Amsel-Nestling/-Ästling nach 5 Tagen plötzlich tot - warum?

Diskutiere Amsel-Nestling/-Ästling nach 5 Tagen plötzlich tot - warum? im Forum Pflege und Aufzucht im Bereich Wildvögel - Hallo, letzte Woche ist mit viel Geschrei ein Amseljunges aus dem Nest bei meinem Balkon auf den Boden gepoltert. Hab die augenblicklich...
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monipieps

Neuling
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Hallo,
letzte Woche ist mit viel Geschrei ein Amseljunges aus dem Nest bei meinem Balkon auf den Boden gepoltert. Hab die augenblicklich versammelten Katzen verscheucht und mich schnell umfassend auf wildvogelhilfe eingelesen, ob überhaupt Hilfe nötig ist. Es handelte sich um einen 10 Tage alten Nestling; hätte ihn gerne ins Nest zurückgesetzt, konnte es aber nicht erreichen.
Als dann noch ein Rabe dazukam, hab ich mich dann doch entschlossen, ihn in ein vergittertes Ersatznest auf den Balkon zu setzen. Alles m.E. wunderbar, nachts hat er mit Wärmflasche drin geschlafen, punkt halb sechs lautes Piepsen und wieder raus, wo ihn der Amselvater kontinuierlich durch die Gitterstäbe gefüttert hat. Der Jungvogel war munter und fidel, hat gut zugenommen, Schwanzfedern wuchsen, er war auf dem besten Weg zum Ästling. Und dann: Am fünften Tag, vormittags, wiederum sehr agil, lag er plötzlich tot im Käfig!
Warum?? Ok, das ist wohl Natur - trotzdem bin ich etwas traurig und der Welt beleidigt. Und möcht unbedingt wissen, was ihm den Garaus gemacht hat. Gibt es sowas öfter bei Jungvögel, so ein scheins ursachenloser (ohne sichtbare Verletzung etc.) Tod?

Danke, lg monipieps
 
Hallo monipieps,

willkommen im Forum.

Was ich lesen kann, hast Du im Grunde soweit alles richtig gemacht.
Möglich ist, dass es nachts nicht genug Wärme gab. Wärmflaschen halten eigentlich nicht die ganze Nacht durch - gerade nicht bei der nächtlichen Kälte derzeit - und verlieren die Wärme nach und nach. Dagegen würde allerdings sprechen, dass der Vogel morgens fidel war.

Es wird eher eine Erkankung oder eine andere Anomalie gewesen sein, die die Altvögel schon früher erkannt haben. Oft geschieht es nicht ohne Grund, dass ein oder der gesamte Nachwuchs aus dem Nest befördert wird. Man kann jetzt nur spekulieren, ob der Vogel einen bakteriellen Infekt, eine parasitäre Erkrankung hatte oder einfach anderweitig nicht überlebensfähig war.

Hielt er sich auf beiden Beinen gleich gut, stand er stabil? Wie war die Rachenfarbe - orange oder eher blass?
Sahen denn die Häufchen soweit normal aus oder haben sie vielleicht besonders gestunken?

Eine Katze war aber definitiv nicht dran, oder?

LG, Sabine
 
Hallo Sabine,
vielen Dank für Deine Antwort!
Wg. Wärme: Wärmflasche plus nachts drin (!) im Haus.
Ausgesondert von den Eltern wegen Vorschädigung: glaube nicht, der Amselvater hat sich ja dann fünf Tage lang im zehn-Minuten-Takt um das Junge gekümmert.
Rachen orange; Kot fest und schwarz-weiß, ohne Geruch.
Katze (Pasteurellen) nein, da war ich tatsächlich schneller.

Hm, das mit der Stabilität: Anfangs konnt es tatsächlich nicht mal sitzen, nur schwanken. Hat sich selbst stabilisiert, indem es sich tief in den Blätterboden im Käfig einsinken ließ. Auf glatten Oberflächen wusste es die Tage nichts mit den Beinen anzufangen, ist oft rumgerutscht. Am vierten Tag konnt es dagegen schon allein auf Ästchen sitzen, ist auf alles hinaufgehopst. Gleichzeitig ist es selbst am fünften Tag nochmal über seine eigenen Beine gestolpert ... Ich hielt das für altersbedingte Tollpatscherei. Womöglich war das aber alles andere als normal/üblich?! Sind so kleine Vögel normalerweise stabiler/koordinierter? Denkst Du an Hirnverletzungen vom Sturz?
 
