POLYOMAVIRUS-BEDINGTE ERKRANKUNGEN DER PSITTAZIDEN Syn. Budgerigar fledgling disease (BFD), Nestlingskrankheit der Wellensittiche, Rennerkrankheit, Französiche Mauser, French Moult
Das Budgerigar fledgling disease virus (BFDV) ist das erste aviäre (vogelspezifische) Polyomavirus, das entdeckt wurde. In der Geschichte der aviären Polyomaviren wird es erstmals Anfang der achtziger Jahre erwähnt. 1981 wurde durch Bozeman et al. eine hochansteckende Erkrankung bei nestjungen Wellensittichen beschrieben, die hohe Mortalitätsraten bis zu 100% verursacht.
Inzwischen wurden weitere nahe verwandte, aber mit molekularbiologischen Methoden unterscheidbare Polyomaviren aus anderen Psittaziden isoliert. Außerdem kommen Polyomaviren bei Finken, Greif- und Hühnervögeln vor.
Einzigartig für dieses Virus ist sein biologisches Verhalten. Die bekannten Säuger-Polyomaviren, einschließlich denen des Menschen, rufen keine klinische Erkrankung im ansonsten gesunden Organismus von Säugetieren hervor. Sie sind auch nicht auf Wellensittiche und andere Psittaziden übertragbar.
Das BFDV des Wellensittichs bewirkt dagegen eine akute Krankheit mit Veränderungen in betroffenen Organen und großen Verlusten in infizierten Zuchtbeständen. Die Infektion erfolgt durch Inhalation von virushaltigem Federstaub, Kropfinhalt und Kot. Adulte Wellensittiche können latent infiziert und somit Virusträger und -ausscheider sein. In der Umwelt ist das Polyomavirus sehr stabil und bleibt für lange Zeit infektiös.
Die Krankheit verläuft beim Wellensittich entweder akut oder chronisch. Akute Verläufe haben eine Inkubationszeit von weniger als einer Woche und zeigen sich als ”Nestlingskrankheit ” der Wellensittiche. Es kommt zu Verlusten im Alter von 1 bis 21 Tagen; die Sterblichkeit beträgt 80 bis 100% , wobei der Tod häufig plötzlich und ohne klinische Symptome eintritt. Manchmal zeigen einzelne Küken ein bis zwei Tage vorher neurologische Symptome, die sich in Zittern des Kopfes und der Gliedmaßen äußern und bis zur allgemeinen Bewegungsunfähigkeit führen können. Daneben bestehen oft allgemeine Depression mit Appetitverlust, Kropfstau, Würgen und/oder Durchfall mit nachfolgender Austrocknung und Gewichtsverlust sowie eine Blutungsneigung an und in den Federfollikeln, aber auch in und unter der Haut und zwischen den einzelnen Muskeln.
Die chronische Form tritt auf, wenn Wellensittichnestlinge entweder maternale Antikörper im Serum haben oder die Infektion erst nach der zweiten Lebenswoche mit geringer Virusdosis erfolgte. Hier treten vor allem die Befiederungsstörungen der heranwachsenden Wellensittiche in den Vordergrund. Auffallend ist das Fehlen des Deckgefieders und das verzögerte Wachstum, bzw. der vorzeitige Ausfall der Schwanz- und Konturfedern. Die davon betroffenen 3 bis 7 Wochen alten Wellensittiche sind flugunfähig und werden daher als "Renner" oder "Hopser" im Sinne der "Französischen Mauser" bezeichnet. Überlebende zeigen in der Regel nach der ersten oder zweiten Mauser ein normales Gefieder. Im Zusammenhang mit Ernährungsfehlern bleiben jedoch auch bei älteren Wellensittichen die nachgebildeten Federn dystrophisch oder bilden sich gar nicht mehr nach.
Wird ein erwachsener Wellensittich mit aviärem Polyomavirus infiziert, kommt es in der Regel nicht zu Todesfällen, während andere Psittaziden häufig verenden. Der Krankheitsverlauf ist sehr wechselhaft und nicht in allen Fällen mit Gefiederschäden vergesellschaftet.
Bei adulten Tieren mit Federveränderungen muß neben allgemeinen Haltungsfehlern, mykologisch und bakteriell bedingten Gefiederschäden in jedem Fall eine Infektion mit Circovirus (PBFD) ausgeschlossen werden.
Da sich das Polyomavirus in der Haut vor allem in den Federfollikeln vermehrt, kann mittels PCR Virus- DNA aus Federn nachgewiesen werden. Ein Virusnachweis am lebenden Tier ist außerdem aus Rachen-, Kropf- und Kloakenabstrichen möglich.