlich auch eine Entscheidung zu einem Leben mit Papageien treffen. Dann aber droht man vielen Irrtümern aufzusitzen, die so herumgeistern und ist hin und her gerissen, was man nun glauben soll. Und das Unglück lässt dann nicht lange auf sich warten. Verunsicherung ist nur der Anfang. Dann kommen natürlich viele kluge Ratschläge von wahren Experten, die versuchen, dem drohenden Elend eine Wendung zu geben. Was für Anforderungen dieses hochintelligente, lebhafte Tier stellt, um auch glücklich zu sein, wird irgendwie nicht verstanden. Man versucht, das Tier zu einem kleinen Menschen zu machen. Das gelingt nicht. Dann kommt Zweifel und schließlich Verdruss, Zorn, Verzweiflung, Resignation. Nichts, was das Versprechen auf Glück mit Papageien einlöst. Die Einsicht, dass es doch ein Irrtum war, wie man sich das Leben mit dem Papagei vorgestellt hat, kommt vielleicht. Aber der Mut zu einem Neuanfang bleibt oft auf der Strecke. Manche Papageienhalter schämen sich vielleicht sogar, dass sie die richtigen Ratschläge nicht befolgt haben. Etwas Beschämendes versteckt man lieber, man versucht daraus zu entkommen, indem man es verschweigt oder schließlich verdrängt. Dann kommt das wirkliche Leid für die Tiere. Vernachlässigung und Verbannung bis es schließlich schwer krank entdeckt wird oder stirbt.
Wir sollten eine Anleitung erfinden für das Glück mit Papageien zu leben. Ich glaube, die Menschen möchten nicht mit der Nase in ihren eigenen Unrat gesteckt werden. Ich bin überzeugt, dass es ohne Zeigefinger geht. Eher so: "Schau mal, wie schön der Papagei ist. Du kannst sein Freund werden. Ich erzähle dir mal, wie so ein Papagei lebt und was ihn glücklich macht. Wenn der Papagei glücklich ist, ist das auch dein größtes Glück." Also so, wie für Kinder, aber eben in einer Sprache für Erwachsene. Sie möchten ja gerne schon groß sein. Sie sind zwar erwachsen, aber irgendwie auch noch Kinder.
Einschränkend muss man natürlich sagen, dass man über Papageien noch nicht allzu viel weiß. Nur das, was so in Menschenobhut gesammelt wurde und das ist nicht unbedingt das Beste. Naturbeobachtungen sind spärlich und recht allgemein. Es muss eben noch geforscht werden. Aber man weiß auch genug, um das Tier ins rechte Licht zu setzen.
Ich denke, man muss die Sprache an die Bedürfnisse der Menschen anpassen. Die Darstellung der Tiere, Ökologie, Natur ist mir zu hochgestochen naturwissenschaftlich, wirkt distanziert und überheblich. Das zieht man sich nicht so gerne an. Ein Bisschen vermenschelnd und humorig darf es schon sein, wenn der Wesenskern der Sache nicht dabei verwischt oder verzerrt wird. Auch etwas mehr Leichtigkeit und Zurücknahme der Dogmen wäre vielleicht sinnvoll. Damit die Menschen sich einer Wahrheit annähern können, muss ein spielerisches Verhältnis zur Sache geschaffen werden, in dem sie unbefangen schauen können. Die Begeisterung für die Wirklichkeit kann genauso groß und schön sein, wie für die Illusion, dass ein Papagei ein Streicheltier sei. Fische kann man auch nicht schmusen. Echsen und Lurche ebenfalls nicht (manche kuscheln sogar mit Vogelspinnen). Aber mit einem Vogel kann man wirklich in einen Dialog treten. Man kann mit ihnen in unmittelbaren Kontakt treten. Der Vogel zeigt uns etwas, was wir in uns Menschen suchen. Hochgeistiges hat sich in dem Vogelwesen inkarniert, ist Materie geworden, ist ein Glied in einem Lebensgefüge (Biozönose) geworden. Auf vielen Ebenen zeigt uns der Vogel die Welt und zurecht werden Naturschutzprogramme entwickelt um der Vögel willen, obwohl ja das gesamte Ökosystem geschützt wird. Der Eisvogel ist Vogel des Jahres 2009. Warum? Weil seine Brutstätten nach wie vor gefährdet sind. Wir schützen die ausgespülten Steilwände an Wasserläufen und schützen damit den Eisvogel, und die spezifische Flora und die speziellen Insekten am Bachlauf und und und.
