Handaufzucht bei einem Ziegensittich....

Diskutiere Handaufzucht bei einem Ziegensittich.... im Forum Ernährung im Bereich Allgemeine Foren - Hilfe, Hilfe, ich habe ein Ziegensittichpaar, das 10 (!) Eier gelegt hat. Acht sind geschlüpft, eins ist gestorben und das kleinste konnte sich...
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Gregor

Guest
Hilfe, Hilfe,

ich habe ein Ziegensittichpaar, das 10 (!) Eier gelegt hat. Acht sind geschlüpft, eins ist gestorben und das kleinste konnte sich beim Füttern nicht genug durchsetzten.... Das war vor drei Tagen, seitdem sitzt er bei uns in der Küche in seiner eigens konstruierten Brutbox, mit einem Heizkissen, vielen Kleenex und unglaublich viel Watte und das alles zwischen 34 und 39 Grad. Der (?) Kleine wird alle 2 - 4 Stunden gefüttert, ist mächtig lebhaft und schreit aus vollem Hals.

Wer kann mir Tips zu diesem Thema geben? ...über Futtermischungen, Temperatur, wie oft Füttern, welche Gewichtszunahme ist normal (wie derzeit zwischen 3 - 4 Gramm), sonstiges...... Mache ich alles richtig.

Bitte helft mir, der Kleine soll es doch schaffen!

Bis bald Euer Gregor aus Köln
 
Hallo Gregor,

Da ich selbst noch keine Ziegensittiche aufgezogen habe, kann ich dir leider nicht sagen wie die tägliche Gewichtszunahme aussehen sollte. Bei den anderen Fragen (Temperatur, Fütterung, etc.) hoffe ich, dass dir der folgende Text etwas weiterhilft (-> Siehe meine zweite Antwort, da das Ganze hier die maximale Länge überschreiten würde,.... ;)).
 
Die Frage, ob Papageien von Hand aufgezogen werden sollen, wird häufig unterschiedlich beantwortet. Eine Übersicht der Argumente für oder gegen die verschiedenen Aufzuchtmethoden finden Sie unter "[URL="http://www.vogelzubehoer.com/advanced_search_result.php?keywords=Handaufzucht"]Handaufzucht, Naturbrut oder Wildfang?"[/URL].

An dieser Stelle soll nicht weiter auf den Sinn oder Unsinn der gebräuchlichen Zuchtpraktiken eingegangen werden. Fakt ist jedoch, dass es bestimmte Situationen gibt, bei denen das Eingreifen des Menschens unbedingt von Nöten ist. So passiert es leider nicht selten, dass Papageien ihre Küken attackieren oder nicht bzw. unzureichend mit Nahrung versorgen. Häufig sind solche Probleme auf Disharmonie der Elternvögel oder andere Störungen im Brutablauf zurückzuführen.

1. Handaufzucht oder Dazufüttern?
Als erstes müssen Sie entscheiden, ob die Handaufzucht wirklich notwendig ist, oder ob lediglich das Zufüttern von Hand bereits ausreichen würde. Wenn die Eltern zu wenig füttern, die Küken aber weiterhin warm halten und pflegen, wäre die Trennung nicht unbedingt notwendig. In solch einem Fall ist es vielleicht besser, die Jungen im Nistkasten bei den Eltern zu belassen und sie nur zu den Fütterungszeiten kurz herauszunehmen. Jedoch gibt es hier häufig das Problem, dass die Küken vom Paar regelrecht verteidigt werden. Sollte das Zufüttern aus diesem Grund nicht möglich sein oder die Eltern gar nicht füttern, die Küken nicht warm halten oder sie vielleicht sogar attackieren, ist die Trennung von den Altvögeln meist unumgänglich.

2. Unterbringung der Jungvögel.
Die Umgebungstemperatur muss bei unbefiederten Küken 30-35 Grad betragen, mit zunehmendem Alter wird sie dann auf Zimmertemperatur herabgesetzt. Eine ausreichend hohe Luftfeuchtigkeit von mindestens 40-50% ist ebenfalls sehr wichtig. Im Idealfall verwenden Sie eine spezielle Aufzuchtbox, die im Fachhandel angeboten wird. Ist das nicht möglich, ist Ihre Kreativität gefragt um die benötigte Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu schaffen. Wenn eine Infrarotlampe eingesetzt werden soll, muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Küken dem Schein der Lampe nicht direkt ausgesetzt sind. Auch sollte man bei solch einer Konstruktion ständig die Temperatur im Auge behalten, damit es auch nach längerer Zeit nicht zu heiß wird. Die Küken selbst werden in eine kleinere Schale gesetzt. Wenn Sie ein einzelnes Küken aufziehen müssen, empfiehlt es sich, kleinere Kügelchen aus Küchenpapier hineinzulegen. Zumeist schläft ein solcher Jungvogel viel ruhiger, wenn er sich daran "anlehnen" kann.

