"Massentötung von Rabenvögeln" (unkommentierter Info-Thread)

Diskutiere "Massentötung von Rabenvögeln" (unkommentierter Info-Thread) im Forum Artenschutz im Bereich Allgemeine Foren - Hallo @ all! Dies ist ein erneuter Versuch, etwas Ordnung in dieses komplexe Thema zu bringen! Is zwar im Moment a bißl nervig, weil...
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Quelle: http://www.anti-jagd-demo.de/texteartikel/dreberhardschneiderwildtiereundderw

Dr. Eberhard Schneider: Wildtiere und der Wald

Die ökologische Funktion zu Unrecht Verfolgter

Wildtiere tragen zu einem gesunden Wald bei!


Von Dr. Eberhard Schneider, Präsident Vogelschutzkomitee



In ihrer Entwicklungsgeschichte haben Pflanzen vielfältige Möglichkeiten zur Ausbreitung ihrer Samen und damit zur Verbreitung ihrer Spezies und Besiedlung neuer Areale, gefunden. Dementsprechend haben sie ihre Früchte und Samen ausgeformt. Eine besonders effektive Verbreitung erfolgt durch Tiere.
Einer der effektivsten Wege dabei wurde offenbar mit den Anpassungen der Pflanzen zur Teilnahme an der »Zoo-Chorie« beschritten: der Verbreitung von Pflanzensamen durch Tiere. Im Zuge der Co-Evolution brachten Pflanzen und Tiere gemeinsam und zu beiderseitigem Erfolg ihre zum Teil hoch spezifischen Ausformungen oder Reaktionen hervor.
Eine hervorragende Stellung kommt in diesen Beziehungsgefügen die Verbreitung von Pflanzensamen durch Vögel (Ornitho-Chorie) zu.
Vögel erreichen fliegend auch die Samen an den äußersten Zweigspitzen, sie benötigen keine aufwendigen Kletterpartien, sie haben einen weitaus größeren Aktionsradius als die Mehrzahl der nicht fliegenden »Zoochoren« (wie z.B. Rehe und Wildschweine) und können leicht auch in von der Pflanze zuvor noch gar nicht besiedelte Areale vordringen.

Tiere verbreiten Pflanzensamen

Gerade mit Blick auf die schweren Früchte und Samen muss man die körperlich leistungsfähigen Rabenvögel besonders würdigen. Kleinvögel verfrachten kaum Eicheln, Bucheckern, Kastanien, und deren Reichweite ist geringer als die der Rabenvögel. Denn hier sind die Zahlen eindrucksvoll: Tannenhäher tragen Arvennüsschen bis 15 km weit, überwinden bis 700 m Höhendifferenz bis über die Baumgrenze; Eichelhäher verfrachten Eicheln bis 4 Kilometer weit und Kolkraben sogar 10 bis 30 km vom Mutterbaum weg.
Insbesondere im Zeitalter der rapide fortschreitenden Verrinselung von Lebensräumen kann dieser natürliche Prozess der Erhaltung von Pflanzenarten und Entwicklung von Vegetationsgesellschaften nicht genügend gewürdigt werden.
Mit Blick darauf, dass sich die Überlebenschancen von Populationen mit der Ausbreitung deutlich vergrößern, muss der Verschleppung pflanzlicher Samen durch Tiere ganz anders bewertet werden als bisher geschehen.

Forstwirtschaft, Naturschutz, Landschaftspflege (wenn man denn schon sich pflegend betätigt!) und vor allem der so moderne »Prozessschutz« müssen sich dieses zu eigen machen. Insbesondere auch die Fragen nach der genetischen Seite, dem Genfluss zwischen Populationen u.a., müssen hier ganz neu behandelt werden.

Rehablitierung der Rabenvögel

Dass auch die Rabenvögel in Ornitho-Chorie involviert sind, ist unstrittig. Die angeführten Wirtspflanzenarten, Ausbreitungsgebietsgrößen, und Mengen (es wurde z. B. ermittelt: 300.000 Eicheln in 4 Wochen durch 65 Eichelhäher aus einem Eichenbestand von 37 ha, das waren 10% der dort zeitgleich von Menschen getätigten Gesamt-Eichel-Ernte von 2.000 kg) weisen aber die große Bedeutung der Rabenvögel aus - nicht nur die der Häher.

So wie der Tannenhäher einst zu leiden hatte unter der Verdächtigung, den Arvenbestand zu schädigen - und er außerdem den die Arven-Nüsschen sammelnden Menschen ein deutlich über-legener Konkurrent war -, er aber tatsächlich der Faktor ist, auf den die Arve in der Co-Evolution gesetzt hat, so leiden bis heute die Rabenvögel insgesamt unter falschen Verdächtigungen. Noch immer, obwohl die Kenntnisse vorliegen und es jedermann besser wissen könnte - wenn man nur wollte. Selbst innerhalb der Naturschutzverwaltungen und -verbände finden sich geistige Irrläufer, zwar mit »Ökosiegel« am Revers, denen aber dieses gewaltige Potential der Rabenvögel als natürliche Faktoren und Helfer im Naturschutz nicht bewusst ist.
Gerade mit Blick auf die allfällig beklagte Lebensraumzerschneidung, die Verinselung von Habitaten und Populationen, ist dieses Potential von unschätzbarer, vielleicht auch naturschützerisch zukunftsentscheidender Bedeutung. Insofern ist es nicht nur ein Beleg für Einfalt und Einfallslosigkeit oder pure Unkenntnis der ökosystemaren Beziehungsgefüge, wenn (auch) im Zusammenhang mit Rabenvögeln nur ein Schlagwort die Szene beherrscht: »Schädlichkeit« - und wenn man sich in einer nicht endenden und nutzlosen Auseinandersetzung um »Schäden« ergeht.
Dies mag wohl gerade der deutschen Mentalität gerecht werden. Ebenso auch der Akt, unliebsamen Elementen erbarmungslos mit Pulver und Blei oder anderen martialischen Mitteln entgegenzutreten und die freilebende Tierwelt »ethnisch zu säubern«.

Die Rolle der großen Pflanzenfresser

In die »Zoochorie« eingebunden sind auch die großen Pflanzenfresser (wie z.B. Rehe, Hirsche, Wildschweine): An ihren Hufen und im Haarkleid haftende Pflanzensamen werden über teilweise große Entfernungen transportiert. Auch mit dem Kot ausgeschiedene Pflanzensamen wachsen im zugleich mitgelieferten nährstoffreichen Keimbett an einem von der Mutterpflanze fernen Ort auf.