Ein wirklich vielschichtiges Unterfangen ist es einen Bewusstseinswandel herbeizuführen für die Akzeptanz der Wirklichkeit. Und wir müssen Wege finden, die es ermöglichen, als Mensch und als Vogel glücklich zu sein. Einer davon liegt im Kopf des Menschen, einer in der Biologie des Vogels und einer in den materiellen Möglichkeiten.
Holen wir den unbedarften Papageienhalter einfach mal dort ab, wo er sich befindet: In seiner Illusion, der Papagei sei ein drolliger Kobold, ein Spielkamerad und Schmusetier. Es wird ihm vorgeworfen, das Tier zu vermenschlichen und zu missbrauchen. Niemand, der gerade für eine Sache begeistert ist, lässt sich gerne etwas vorwerfen, vorhalten oder verbieten. Das ist Spielverderberei.
Klar, aus Sicht des Papageis wäre das nützlich, gleich dort, wo der Missstand entsteht, einen Riegel vorzuschieben. Aber das Tier hat uns Menschen gegenüber auch eine Aufgabe zu erfüllen, wie ich an anderen Stellen schon mehrfach angedeutet habe (siehe auch weiter unten). Nur Ist die Aufgabe noch nicht eindeutig genug gestellt. Auch die Menschen, die sich mit dem Papagei befassen, haben eine Aufgabe zu erfüllen und diese ist noch nicht richtig erkannt. Das Spiel kann aber umgestaltet werden so, dass alle was davon haben (Stichwort Ökologie verbunden mit Kulturentwicklung).
Also der kleine Kobold ist ein solcher, weil in seiner Natur etwas, was sein Wesen ausmacht, menschlich erscheint. Er hat vieles in seinem Wesen, was uns Menschen anspricht, so dass wir uns in ihm wiederfinden und deshalb so hingezogen fühlen, dass wir uns mit ihm identifizieren. So haben wir schon einen kleinen Menschen aus ihm gemacht.
Treten wir wieder ein Stück zurück und betrachten ihn aus einer Distanz der Naturwissenschaft. Der Papagei ist Teil in einer langen Entwicklung seiner eigenen Natur und seines Lebensraumes (Evolution in einem ökologischen Beziehungsnetz der unterschiedlichen Lebensformen). Der Papagei in seiner derzeitigen Artenvielfalt und Ausdrucks seines Verhaltens ist flexibel weil intelligent, er ist sozial und darin hoch entwickelt. Die Einzelnen Arten sind Ausdruck von Spezialisierungen in ganz bestimmten Zusammenhängen.
Nähern wir uns wieder an mit der Brille des unbefangenen Betrachters, der von Ökologie und Biologie kaum etwas versteht: Der Papagei ist ein Vogel, was uns Menschen ein wenig neidisch macht. Er ist sehr farbig (nicht alle), was uns Menschen anzieht. Er verkörpert Exotik, was uns Menschen ein Inbegriff paradiesischen Lebens ist. So hat er allerlei, was uns Menschen verspricht, umgeben wir uns mit diesem Tier, ein Stück Glück auf Erden zu sein. Beides ist wahr. Diese Diskrepanz zwischen Vorstellung und Wirklichkeit ist in einen Einklang zu bringen.
Hier habe ich mal die beiden Seiten der Betrachtung in einem kleinen Ausschnitt der gesamten Komplexität nebeneinander gestellt. Man kann etwas erahnen, was Annäherung zweier fremder Welten bedeutet, deren Botschafter unter anderen Lebewesen auch der Papagei darstellt. Man ahnt auch, dass der Papagei ein Helfer ist in der Entwicklung eines höheren Bewusstseins der Menschheit.
