Auswilderung von Uhus

Diskutiere Auswilderung von Uhus im Forum Greifvögel und Eulen im Bereich Wildvögel - Ausgehend von Einträgen im Thread "Eulenbilder" möchte ich folgendes Thema mal zur Diskussion stellen: Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Eric...
toxamus

toxamus

Foren-Uhu
Beiträge
1.611
Ausgehend von Einträgen im Thread "Eulenbilder" möchte ich folgendes Thema mal zur Diskussion stellen:

Ich hab mal bei der Behörde nachgefragt ob sie was dagegen hat wenn ich Junguhus auswildere, bin gespannt auf die Antwort.

Hier wüsste ich die Antwort. Die wäre ein klares Nein. Hier wird gefordert, dass man erstens eine verlässliche Genanalyse hat, dass es garantiert reine "Alpenuhus" sind. Zudem heisst es , die noch vorhandenen Uhus sollen selber dazu schauen. Durch nicht fachgerechte Auswilderung wurden schon verschiedentlich später verhungerte Uhus aufgefunden. Auch müsste ein wissenschaftlich begleitetes und abgeklärtes Projekt da sein, damit es bewilligt würde. Also erstmal mehrere tausend Euro für die ganzen Abklärungen.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Eric "Hier" im ersten Satz auf die Situation in der Schweiz bezieht. Aber gehen wir die von Eric angeführten Punkte (und vielleicht noch einige mehr) mal der Reihe nach durch.

Ich stelle vorab mal in Frage, dass es hier eine "reine" Gebietspopulation gibt. Uhus waren ja sehr selten geworden, dass es jetzt wieder mehr gibt ist bestimmt zu einem grossen Teil Auswilderung und Zuwanderung zu verdanken. Woher diese Uhus gekommen sind weiss wohl keiner so genau.
Ich wollte mal für eine meiner anderen Eulen eine über die Geschlechtsbestimmung hinausgehende Genanalyse machen lassen und habe dafür bundesweit keinen Anbieter gefunden.

Uhus sind Nahrungsgeneralisten und haben in einer Vielzahl von Habitaten keine Probleme. Wenn es also keine "Überbevölkerung" gibt, sollte keiner von denen an Nahrungsmangel sterben (wenn er vor der Auswilderung auf Selbstversorgung trainiert wurde).
Hier in der Gegend kenne ich fast 20 Uhustandorte, generell sollte also die Umgebung für Uhus geeignet sein.

Wissenschaftliche Begleitung hört sich gut an, in der Praxis bin ich da eher skeptisch. Mein Vorurteil: Irgend ein Prof fragt seine Studenten, ob einer Bock auf eine Diplomarbeit hat, und der hockt mir dann auf der Pelle. Im schlimmsten Fall hat der (und sein Prof) noch nie einen Uhu aus der Nähe gesehen, aber als Akademiker wissen die natürlich alles besser.

Ich stell meine Gedanken hier ein, um dazuzulernen und um die Gegenargumente kennenzulernen, also bitte nicht zurückhalten :-)
Wenn das Amt vielleicht auf mich zu kommt, will ich gewappnet sein und Antworten parat haben.

Ach ja, der Grund für die ganze Geschichte ist, dass mein Uhuweib aktuell wieder auf 4 Eiern sitzt. Ich könnte die jetzt unfruchtbar machen, aber warum sollte ich dem jungen Paar (und auch mir) nicht die Freude machen, die Jungen aufzuziehen? Für die Uhus ist es Beschäftigungstherapie pur, die sind super engagiert und mit Feuereifer bei der Sache.


Beste Grüsse,
tox
 
Hallo tox,

ich kann es nur aus Sicht Baden-Württemberg einschätzen: Hier würdest Du sicherlich keine Genehmigung bekommen. Das Land ist voll mit Uhus, Auswilderung wäre hier "Wasser in den Bach getragen".

Die genetische Seite spielt auch eine Rolle. Sofern genug bzw. mehr als genug an Wildvögeln da ist, ist eine Auswilderung eigentlich nicht zu rechtfertigen, zumal eben auch nicht sichergestellt ist, dass es sich um autochthones Material handelt. Gewiss, selbst wenn sich die Aussetzlinge behaupten und vermehren würden, würde ihre Genetik nicht langfristig Schaden anrichten können.

Zusammengefasst also: Nutzen Null, Risiko vorhanden = keine Genehmigungsfähigkeit. So würde ich es jedenfalls einschätzen.