Tiere üben einen natürlichen und quantitativ nicht unerheblichen Einfluss auf die Vegetation aus. Sie sind ein in die Nahrungsnetze und Stoff- und Energie-Kreisläufe eingebundener Faktor. Diesen auszuschließen erzeugt deshalb einen sehr unnatürlichen Zustand. Unnatürlich ist auch, dass diese Tiere einseitig nur im Bezug auf das »schädliche« Verzehren von Pflanzenmaterial dargestellt werden. Denn auch der Verbiss an holzigen Pflanzen kann zum Beispiel durchaus sogar deren Wachstum fördern, unbeschädigte Triebspitzen zu stärkerem Wuchs »triggern«. Schließlich haben sich co-evolutiv auch die Pflanzen an die Beweidung angepasst und eigene Strategien dagegen entwickelt. So ist die unter dem Verbiss entstehende natürliche Selektionswirkung innerhalb des beweideten Pflanzenbestandes für die Entwicklung des Artenspektrums durchaus bedeutsam. Abgesehen davon, dass auch diese Tiere durch ihre Tätigkeit den eigenen Lebensraum gestalten. Baum- und Strauchjungwuchs, durch Verbiss niedrig gehalten, liefert ihnen über lange Jahre hin die benötigte angepasste Nahrung.
 
Quelle: http://www.anti-jagd-demo.de/texteartikel/klausrettigjaegerfaelschenbestandsz

Klaus Rettig: Jäger fälschen Bestandszahlen

„Wildtier-Erfassung“ der Jägerschaft

von Klaus Rettig, Emden



Soeben lese ich im neuesten (erschienen 2002, dicken Werk »Aus der Vogelwelt des Hannoverschen Wendlandes« (Hrsg. W. MEIER-PEITHMANN u. W. PLINZ) in einem längeren Beitrag über den Kolkraben im Landkreis Lüchow-Dannenberg interessante Angaben über »Wildtier-Erfassungen« der Jägerschaft, die mich natürlich sofort wieder an meine diesbezüglichen »Erfahrungen« bzgl. der »Rebhuhn-Zählungen« der Jägerschaft denken ließen.

Es heißt in dem Beitrag u.a.: „Im Rahmen der Wildtier-Erfassung wurden Kolkraben 1993 von der Jägerschaft gezählt. ... Danach wurden 1993 = 460 Brutpaare ... gemeldet. ... Diese utopischen Zahlen konnten mit den Ergebnissen der Brutvogelkartierung widerlegt werden. Die Bestandsaufnahme 1994 war ursprünglich gemeinsam mit der Jägerschaft geplant. Eine Zusammenarbeit kam jedoch leider nicht zustande. ... Die Kolkraben-Erfassung 10994 ergab eine Zahl von 111 nachgewiesenen Kolkrabenrevieren. ... Der tatsächlich ermittelte Bestand beträgt also etwa 25 % der von der Jägerschaft angegebenen Höhe. Derartige Größenordnungen sind weit außerhalb jeder seriösen Untersuchung, wie die Vergleichswerte aus Norddeutschland zeigen.«

Dieses ist wieder einmal ein ganz typisches Beispiel für die sogenannten »Wildtier-Erfassungen« der Jägerschaft, die ja zumeist um ein Vielfaches überhöht sind, egal, ob es sich nun um Kormorane, Birkwild, Kolkraben, andere Krähenvögel, Bussarde, Habichte oder Rebhühner handelt! Die Zahlen der Jäger fallen immer so aus, wie die Jäger es sich wünschen oder wie sie für die politische Durchsetzung ihrer »Nutzer-Interessen« für erforderlich halten.


Dem Ornithologen und Vogelschützer Klaus Rettig wurde 2002 für seinen Einsatz für den Umweltschutz und »für seine grundlegenden Arbeiten über die Vogel- und Insektenwelt Ostfrieslands« der Bruno-H.-Schubert-Preis verliehen.

Seine Hefte »Beiträge zur Vogel- und Insektenwelt Ostfrieslands können bestellt werden bei:
Klaus Rettig, Danziger Str. 11, 26725 Emden, Tel. 04921/28904
 
Quelle: http://www.wdr.de/tv/service/tiere/inhalt/20050710/b_4.phtml

Sendung vom 10. Juli 2005


Rabenvögel – die ungeliebte Art

Von Katinka Schröder und Susanne Slobodzian


Die diebische Elster, das Rabenaas, die Rabenmutter – allein diese Ausdrücke zeigen, dass Rabenvögel wenig beliebt sind. Ähnlich wie Wölfe, spielten Rabenvögel in unserer Kultur von jeher eine zwiespältige Rolle: Auf der einen Seite faszinierte ihre Intelligenz und Lernfähigkeit, auf der anderen riefen die rauen, krächzenden Stimmen, das schwarze Gefieder, die Eigenheit einiger Arten, sich von Aas zu ernähren, Abneigung und Furcht hervor. Wie kaum eine andere Tierart ist die Familie der Rabenvögel in den (Aber-)glauben des Menschen verwoben. Dass Rabenkrähe, Nebelkrähe, Saatkrähe, Kolkrabe, Elster, Eichelhäher, Tannenhäher und Dohle biologisch zur Familie der Singvögel gehören, irritiert selbst Vogelliebhaber. Heute noch sind die Ansichten über Rabenvögel gespalten.

http://www.wdr.de/tv/service/tiere/inhalt/20050710/bilder/3_2.jpg Rabenvögel spalten die Gemüter

Viele Jäger machen Rabenvögel für den Rückgang der Bestände an Feldhasen, Rebhühnern und anderen Wiesenbrütern verantwortlich. Sie fordern daher, die Jagd auf Rabenvögel – mit Ausnahme des fast ausgestorbenen Kolkrabens – bundesweit freizugeben. Bauern beklagen, dass Saatkrähen ihnen erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen, wenn sie im Frühjahr an einigen Orten in Scharen über die frisch ausgesäten Felder herfallen. Sie hoffen auf finanzielle Entschädigung. Vogelfreunde wiederum beschuldigen Elstern und Rabenkrähen, die Nester anderer Singvogelarten zu plündern. Städter fühlen sich durch Kot und Lärm von Saatkrähen belästigt, die in Kolonien brüten und daher an einigen Orten in Scharen auftreten können.

