Liebe Miriam,
ich würde auch in Rüdigers Fußstapfen steigen und meinen, daß das Rupfen mittlerweile ein Gewohnheitsverhalten angenommen hat - eine Verhaltensstörung, die sie aus ihrer Zeit als Einzeltier (?) mitgebracht hat.
Ich kenne es selbst gut, daß einige Hennen ein regelrecht provozierendes Verhalten an den Tag legen, um ihren Unmut auszudrücken. Ich kenne das von einem Welliweibchen, welches mich regelmäßig zum Wahnsinn treibt, wenn sie brutlustig wird und ich ihr nicht gleich einen Nistkasten hinstelle. Erst gestern wieder war's soweit und sie hat sich vor meiner Nase an das Futterkarussell gestellt, um dann - trotz meines Schimpfens - oder vielleicht gerade deswegen? - einen Schnabelvoll nach dem anderen von dem Futter aufzunehmen und mir fast vor die Füße zu werfen. Das hat mich freilich doppelt geärgert, da ich das Futter rationiere, ergo, wenn sie alles rauswirft, kommen andere zu kurz. Dabei hat sie sich wie eine Wahnsinnige gebärdet, mich angedroht, ist von einem Futternapf in (!) den anderen gesprungen, als wolle sie im Futter baden. Dann hat sie mal wieder mit einer ganz neuen (leider flugunfähigen) Wellidame gestänkert, um dann wieder ihren Protest gegen mich loszulassen.
Na ja, ich hab es jedenfalls geschnallt, was sie hatte und so verschwand die Henne innerhalb von 3 Sekunden, nachdem ich zwei Nistkästen auf den Boden (!) gestellt hatte, in einem davon und seit dem ist sie deutlich friedfertiger. Sie vertreibt jetzt zwar alle neugierigen Hähne ringsum, aber beschäftigt sich friedlich mit dem Kasten (und den anderen Kästen natürlich, denn es fällt irgendwie immer schwer, sich für einen zu entscheiden...).
Hier war die Unzufriedenheit leicht abzuwenden, wie man am besten bei Deinen Nymphen verfährt, ist nicht so leicht zu sagen. Das Nicken und Schnabelklopfen des Hahnes ist schon irgendwie Balzgehabe, daß er alles mögliche bebalzt, aber nicht die Henne, kann sagen, daß er entweder nicht ganz sauber geprägt ist oder aber die Henne nicht nach seinem Geschmack. Daß er aber freilich das Gerupfe nachäfft, müßte von innerer Verbundenheit zu ihr oder von absolutem Spieltrieb zeugen. Trotzdem kann so eine Rupferei nicht angenehm sein, also warum imitiert er Dinge, die ein normaler Vogel als unangenehm empfindet? So gesehen haben wohl beide ihre Macken, der eine mehr, der andere weniger.
Um die Henne erst einmal abzulenken, würde ich ihr trotz fehlender Paarung einen NIstkasten anbieten. Vielleicht legt sie unbefruchtete Eier (um sicherzugehen, wenn Du keinen Nachwuchs möchtest, solltest Du sie trotzdem anpieken) und widmet sich ihren Brutgeschäften, obwohl es mit den beiden noch nicht gänzlich klappt. Das dürfte zumindest dem Seelenfrieden der Henne dienen und dem Hahn manche verlorene Feder ersparen, da sie sich kaum die Zeit nehmen wird, ihn weiterhin zu rupfen. Vielleicht besinnt sich der Hahn auch seiner natürlichen Triebe und das Verhältnis der beiden festigt sich.
Unterm Strich, bei solchen Fehlverhalten kann man den Erfolg nicht in Tagen messen, das braucht viel, viel Zeit. Ablenkung hat bei Rupfern immer noch die größten "Heilungschancen", sofern es so etwas überhaupt gibt. Gegen übersteigerten Putztrieb ist freilich kein Kraut gewachsen, das muß man tolerieren, sofern die Vögel es selbst auch tun. Das einzige, was man tun kann, wäre dafür zu sorgen, daß sich dieses Verhalten nicht auf Nachkommen überträgt, also die Tiere keinen Nachwuchs großziehen.
Die beiden zu trennen, muß nicht unbedingt den Erfolg bringen. Der Henne wird es ganz sicher überhaupt nicht bekommen, ihren einzigen Gefährten zu verlieren und irgendwo wieder neu anzufangen und auch der Hahn sollte irgendwann einmal zur Ruhe kommen. Ich persönlich würde bei der Henne ansetzen und ihren Tatendrang in eine geordnete Richtung zu bringen. Benimmt sich die Henne wieder normal, gibt es auch keinen Grund, weshalb sie den Hahn negativ beeinflussen sollte. Vorausgesetzt natürlich, die Beziehung zwischen beiden ist - mal abgesehen von dem unbefriedigten Paarungsdrang der Henne - soweit normal.
Gruß, Silke.