3. Das Futter.
Von Eigenmischungen ist grundsätzlich abzuraten, die richtige Zusammensetzung wäre meist nur schwer zu erzielen. Am geeignetsten sind spezielle Produkte zur Handaufzucht von Papageien (z.B. Harrison, Pretty-Bird, Nutribird,..). Wenn Sie dieses Futter nicht im Zoofachhandel oder bei Züchtern in der Nähe auftreiben können, wenden Sie sich an Ihren Tierarzt. Handaufzuchtfutter wird nämlich auch zur Zwangsernährung alter oder kranker Vögel verwendet, sodass es in den Praxen meist lagernd ist. Als Alternative zu Handaufzuchtfutter, falls es wirklich nirgendwo in der Schnelle zu bekommen ist, kann HN25 (ein Brei für lactose-empfindliche Kleinkinder von Milupa) eingesetzt werden. HN25 ist in der Apotheke und in manchen Drogerien erhältlich. Sollte auch das zur Zeit nirgends lagernd sein, müssen Sie auf eingeweichten Zwieback oder ähnliches zurückgreifen. Dauerhaft ist solch ein Futter jedoch keinesfalls geeignet. Sie müssen in diesem Fall spätestens nach wenigen Tagen auf Handaufzuchtfutter oder HN25 umstellen, und dabei sehr behutsam umgehen. Fügen Sie immer nur kleine Teile des "neuen" Futters hinzu, eine abrupte Futterumstellung vertragen Papageien-Jungvögel kaum.

4. Zubereitung.
Der Brei muss vor jeder Fütterung neu gemischt werden, da er sehr schnell verdirbt. Heben Sie keinesfalls Reste im Kühlschrank auf! Bei sehr jungen Küken oder bei Vögel kleinerer Arten empfiehlt es sich, das Futter eher flüssiger als breiig anzurühren. Verwenden Sie dazu abgekochtes Wasser oder Kamillentee, vor allem mit dem Tee habe ich gute Erfahrungen gemacht. Auch ihn müssen Sie vor jeder Fütterung frisch zubereiten. Die Temperatur des Breis sollte bei etwa 38-39 Grad liegen. Zu kühles Futter kann nur schlecht verdaut werden, zu heißes Futter könnte den Kropf verbrühen. Am besten kontrollieren Sie die Futtertemperatur mit Hilfe eines digitalen Fieberthermometers.

5. Fütterung.
Die Küken müssen anfangs ca. alle 1-2 Stunden gefüttert werden, später beträgt der Abstand zwischen den Fütterungen meist 3-4 Stunden. Jedoch sollten Sie weniger bestimmte Zeitangaben beachten, als den Kropf des Vogels selbst. Füttern Sie erst nach, wenn sich der Kropf fast vollständig entleert hat. Wie gesagt verdirbt der Brei sehr schnell, sodass zurückgebliebene Futterreste im Kropf säuern könnten. Zur Fütterung verwenden Sie am besten eine Einwegspritze (ohne Nadel!), bei älteren Tieren können zurechtgebogene Löffel eingesetzt werden. Vor der Verwendung von Kropfsonden muss ausdrücklich gewarnt werden. Bei "Anfängern" auf diesem Gebiet kann es nämlich sehr leicht passieren, dass der Brei anstatt in den Kropf in die Luftröhre des Kükens gelangt. Auch stellt die Spritzen- oder Löffelfütterung eine wesentlich "sanftere" Fütterungsmethode dar. Betreffend der Futtermenge sollten Sie sich keinesfalls auf bestimmte Mengenangaben verlassen, sondern auf den Kropf des Vogels achten. Füttern Sie so viel, dass der Kropf zwar voll, aber nie prall gefüllt ist. Es hat sich bewährt, eher kleinere Mengen und dafür öfters zu füttern, als die Jungvögel "vollzustopfen".

6. Hygiene.
Nach jeder Fütterung müssen Sie die Küken selbst und alle verwendeten Utensilien gründlich reinigen. Sollte etwas Futter daneben gegangen sein, wischen Sie die Küken mit einem leicht angefeuchteten und warmen Tuch ab. Sie müssen die Jungvögel auch von eventuell haftenden Kot befreien, achten Sie vor allem auf die Füße und Zehen. Desweiteren muss das Küchenpapier innerhalb des "Brutkastens" von Zeit zu Zeit erneuert werden. Die Futterspritze und andere Gegenstände sollten Sie wenn möglich nach jeder Verwendung abkochen, zumeist besitzen die Jungvögel nur wenig Abwehrkräfte. Das ist vor allem der Fall, wenn sie bereits stark geschwächt waren, als sie zur Handaufzucht entnommen wurden.