Naturschützer, Biologen und Ornithologen dagegen wehren sich, eine Vogelart gegen die andere auszuspielen und Rabenvögel unter „Generalverdacht“ zu stellen. Die Behauptung, Rabenvögel hätten sich explosionsartig vermehrt, entbehrt aus ihrer Sicht jeder wissenschaftlichen Grundlage. Tatsächlich kann sich keine der Seiten auf verlässliche Statistiken stützen. Tatsache ist: Für den Artenschwund sind nicht die Rabenvögel verantwortlich, vielmehr machen die Zerstörung und Verarmung der Lebensräume (Stichwort: grüner Beton) Feldhasen und Wiesenbrütern das Leben schwer. Der Streit darüber, ob (mehr) Rabenvögel abgeschossen werden müssen oder nicht, hat eine lange Vorgeschichte.


Vogelfrei oder gesetzlicher Mindestschutz?

Seit Inkrafttreten der EU-Vogelschutzrichtlinie im Jahr 1979 stehen alle europäischen Vogelarten unter Schutz. Seitdem genießen auch Rabenvögel gesetzlichen Mindestschutz. Die Bundesrepublik übernahm 1987 die EU-Richtlinie in nationales Natur- und Artenschutzrecht. Auf Druck deutscher Jagdverbände wurde auf EU-Ebene 1994 der Schutz für bestimmte Rabenvogelarten wie Aaskrähe, Elster und Eichelhäher wieder eingeschränkt. Sie dürfen mit einer Ausnahmegenehmigung zu bestimmten Zeiten gejagt werden, wenn erhebliche Schäden nachweisbar sind oder die öffentliche Sicherheit gefährdet ist. In Deutschland entscheiden die einzelnen Bundesländer, wann diese im Anhang II/2 der EU-Richtlinie gelisteten Arten gejagt werden dürfen. Jedes Bundesland hat dafür andere Richtlinien. Das Land Nordrhein-Westfalen zum Beispiel erließ eine Länderverordnung, welche den Abschuss von Rabenkrähen und Elstern außerhalb der Brutzeiten erlaubt. Die Genehmigungen erteilen die unteren Landschaftsbehörden in Abstimmung mit dem zuständigen Ministerium. Die Abschusszahlen zeigen, dass die Genehmigungen in der Vergangenheit großzügig erteilt wurden. Nach Schätzungen des Naturschutzbundes NABU NRW werden in Nordrhein-Westfalen jährlich circa 39 Prozent des Bestandes an Rabenkrähen und Elstern getötet. Bundesweit werden laut NABU Bundesverband jährlich etwa 500.000 Aaskrähen, Elstern und Eichelhähern geschossen. Was der Gesetzgeber als Ausnahme verstanden wissen wollte, ist nunmehr die Regel geworden. Eine landesweite Erhebung der von Rabenvögeln angerichteten Schäden fehlt dagegen bisher.

http://www.wdr.de/tv/service/tiere/inhalt/20050710/bilder/3_3.jpg Die Spirale dreht weiter

Stichhaltige Nachweise der Gefährdung anderer Arten durch Rabenvögel konnten von den Jagdverbänden bisher nicht erbracht werden. Sicherlich sind Saatkrähen in einigen Regionen stärker vertreten und siedeln in großen Kolonien nahe städtischer Siedlungen, doch in anderen Landstrichen fehlen sie nahezu vollständig. Eier und Jungvögel wiederum machen, wie eine Studie der Universität Kaiserlautern belegt, bei Rabenkrähen und Elstern nur einen geringen Teil des Nahrungsspektrums aus – zwischen 0,1 und 0,2 Prozent. Widerlegt wurde ebenfalls, dass eine Regulierung mit der Schusswaffe, dem „Schutz der Tier- und Pflanzenwelt“ zuträglich ist. Rabenkrähen und Elstern beispielsweise reagieren auf Abschuss mit stärkerer Geburtenrate. Jagdverbände drehen die Spirale jedoch weiter. Sie setzen sich zurzeit verstärkt dafür ein, norwegische Krähenmassenfallen wieder zuzulassen. Der Einsatz dieser nicht selektiven Fallen, in denen sich auch andere Vogelarten verfangen, ist bisher in Deutschland durch das Bundesjagdgesetz und naturschutzrechtlich durch die Bundesartenschutzverordnung untersagt. Natur- und Artenschützer protestieren dagegen, dass diese Fallen im Rahmen eines wissenschaftlichem Feldversuchs (derzeit im Landkreis Leer in Niedersachsen) massenhaft eingesetzt werden. Über 5.000 Rabenkrähen sind bisher in den Fallen gefangen und getötet worden, über die Opfer aus anderen Vogelarten ist nichts bekannt.


Mensch und Rabenvögel

Es ist simpel, die Rabenvögel auch weiterhin die Rolle des sich ungezügelt ausbreitenden, artengefährdenden „Bösewichts“ für uns spielen zu lassen. Sinnvoller wäre es, Einstellungen zu Tier und Natur zu entwickeln, die Häufigen wie Seltenen, Beliebten wie Unbeliebten eine Daseinsberechtigung zugesteht. Der Landwirt Hans-Dieter Blume, der selbst durch Saatkrähen geschädigt wurde, spricht in diesem Zusammenhang von einem Gleichgewicht – schließlich fräßen die Rabenvögel nicht nur Saatkörner, sondern auch Schädlinge wie Engerlinge und Schnecken. Um die Schäden durch Rabenvögel in Grenzen zu halten, sind verschiedene Methoden der Vertreibung wie Knallapparate, Laser oder Nestentfernung etwas mühsamer, aber letztlich sinnvoller als der Abschuss.
 
"Grundlagen und Maßnahmen für die Erhaltung des Wachtelkönigs und anderer Wiesenvögel in Feuchtgrünlandgebieten"
Ergebnisse eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens des Bundesamtes für Naturschutz, durchgeführt vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V.
Ubbo Mammen
Titus Bahner
Jochen Bellebaum
Werner Eikhorst
Stefan Fischer
Ingrid Geiersberger
Angela Helmecke
Joachim Hoffmann
Gisela Kempf
Olaf Kühnast
Stefan Pfützke
Arno Schoppenhorst

unter Mitarbeit von
Winfried Dittberner, Bernd Raab, Alfred Reinsch, Joachim Sadlik, Heiner Schöpf und Andreas von Lindeiner

Träger des F+E-Vorhabens:
Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. (LBV)
Herausgeber:
Bundesamt für Naturschutz (BfN
Bonn - Bad Godesberg 2005


