Hallo Andi,
um ein Missverständnis klarzustellen, ich selbst züchte keine Gesangs-, sondern Positurkanarien. Ich warte aber trotzdem gespannt auf den Beweis, dass es den Vögeln dabei schlecht geht... siehst Du, das ist genau was Zugeflogen angesprochen hat. Woher will jemand der, wie Ulrike schreibt, sich nur durch einen fünfminütigen Beitrag informiert hat, beurteilen wie sich ein Vogel fühlt? Rein subjektive Denkweisen wie Megaturtle's Gästeklo führen hier zu gar nichts. Genauso schüttele ich oft den Kopf über die hier manchmal als ach so artgerecht beschriebene Kanarienhaltung, bei der aber lediglich oft das subjektive Empfinden des Halters die Artgerechtheit festlegt. Das ist der "Konflikt" zwischen den angeblich pokalgeilen, tierhassenden Züchtern (danke, Zugeflogen
) und den Vogelhaltern deren Vögel alle Namen haben (nicht, dass ich das verurteilen wollte), die pausenlos mit Obst und Grünzeug überschüttet werden (obwohl sie Körnerfresser sind), deren Biorhythmus nicht durch die Natur sondern durch den Halter bestimmt wird - Lichtdauer, Temperatur, Futtermenge bzw. Nährstoffgehalt des Futters - alles immer gleich - das kommt so in der Natur nicht vor, ist dass dann "artgerecht" ? Ihrem natürlichen Instinkt sich zu vermehren dürfen sie auch nicht ungehindert nachkommen. Kanarienvögel sind auch beispielsweise keine reinen Schwarmvögel, und sie haben zur Brutzeit ein relativ stark ausgeprägtes Revierverhalten... all das sind Dinge, die aber oft zugunsten der "Artgerechtheit" und "Tierliebe" vernachlässigt werden. Ich schreibe "Tierliebe" in Anführungsstrichen, weil ja oft den Vogelzüchtern vorgeworfen wird, ihre Tiere nicht zu lieben, sondern sie nur als "Pokalbeschaffer" und "Ehrgeizbefriediger" zu missbrauchen. Dabei würde kein normaler Mensch sich derart viel Arbeit aufhalsen und derart viel Zeit investieren nur um einen Pokal zu gewinnen, oder? Gerade die Gesangskanarienzucht ist extrem zeitaufwendig, deswegen sind in dieser Sparte auch zum Großteil Rentner zu finden. Natürlich hast Du vollkommen recht, dass nicht ausdrücklich gesagt wurde, dass das nicht die normale Art der Haltung ist. Aber wie zu sehen war, hatte der Züchter ja auch
Volieren. Für ganz so dumm halte ich ehrlich gesagt den Durchschnittszuschauer nicht
. Zu den Gesangsbauern, die Vögel werden langsam an diese gewöhnt, und man merkt es einem Vogel schon an, ob er sich eingewöhnt hat oder nicht. Spätestens beim Herausnehmen der Bauer aus dem Schrank wären die Tiere wild herumgeflattert, hätten sich ans Gitter gehängt und ganz sicher hätten sie nicht gesungen. Offensichtlich kannten sie die Käfige und auch ihren Besitzer ziemlich gut. Ja, ich weiß, jetzt kommen wieder die Argumente, trotzdem sind diese Käfige zu klein, die Vögel können ja nicht drin fliegen. Andererseits ist kein Kanarienvogel den ganzen Tag fliegenderweise unterwegs. In der Natur fliegt ein Vogel ja auch nicht ziellos herum, nur weil er Lust hat sich zu bewegen, wie beispielsweise ein Jogger. Er fliegt z.B., besonders in der Brutsaison, weil er Nahrung sucht. Die Natur würde eine solche "Energieverschwendung" bei einem Tier wohl kaum zulassen, denn es muss immer darauf vorbereitet sein, dass die Nahrungsressourcen knapp werden und es seine Energie benötigt. Eine brütende Henne bzw. eine Henne mit Jungen im Nest fliegt vier Wochen lang fast überhaupt nicht (idealerweise, wenn ihr Hahn sie füttert), weil sonst die Eier/Jungen kalt würden oder (in der Natur) von Räubern geholt würden. In Gefangenschaft hat sie ihren Futternapf in "greifbarer" Nähe, wohin sollte sie fliegen?
Dafür dass ich mich nicht mehr äußern wollte, ist mein Beitrag ja doch ziemlich lang geworden
Was ich eigentlich nur zum Ausdruck bringen wollte, ist dass es verschiedene Betrachtungsweisen gibt und vor allem, dass ein pokalgeiler Vogelzüchter seine Tiere genauso liebt wie ein Halter von zwei Kanarienvögeln. Übrigens, die meisten Züchter haben auch klein angefangen - Pokale gewinnt man nicht so schnell und nicht so leicht
Wenn meine Tiere nicht wie wild im Käfig herumflattern, wenn sie körperlich gesund sind, ein sauberes ordentliches Gefieder haben, wenn sie ordentlich durchmausern, wenn sie sich vermehren, wenn sie singen und allgemein in guter Verfassung sind, dann gehe ich davon aus, dass es ihnen gut geht - kann das so falsch sein? Man ist mit dem Wort "Tierquälerei" leider oft viel zu schnell bei der Hand - vielleicht auch, weil Tiere viel zu oft vermenschlicht werden, weil ihre natürlichen Instinkte als menschliche Gefühle interpretiert werden und man sich keine Vorstellung davon macht, dass es vielleicht doch im Leben beispielsweise eines Kanarienvogels andere Prioritäten gibt als im Leben seines Halters, und dass der Vogel vielleicht anderer Ansicht sein könnte. Natürlich kann auch ich nicht in den Kopf eines Vogels hineinsehen, das kann wohl keiner, und ich kann ihn auch nicht fragen "wie geht's Dir denn heute so?", ich kann das auch nur an seinem Verhalten und seinem äußeren Erscheinungsbild ablesen. Wenn ich dies allerdings tue indem ich ihn ständig mit mir vergleiche, dann werde ich natürlich etliche Beweise für "Tierquälerei" finden, und das ist genau das was ich eingangs sagen wollte.
Viele Grüße
Moni