Auszug Handbuch für Ws.. Georg A. Radtke, Haltung

Diskutiere Auszug Handbuch für Ws.. Georg A. Radtke, Haltung im Forum Wellensittich Allgemein im Bereich Wellensittiche - ich suchte etwas Anderes und stolperte über diese Zeilen von 1982. Verlag Kosmos. Ich gehe davon aus das dieses Buch nicht mehr erhältlich ist...
"Warum fällt niemandem dieser Widerspruch auf?"
Ich glaube, ich verstehe, was Du meinst, aber erkläre ruhig noch etwas ausführlicher!

Das Beispiel mit der Tierhaltung in Zoos stimmt mich natürlich noch nachdenklicher. Einerseits können besonders Kinder in Zoos viel über Tiere lernen - andererseits wird es nicht machbar sein, jede Tierart entsprechend ihrer Bedürfnisse zu halten.

Das Wort "Haltung" (bzw. "halten") zeigt meiner Meinung nach doch schon das Dilemma: Fest"halten" - am Leben er"halten", vielleicht noch: die Art er"halten". - Mehr nicht, oder habe ich was übersehen?
Leider fällt mir auch kein anderes Wort ein, was ausdrückt, worauf es uns hier ankommt.

Natürlich können Wellies alleine "gehalten" werden - die meisten verkraften das irgendwie. (Eben nur irgendwie, leider.) Aber es ist ethisch nicht zu vertreten, weil sie dadurch häufig krank werden, besonders was das Verhalten betrifft. Also sollten sie nicht alleine gehalten werden! Heutzutage hat doch niemand mehr genug Zeit, sich so sehr um einen Wellie zu kümmern, daß er nicht krank wird! Außerdem bleibt das Problem der Fixierung auf den Menschen, und was wird aus Wellie, wenn dieser Mensch sich nicht mehr um ihn kümmern kann?

Sie sollten nicht alleine gehalten werden, aber sie können alleine gehalten werden - in diesem Zusammenhang hab ich hier in den VF schon häufiger Beiträge gelesen, in denen das nicht sorgfältig unterschieden wird.
Wenn nicht sorgfältig unterschieden wird, kann das neue Probleme erzeugen, denn die Glaubwürdigkeit der Quelle einer verallgemeinernden Aussage: "können" nicht alleine gehalten werden ist in dem Moment futsch und dahin, wenn man erfährt, daß einzeln gehaltene Wellies 15 Jahre oder so alt wurden. Unsere zumindest wurden so alt, denn als ich Kind war, war es leider durchaus noch üblich, nur 1 Wellie zu haben, mit den heute immer noch häufigen Begründungen und Ansprüchen "... wird sonst nicht zahm".

@Anred
Salon und Statussymbol - genau! So kann ich mir das auch vorstellen. Das ist detaillierter als meine Überlegung zu den Veränderungen der Wohnbedingungen, weil es den Aspekt "wer es sich leisten kann" mit berücksichtigt.
 
Blindfisch schrieb:
Natürlich können Wellies alleine "gehalten" werden - die meisten verkraften das irgendwie. (Eben nur irgendwie, leider.) Aber es ist ethisch nicht zu vertreten, weil sie dadurch häufig krank werden, besonders was das Verhalten betrifft. Also sollten sie nicht alleine gehalten werden! Heutzutage hat doch niemand mehr genug Zeit, sich so sehr um einen Wellie zu kümmern, daß er nicht krank wird! Außerdem bleibt das Problem der Fixierung auf den Menschen, und was wird aus Wellie, wenn dieser Mensch sich nicht mehr um ihn kümmern kann?
Richtig, Wellis KÖNNEN alleine gehalten werden. Man kann eigentlich alles, nur im Sinne der Tiere sollte man es NICHT machen. Einzelvögel werden mit der Zeit schlichtweg zu seelischen Krüppeln und verkümmern innerlich, nur sie zeigen ihr Leid, wie viele andere Papageien/Sittiche, nicht. Es können eigentlich 10 Menschen in einer Wohnung leben, also ist immer einer anwesend, nur sind Wellis soziale Wesen, die soziale Kontakte mit Artgenossen brauchen und keiner dieser Kontakte kann der Mensch dem Welli geben. Wenn ein Mensch richtig kraulen, füttern, schmusen, schnäbeln, zanken und mit dem Welli durch die Gegend fliegen kann, sowie ununterbrochen, also 365 Tage im Jahr anwesend ist, kann man einen Einzelvogel halten. Aber, diese Kriterien kann kein Mensch wirklich erfüllen, deswegen ist Einzelhaltung für mich Tierquälerei.
 