VG
Pere ;)
 
Vielen Dank für die Antwort!

Den Nutzen für mich und meine Vögel habe ich beschrieben, sie könnten ihrem natürlichen Bruttrieb nachgehen. Das muss natürlich fürs Amt nicht unbedingt relevant sein.

Ich denke mir halt, eine Uhuplage gibt es in Deutschland derzeit eher nicht und selbst wenn in der näheren Umgebung alle Standorte besetzt sein sollten wäre es für Junguhus ja nicht ungewöhnlich auch etwas weiter weg ein neues Revier zu suchen.

Die Frage ist halt, welchen Einfluss/Schaden die Uhus lokalen (möglicherweise gefährdeten) Arten zufügen können.

Beste Grüsse,
tox
 
Die Frage ist halt, welchen Einfluss/Schaden die Uhus lokalen (möglicherweise gefährdeten) Arten zufügen können.
Und darin sehe ich eben den theoretischen Hauptgrund, der dagegen spricht. Allzu weit dürften Uhu nicht migrieren und übertrieben viele freie Brutplätze gibt es auch nicht. Das Aussetzen dürfte in erster Linie zu einer Verschärfung der Konkurrenzsituation mit Wildvögeln führen.

Praktisch betrachtet wird aber nicht viel passieren, wenn ein paar wenige Junguhus ausgewildert werden. Entweder sie überleben und gehen ohne Auswirkungen in der Uhupopulation auf oder sie gehen zugrunde. Gleichwohl wird das offiziell nicht genehmigungsfähig sein. Immerhin werden auch sehr viele Uhu-Pfleglinge alljährlich wieder ausgewildert. Vögel, die von der Natur bereits aussortiert waren, somit ebenso als "unnatürlicher anthropogener Zuschuss" anzusehen sind (das gilt zumindest für Jungvögel).

VG
Pere ;)
 
Immerhin werden auch sehr viele Uhu-Pfleglinge alljährlich wieder ausgewildert. Vögel, die von der Natur bereits aussortiert waren, somit ebenso als "unnatürlicher anthropogener Zuschuss" anzusehen sind (das gilt zumindest für Jungvögel)

Nun ja, ein Grossteil davon entsteht ja auch durch "unnatürlichen anthropogenen Ausschuss", sprich Verkehr, Zäune, Hochspannungsleitungen, Teichabdecknetze usw..
Ich würde nicht unbedingt sagen, dass "die Natur" die aussortiert hat.

Beste Grüsse,
tox
 
Nun ja, ein Grossteil davon entsteht ja auch durch "unnatürlichen anthropogenen Ausschuss", sprich Verkehr, Zäune, Hochspannungsleitungen, Teichabdecknetze usw..
Ich würde nicht unbedingt sagen, dass "die Natur" die aussortiert hat.
Würd ich in der heutigen Zeit aber schon so sehen. Vögel, die mit Leitungsdrähten und Straßenverkehr nicht zurecht kommen, sind an den Lebensraum nicht angepasst. So funktioniert das Spielchen seit Milliarden von Jahren. Man kann nicht alles, was nicht menschlich unbeeinflusst ist, als "Naturzustand" ansehen. Der Mensch ist ein Säugetier, das - wie jedes andere Tier auch - auf seine Umwelt einwirkt. Stärker als alle anderen, keine Frage.

Sonst müsste man auch jegliche menschlich bedingte Konkurrenzverschiebung und dadurch bedingte verstärkte Mortalität bei unterlegenen Arten als unnatürlich ansehen. Genauso unnatürlich wäre dann auch eine bessere Überlebenschance der Junguhus durch Wegfall des ursprünglichen Prädators Steinadler.

Insofern macht es m. E. Sinn, nur den Status quo als Beurteilungsgrundlage heranzuziehen.

VG
Pere ;)
 
@Peregrinus
Das würde für die Zukunft betreffs Windkraftanlagen auch bedeuten: Wer damit nicht zurechtkommt hat hier nichts verloren. Ich denke so einfach dürfen wir es uns nicht machen.

Zum Prädator Steinadler: Wir haben hier Uhus und Steinadler und mir wäre kein Fall von bedeutender Prädation bekannt.

