Hallo Escarabajo,
ja, ich freue mich auch immer darüber, wenn eine Diskussion auf der sachlichen Ebene bleibt. Vielen Dank für Deine ausführlichen Erklärungen und den Einblick, den Du mir ins „andere Lager“ gegeben hast.
Dass eine Schädlingsbekämpfungs-Firma so tier- und umweltfreundlich vorgeht wie Du beschreibst, kann ich ja beinahe kaum glauben.
Eine tierfreundliche Umsiedelung eines Wespennestes – also ohne Töten – habe ich selbst schon erlebt. Schön zu hören bzw. lesen, dass das anscheinend doch kein glücklicher Einzelfall war.
Ich glaube Dir sofort, dass die Wirtschaftlichkeit als Entscheidungskomponente bei vielen eine sehr große und meist auch übergeordnete Rolle spielt. Leider, und das bekomme ich allzu oft im Arbeitsalltag mit, zählt nun mal bei den meisten Unternehmen immer überwiegend der wirtschaftliche und finanzielle Aspekt. Umweltschutz auf Kosten des eigenen Ertrages wird von den wenigsten praktiziert und der Staat greift zwar immer mehr, aber für mein Empfinden immer noch zu wenig lenkend ein. Es findet zwar allmählich ein Umdenken statt, aber manchmal habe ich den Eindruck, das steht alles zu sehr auf wackeligen Beinen. Dabei trägt Otto-Normalverbraucher auch einiges dazu bei. (Die "Übeltäter" kommen ja schließlich nicht nur aus den Reihen der Unternehmer.) Nicht nur das Umwelt- und Tierschutz bei einem selbst anfängt. Würden Verbraucher und Konsumenten nicht immer billigere Angebote nachfragen, wäre der Kostendruck der Unternehmen nicht ganz so hoch. Welche Faktoren da jetzt sonst noch alles reinspielen, bleibt mal unberücksichtigt. Soll ja schließlich kein betriebs- oder volkswirtschaftliches Thema werden…
Aber zurück zum eigentlichen Thema: Über sinnvoll und ungefährlich eingesetzte Abwehrmaßnahmen für Stadttauben lässt sich ja noch reden. (Mal abgesehen, dass es mir trotzdem immer um jede dadurch verletzte oder zu Tode gekommene Taube sehr Leid tut und ich die Verletzung oder den Tod für unnötig und schrecklich halte. Und mal abgesehen davon, dass ich diese Maßnahmen immer noch kritisch betrachte.) Aber, und ich glaube so siehst Du das auch, als Grundvoraussetzung für die Anbringung solcher Maßnahmen müssten dann auch vernünftige Ausweichmöglichkeiten angeboten werden. Womit wir wieder beim betreuten Taubenschlag wären. Da denken eben immer noch zu viele Gebäudeeigentümer zu eigennützig. Schützen ihre eigenen Gebäude, denken nicht darüber nach, dass sie den „Lebensraum“ der Tauben damit noch weiter einschränken und diese auf einen noch engeren Raum zusammenrücken müssen. Dann auch noch soweit zu denken, dass bedingt durch die Enge auch die Krankheiten der Tauben zunehmen, da sie sich schneller ausbreiten können… Darüber, über die Ignoranz und Verbohrtheit dieser Menschen und darüber, dass menschengemachte Probleme immer wieder auf dem Rücken der Tiere ausgetragen werden, könnte ich ausflippen… aber das ist ein anderes Thema.
Trotzdem habe ich noch einige Fragen zu „tiergerechten“ Abwehrmaßnahmen: Wie lang sind Spikes eigentlich und in welchem Abstand werden sie gesetzt? Ich habe auch schon recht lange Drahtspitzen gesehen. Wenn ich mich nicht irre waren die mehr als 15 cm lang und recht dünn. Dabei besteht doch, ob angespitzt oder nicht und ob die Taube mit voller Wucht aufprallt oder nicht, immer ein Verletzungsrisiko!
Und was ist mit Netzen, hinter die die Tauben rutschen können und sich aus eigener Kraft nicht mehr befreien können?
Anbringung von Vergrämungsmaßnahmen ist zudem die eine Sache. „Wartest“ bzw. kontrollierst Du diese auch regelmäßig? Mit welchen Abwehrmaßnahmen arbeitest Du denn überhaupt?
Werde jetzt mal mit noch offeneren Augen durch die Stadt gehen und mir diese Dinge mal noch genauer ansehen.
Dass Du die „Insassen“ der Taubennester vor Anbringung der Vergrämungsmaßnahmen in Tierheime bringst finde ich super! Ich hoffe, Du schafft es auch immer, alle einzusammeln. Wie reagieren denn die Tierheime darauf? Arbeitet ihr nur mit einem TH zusammen oder mit mehreren? (Darf ich fragen, welche das sind?)
Ob die Gelege unter einem besonderen Schutz stehen, weiß ich auch nicht 100%ig. Aber dass im Tierschutzgesetz festgelegt ist, dass kein Lebewesen (Wirbeltier) durch Abwehrmaßnahmen Schaden erleiden darf, das weiß ich sicher. Aber das kennst Du ja bestimmt auch.
Es stimmt, Parasiten bleiben nicht immer nur auf ihrem Wirt. (Bei den Flöhen war ich mir nicht sicher. Aber dann hatte ich da wohl doch etwas Anderes im Kopf.) Bei den Zecken war mir bekannt, dass diese Tauben zwar bevorzugen, aber bei „Bedarf“ auch auf andere Wirte übergreifen. Vor allem, wenn der Wirt wegfällt oder die Population der Zecken nicht eingedämmt wird (betreuter Taubenschlag!). Ich meine mich erinnern zu können, das Taubenzecken nicht so leicht nachzuweisen sind. Ist es nicht so, dass sie sich tagsüber in dunkle Ecken verziehen und nur nachts zum Blutsaugen auf die Taube gehen?
Ich denke, Du kommst in Deiner Berufspraxis wahrscheinlich auch mit Extremfällen der Krankheitsübertragung in Berührung. Mein Tierarzt, übrigens ein Tauben- und Ziervogelspezialist, hat mir das mal ähnlich wie Dr. Glünder erklärt. Sofern man nicht mit Kot etc. zu sehr in Kontakt kommt und ein einigermaßen stabiles Abwehrsystem hat, kann nichts „Schlimmes“ passieren.
Bei einer Überpopulation von Tauben auf engem Raum, muss man aber wahrscheinlich tatsächlich keinen besonders nahen Kontakt haben, um sich das ein oder andere einzufangen. Aber ich denke, mit gesundheitlichen „Nebenwirkungen“ muss man bei jedem Kontakt mit irgendeiner überbevölkerten Tierspezies rechnen. (Hunde- und Katzenflöhe sind auch nicht ohne…)
Nun gut, das ist ein sehr weites Thema.
Ich hoffe, Du magst mir meine tausend Fragen trotzdem beantworten!?
Viele Grüße
Sabine
PS: Übrigens erwischt… der Ausdruck „Ungeziefer“ ist so gesellschaftlich üblich, dass auch er mir immer wieder rausrutscht. Gelobe Besserung