"(...)Es ist angesichts der mittels Thermologger erzielten Ergebnisse offenkundig ein Trugschluss, dass der potentielle Prädator, den man am häufigsten sieht (die Krähe), auch für die meisten Verluste verantwortlich ist. Es ist auch unmöglich, aus dem Fehlen von Schalenresten auf einen bestimmten Prädator zu schließen, da sowohl Raubsäuger als auch Rabenvögel Eier vor dem Verzehr wegtragen können. Die Prädation in der Wümmeniederung und im Unteres Odertal erfolgte in den meisten Fällen durch Raubsäuger. Zu demselben Ergebnis kommen auch alle aktuellen Untersuchungen in anderen deutschen Feuchtwiesengebieten, z. B. BELTING et al. (1997) für das Ochsenmoor am Dümmer, KÖSTER et al. (2001) für Wiesengebiete in Schleswig-Holstein (inkl. der Alten Sorge-Schleife), SCHOPPENHORST (2001) für das Hollerland und das Oberblockland (einschließlich der Semkenfahrt) in Bremen, BELLEBAUM & BOCK (2004) für die Untere Havel sowie bereits BEINTEMA & MÜSKENS (1987) für die Niederlande. Die Annahme, dass hohe Bestände von Rabenvögeln, v. a. von Krähen, für den Rückgang der Wiesenvögel in Schutzgebieten verantwortlich seien, ist damit widerlegt. (...)"
 
Naturschutz / Jagd

NABU fordert endgültiges "Aus" der Krähentötungen in Leer
Helm: "Erneuter Begründungsversuch geht fehl - NABU Kritik voll und ganz bestätigt!"


Hannover, 8. August 2005 --- .38/05 – NABU Pressedienst

Der NABU Niedersachsen fordert die Niedersächsische Landesregierung auf, die Krähentötungen im Landkreis Leer endgültig und unwiderruflich zu stoppen.

Das Niedersächsische Landwirtschaftsministerium hatte dazu mitgeteilt, zunächst neuere vergleichbare Studien aus den Niederlanden und den Fangergebnisbericht des Instituts für Wildtierforschung an der Tierärztlichen Hochschule Hannover vom 15. Juli 2005 auswerten zu lassen und diese Ergebnisse abwarten zu wollen.

Der NABU kritisiert diesen erneuten Begründungsversuch zum Krähenfang in Leer. Dieser wird nach Auffassung des NABU fehlschlagen, da die entsprechenden Ergebnisse bereits mit deutschen Untersuchungen vom Bundesamt für Naturschutz seit diesem Jahr veröffentlicht vorliegen. Demnach sind hohe Rabenvogelbestände für einen Rückgang von Wiesenvögeln nicht verantwortlich. Die Begründungsversuche Wiesenvogel- bzw. Goldregenpfeiferschutz hatte der NABU Niedersachsen bereits als nachgeschoben charakterisiert.

Der NABU sieht sich zudem in seiner Kritik am Wissenschafts- und Projektverständnis durch den vorgelegten Zwischenbericht des Instituts vom März 2005 bestätigt. Eine Überprüfung von zitierten Untersuchungen, daraus abgeleiteten Aussagen, methodischen Unterschieden in Teilräumen des Projektraumes, Zahlenangaben und Tabellen zeigt zahlreiche Diskrepanzen und Widersprüche zu vorliegenden Daten und der Realität vor Ort.

So sind die Angaben zu den Jagdrevieren im Landkreis Leer widersprüchlich. Zahlreiche Arbeiten belegen zudem, dass der Fallentyp ‚Norwegischer Krähenfang’ zu keiner dauerhaften Reduzierung von Rabenvögeln führen kann. Im Zwischenbericht des Instituts findet sich allerdings eine völlig andere Literaturinterpretation. Dies und weitere widersprüchliche Aussagen sind in einem Hintergrundpapier zusammengestellt. Dies zeige erneut, so betonte der NABU Niedersachsen, wie haltlos das ‚wissenschaftliche Gesamtprojekt Krähenfang Leer’ ist.

Hans-Jörg Helm, NABU Landesvorsitzender: „Wir fordern das endgültige ‚Aus’ für den Krähenfang in Leer. Wir sehen uns in unserer Kritik voll und ganz bestätigt, dass diese Massentötung wissenschaftlichen Kriterien nicht standhält und es zudem keine wissenschaftliche Notwendigkeit für das Vorhaben gibt. Allein die Addition der Hegeringflächen zeigt, dass diese größer als die Landkreisfläche ist.“

Auch das eigentliche Projektziel einer ‚Legalisierung der Fallenjagd in Niedersachsen’, wie es in der Leistungsbeschreibung des Instituts ausweislich nachzulesen ist, wurde in der Umweltausschusssitzung des Landkreises vom Institut bestätigt. Das Projektziel ‚Falleneinsatz in Niedersachsen’ war vom NABU auf das Schärfste kritisiert worden.


Hinweis an die Redaktionen: Ein ausführliches Hintergrundpapier "Kritikpunkte zum Krähenfallenprojekt im Landkreis Leer" finden Sie zum Download in der Rubrik "Aktion gegen Rabenfallen".


Hintergrundpapier
http://www.nabu-niedersachsen.de/Docs/Presse/Hintergrund3_Position_060805.ASP
 
mäusemädchen schrieb:
Toll,

Vokkelklappe, VolkerM, Addi oder Tukkan-World,.... leben ja doch noch in diesem Forum, wenn auch durch umwegen.
Ich dachte schon, ihr hättet euch auf Tukkan-World komplett eingemauert in selbst Beweiräucherung. :D

Wer hat den bei denen gerechnet? Hoffentlich nicht wieder Roland, dann muß man ja doch wieder alles selber nachrechnen, bzw. die richtigen Zahlen raussuchen und miteinander vergleichen. Sieht zumindest so aus.
 
