Megabakteriose und GLS
Hallo Lola,
ich hatte gerade gestern was ausführliches dazu im Thread "Grüner Kot" geschrieben. Hier der Einfachheit halber nochmal einkopiert:
1. "Megabakterien":
Megabakterien sind grampositive, PAS (periodic acid-Schiff) - positive, stäbchenförmige Organismen mit dicker Zellwand. Sie sind wesentlich größer als Bakterien. Die Angaben in der Literatur schwanken zwischen 20-50 µm Länge und 1,5-3 µm Durchmesser (Wedel), 30-60 µm Länge (Kaleta/Krautwald-Junghanns) und 90 µm Länge und 5 µm Durchmesser (Gylstorff/Grimm).
Der Begriff wurde von Van Herck et al. 1984 geprägt.
Der Name ist mißverständlich, weil es sich neueren Erkenntnissen zufolge nicht eigentlich um Bakterien, sondern um Organismen handelt, die eher den Pilzen sehr nahe stehen (Zellaufbau, Verhalten bei der Zellteilung). Auch mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierungsverfahren konnte gezeigt werden, daß es sich nicht um Bakterien, sondern um eukaryotische Zellen handelt.
Andererseits sind die Gramfärbung uund die PAS-positive Reaktion etwas, was sie mit Bakterien gemeinsam haben. Von verschiedenen Autoren wurden in neuerer Zeit Umbenennungen vorgeschlagen (Avian Gastric Yeast, Fungoides Proventrikuli, Virgamyces avigastricus) vorgeschlagen, die sich aber bislang gegen den eingeführten Begriff Megabakterien nicht durchsetzen konnten.
2. Going Light Syndrome (GLS):
Das klinische Bild wird als GLS, Leichterwerden oder magabakterielle Drüsenmagenentzündung bezeichnet.
Es hat folgende Symptome: Apathie, Somnolenz (Schläfrigkeit), gesträubtes, aufgeplustertes Gefieder, Heißhunger bei gleichzeitiger Abmagerung, Erbrechen graugrünlicher Schleimmassen und grünlicher Durchfall, im fortgeschrittenen Stadium mit unverdauten Körnern im Kot. Es ähnelt also sehr den Erscheinungen, die auch bei der virusbedingten PDD (Neuropathischer Drüsenmagendilatation) zu beobachten sind.
Im Röntgenbild ist der Drüsenmagen (ebenfalls wie bei PDD) stark vergrößert und sackartig erweitert, die Schleimhaut ist verdickt und (anders als bei PDD) mit grauglasigem, manchmal zusätzlich blutigem Schleim bedeckt. Beim Übergang zum Muskelmagen können sich massive Ulzera (Geschwüre) finden. Bei vielen Vögeln kommen eine Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung) und eine katarrhalisch-haemorrhagische Dünndarmentzündung hinzu. Die Koilinschicht des Muskelmagens kann sich ablösen.
Die Prognose ist aus schulmedizinischer Sicht ungünstig. Antibiotika und Kortikosteroide haben keinerlei Wirkung. Behandlungsversuche mit Antimycotica wie Amphotericin B oder Ketoconazol ("Nizoral") sollen in Einzelfällen Erfolge gebracht haben, aber die überwiegende Auffassung der Schulmedizin geht dahin, daß damit nur ein vorübergehendes Sistieren der Erregerausscheidung, nicht aber dauerhafte Erregerfreiheit erreicht werden kann.
3. Zusammenhang zwischen GLS und "Megabakterien":
Es ist bislang nicht einmal eindeutig geklärt, ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem Nachweis von "Megabakterien" und GLS besteht. Denn einerseits können bei zahlreichen Vögeln die Erreger nachgewiesen werden, ohne daß diese Vögel jemals klinisch krank werden. Andererseits wurden auch bei Tieren, bei denen keine Megabakterien im Kot nachgewiesen werden konnten, Krankheitserscheinungen des GLS beobachtet. Bei einer pathologisch-anatomischen Untersuchung (Autopsie) verstorbener Tiere fand sich aber in der Regel eine hohe Keimzahl im Drüsenmagen.
Nach alledem ist die Frage der Pathogenität der Megabakterien und ihrer Bedeutung für das GLS-Krankheitsgeschehen unklar. Einerseits ist es möglich, daß bei der Röntgenuntersuchung die infizierten Tiere bereits in einem sehr frühen Stadium erkannt werden, bei dem noch keine manifesten klinischen Symptome wie Erbrechen, Durchfall mit unverdauten Körnern oder Abmagerung auftreten; andererseits ist es auch möglich, daß der Durchseuchungsgrad der Wellensittichpopulation extrem groß ist, aber die "Megabakterien" nicht primär pathogen sind. Dies würde bedeuten, daß GLS - ähnlich der Aspergillose - keine Infektionskrankheit im engeren Sinne, sondern eine Faktorenkrankheit ist. Als Primärerkrankungen kommen dann Allgemeininfektionen und chronisch zehrende Erkrankungfen wie Tumorleiden, aber auch lokale Schleimhautschädigungen in Frage, die ein Anhaften und Vermehren der "Megabakterien" begünstigen.
4. Therapie:
Wie bereits unter 2. erwähnt, gibt es keine erfolgversprechende schulmedizinische Therapie. Man beschränkt sich auf Palliativmaßnahmen, die die Verdauung erleichtern, wie Kamillen- oder Thymiantee statt Wasser; Futterumstellung: Entzug zuckerhaltiger Lebensmittel, also kein Obst; Breiiges Futter (Aufzuchtfutter, Zwiebackmehl, gemahlene Körner, Eifutter, angereichert mit Vitamin-Mineralstoffgemisch), sowie angekeimte
Kolbenhirse und anderes
Keimfutter statt scharfkantiger Sämereien.
Hier, wo die Schulmedizin am Ende ihrer Weisheit ist und eine erfolgversprechende Therapie nicht zur Verfügung stellt, bietet sich besonders die nicht am Erreger, sondern an den klinischen Symptomen orientierte Klassische Homöopathie an. Diese stärkt die körpereigene Abwehr, statt sie zu schwächen (wie Antibiotika und Cortison). Das scheint mir das Entscheidende zu sein, da die Tatsache, daß viele Vögel "Megabakterien" haben, aber nicht klinisch erkranken, eindrucksvoll zeigt, daß die körpereigene Abwehr und ein funktionierendes Immunsystem mit den Megabakterien offenbar relativ problemlos fertig werden. Ist ein Vogel allerdings schon so geschwächt und sind die Organveränderungen bereits so weit fortgeschritten, daß die Lebenskraft des Tieres auch mit homöopathiescher Unterstützung nicht mehr hergestellt werden kann, sollte man über eine Euthanasie (oder auch hier als sanfte Alternative: über homöopathische Sterbebegleitung)nachdenken.
Liebe Grüße,
Thomas