Hallo Rosita!
Mal schaun, ob wir Dir hier nicht doch gemeinsam etwas weiterhelfen können. Nicht ganz einfach, da wir die genauen Umstände ja nun wirklich nicht im Detail kennen. Aber dennoch, vielleicht liest Du dies einfach mal durch und überlegst Dir dann inwieweit bestimmte Kommentare auf Euren Fall anwendbar sein könnten.
Wenn Lebewesen ein Verhalten an den Tag legen, dann deshalb, weil es sich in irgendeiner Weise für sie lohnt. Leider ist Beissen ein „selbstbelohnendes“ Verhalten, aber ich denke darüber hinaus, könnte man sich einige Gedanken machen, warum Lori es ausserdem noch tut.
Erst mal ungeachtet der Motivation ein paar Worte zum Thema Aggression. Diese entsteht häufig durch Angst – sprich der Vogel wehrt sich. Leider ist es so, dass jede Art des Stresses Aggresionen verstärkt. Deshalb sind Maßnahmen wie Käfig abdecken, anschreien, anspritzen, „Einzelhaft“, oder was auch immer nicht zielführend, wie Du ja auch selbst schon bemerkt hast. Sie erhöhen den Stress für das Tier und somit seine Aggressionen.
Zurück zum Thema Motivation – warum ist es für Lori interessant zu beissen? Es gibt die verschiedensten Möglichkeiten, z.B. Rivalen ausschalten, Territorium verteidigen, Aufmerksamkeit bekommen. Bei einem sehr jungen Vogel, wie Lori es ja war, als Ihr sie bekamt, ist Rivalität und Territorium verteidigen eher unwahrscheinlich, insbesondere weil sie ja als Fremdkörper sozusagen in ein neues Territorium hineinkam.
Aufmerksamkeit bekommen, scheint bei Papageien ein sehr wichtiges Thema zu sein. Lori beisst und irgend jemand schreit, stürzt zu Ihr hin, es gibt „Drama“ irgendwelcher Art. Auch das Drama lieben Papageien. Das könnte also durchaus ihre Belohnung sein. Um das Verhalten zu stoppen, muß eben diese Belohnung entzogen werden. Also, so schwer es fällt, nicht drauf reagieren. Um dies zu Vereinfachen, auch eben wieder darum weil das Beissen an sich ja schon eine Belohnung sein kann, muss man absolut vermeiden gebissen zu werden.
Dies kann durchaus bedeuten, dass man sie eine Zeitlang nicht aus der
Voliere rauslässt, sondern nur mit ihr im Käfig übt. Oder dass man sie nicht mehr auf die Schulter lässt. Welche Massnahmen Du einleiten musst, um das Beissen vorerst zu vermeiden, hängt von den Situationen ab, in denen gebissen wird.
Du hattest gesagt, dass sich das Beissen durch das Clicker Training verstärkt hat. Wenn dem so ist, dann wurde irgendwie durch das Training das Verhalten bestärkt. Nun war ich nicht dabei, kann also nicht beurteilen, was da tatsächlich stattgefunden hat. Wenn Du tatsächlich ihr Fehlverhalten komplett ignoriert haben solltest, dann könne das aufgetreten sein was man den „extinction burst“ (EB) nennt. D. h. Ausmerzungsschub. Dieser EB ist ein vermehrtes oder verstärkes Auftreten des unerwünschten Verhaltens bevor das Lebewesen mit diesem Verhalten ganz aufhört.
Dies ist folgendermaßen zu erklären: Nimm an Lori beisst und wird dafür „belohnt“. Nun beisst sie und es passiert nichts. „Nanu“, denkt sie und beisst noch ein paarmal. Wieder passiert nichts. Dann beisst sie ein paarmal sehr sehr heftig. Wieder passiert nichts. Schlussendlich gibt sie das Beissen auf, weil es sich nicht lohnt. Als Du sagtes, dass es durch das Training schlimmer wurde ist vielleicht genau so ein „Ausmerzungsverhalten“ passiert. Das Dumme ist, wenn man sich dann doch hinreissen lässt zu reagieren. Dann hat sie gelernt, das Sie nur entsprechend hartnäckiger und rabiater sein muss, damit es sich lohnt. Also hat man genau das Gegenteil von dem erzielt, was man eigentlich wollte. Demnach, unbedingt Zähne zusammenbeissen und durchhalten mit viel Geduld!
Auch das Clickertraining geht nicht von heute auf morgen, ich bin im elektronischen Gespräch mit Leuten, wo es mehr als ein halbes Jahr des täglichen Übens gebraucht hat, um aus einem gemeinen Beisser einen verträglichen Vogel zu machen. Schnelle Patentlösungen sind mir leider nicht bekannt.
Wichtig ist, dass Du jedes positive Verhalten bestärkst. Wobei sich die Belohnung in Ihren Augen und nicht in Deinen lohnen muss. Also, wenn es für sie am allerschönsten ist, wenn Du laut den Ententanz vorsingst und tanzt (oh, Graus!) dann musst Du eben das machen (glücklicherweise reicht meist ein besonderer Leckerbissen, den sie sonst nie bekommt <grins>). Wenn ishc das psotive Verhalten wirklich für Lori lohnt, dann iwrd sie das immer öfter anbieten, weil es sich für sie lohnt. Dabei fällt sich nicht lohnendes Verhalten mit der Zeit von selbst weg.
Liebe Rosita, wie weit wohnst Du denn von Frankfurt weg? Wenn es nicht allzuweit ist, bin ich gerne bereit mal zu Dir zu kommen und ein bischen mit Lori und Dir zu üben, oder Du kannst zu mir kommen und mal anschauen, wie ich das mache. Es ist wirklich schwierig, so ein Training nur durch darüber Lesen zu erlernen. Bei mir kommt ja auch noch immer so ca. alle 2 Wochen der Trainer vorbei. Es ist einfach erstaunlich, was man so alles falsch machen kann ohne es zu bemerken. Und wenn man drauf hingewiesen wird, ist es so offensichtlich, dass man sich vor den Kopf schlägt, „Duhhh“, und sich fragt warum man nicht von selbst schon längst drauf gekommen ist.
Liebe Grüße,
Ann.