Alte Verordnung wird bald abgelöst in SH

In Schleswig-Holstein geht es Rabenkrähen und Elstern an den Kragen

Kiel (dpa/lno) - Schleswig-Holstein will Rabenkrähen und Elstern an den Kragen gehen. Umweltminister Christian von Boetticher (CDU) plant eine neue Jagdzeiten-Verordnung, nach der Rabenkrähen und Elstern generell abgeschossen werden dürfen. Ausgenommen sein soll die Schonzeit zwischen März und Juli, teilte das Umweltministerium am Mittwoch in Kiel mit und bestätigte damit einen Bericht der "Lübecker Nachrichten". Die Vögel seien mancherorts zur Plage geworden. Deshalb würden sie dem Jagdrecht unterstellt.

dpa/regioline vom 10.08.2005 15:06


http://www.ln-online.de/artikel/169...s_Rabenkr%E4hen_und_Elstern_an_den_Kragen.htm


veraltete und nicht mehr zeitgemäße Rechtslage:
Schleswig-Holstein
Richtlinien für die Zulassung von Ausnahmen im Einzelfall gemäß §20g Abs.6 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) bei Saatkrähen, Aaskrähen und Elstern
Gemäß §20g Abs.6 Satz 1 BNatSchG i.V. mit §1 Abs.2 der "Landesverordnung über die zuständigen Behörden für die Zulassung von Ausnahmen nach §20g Abs.6 des Bundesnaturschutzgesetzes" vom 14.August 1995 (GVOBl. Schl.-H. S.301) können die unteren Naturschutzbehörden (Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister der Kreise und kreisfreien Städte) im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten des §20f Abs.1 und 2 BNatSchG zum Abschluß [sollte vermutlich "Abschuß" heißen] oder gegebenenfalls zum Fang mit selektiv lebendfangenden Einzelfallen von Saatkrähen, Aaskrähen und Elstern zulassen. Dazu bestimme ich folgendes:

1 Ausnahmevoraussetzungen
1.3 Elstern (Pica pica): Ausnahmen können zugelassen werden, wenn in einem bestimmten Gebiet (Mindestgröße 100ha) mehr als fünf belegte Elsternnester pro 100ha festgestellt worden sind.

2 Verfahren
2.1 Eine Ausnahmegenehmigung kann nur erteilt werden für die Zeit vom 16.Juli bis zum 14.März.
2.2 Die Ausnahme ist schriftlich zu beantragen und durch schriftlichen Bescheid zu genehmigen. In dem Antrag ist die Siedlungsdichte von Aaskrähen oder Elstern unter Angabe der Revier-/ Gebietsgröße kartenmäßig darzustellen.
2.3 [...]
2.4 Ausnahmen zum Abschuß von Rabenvögeln werden nur Antragstellerinnen und Antragstellern erteilt, die im Besitz eines gültigen Jagdscheines sind. Ist die Antragstellerin oder der Antragsteller selbst nicht im Besitz eines gültigen Jagdscheines, haben sie eine andere Jagdscheininhaberin oder einen anderen Jagsdscheininhaber zu benennen, die oder der berechtigt ist, den Abschuß durchzuführen. Die Benachrichtigung der oder des jeweiligen Jagdausübungsberechtigten für das Gebiet ist ebenfalls von der Antragstellerin oder von dem Antragsteller sicherzustellen.
2.5 In der Ausnahmegenehmigung ist auf die erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis nach §45 des Waffengesetzes ausdrücklich hinzuweisen.
2.6 Im Ausnahmebescheid ist zu bestimmen,

daß höchstens jeweils 20 Vögel erlegt oder gefangen werden dürfen.
daß erlegte oder gefangen Vögel nur an Personen abgegeben werden dürfen, die im Besitz einer entsprechenden Genehmigung sind.
3 Berichterstattung
Der obersten Naturschutzbehörde ist über Zahl und Art der erteilten Ausnahmegenehmigung sowie der erlegten Vögel bis zum 15.April zu berichten.

Frage ist nur, wie fängt man in SH Elstern? Welche Fallen sind denn da zugelassen?
 
Hallo Aday!
aday schrieb:
Toll,

Vokkelklappe, VolkerM, Addi oder Tukkan-World,.... leben ja doch noch in diesem Forum, wenn auch durch umwegen.
Ich dachte schon, ihr hättet euch auf Tukkan-World komplett eingemauert in selbst Beweiräucherung. :D
Der eine nennt es Tukan-World, ein anderer Mars, wieder andere könnten Märchenland sagen, aber irgend eine Scheinwelt muß es sein.......
..... und Zeit muß man da haben........ Wahnsinn..........!
 
Hintergrundpapier

Da waren wieder die Erbsenzähler zugange :D
Spätestens hier hört der mathematisch denkende Leser auf, weiterzulesen:

Aus dem o.g. "Hintergrundpapier"
"Auf etwa 460 ha Revierfläche wird im Schnitt eine Falle aufgestellt." Aus Tabelle 6 (S. 24) hingegen ist zu entnehmen, dass die "Fallendichte" 1 Falle / 468 ha beträgt. Wenn schon eine Rundung (Schnitt-Angabe) vorgenommen wird, so müsste eine korrekte Aussage in diesem Fall lauten: Auf etwa 470 ha wird im Schnitt eine Falle aufgestellt.

Die aus der unkorrekten Schnittmenge (1 Falle / 460 ha) hochgerechnete Fallenzahl beträgt demnach165,8, die aus der Schnittmenge von 1 Falle / 470 ha hochgerechnete Fallenzahl beträgt 162,3. Es ergibt sich eine rechnerische Differenz von 3,5 Fallen.


Das muß man sich nur mal verdeutlichen: Es wird eine durchschnittliche Aufstellungsdichte der Fallen aus der vorhandenen Fallenzahl und der Fläche errechnet und gerundet und dann kommen Experten daher und wollen aus eben dieser gerundeten Durchschnittsmenge anschließend die Fallenzahl errechnen! Genauso gut könnte einer dahergehen und mit der Zahl die Fläche des Lk Leer berechnen.

Im Übrigen entstammt der Begriff "Schnittmenge" der Mengenlehre und hat mit einer durchschnittlichen Menge pro Einheit nichts zu tun! Schließlich spricht auch niemand von Schnittmenge, wenn der Kraftstoffverbrauch eines Autos mit 7,4 l/100 km angegeben wird.

Eigentlich sollte man über die Seite garnicht weiter diskutieren und ihr dadurch zu mehr Klicks verhelfen.

@Tommi: Scheinwelten sind aber "in" - siehe Mondlandungsthema :D
 
Zumindest scheint es ein gutes Jahr für Raben gewesen zu sein.

Ich habe mit mathematischen Verstand eine Schnittmenge von 954 Vögel gezählt auf meinem heiß und fettig geliebten Übungsplatz. :D :D :D

Tam
 
Tommi schrieb:
..... und Zeit muß man da haben........ Wahnsinn..........!

och 8o und hier hat wohl keiner Zeit :D Sind auch immer wieder dieselben die bei Streitthemen mitmischen, ohne jemals einem Anfänger in der Vogelhaltung Hilfestellung gegeben zu haben.