Zitat:"Die Frage war wieso kam es dann irgend wann beim Welli dazu diese einzeln zu Halten."
Ich würde ganz einfach sagen: purer menschlicher Egoismus. Und menschliche Einsamkeit vielleicht auch.
Jedenfalls dürfte das Halten eines einzelnen Wellensittichs unter den Begriff "soziale Sodomie" fallen, womit Konrad Lorenz zwar eher meinte, wenn man seinen Hund anderen Menschen vorzieht, welcher aber hier sogar noch besser passt.
 
@Daniel:
"Wenn ein Mensch richtig kraulen, füttern, schmusen, schnäbeln, zanken ..."
Richtig!!! Und dann erreichen wir die Grenze zur artgerechten Menschenhaltung ... :) *ggggg*


Und dabei fällt mir spontan ein, daß es noch gar nicht so lange her ist, daß Kinder und Jugendliche gesellschaftlich eine so gute Position hatten wie heutzutage (früher: Kinderarbeit, Kinderreichtum als unausweichliches Armutsschicksal für die breiten Massen, keine eigenen Betten (mehrere schliefen in einem Bett oder auf einer Bank, ein eigenes Zimmer war unvorstellbar, keine kostenlose Schule für alle, Erziehung eher Drill denn Bildung, Schläge und Strafen als übliches Mittel der Erziehung, Lehrer eher autoritär denn pädagogisch, für die Lehre mußte Geld bezahlt werden, das "Lehrgeld", keine richtig freie Berufswahl, etc.) - - - obwohl mir der heutige Zustand auch nicht mehr so ganz optimal erscheint (Kinder und Jugendliche als Konsumenten (sowie als Wähler) entdeckt und umworben/manipuliert, Lernen für Noten und Zeugnisse denn für Bildung und einen gesicherten Beruf, Bildungschancen wieder stärker vom Portemonnaie der Eltern abhängig, Anerkennung stark von Leistungen auch in außerschulischen Bereichen abhängig, etc.

Also, je häufiger ich über das Thema nachdenke - desto mehr denke ich, daß im 19. Jahrhundert die Entwicklungen wieder hin zur Einzelhaltung von Wellensittichen ähnliche Auslöser hatten wie Entwicklungen im Bereich Pädagogik/Erziehung. Aber, da ich halt in der Schule mit dem Fach Geschichte nichts anfangen konnte, kann ich mich auch um 50 oder mehr Jahre verschätzt haben. Kann nicht mal jemand mit mehr Geschichtswissen sortieren??? Vielleicht sollte man auch mal wieder ins Museum gehen, frühere Wohnverhältnisse anschauen und so.


@Gunna:
Nun hat sich im Laufe der Jahrhunderte halt nicht nur die Haltung der Wellies geändert.

Ich denke, man kann die Veränderungen damals nicht so bewerten, als wenn ein und dieselben Leute von heute aus ethischen und Vernunftsgründen einige Jahre lang 2,4, viele Wellies halten - - - und dann auf einmal sagen: Ne, das mach ich nicht mehr, ich will nun noch 1 Wellie und der soll zahm sein, sprechen soll er können, Kunststücke soll er zeigen, mein treuer Freund soll er sein ...


@Hans-Jürgen:
Dein Thema ist suuuuuper!!!!!!!!
Damit könnten sich einige Schüler, wenn sie diplomatisch und ausdauernd genug sind, sehr gute Noten in Geschichte holen!!!!!

