Hallo Oli,Ortolan und alle anderen,
bei dem, was ich hier im Forum schreibe, beziehe ich mich zumindest sinngemäß auf Erkenntnisse, die ich mir aus den SiskiNews oder anderen Publikationen angelesen oder die ich selbst gewonnen habe. Zitieren ist deshalb schwierig, weil ich einige dieser Unterlagen hier nicht zur Hand habe bzw. sie an andere weitergegeben habe.
Feldbeobachtungen habe ich selbst leider nicht durchgeführt, deshalb kann ich mich nur auf das berufen, was andere niedergeschrieben haben. Die letzten Feldbeobachtungen liefen meines Wissen 1984/85. Zu diesem Zeitpunkt wurden nur sehr wenige Kapuzenzeisige gezählt, die Feldbeobachter waren wohl zur falschen Zeit am falschen Ort. Es sollte auch klar sein, das der Lebensraum des Kapuzenzeisigs etwas größer und unübersichtlicher ist, als der Englische Garten! Die genannten Zahlen 500 – 1000 sind eine Schätzung, die schon vor über 10 Jahren so präsentiert wurde. Bei der Genauigkeit, die dieser Schätzung zu Grunde liegt, spielt es auch keine Rolle, ob es sich hierbei um Individuen oder Paare handelt.
Es ist so, daß weiterhin Kapuzenzeisige für die Haustierhaltung gefangen werden und auch in kleinen Stückzahlen nach Europa gelangen, so z.B. nach Spanien. Mir ist bekannt, daß z.B. spanische Piloten mal mehr mal weniger Vögel von ihren Flügen von Venezuela mitbringen. Auch wird der Kapuzenzeisig, obwohl es in Venezuela verboten ist, in kleinen Käfigen als Stubenvogel gehalten (so wie wir es aus Südeuropa vom Stieglitz kennen).
Keiner von uns hat Kapuzenzeisige in ihrem natürlichen Lebensraum beobachtet, wir sind deshalb auf Info anderer angewiesen oder wir können ableiten z.B. vom Erlenzeisig oder vom Stieglitz. Beide leben in vergleichbaren Lebensräumen und ernähren sich ähnlich. Wenn ich schreibe Kapuzenzeisige „ernähren sich u.a. von“ und erhalte dann die Antwort „Hauptbestandteil der Zeisignahrung ....sind vielmehr“, dann grenzt das für mich an Millimeterpisserei:-), die and dieser Stelle bestimmt nicht notwendig ist. Seht Euch doch mal die Futtermischungen für Zeisige an, die z.B. Blattner, Hungenberg oder andere anbieten. Die sind über Jahre hinweg entwickelt und verbessert worden. Sie entsprechen mit Sicherheit nicht zu 100% dem was die Vögel in der Natur fressen, orientieren sich aber daran und bestehen sowohl auch Baumsamen (z.B. Erle, Birke, Koniferen), also Samen die hauptsächlich im Winter zur Verfügung stehen, als auch aus ölhaltigen Samen des Ramtil, Zichorie, Salat, Distel (alles Kompositen) sowie Perilla (Nessel) und Gras und Glanz. Dazu kommt dann noch Mohn und Nachtkerze. Bis auf Koniferen sind das alles Pflanzenarten, die nicht in ursprünglichen, dichten Wäldern wachsen (z.B. “Urwald” am gr. Arber im Bay.Wald) sondern mehr auf offenen Flächen oder an Waldrändern und an Fluß- und Bachläufen (Birke, Erle).
So wundert mich es auch nicht, wenn Kapuzenzeisige von der Veränderung der Landschaft in Puerto Rico oder auch in Venezuela profitieren können. Große Waldflächen werden “unterbrochen” und bieten auf Lichtungen ein breites Nahrungsspektrum, aber auch Brutmöglichkeiten in hohen Bäumen etc. Es gibt eine Reihe von Tierarten, die von Lebensraumveränderungen profitiert haben (Ringeltaube, Amsel, Turmfalke usw.). Einerseits wird zwar für bestimmte Tiere der Lebensraum zerstört, andererseits profitieren andere davon wie z.B. der Kapuzenzeisig.
“However, much of the red siskin activity occurs in deciduous forests.
Die Übersetzung wäre:” (wäre, wenn korrekt übersetzt!)
.....
“Wie auch immer, die meisten Aktivitäten des Kapuzenzeisigs kommen in immergrünen Wäldern vor.”
Jedoch spielen sich viele Aktivitäten der Kapuzenzeisge in laubabwerfenden Wäldern ab (holprig, aber korrekt!).
Mittlerweile habe ich auch schon weit über 30 Jahre Erfahrung in der Haltung und Zucht von Vögeln und fühle mich zumindest befugt (nicht berufen!) mich in der Öffentlichkeit zu äußern. Bisher habe ich einige Berichte in Fachzeitschriften (
Voliere, Gefiederte Welt, Kanarienfreund) veröffentlicht, die auch in der Fachliteratur (Claßen) Anerkennung gefunden haben.