Jetzt dürft ihr mich schlagen, aber das musste mal geschrieben werden s-nacht
 
Hurra, meine abendliche Lektüre wird wieder zugestellt.
Danke.
Gruß
Siggi
 
Quelle: http://www.ornithologischer-verein-halle.de/pos_1.htm

Stellungnahme zum Abschuss von Rabenkrähen und Elstern

von Reinhard Gnielka

(Naturschutzbeauftragter des Landes Sachsen-Anhalt mit dem Aufgabengebiet: Landesweite Erfassung avifaunistischer Daten; landesweite Brutvogelkartierung)

Text zum Download als PDF-Datei


Lange Zeit, noch bis in die 1960er Jahre, galten Rabenvögel sowie Sperber als die schlimmsten Feinde der schützenswerten Kleinvögel. Der 1875 in Halle gegründete „Sächsisch-thüringische Verein für Vogelkunde und Vogelschutz“ hat in seiner Satzung sogar Abschussprämien für die genannten Krähenvögel und vogeljagende Greifvögel vorgesehen. Bis in die 1960er Jahre wimmelte es auch in vogelkundlichen Fachzeitschriften von Aufsätzen mit Titeln wie „Tod den Elstern“, „Untaten einer Rabenkrähe“, zuweilen mit einem hysterischen Unterton. So etwas liest man heute nur noch in einigen Garten- und Jagdzeitschriften. 1953 wurde von einer seriösen Vogelschutzinstitution ein Flugblatt verbreitet, wo energische Krähenbekämpfung, sogar durch Gifteier proklamiert wurde (Mansfeld 1953). Noch vor wenigen Jahren galten Rabenkrähe und Kolkrabe als die stärkste Bedrohung für Wiesenbrüter (Kiebitz, Brachvogel).

Inzwischen ist eine Umkehr im Denken der Ornithologen erfolgt. In den letzten Jahren hat sich die Wissenschaft der Frage angenommen und hat sie wohl für die weitere Zukunft geklärt.

Die Deutsche Ornithologen-Gesellschaft, in der die wissenschaftlich tätigen Vogelkundler Mitteleuropas vereinigt sind, hat eine Projektgruppe Rabenvögel gebildet. Ihre Untersuchungen und Analysen gipfeln in einer entschiedenen Ablehnung des Abschusses von Krähenvögeln. Nicht weil die Ornithologen eine besondere Vorliebe für Krähen hätten – andere Artengruppen liegen ihnen weit mehr am Herzen –, sondern weil eine Krähenverfolgung nach neueren Einsichten biologisch unsinnig ist.

Rabenvögel sind Allesfresser und Nahrungsopportunisten. Meist bilden Wirbellose die Hauptnahrung, lokal auch Abfälle, Aas, Mais. Sie verzehren auch Eier und Nestjunge anderer Arten. Es stimmt nicht, dass Tausende von Singvogelnestern in Sachsen-Anhalt von Krähenvögeln geplündert werden, es sind Hunderttausende. Und dennoch sind Singvögel nicht durch ihre gefiederten Feinde bedroht. Der häufigste Vogel Sachsen-Anhalts ist der Buchfink mit eher steigender Bestandstendenz. Nur in den Kleingärten hat er abgenommen, weil zunehmend die für Finken und einige andere Vogelarten so wichtigen Hochstämme gefällt werden und weil die Nahrung (Raupen, Blattläuse, Käfer, Ameisen) durch Spritzmittel knapp wird.

Seit Hunderttausenden von Jahren sind Vögel an einen starken natürlichen Feinddruck angepasst. Sie erzeugen Junge im Überschuss. Von 8 flüggen Meisen, die ein Meisenpaar hervorbringt, darf im Durchschnitt nur ein Junges das nächste Frühjahr erleben um einen der Altvögel zu ersetzen, der im Jahresmittel umkommt. Dabei herrscht eine starke, biologisch wichtige Auslese, ohne die die Population degenerieren würde. Etwa 70% der Freibrüternester werden durch Prädatoren gestört; dennoch produzieren die Vögel noch Junge im Überschuss, und zwar durch häufige Nachgelege. Fressfeinde schöpfen in der Regel nur diese Überschüsse ab. Für den Bestand einer Vogelart ist immer die Nahrung der wichtigste begrenzende Faktor. Bei vielen Arten spielen noch Strukturen als Nist-, Schlaf-, Singplätze und Zuflucht eine Rolle. Wir kennen in Sachsen-Anhalt keine Fälle, wo Vogelarten durch Rabenvögel ernsthaft in ihrem Bestand bedroht wurden. Rückgänge (aber auch Zunahmen) waren fast immer durch Eingriffe in den Lebensraum bedingt. Insbesondere die rationalisierte großflächige Landwirtschaft hat vielen Arten ihre Existenzmöglichkeiten entzogen. Eine moderne Baumschule, die exotische Gehölze verbreitet, schadet unserer Singvogelwelt mehr, als es viele Rabenkrähen tun können. Elstern, eigentlich Vögel der halboffenen Landschaft, sind aus den Agrargebieten verschwunden. Ihr dichtestes Vorkommen konstatieren wir noch in menschlichen Siedlungen. Die Rabenkrähe findet auf den großen chemisch behandelten Ackerflächen nicht einmal mehr Regenwürmer, die zu ihrer Lieblingsnahrung gehören. Auch die Rabenkrähe ist im Begriff, in die Städte einzudringen. Dabei reduziert sie die Bestände der Elster, deren Nester sie ausräumt. Bei hoher Populationsdichte zerstören sich Krähen gegenseitig ihre Bruten. Wo sich Krähenvögel in Großstädten ansiedeln, dringen auch ihre Regulatoren ein – der Habicht wird ansässig (so beispielsweise in Köln, Hamburg, Berlin und Brüssel). Es genügt, die Krähenvögel der natürlichen Selbstregulation zu überlassen. Bekämpfung mit Pulver und Blei wäre ein Schießen ohne Ende, ein pures Ausleben der Jagdlust ohne Gewinn für die Natur. Für eine seriöse Jagd gibt es noch Aufgaben genug.