Als Konsequenz in der richtigen Tier-Mensch-Beziehung müssten also folgende erste Schlüsse gezogen werden:
Als Mensch: Ich liebe den Papagei, weil er ein wenig ist, wie ich. Er lässt mich träumen. Ist er bei mir, bin ich glücklich. Ich bin (jetzt, gleich, später) bereit, ein Stück von mir aufzugeben für das (Natur-)Leben insgesamt. So kann ich ein Stück mehr eins werden mit der Welt.
Als Papagei: Der Mensch kann mich erkennen als Vertreter einer untergehenden Welt. Er soll mich lieben, damit er auch meine Welt lernt zu lieben. Er kann durch mich meine Welt erkennen lernen. So kann sie noch gerettet werden. Er muss noch viel lernen.
Als Vermittler dieser zwei Welten stehen jene Menschen, die die Sprache der Natur und der Tiere ein wenig zu verstehen gelernt haben. Sie übersetzen, was der Botschafter der "fremden Welt" verstehen lassen will. Er muss die Sprache wirklich übersetzen und nicht eine eigene Sprache sprechen. Und er muss die Sprache des Botschafters noch besser verstehen lernen. Grammatik (Naturwissenschaftliche Methode des empirischen Denkens und Beweisens) reichen nicht aus. Gefühle sind die Worte, die zu Sätzen zusammen zu fügen sind. Das Vokabular ist gewaltig und fremd.
Die unbedarften Papageienliebhaber sind ja eigentlich unsere Freunde, weil sie emotional mit den Tieren verbunden sind und doch eigentlich für die Sache einstehen. Wenn wir also ihre Fehler nicht moralisieren, lassen sie sich auch gerne beraten. Ob sie es richtig verstehen, liegt in unserer Hand.
Wie ist es dann mit denen, die kommerziell mit Papageien zu tun haben? Um dieses objektiv beurteilen zu können, ist es sinnvoll einen kulturhistorischen Blick auf die Tierhaltung zu werfen.
Seit Urzeiten hält man Tiere als Nahrungslieferanten. Auch als Jagdhelfer konnte man z.B. Hunde gebrauchen. Greifvögel und Kormorane sind Jagdhelfer aus der Vogelwelt. Dann wurden Tiere gezielt vermehrt. Allmählich kam man dahinter, dass man mit gezielter Auswahl Nutztiere auch zu besonderen Zwecken hervorzüchten kann. Was bei der Zucht überzählig war, wurde verkauft. Kein Mensch hatte je hinterfragt, ob es gut sei, die Tiere züchterisch zu verändern oder zu verkaufen. Auch die Art der Haltungsbedingungen hat nie einer hinterfragt. Es ergab sich aus der täglichen Notwendigkeit. Das Tier hatte dem Menschen zu dienen. Je besser es das konnte, desto wertvoller war es auch. Dieses züchterische Arbeiten setzt sich natürlich in den Tieren fort, die heute ausschließlich der Unterhaltung dienen. Die Unterhaltung ist jetzt nicht negativ zu bewerten, sondern dient der Beschäftigung mit den Belangen der Natur, mit allem was dazu gehört und das sind eben auch Irrtümer.