Ausgesondert von den Eltern wegen Vorschädigung: glaube nicht, der Amselvater hat sich ja dann fünf Tage lang im zehn-Minuten-Takt um das Junge gekümmert.

Das spricht nicht gegen die Theorie der Vorschädigung. Wenn die Altvögel ein Küken wegen Krankheit entsorgen, verstirbt es innerhalb weniger Stunden. Deines hat sich aufgrund Deiner Versorgung bewegt und Kontaktlaute von sich gegeben, deshalb wurde es vom Altvogel weiter versorgt.

LG astrid
 
Oh, ok! Das wusste ich nicht. Dann hab ich also bloß künstlich aufrecht erhalten, was schon gar nicht mehr zum Leben bestimmt war, und das Altvogel-Verhalten falsch gedeutet ...

Neugier: Was haben die Elternvögel erkannt, was ich nicht erkannt hab? Meine: Woran merken die, dass ein Junges irgendeinen Defekt hat, und woran hätte ich es erkennen können?

Und nochmal zur Stabilität: Haltet Ihr das für normal (das "Tollpatschige") oder sind auch junge Vögel schon koordiniert?
 
Hallo monipieps,

o.k., wenn Du es drinnen hattest, sollte es nicht zu kühl gewesen sein. Hatte es falsch gelesen.
Hätte mich auch gewundert. ;)

Die Tiere spüren viel mehr als wir. Sie wissen instinktiv, wie ein gesunder Jungvogel sich verhalten sollte, kleine Nuancen abseits davon können schon ausreichen, um sich abzuwenden. Das kann eine beginnende "einfache" Infektion sein oder organische Schäden.
Spätfolgen des Sturzes würde ich auch nicht zwingend ausschließen.

Eigentlich klingt alles gut: Rachenfarbe, Kot, Verhalten.

Das der Vogel zu Beginn nicht stehen konnte und auch später ab und an noch "Probleme" hatte, ist völlig normal. Das liegt am Alter. Auch wenn sie schon gut auf einem Ast sitzen können, sind die langen Beine gerade bei Amseln schon mal einander im Weg.

Möglicherweise hast Du das Leben des Jungvogels nur künstlich verlängert. Definitiv können wir Dir das leider hier nicht sagen.
Wenn man so etwas immer vorher wüßte, würde man vielleicht anders handeln. (In diesem Fall würde ich im Sinne von "anders handeln" die Vorstellung des Vogels bei einem vogelkundigen Tierarzt dem Töten oder "der Natur seinen Lauf lassen" eindeutig vorziehen!!) Dein Vorgehen war unter den gegebenen Umständen keinesfalls falsch. Genauso gut hätte der Vogel auch versehentlich aus dem Nest plumpsen können und es auch schaffen können!

LG
 
Vielen Dank Euch beiden für die Antworten! Habe Etliches dazugelernt und waren hilfreich, damit jetzt abzuschließen. Klingt für Tier-Profis vielleicht dramatisch-übertrieben ... aber ich hab das Kleine in den fünf Tagen so ins Herz geschlossen! Wahnsinn, wie schnell sowas geht ...
Herzlichen Dank!!
 
Klingt für Tier-Profis vielleicht dramatisch-übertrieben ... aber ich hab das Kleine in den fünf Tagen so ins Herz geschlossen!

Keineswegs. Für uns wird der Verlust eines Schützlings auch nie Routine werden.

Was haben die Elternvögel erkannt, was ich nicht erkannt hab? Meine: Woran merken die, dass ein Junges irgendeinen Defekt hat ?