@ Toxamus
Ja ich beziehe mich auf die Schweizer Verhältnisse. Wenn man zurückschaut muss man allerdings auch feststellen, dass ein recht grosser Teil der Uhus die wir haben auf ehemalige Auswilderungen zurückzuführen ist. Ich habe selber schon mehrere später verunfallte Uhus mit Ringen aus dieser Zeit gefunden, als es noch ohne Weiteres erlaubt war.
Der Bestand hier ist nicht übermässig, auch wenn manche übersehen werden. In verschiedenen Regionen ist der Bestand auch rückläufig. vogelwarte.ch - Uhu
Es gibt grössere Regionen wo er praktisch ganz fehlt.
Kanton Zürich mit 1729 qKm zum Beispiel, vielleicht vier Paare.
Ganze Schweiz 100 - 140 Paare, also recht bescheiden.
 
Das nicht auswildern dürfen, hat natürlich auch die Folge, dass fast jeder Uhuhalter tunlichst vermeidet Nachwuchs zu erzeugen. Der Absatz ist in der Schweiz bescheiden und mit einigen Auflagen behaftet.
Längerfristig ergibt sich dann das Problem, dass es irgendwann kaum mehr Zuchtpaare gibt, selbst von echt einheimischen. Wenns dann notwendig werden sollte etwas auszuwildern, müssten die aus dem Ausland beschafft werden, was dann wiederum Probleme betreffs Reinheit der Abstammung ergibt.

Was den "Schaden" an anderen Arten betrifft: Vorwiegende Beute hier lokal: Blässhühner aber auch Krähen, Waldkäuze, Graureiher, habe aber auch schon Rotmilan, Baumfalke, Rohrdommel, Nachtreiher etc. als Uhubeute vorgefunden. Im Siedlungsgebiet dann noch Meerschweinchen, Kaninchen, Storch ( behinderter in einer Station) etc.

Konkurrenzsituation vor allem mit Wanderfalken.
 
Bezüglich der Bedenken, Stichwort "Hier wird gefordert, dass man erstens eine verlässliche Genanalyse hat, dass es garantiert reine "Alpenuhus" sind" und"autochthones Material" bin ich gerade im Netz (im Zusammenhang mit einer anderen Spezies) auf folgenden Satz gestossen:

Zudem gibt es viele Individuen, die ausgewildert werden könnten – nach Möglichkeit mit einer hohen genetischen Diversität, um die Gefahr einer Endogamie zu verringern.

Man kann also auch anders herum argumentieren ;-)

Beste Grüsse,
tox
 
@Peregrinus
Das würde für die Zukunft betreffs Windkraftanlagen auch bedeuten: Wer damit nicht zurechtkommt hat hier nichts verloren. Ich denke so einfach dürfen wir es uns nicht machen.
Der Einwand ist berechtigt. Nur dürfen wir nicht vergessen, dass wir im Grunde genommen keine gänzlich unbeeinflussten Gebiete mehr haben und die Uhus (und überhaupt alle Lebewesen) irgendwo mit dem Wirken des Menschen zurecht kommen müssen. Viele Arten profitieren ja auch davon, der Uhu auch. Viele brüten inzwischen in Steinbrüchen und können dadurch Gebiete erschließen, die sie ohne den Menschen gar nicht nutzen könnten. Die Windkraft wiederum muss man in der Tat differenziert sehen. Die Vögel haben gar keine Chance, sich hier anzupassen. Die Rädchen schießen wie die Pilze aus dem Boden und negative Erfahrungen sammeln die Vögel hier nur einmal.

Zum Prädator Steinadler: Wir haben hier Uhus und Steinadler und mir wäre kein Fall von bedeutender Prädation bekannt.
Bedeutend nicht, nein. Aber es kommt vor, quasi als "Gelegenheitsprädator".

VG
Pere ;)
 
Vorwiegende Beute hier lokal: Blässhühner aber auch Krähen, Waldkäuze, Graureiher, habe aber auch schon Rotmilan, Baumfalke, Rohrdommel, Nachtreiher etc. als Uhubeute vorgefunden. Im Siedlungsgebiet dann noch Meerschweinchen, Kaninchen, Storch ( behinderter in einer Station) etc.

Hier im südlichen Österreich fressen die Uhus im Sommerhaljahr hauptsächlich Igel. Im Winter recht viele Vögel: Krähen, Tauben, Drosseln, sowie Waldohreule, Waldkauz und Mäusebussard. Feldhase hab ich schon zwei mal an der Rupfkanzel gesehen, einmal sogar ein Rehkitz.

LG
 
Thema: Auswilderung von Uhus
Zurück
Oben