Zu dem, was ich am 8.11.00 geschrieben habe, könntest Du, Oli, behaupten, daß ich das Thema verfehlt habe (Deine Anm. ,“daß das eigentliche Thema Mischlings- oder Mutationszucht ist). Aber gerade der Kapuzenzeisig kann als Beispiel für beides genommen werden, Mischlinge existieren, genau so wie Mutationen.
Mischlinge mit anderen Zeisigen (Bilder von einem Magellanzeisigmischling u.a. hier:
http://members.tripod.com/carduelan_society/) wurden gezüchtet, andere Mischlinge z.B. mit dem Stieglitz standen bei meinem letzten Besuch einer Weltschau (in Reims) zur Prämierung. Ich möchte auch hier klarstellen, daß ich die Mischlingszucht nicht nur zwischen zwei Arten ablehne, sondern auch zwischen Unterarten vermeide (z.B. Spinus psaltria psaltria und Sp. psaltria jouyi). In meiner damaligen Funktion als ICC-Vorsitzender habe ich auch klar dazu Stellung bezogen und die Mischlingszucht kritisiert. Dazu brauchte ich keine Namen zu nennen oder Personen an den Pranger zu stellen, zumal diese Personen nicht im ICC sind oder waren.
Zur Mischlingszucht Kapuzenzeisig mit anderen (Zeisig)Arten mag es verschiedene Gründe geben bzw. gegeben haben. Einer war mit Sicherheit der, die Kapuzen größer und widerstandsfähiger zu machen. Hier solltet Ihr Euch mal Fachzeitschriften aus den frühen 80ern besorgen und die Anzeigen studieren, in denen große, kräftige Kapuzenzeisige (aus der Freivoliere) angeboten wurden. Mit Beta-Carotin oder anderen Mittelchen wurden diese Tiere gefärbt. Haben sie das Farbfutter nicht mehr bekommen, kamen dann oft genug grüne Federn nach der Mauser durch. Es ging nicht darum, rote Magellanzeisige zu züchten oder überhaupt den „Rotfaktor“ auf andere Zeisige zu übertragen, das war der Fall bei der Zucht von roten Kanarien! Wie soll denn sonst das Rot auf einen gelbgrundigen Vogel übertragen worden sein?
So wie ich mich zur Mischlingszucht geäußert habe, habe ich auch zum Thema Mutationen Stellung genommen. Hier ein Auszug aus einem Leserbrief, der in den AZ Nachrichten (Nr.?) veröffentlicht wurde (geschrieben am 29.4.1999):
“Schon seit einigen Jahren ist die Mutationszucht unter Carduelidenzüchtern ein Thema, das kontrovers diskutiert wird. Ganz klar ist, die Zucht von “Mutationen” ist legitim! Es ist somit nur eine Frage der eigenen Neigung – und der Finanzen, denn mit der Mutationszucht könnte man Geld verdienen, gerade mit neuen Mutationen.
Andererseits könnte man auch mit der Zucht von Papageien oder seltenen Cardueliden etwas dazuverdienen. Deshalb möchte ich das Argument des Geldverdienens nicht gelten lassen. Geld spielt leider bei allen Hobbies eine mittlerweile übergeordnete Rolle, egal ob ich Vögel züchte oder eine Modelleisenbahn aufbaue. Der vielbeschworene Idealismus ist oft nur noch “rudimentär” vorhanden.
In Deutschland wird eine Mutation z.B. eines Erlenzeisigs immer noch als “Wildvogel” betrachtet, in Frankreich dagegen als “Haustier”. Das Verfestigen einer Mutationserscheinung zu einem “Farbschlag” ist eine Folge der Domestikation, daher ist es durchaus sinnvoll, wie dieses Thema in Frankreich behandelt wird. Ein wildfarbiger Vogel aus einer Mutationszucht wird dort dagegen allerdings als Wildtier betrachtet, was m.E. nicht ganz nachvollziehbar ist.
Ein Verbot der Mutationszucht, wie es gefordert wurde, möchte ich ablehnen. Obwohl ich keine Mutationen halte, glaube ich, daß mit einem Verbot ein Stück Kultur und züchterische “Experimentierfreudigkeit” verloren geht. Wohl aber kann ich mir vorstellen, daß dieses Thema ebenfalls aus einer anderen Perspektive betrachtet wird. Wie auch in Frankreich sollten Mutationen als domestizierte Tiere behandelt werden. Keine Meldepflicht mehr, dafür aber die Beringung mit speziellen Ringen, die z.B. ein “M” als Kennung tragen. Ob das durchführbar sein wird, darüber sollte man reden.”
Damit möchte ich mich aus dieser Diskussion verabschieden..
...und weg
Jörg