Wenn man Kiebitze sieht, wie sie energisch ihre Brut gegen Krähen und Greifvögel verteidigen, meint man, dass auch der Rückgang der Kiebitze durch Flugfeinde bedingt sein könnte. Erst in den letzten drei Jahren wurden überraschende andersartige Ergebnisse gefunden. Man baute Temperaturmessfühler in Nester ein, um den Brutrhythmus zu erkunden. Dabei fand man beiläufig, dass die Nester fast ausschließlich in der fortgeschrittenen Dämmerung und nachts zerstört wurden. Hauptprädatoren der Bodenbrüter sind demnach also die nachtaktiven Raubsäuger wie Fuchs, Dachs, Marderhund, Marder, Wiesel. Vor allem der Fuchs ist nach seiner Vermehrung nach dem Tollwutimpfprogramm in manchen Wiesenvogelbrutgebieten zum Problem geworden. Die Jäger werden trotz steigender Abschusszahlen ihrer nicht mehr Herr. In Halle dringt der Fuchs infolge seines hohen Populationsdruckes in die Stadt ein.

Die schwerwiegendste Ursache des lokalen und regionalen Aussterbens von Kiebitz, Brachvogel und Rebhuhn sind aber die Eingriffe in die Landschaft durch den Menschen. Nach den neueren Einsichten in die Gesetzmäßigkeiten der Populationsdynamik würde sich durch den Abschuss von Krähen und Elstern weder der Bestand von Singvögeln noch der der Wiesenbrüter vergrößern; so wenig, wie eine Verfolgung von Birkenzeisigen, die Birkensamen fressen, die Vermehrung der Birke begünstigen oder das Töten von Nachtigallen, die auch vom Aussterben bedrohte Insektenarten fressen, der Insektenfauna nutzen würde. Es gäbe nur hässliche Nebenwirkungen, die wir aus den zurückliegenden Jahren kennen: mehr Blei in der Landschaft, gelegentlicher Abschuss der bundesweit geschützten Saatkrähen, Töten von Eulen und Falken, welche Nester von Krähen und Elstern nachnutzen.

Krähenvögel reagieren wie die meisten Vogelarten überhaupt auf die Verminderung ihrer Population mit höherem Bruterfolg. Unsere landesweiten Zählungen haben ergeben, dass auch Elstern und Aaskrähen (Sammelname für Raben- und Nebelkrähen) im Rückgang begriffen sind. Im Durchschnitt brüten in Sachsen-Anhalt weniger als 1 Paar Elstern pro km²; auf 100 Einwohner kommt nicht einmal eine adulte Elster.

Wo der Kolkrabe sich ansiedelt, werden die Rabenkrähen an der Fortpflanzung gehindert und verdrängt, wie es die Rabenkrähe mit der Elster tut. Auf dem Südfriedhof Halle gab es bis zu sieben Elsternester pro Jahr; seit hier eine Rabenkrähe brütet, sind nur noch drei Paare ansässig, und diese drei hatten schon jahrelang keinen Nachwuchs.

Trotz des Einwandern der Elster in die Grünbereiche der Stadt hat der Singvogelbestand hier noch zugenommen, wie auf den Südfriedhof in 37 Jahren gründlich untersucht. Die Kleinvögel haben hier sogar einen größeren Bruterfolg als im Auwald auf der Rabeninsel, wo keine Elstern brüten. Grüngebiete der Stadt sind die Gebiete größter Vogeldichte im Raum Halle trotz der erhöhten Dichte an Elstern. Durch die wachsende Grünmasse der Stadt nehmen auch die Vögel zu (Brutvogelatlas Halle). Alle Rabenvogelarten sind grundsätzlich durch EG-Recht geschützt, wobei es in handfest begründeten Einzelfällen seit 1994 Ausnahmeregeln gibt. Die in einigen Bundesländern zugelassene Jagd auf Krähenvögel ist ein Rechtsbruch.

Der Wunsch nach Krähenabschuss hat auch psychologische Gründe. Seit Jahrhunderten haben im Volksaberglauben manche Krähenvogelarten einen negativen Ruf. Sie gehören zu den intelligentesten und interessantesten Vögeln, genießen aber wegen ihres düsteren Gefieders, ihrer krächzenden Rufe und beobachteter Nestplünderungen keine Sympathie. Abschussanträge aus der Jägerschaft haben darüber hinaus noch jagdpsychologische Gründe, die hier nicht näher erörtert werden sollen. Es gibt nur extrem wenige Beispiele, wo in einem Sonderfall eine Bekämpfung gerechtfertigt werden konnte, z.B. als sich ein Krähenpaar auf die Zerstörung von Wasservogelgelegen in einem Tiergehege spezialisiert hatte und das Paar durch eine Falle beseitigt wurde.


Zusammengefasst:

Abschuss von Krähenvögeln ist biologisch widersinnig. Er würde keinen positiven Einfluss auf den Bestand anderer Tierarten haben. Die Genehmigung von Abschüssen wäre ein Rückfall ins unwissenschaftliche Mittelalter. Eine bessere naturwissenschaftliche Bildung in Deutschland würde manches Scheinproblem gegenstandslos machen.




Links zum Thema:
http://www.ornithologischer-verein-halle.de/images/Aaskr.jpg Raben- und Nebelkrähe
aus Naumann: Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas Bd. 4
Elster und Dohle http://www.ornithologischer-verein-halle.de/images/Elster.jpg
aus Naumann: Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas Bd. 40

Projektgruppe Rabenvögel der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft e.V.
Infos zur Elster

wissenschaftliche Daten:

Rabenvogelgutachten Rheinland-Pfalz
Das Bild der Rabenvögel (Corvidae) in der heutigen Gesellschaft (pdf)
Dissertation A.Hereth, Universität Gießen
Fragwürdiges Forschungsvorhaben - "Freilandforschung" mal anders

Positionen:

Prof. H. Helb
Ökologischer Jagdverband:
ÖJV: Rabenvögel Pro & Kontra
Nabu - Naturschutz Heute: Rabenvogeldiskussion
Wie das ZDF strittige Naturschutz-Themen behandelt


Literatur zum Text:

Bezzel, E. (1998): Statt Jagd wieder anachronistisches Schießertum? Der Falke 45, 146-148.
Gross, R. (1987): Rabenkrähen und Elstern kämpfen gegeneinander. Der Falke 44, 246.
Knief, W. & P. Borkenhagen (1993): Ist eine Bestandsregulierung von Rabenkrähen und Elstern erforderlich?
Ein Untersuchungsbeispiel aus Schleswig-Holstein. Natur und Landschaft 68, 102-107.
Kolbe, U. & J. Neumann (1988): Zur Beurteilung unserer Rabenvögel. Der Falke 35, 312-328.
Mäck, U & M.-E. Jürgens (1999): Aaskrähe, Elster und Eichelhäher in Deutschland. Bundesamt für Naturschutz. Bonn.
ISBN 3-743-3804-6. 254 Seiten.
Mansfeld, K. (1953): Krähenbekämpfung. Flugblatt Nr. 3 der Biol. Zentralanstalt.
Mulsow, R. (1983): Die Bedeutung von Elster und Rabenkrähe als Nesträuber. Orn. Mitt. 35, 79.
Schönbrodt, R. & T. Spretke (1989): Brutvogelatlas von Halle und Umgebung. Halle.
Wallschläger, D. (1998): Projektgruppe „Rabenvögel“. Journal f. Ornithologie 139, 68-69
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Insel läßt grüssen