In der Zwischenzeit kam ich mit einer Pädagogikstudentin kurz vorm Diplom ins Gespräch und fragte sie nach ihrer Einschätzung. Wir hatten eine nette Unterhaltung!
Also: Um Genaueres herauszufinden, müßte man wissen, auf welche Länder und Regionen sich dieser Wechsel wann zuerst und wann danach bezog, weil damals in Europa sehr viele Umbrüche und diese in den Ländern und Regionen zu unterschiedlichen Zeiten stattfanden und unterschiedlich abliefen. Industrielle Revolution - soziale Entwicklungen - Soziale Unterstützungen - Schulpflicht. Erinnert Euch bitte: Kinderarbeit, soziale Verelendung, Wohnungselend, etc. - Unterschiedliche Entwicklungen z.B. in Süddeutschland und England. - Das war doch in der Zeit, oder täusche ich mich?
Wie lebten und wohnten die Menschen denn damals - Großfamilie mit Anhang, Schlafstube mit Betten für die Eltern, Großeltern und anderen Erwachsenen (Knecht, Magd), mehrere in einem Bett, und auf Holzbänken drum herum schliefen die Kinder. Oder?
Natürlich gab es immer welche, denen es besser ging.
Doch in Geschichtsbüchern findet man normalerweise wesentlich mehr über die zahlenmäßige Minderheit von Menschen, nämlich über die, denen es gut ging.

Außerdem gab es im Denken (ich meine Philosophie, Theologie, Pädagogik, Psychologie-Psychiatrie) viele unterschiedliche Entwicklungen, Revolutionen.
 
Blindfisch schrieb:
@Daniel:
"Wenn ein Mensch richtig kraulen, füttern, schmusen, schnäbeln, zanken ..."
Richtig!!! Und dann erreichen wir die Grenze zur artgerechten Menschenhaltung ... :)
Eigentlich sollte dies nur zeigen, dass der Mensch eben die Dinge, die ein Welli am meisten braucht, nicht erfüllen kann und somit eine Einzelhaltung untragbar für Wellis ist. ;)
 
Daniel88 schrieb:
Eigentlich sollte dies nur zeigen, dass der Mensch eben die Dinge, die ein Welli am meisten braucht, nicht erfüllen kann und somit eine Einzelhaltung untragbar für Wellis ist. ;)
Prima! :prima: *Mitfreu* :freude:

Ohne Dich wäre ich aber nie auf den Gedanken mit der Situation der Kinder damals gekommen. :)
Wenn das Gruppenarbeit in der Schule wäre – ich glaub, wir würden zu den besseren gehören. Oder zumindest zu denjenigen, die sich ganz besonders stark beteiligen! :D

Na ja - und bis jetzt hat ja noch niemand geschrieben, daß ich mit meinen Einschätzungen völlig daneben liege, obwohl ich ehrlich gesagt damit rechne, daß ich mich hier und da um ein paar Jahrzehnte vertan haben könnte. *ggggg*

:0-
 
Hallöle!

Habt Ihr das hier schon gesehen?

Hier http://www.russundneunzig.de/ wird u.a. ein Buchvorhaben ("Als die Wellensittiche nach Europa kamen") vorgestellt, das wird wohl thematisch ziemlich genau zu dem Thema, das Hans-Jürgen angestoßen hat, passen. :prima:

:0-
 
In der Zwischenzeit hab ich auch mal wieder Wellie-Bücher geblättert – in einem hörte es sich danach an, daß die Nachfrage nach Wellensittichen damals dermaßen riesig war, daß es nicht genug Wellies dafür gab.

Vielleicht kam man damals deshalb auf den blöden Gedanken, Wellies einzeln zu halten. Und benennt das auch noch als "Siegeszug" der Wellensittiche, die Wellensittiche "eroberten" die Haushalte als Heimtier etc.

Dann wäre der Auslöser wohl der olle Markt mit seinen Angebots- und Nachfrage-Mechanismen gewesen.

:0-
 
Bin mal wieder hier gelandet - und frage mich, ob vielleicht J.-J. Rousseau und seine Bücher auch einen Einfluß hatten?????

:0-
 
Thema: Auszug Handbuch für Ws.. Georg A. Radtke, Haltung

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