Schwalbenkolonie ohne Bruterfolg

[Schulzchen]

Hallo zusammen,

Wir haben bei uns auf dem Büro-Gebäude vor einigen Jahren Kunstnester für die Mehlschwalben installiert. Sie wurden sofort von den Schwalben angenommen.

Dieses Jahr sind sie wie immer schon früh aus ihrem Winterquartier zurückgekommen. Seit Juli/ August ist es jedoch sehr ruhig bei den Nestern geworden.


Am Mittwoch haben wir wie jedes Jahr die Nester gereinigt, und festgestellt, dass wir keine einzige Brut hatten. Es befindet sich ein schwarzer Flaum um die Nester herum.

Hat schon einer von euch so etwas gesehen? Kann jemand sagen, was das ist ?

Hat das die Kolonie womöglich krank gemacht?
Danke für euren Expertenrat.

Monika

 

[Panyptila]

Hallo,

das sieht ja furchtbar aus. Für mich ist das eine dicke Schickt von Parasiten, besonders Milben, ggf. auch noch Läuse, Wanzen etc. In den Nestern dürfte das noch schlimmer aussehen.
In solchen Mengen fressen die die Schwalbenbruten komplett auf. Die Altvögel werden auch massiv geschädigt, haben schlechtere Überlebenschancen, besonders auf dem Zug. So kann die Kolonie nicht überleben.
In so einem Fall gibt es nur Eines. Ardap oder ein ähnliches Produkt kaufen und erstmal großzügig die Nester innen und außen samt weiterer Umgebung einsprühen, 3 Tage einwirken lassen. Dann alle Nester abnehmen, gründlich reinigen und dann noch mal einige Minuten in kochendes Wasser legen. Die Nestumgebung gründlich putzen mit einem Putzmittel für groben Schmutz und noch mal mit Spiritus nachputzen. Sicherstellen, dass alle Ritzen und Verstecke in der Nähe üppig mit dem Insektizid ausgesprüht wurden, um eine zügige Massenvermehrung der Parasiten in der nächsten Saison zu vermeiden.
Ich würde die gereinigten und wieder montierten Nester Ende Februar noch mal von innen und außen leicht mit dem Insektizid besprühen. Bis zur Rückkehr der Schwalben ist das bis auf Spuren verflogen. Das sollte dann einen parasitenfreien und erfolgreichen Brutverlauf an der Kolonie garantieren. Das würde ich jedes Jahr so machen. Wenn man das im Griff hat reicht dann auch eine grobe Reinigung der Nester im Herbst oder Spätwinter und ein Sprühstoß ins Innere und von außen. Das geht dann sehr schnell und einfach. In diesem Fall, wo es massiv ausgeufert ist, hilft nur noch die große Keule.

Ungezieferspray ARDAP 750 ml bei HORNBACH kaufen

Ich hoffe das Beste für den Fortbestand der Kolonie. Ich bin aber guter Dinge, dass die sauberen und parasitenfreien Nester in der nächsten Saison wieder mit gutem Erfolg bebrütet werden. Nach den Erstbruten würde ich mir das Nestinnere mal ansehen und den Erfolg der Maßnahmen prüfen damit vor den Zweitbruten ggf. noch eingegriffen werden kann. Es sollte aber für die ganze nächste Saison halten.

Liebe Grüße
Thomas

 

[Schulzchen]

Hallo Thomas,
vielen Dank für deinen Rat.
Gibt es denn keine Alternative zu dem Ungezieferspray?
Wie sind deine Erfahrungen mit dem Abflämmen der Nester? Wir reinigen die Nester an vielen weiteren Standorten, besteht die Gefahr die Parasiten über die Reinigungswerkzeuge zu übertragen?
Danke Monika

 

[Panyptila]

Hallo Monika,

Insektizide haben eine Langzeitwirkung und töten auch Parasiten die aus der weiteren Umgebung wieder in die Nester krabbeln. 100% wird man nie erwischen. Das genannte ist als Umgebungsspray für Tiere gemacht und schadet nicht. Bei Rückkehr der Schwalben ist sowieso fast alles verflogen, reicht aber meist, um eine ruhige Saison zu haben. Abflämmen tötet natürlich die außen sichtbaren dicken Schichten der Parasiten ab. Ausbrennen des Nestinneren ist schon schwieriger und kann auch die Nester oder die Umgebung beschädigen. Parasiten die außerhalb der Nester in tiefen Ritzen versteckt sind, erreicht man gar nicht und ruck zuck hat man in der warmen Jahreszeit wieder dasselbe Drama. Die Parasiten vermehren sich unglaublich schnell wenn die Schwalben zurück sind und das Wetter warm ist. Mit der Klimaveränderung hat man da noch eine zusätzliche Beschleunigung was dann wieder zum totalen Brutausfall führt. Es ist ja auch eine Frage wie oft man in der Saison an die Nester ran will und ggf. auch erleben will, dass stark befallene Jungschwalben halbtot aus den Nestern springen. Dann müsste man mitten in der Brutsaison mit viel Aufwand, Störungen der Brut und mäßigem Erfolg versuchen etwas zu retten. Wenn ich sehe, was da alles an Tiefen Ritzen etc. im Bereich der Nester vorhanden ist wäre es eine Sisyphos Arbeit, das alles auszubrennen und es würden trotzdem reichlich Parasiten übrig bleiben.
Wenn es wieder gut laufen soll und während der Brut nicht wieder zu dramatischen Entwicklungen kommen soll, sehe ich ein Insektizid als einzige Lösung. In solchen extremen Fällen wäre es ggf. sogar sinnvoll, sich Rat von einem Schädlingsbekämpfer zu holen wenn man Vorbehalte gegen den Einsatz von Insektiziden hat.
Die Schwalben bringen oft geringe Mengen von Parasiten mit ins Nest. Meist holen sie sich die bei Übernachtungen in anderen Nestern. Dadurch verbreiten die sich rasend schnell über die ganze Kolonie. Besonders durch die viel trockeneren und wärmeren Sommer setzt die Massenvermehrung viel eher ein als früher und zudem werden Kunstnester ja auch viel länger genutzt als Naturnester, die, zumindest früher, teils jedes Jahr neu gebaut wurden. Heute ist eben alles anders und der Parasitendruck extrem stark. Das muss dann auch entsprechend gepflegt werden wenn es einen Sinn für den Erhalt der abnehmenden Schwalbenbestände haben soll. Parasitenverseuchte Nester sind da kontraproduktiv.

Über die Reinigungswerkzeuge kann man die Parasiten auch weiter verbreiten, besonders wenn man kleine Bürsten o. ä. benutzt. Die könnte man natürlich nach jedem Einsatz kurz vor einen Heißluftfön halten oder in Spiritus tauchen und es damit einfach verhindern.

Liebe Grüße
Thomas

 

[Schulzchen]

Vielen Dank für deine kompetente Empfehlung, Thomas.

Schönen Abend
Monika

 

[harpyja]

Als ich die ersten Bilder gesehen habe, dachte ich: Können das alles Parasiten sein? Krass! Kennt man ja von Meisenkästen im Herbst, wenn man sie abnimmt und schon ein paar dunkle Punkte am Einflugloch sieht... Aber so, echt heftig... Bei so vielen Kästen und wo schon so viel Aufwand in die "normale" Reinigung gesteckt wird, würde ich auch jetzt lieber die große Keule schwingen, als das im nächsten Jahr wieder so vorzufinden.