Falscher Studienansatz?
Mit weniger Toden Krähen mehr erreichen?
Mit der Larsen-Falle von April - Juni fangen!

http://www.gct.org.uk/article.asp?PageId=139&ArticleId=36
Für diejenigen die überhaupt kein Englisch können, hier die Google-Übersetzung
http://translate.google.com/transla...d=36&prev=/search?q=Loddington+Pica&hl=de&lr=


Und was sagen die Singvogelfreunde von der Insel?
Für diejenigen, die kein Englisch können, die etwas holbrige Google-Übersetzung:
Google translete schrieb:
Die neue Forschung, die vor kurzem im Journal der angewandten Ökologie veröffentlicht wurde, zeigte, daß, wo es keine vorhandenen magpies gab, der reproduktive Ausgang von Songthrushes viel grösser war.
Google translete schrieb:
Wissenschaft prüft jetzt was die gamekeepers der letzten Jahre wußten, diese magpieplünderung der Nester und gewordene Vögel hat eine beträchtliche Auswirkung auf die reproduktive Kapazität anderer Vögel und daß ihre Zahlen kontrolliert sein müssen, wenn wir folgen sollen, mit, unsere Singvogelbevölkerung zu erhöhen.
Google translete schrieb:
Die Steuerung der Fleischfresser wie des magpie hat drastische Zunahmen der Singvogelbevölkerung, besonders Songthrushes ergeben, die bewundernswert durch die Spielerhaltung an ihrem Aufstellungsort bei Loddington gezeigt worden ist. Das magpie ist gerade eins der vielen Fleischfresser, deren Zahlen sich drastisch über den letzten 30 Jahren erhöht haben, das mit der großen Bevölkerungsabnahme in unseren Singvögeln übereingestimmt hat und sie z.Z. eine Kappe auf jeder stützbaren Wiederaufnahme in den Singvogelzahlen halten.

http://www.songbird-survival.org.uk/magpies.htm
Für diejenigen die überhaupt kein Englisch können, hier die Google-Übersetzung
http://translate.google.com/transla....htm&prev=/search?q=Loddington+Pica&hl=de&lr=

Die Lizens zur Krähen und Elsternjagd:
http://www.defra.gov.uk/corporate/regulat/forms/cons_man/wlf100087.pdf
 
aday schrieb:
Mit der Larsen-Falle von April - Juni fangen!


Du meinst wohl eher das Legalisieren dieser Methode :~

Nester ausschießen kann man dann ja auch gleich legalisieren, oder Aday ? Dann müssen die jungen Krähen und Elstern wenigstens nicht tagelang elend verhungern und verdursten, weil "man" ihre Eltern gefangen und erschlagen hat.
Und obendrein muß der Schütze sich nicht dreimal umschauen, ob ihn jemand dabei beobachtet.


P.S.: Englisch beherrschen ist übrigens nicht alles, manchem ist auch schon mit einer Tüte Deutsch geholfen ;)
 
Karin schrieb:
P.S.: Englisch beherrschen ist übrigens nicht alles, manchem ist auch schon mit einer Tüte Deutsch geholfen ;)

Mein Gott sind das wieder Deine geistigen Ergüsse?


Tam
 
Magpie = Elster
song thrushes = Singdrosseln

Karin schrieb:
Nester ausschießen kann man dann ja auch gleich legalisieren, oder Aday ? Dann müssen die jungen Krähen und Elstern wenigstens nicht tagelang elend verhungern und verdursten, weil "man" ihre Eltern gefangen und erschlagen hat.
Guter Vorschlag Karin, könnte man doch als "humane" Geburtenkontrolle bezeichnen, wäre da jetzt nicht die Definitionsfrage, wann ist in dem Ei Leben und ist es ethisch vertretbar. Vielleicht sollten wir ja mal deine Religionsgemeinschaft dazu befragen. :D

Mich wundert ja auch nicht, das du nicht auf die Singvogelfreunde eingegangen bist, die mit gutem Grund sagen, das die Rabenvögel reguliert werden müssen.
Ähnlich haben auch die "bösen" Wiesenbrüterfreunde argumentiert und auf einschlägige Wissenschaftliche Studien hingewiesen.
Das Problem was ich immer wieder bei den Pro-Krähenstudien sehe ist hier ganz klar, das einzig und allein mit den Brutpaaren wohlweislich gerechnet wird. Das diese Zahl in sagen wir mal den letzten 30 Jahren vielleicht "nur" um 20% gestiegen ist, darf nicht über die immer größere Zahl der "Junggesellenschwärme hinwegtäuschen. Die Probleme daraus sehen wir doch in unseren Städen. Bei den Junggesellen ist es natürlich etwas schwieriger, Futterproben am Nest zu untersuchen und damit die zahlen halt immer klein bleiben erscheinen diese bei diesen Studien eigentlich nie oder werden wenn überhaupt nur am rande ganz klein erwähnt, natürlich ohne Zahlen.
Schon allein die Brutdichtezunahme der letzten 30 Jahre bringt Probleme und irgendwann kann der arme Wiesenbrüter die Verluste daraus mit Nachgelegen nicht mehr ausgleichen, vielleicht sogar, weil er kurz vor dem 1. Advent nun mal keine Nahrung mehr für seine Küken findet.
 
aday, ein schlechtes schauermärchen, was du durch vermutungen und "was wäre wenn" vorzugaukeln versuchst. eine tierart gegen die andere ausspielen darauf baut ihr, die jäger auf.
klar, als jäger willst du nicht verstehen lernen, dass im öko-system, eine tierart die andere braucht, trotz kulturlandschaft. du willst halt dein tiertötungshobby verteidigen.

brutale eingriffe mit waffen und fallen, werden zur zerstörerischen gewalt und haben bis jetzt den tieren und der natur nachweislich nur geschadet.
 
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Thema: "Massentötung von Rabenvögeln" (unkommentierter Info-Thread)
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