Es gibt eine aufschlussreiche Studie, die Anhaltspunkte für die Beantwortung Deiner Frage gibt:

"Gespür für Ansteckungsgefahr
Vögel vermeiden den Umgang mit kranken Artgenossen. Das zeigen Experimente, die Biologen von der University of California in Davis mit Hausgimpeln durchführten. Dabei stellte sich heraus, dass die in Nordamerika heimischen Tiere offenbar erkennen können, welche ihrer Mitstreiter gesundheitlich angeschlagen sind. Wenn sie die Wahl hatten, mit Vögeln in benachbarten Käfigen zu kommunizieren, zogen sie gesunde Artgenossen eindeutig vor. Und auch ihre eigene Verfassung scheinen die Hausgimpel einschätzen zu können: "Bei anschließenden Blutuntersuchungen stellte sich heraus, dass sich vor allem Tiere mit einer schwächeren Immunabwehr und damit höherem Infektionsrisiko um Kontakte mit den Kranken drücken", berichtet Studienautorin Maxine Zylverberg gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Mit ihren Experimenten haben die Forscher erstmals nachgewiesen, dass offenbar auch Vögel über ein angeborenes Gespür für Ansteckungsgefahren verfügen. Bisher war es in der Tierwelt nur bei Hummern und Ochsenfrosch-Kaulquappen nachgewiesen worden."

Quelle:Spiegel 48/2012

(Hinweis: Die Genehmigung zur Veröffentlichung gilt ausschließlich zur einmaligen Verwendung. Eine Vervielfältigung meines Abdrucks ist nicht gestattet. Eine erneute Veröffentlichung bedarf einer zusätzlichen Genehmigung durch den Verlag Spiegel)

LG astrid
 
Zuletzt bearbeitet:
Superinteressant, die Studie! Wenn das allgemein für Wildvögel gilt, dann sind die mir natürlich Welten voraus im Erkennen eventueller Krankheiten/Defekte.
Nun tut sich für mich gleich die nächste Frage auf:
"Nur wenn der Vogel verletzt ist oder nach längerer Beobachtungszeit aus größerer Entfernung kein Altvogel zum Füttern kommt, brauchen sie unsere Hilfe." (Wildvogelhilfe) - Wenn aber das Fernbleiben der Altvögel daher kommt, dass das Junge einen Defekt hat, dann ist "Hilfe" doch kontraproduktiv bzw. überflüssig, oder? Vergebliche Liebesmüh, wie mutmaßlich in meinem Fall?!
Wäre es dann nicht sinnvoller, so schwer es auch fällt, gerade nicht zu "helfen" und das Junge, das eh nicht lebensfähig ist, allein zu lassen?
lg
 
Das wäre eigentlich sinnvoller, da hast Du recht - wobei es aus der Ferne natürlich schwer zu beurteilen ist, was genau das Problem des Jungvogels ist. Letztlich muss man das wohl für sich selbst beurteilen, je nach dem wie sentimental man ist. Ich wage mal zu behaupten, dass ein Teil der "Rettungen" unnötig und ein Teil kontraproduktiv sind, da die Versorgung von solchen Findlingen nicht ganz einfach ist, die Auswilderung auch nicht immer erfolgreich... wie gesagt, man muss es für sich selbst beurteilen.
 
Aaaah, ganz schlecht für mich, eigenes Ermessen und so - eine Richtlinie ist mir lieber!!!
Sentimental: sehr. Gleichzeitig großer Respekt vor der Natur. Mag es also weder erleben, dass mir so ein Pieps nochmal wegstirbt, noch nach Ratio-Entscheidung zusehen, wie er unter meinem Balkon stirbt. Beides ein Graus!
Wie gehst Du in solchen Fällen vor?
 
Wenn aber das Fernbleiben der Altvögel daher kommt, dass das Junge einen Defekt hat, dann ist "Hilfe" doch kontraproduktiv bzw. überflüssig, oder? Vergebliche Liebesmüh, wie mutmaßlich in meinem Fall?!
Wäre es dann nicht sinnvoller, so schwer es auch fällt, gerade nicht zu "helfen" und das Junge, das eh nicht lebensfähig ist, allein zu lassen?

Das ist eine Frage der persönlichen Haltung. Du kannst sagen, was für eine Ursache auch immer es hat, dass ein Nestling sich außerhalb des Nestes aufhält, ich lasse der Natur ihren Lauf.

Die Frage, ob ein Küken lebensfähig ist, können wir durch bloße Ansicht nicht beurteilen. Wir haben im Gegensatz zu den Altvögeln verschiedene medizinische Möglichkeiten, z. B. ein Spreizbein oder einen Infekt zu therapieren. Ob wir damit Erfolg haben, lässt sich nicht voraussagen, aber meiner Meinung nach ist es einen Versuch wert, dem Tier eine Chance zu geben.

LG astrid
 
Thema: Amsel-Nestling/-Ästling nach 5 Tagen plötzlich tot - warum?

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