Seit etwa 500 Jahren begann ein Bewusstseinswandel in der Menschheit. Die Menschen betrachteten die Natur nicht mehr nur als etwas Gottgegebenes. Man begann, hinter den Dingen allgemein, eben auch in der Natur, ein Wirkungsgefüge zu erkennen. Dieses Bewusstsein hat sich ausgewachsen zu einem derzeit mechanistisch-materialistischen Weltbild, welches den Blick auf die Wirklichkeiten verstellt, die hinter der sichtbaren, sinnlichen Welt steht. Diesem Weltbild und dem Gesellschaftssystem, das damit zusammenhängt, dient im eminentesten Sinne das Geld. Wenn man das Geld als Fließmittel ansieht, Güter von Einem zum Anderen zu tauschen, so ist es eigentlich egal, welches Gut man tauscht. Das Geld ist folglich in den Mittelpunkt des Erwerbs gerückt, es ist Lebensgrundlage geworden. Es ist aber nicht nur eine Loslösung von der Ware eine Begleiterscheinung, sondern, wenn es keinen gibt, der darüber wacht, die Loslösung von Ethik und Moral. In der Phase der Industrialisierung unserer Kultur war das sehr krass: Die Menschen mussten für die Rechte ihres Daseins kämpfen. Die Ausbeutung der Natur und der Ressourcen geriet ins Unermessliche und dauert an. Überall, wo das Geld als abstraktes Tauschmittel eingesetzt wird, muss eine moralische Komponente mit berücksichtigt werden. Und Moral ist etwas, was mit jedem Kulturentwicklungsschritt, mit jedem Fortschritt, neu erarbeitet werden muss. In unserer Zeit wird die Natur - die ganze Welt - als etwas angesehen, das zu eigenen Zwecken umgebildet werden kann. Sobald das Geld, was mit den Produkten aufgewogen wird, ins Spiel kommt, kommt eine neue Moralfrage auf: Darf man Menschen klonen? Darf man Nutzorganismen genetisch so verändern, dass man mit chemischen Mitteln alles Andere, nur nicht unseren Nutzorganismus auslöschen kann? etc. Auf uns bezogen gilt dann die Frage, darf man Tiere der Natur entnehmen, um sie zu Handeln? Wenn ja, in welchem Umfang und zu welchem Zweck? Es folgen weitere Fragen darauf.
Wenn wir also auf diese Fragen gerechte Antworten geben wollen, welche Moral der Tierwelt und der Natur allgemein gegenüber entstehen soll, dürfen wir auch die kommerzielle Seite nicht verdammen, sondern müssen Lösungsmöglichkeiten suchen und anbieten. Auch hier besteht Aufklärungsbedarf und ist Verständnisbereitschaft nötig. Ich glaube nicht, dass man verurteilen und die Verursacher eines Missstandes mit ihrem Problem allein lassen kann. Man muss einen Weg aus dem Missstand in seiner gesamten Komplexität gemeinsam suchen und auch dem Kommerziellen zu seiner Berechtigung verhelfen.
Die Frage ist nun, wie erreicht man auf der "anderen" Seite die Bereitschaft zum Dialog? Man muss realistisch analysieren und man muss Prognosen treffen können, welche Folgen der Handlungen auftreten. Dafür muss gründlich geforscht werden. Dafür muss es mehr Geld geben, damit die Forschung dem Anspruch auf eine objektive Entwicklung einer Moral gerecht werden kann. Und man muss limitierte Zugeständnisse machen können. Weil Entwicklung Zeit benötigt.
Beispiel: Der Naturschutz verlangt, dass der Wolf als Teil einer intakten Natur in unsere Landschaft wieder integriert wird. Das betrifft aber nicht nur die Ökologie, das betrifft auch die wirtschaftlichen Ängste derer, dessen Tiere z.B. durch den Wolf gefährdet sind. Der Naturschutz hat mit der Politik eine Unterstützung derer ausgehandelt, die Verluste durch Wölfe erleiden. So ist der Wolf ein tragbares Problem in unserer Gesellschaft. Es ist eine Opferbereitschaft bei den Betroffenen entstanden, weil sie von der Gesellschaft getragen werden.
Wie muss also in Zukunft eine kommerzielle Behandlung der "Ware" Vogel, sprich Papagei, aussehen? Was darf man dabei den Tieren zumuten? Welchem Zweck soll ferner der Papagei dienen? Einige Fragen, auch solche die jetzt hier nicht aufgeführt sind, lassen sich katalogisieren und schon beantworten. Weil aber die Beschäftigung mit dem Tier, folglich mit der Natur insgesamt, zum erliegen kommt, wenn es keinen Handel damit geben darf, müssen dem Handel Zugeständnisse gemacht werden. Darüber sollten wir beraten.
So erreichen wir vielleicht irgendwann, dass der Mensch uneingeschränkt glücklich sein kann und der Papagei seine Botschaft zur Rettung seiner Welt vermitteln kann, ohne unnötig leiden zu müssen.
Grüße, der Vielundlangschreiber Alex