bella schrieb:
Eine WHK-Henne und ein Molukkenhahn?
Zur körperlichen Konstitution kommt dann noch der Größenunterschied- warum die Henne nicht gleich auf den Müll schmeißen?
Das muß nicht sein. Das ist zu schematisch betrachtet. Der Unterschied an Körpergröße ist nicht entscheidend. Wenn ein Hahn "ausrastet", hat erfahrungsgemäß auch eine körperlich überlegene Henne keine Chance. Ich kenne einen Fall, da hat eine sehr dominante WHK-Henne "ihren" WHK-Hahn "verlassen" (fortan gehackt und abgelehnt), nachdem sie sich in einen Molukken-Hahn, der eigentlich nur zu Besuch (Urlaubspflege) bei Bekannten von uns da war, "verguckt" hatte. Das neue, "artfremde" Liebespaar wurde verpaart und kam prächtig miteinander aus. Die Weißhaubenhenne war glücklich mit ihrem Molukken und himmelte ihn geradezu an. Der vereinsamte WHK-Hahn wurde mit unserer damals noch allein lebenden Weißhaubenhenne verpaart. Anfangs ging es sehr gut, später wurde der Hahn aggressiv, so daß wir sie, wenn sie unbeaufsichtigt waren, trennen mußten. Das war vor über 20 Jahren.
In einem anderen Fall habe ich beobachtet, wie (auf einer Vogelausstellung) ein riesiger Molukkenhahn von einem Goffinskakadu total verprügelt wurde, so daß die Tiere aus der großen Gemeinschaftsvoliere entfernt und getrennt werden mußten. Der Molukkenkakadu lag angstkreischend auf dem
Volierenboden und wehrte sich nicht. Der Goffinskakadu auf ihm drauf und hackte auf den Großen ein. Hätte der Molukke nur ein einziges Mal zurückgebissen, wäre es für den Goffin das Ende gewesen.
Facit: Es kommt nicht auf die Körpergröße an, sondern auf die mentale Stärke und das Maß der Harmonie einerseits bzw. Aggression andererseits. Der Größere muß nicht dominant sein.
Deshalb ist auch der Tip, den ein bekannter Vogeldoc den Besitzern einer meiner Patientinnen (WHK-Henne, Rupfer, extrem verschüchtert, appetitlos, kein Selbstbewußtsein, depressiv, seit sie von "ihrem" damaligen Hahn unterdrückt wurde) gab, sie mit einem kleineren Hahn zu verpaaren (Goffins, Orangehauben), weil sie dann im Falle einer Auseinandersetzung bessere Chancen hätte, Kappes. Gerade die kleinen Kakadus, besonders Orangehauben und Goffins, sind oft aggressiver als die großen.
Bei unserem jetzigen, bislang sehr gut harmonierenden Weißhaubenkakadupaar ist der Hahn ein Riese (fast wie ein Molukke), sie ist dagegen außerordentlich zierlich und schmal. Sein Schnabel ist fast doppelt so groß wie ihrer. Und trotzdem ist sie "der Chef" und setzt sich, z.B. bei Streit um Spielzeug, fast immer gegen ihn durch, sitzt auch im Zweifel auf dem höchsten "Chefplatz", sofern sie nicht, wie meistens, zusammengekuschelt sitzen. Er ist ein lieber, gutmütiger Dödel, der sein Aggressionspotential am liebsten mal an mir ausläßt (wir nennen das "Herrenspiele" oder "Hahnenkämpfe", weil er nicht nur seine Daisy, sondern auch meine Frau Susanne gegen mich "verteidigt"), sie ist ein äußerst selbstbewußtes, willensstarkes Persönchen und ihm deshalb trotz der hoffnungslosen körperlichen Unterlegenheit mental überlegen. Sollte er, was wir nicht hoffen wollen, irgendwann mal ausrasten und aggressiv werden, hätte sie natürlich körperlich gegen ihn nicht den Schatten einer Chance. Aber kann das eine entscheidende Überlegung sein, solange sie so gut harmonieren?
Also die Dinge nicht schematisch beurteilen, sondern immer Körper, Psyche und Geist als Einheit sehen.
Liebe Grüße,
Thomas