7. Probleme?
Es kann bei der Handaufzucht viel schief gehen, weshalb ich dazu raten möchte, ausschließlich dann einzugreifen, wenn es wirklich von Nöten ist. Ein häufiges Problem bei der Aufzucht von kleinen Papageienarten ist, dass sich Futter-Klümpchen im Kropf bilden können. In solch einem Fall war das Futter entweder zu dickflüssig oder zu kühl. Um diese Klümpchen aufzulösen, sollten Sie einmal nur Tee füttern, meist hat sich die Sache nach 1-2 Stunden dann erledigt. Sollte das nicht der Fall sein, bleibt das Überleben des Kükens ein Glücksspiel. Denn einerseits muss es erneut Futterbrei bekommen, um nicht zu verhungern, andererseits muss sich der Futter-Klumpen lösen, um Verstopfungen oder das Säuern zu verhindern. Die Verdauung bereitet vor allem bei frischgeschlüpften Küken öfters Sorgen. Zur Stärkung der Darmflora können Sie entweder "Bird Bene Bac" (papageienspezifische Lacto-Bazillen, erhältlich bei Ricos Futterkiste), oder Nestle LC-1 Joghurt in kleinen Mengen dem Futter beimischen. Auch Kümmeltee leistet gute Dienste, wenn es um das Anregen der Verdauung geht.

8. Futterumstellung.
Je nach Art sollten Sie nach einigen Wochen vermehrt Körner, Obst und Gemüse anbieten. Viele Tiere nehmen anfangs gerne gequollene Saaten, da sie besser geschält und leichter verdaut werden können. Auch Kolbenhirse wird vor allem bei kleineren Arten gerne als erste "feste" Nahrung aufgenommen. Anfangs wird das Futter sicherlich eher nur die Neugierde der Jungvögel stillen, sie müssen erst lernen, die Körner zu enthülsen und das Obst richtig zu zerkleinern. Einzelvögel brauchen bei der Futterumstellung meist um vieles länger als andere Tiere. Um die Papageienküken an den Geschmack von verschiedenen Futtersorten zu gewöhnen, können Sie etwas püriertes Obst und Gemüse dem Brei beimengen. Vor allem Bananen und Äpfel sind dazu sehr gut geeignet. Sobald die Jungvögel Interesse am Futter zeigen, sollten Sie die Breimenge etwas reduzieren. In dieser Zeit müssen sie jedoch kritisch darauf achten, dass genügend Nahrung aufgenommen wird. Eine leichte Gewichtsreduzierung ist während der Umstellung jedoch normal, das Gewicht sollte auf jeden Fall täglich kontrolliert werden.

9. Spätere Haltung / "Sozialisierung".
Wenn Sie ein einzelnes Küken von Hand aufziehen mussten, wird es höchstwahrscheinlich sehr stark auf den Menschen fixiert sein. Es betrachtet den Menschen als Partner und überträgt sein Sozialverhalten auf die menschliche Bezugsperson. So nett und unproblematisch das anfangs vielleicht auch wirken mag, auf Dauer funktioniert es mit dem "Ersatz-Partner" Mensch kaum. Spätestens mit dem Eintritt der Geschlechtsreife bzw. Brutstimmung kommt es bei isoliert gehaltenen Papageien nicht selten zu schwerwiegenden Verhaltensstörungen. Ein einzeln von Hand aufgezogener Papageienvogel sollte daher bereits möglichst früh mit Artgenossen zusammengebracht werden, ideal wäre die Integrierung in eine Gruppe etwa gleichaltriger Vögel. Es sollte auf alle Fälle oberstes Gebot sein, psychische Probleme durch die übermäßige Fixierung auf den Menschen zu verhindern und dem Vogel die Verpaarung mit einem Artgenossen zu ermöglichen.
 
Handaufzucht

Hallo Doris,

vielen Dank für Deine Bemühungen. Habe in Deinem Text einige Sachen die ich mache als richtig bestätigt bekommen.

Das ist endlich mal eine "Anleitung" aus der Praxis. Kann ich gut gebrauchen.

Vielen Dank und frohe Weihnachten.


Gregor aus Köln
 
Thema: Handaufzucht bei einem Ziegensittich....

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