Ist das eine übliche Praxis? Und wenn ja,wo bleibt den dann die vielbeschworene Chancengleichheit und Jagdethik?
Gruss Jörg
Hallo Jörg,
ohne jetzt einen pseudophilosophischen Disput über Ethik umd Moral im Allgemeinen und bei der Jagd im Besonderen lostreten zu wollen:
Eine (wie auch immer geartete) Chancengleichheit zwischen Jäger und Gejagtem gibt es nicht- sonst wären ja die Rollen austauschbar. Krass gesagt, hätte dann der Hase die gleiche Chance, den Fuchs zu fressen wie umgekehrt.
Der meiner Meinung nach aus dem angloamerikanischen Kulturkreis stammende Begriff der Chancengleichheit meint eher ein gewisses "sportives Etwas"- geht an der Realität allerdings vorbei.
Beispiel: der amerikanische Jäger hält sich für "Sporty" und edel, wenn er dem Weißwedelhirsch mit Pfeil und Bogen nachstellt. Nach menschlichem Maßstab (und nur nach diesem!) hat der Hirsch die theoretische Chance, dem Pfeil zu entkommen- praktisch aber nicht. Wenn die Bogenjagd so ineffizient wäre, dass die meisten Beutetiere entkommen, würde sich kein Bogenjäger mehr diese Mühe machen.
Wir Europäer, die nebenbei bemerkt eine wesentlich ältere Jagdkultur haben, definieren die Jagdethik ein wenig anders. Wenn ich als Jäger töte, dann schnell und effizient. Erstens hat jedes Lebewesen ein Recht auf einen schnellen,schmerzlosen Tod. Deshalb verwende ich auch die hierfür zweckmässigste Waffe, heutzutage ein Gewehr mit entsprechender Munition. Mit einem Pfeil im Gedärm geht ein Hirsch noch etliche Kilometer, bevor er umfällt- und erst dann verendet.
Und zweitens jagen wir nicht, nur um uns sportiv zu betätigen- da gibts genug andere Möglichkeiten. Lebende Wildtiere als Spiel- und Sportgeräte zu mißbrauchen liegt uns fern.
Um zu Deinem Beispiel zurückzukommen: Der Falke schlägt die Krähe. Vielleicht, ohne das Eingreifen des Falkners, nicht diese eine, sondern irgendeine andere. Dazu muss der Falke weitere Angriffsflüge unternehmen, weitere Krähen müssen gesucht, gefunden und angejagt werden- um am Ende das gleiche Resultat zu erhalten: Falke schlägt Krähe.
Dann doch lieber gleich die erste, auch wenn die sich clever am Boden drückt.
idS Daniel