Moin Camilla!
Meiner Ansicht nach ist das Anbieten eines Nistkastens nicht primär dafür verantwortlich, ob der Bruttrieb ausgelöst wird oder nicht.
Ob der Bruttrieb einsetzt, hängt vielmehr von einer Reihe anderer Faktoren ab wie u.a.
klimatische Bedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Sonnenscheindauer), damit zusammenhängenden Faktoren wie vor allem Nahrungsangebot, sowie bei den Arten , die
nicht in lebenslanger Partnerschaft leben, von der Anwesenheit eines Geschlechtspartners.
Von den steppenbewohnenden Wellis weiß man inzwischen, daß die Weibchen sehr schnell auf ein ausreichendes Nahrungsangebot mit dem Einsetzen des Bruttriebes reagieren.
Bei bspw. den Regenwald mit seinem reicheren Nahrungsangebot bewohnenden Papageien können da eher andere Faktoren ausschlaggebend sein wie bspw. das Einsetzen der Regenzeit (Aras).
M.E. beginnen zumindest die nomadisch lebenden Papageienarten erst, wenn sie in Brutstimmung sind, sich eine Nistgelegenheit zu suchen. Finden sie keine, so kommt es auch nicht zur Brut (wobei sie sich zur Not auch mit ungünstigen Brutplätzen zufrieden geben).
Die eher standorttreuen Arten, die vielleicht sogar wie oft die Agas ihre Nistgelegenheit das ganze Jahr über als Schlaf- und Zufluchtplätze benutzen, beginnen auch erst, nachdem sie in Brutstimmung sind, sie als Nester zu gebrauchen.
Insofern erscheint es mir wahrscheinlich, daß ein Nistkasten nicht der eigentliche Auslöser des Bruttriebes sein kann.
Bei den in Menschenhand lebenden Papageien sieht das aber insofern anders aus als das die Vögel eigentlich das ganze Jahr über optimale Brutbedingungen vorfinden.
(Vielleicht kann man sogar davon sprechen, das sie deshalb latent permanent in Brutstimmung sind?)
Ob es dann zur Paarung und zur Brut kommt, hängt dann natürlich vor allem davon ab,
ob sie eine Nistgelegenheit vorfinden, d.h. ob ihnen ein Kasten angeboten wird.
Nicht selten beobachtet man bei Paaren, die keinen Kasten angeboten bekommen haben, das sie jede Ecke und jeden Winkel eines Zimmers beim Freiflug erforschen, um eine Nistmöglichkeit zu finden oder zu schaffen.
Allerdings paaren sich auch oft Papas, ohne das eine Nistgelegenheit vorhanden ist und ohne das es dann zur Eiablage kommt. Hier gibt es zweifellos eine Art
"Schutzmechanismus", der die Bildung und Ablage von Eier verhindert, wenn keine Nistgelegenheit vorhanden ist.
Sicherlich aber gibt es darüberhinaus individuelle Unterschiede in der Ausprägung des Bruttriebes: ist bei einem Papa der Bruttrieb stärker ausgeprägt, so werden u.U. auch Eier einfach auf den Boden des Käfigs gelegt. Ja, der Bruttrieb kann so übermächtig sein, daß sogar ohne Geschlechtspartner Eier gelegt werden.
Das dies bei bestimmten Arten vergleichsweise häufig der Fall ist, kann m.E. auch Ergebnis einer Zucht sein, die sich diese unterschiedlichen individuellen Ausprägungen zunutze machte: Züchter haben natürlich u.a. auch Wert auf ein gutes Zuchtergebnis gelegt, d.h. es wurden vor allem solche Tiere miteinander verpaart, deren Eltern sich häufig miteinander verpaarten und zuverlässig brüteten und Junge aufzogen, und die daher das Merkmal
"ausgeprägter Brutrieb" in sich trugen.
So sind im Laufe der Zeit Zuchtstämme entstanden mit Tieren, deren Merkmal ein übermäßig starker, eventuell auch von Umweltbedingungen unabhägigerer Bruttrieb ist (bei Springsittichen bspw. fanden sich Tiere, die bis zu 12 Eier je Gelege legten und dies mehrmals im Jahr).
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Tschüss Rüdiger