Schwarzmilane schmücken Nester mit Plastikstücken

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Raven

Raven

De omnibus dubitandum
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Hallo,

ich fand gerade einen interessanten Artikel im Netz:

Schwarzmilane nutzen eine ungewöhnliche Taktik, um Stärke zu demonstrieren: Sie schmücken ihre Nester - und zwar mit weißen Plastikfetzen. Besonders beliebt ist die zweifelhafte Wohnraumverschönerung bei Raubvögeln in den mittleren Jahren.
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Vor Jahren hab ich sogar mal von einem Milanhorst gelesen, wo ein Sperberpräparat mit eingebaut wurde.
 
Es ist sogar mehr die Regel als die Ausnahme, daß Milane (auch Rotmilane) alles mögliche mit einbauen. Neben Plastik nehmen sie gerne auch Stoff, Fellstücke oder dergleichen.

Aber was das mit "Stärke demonstrieren" zu tun haben soll, entzieht sich meiner Kenntnis. Genauer gesagt halte ich diese Aussage des Spiegels für baren Unsinn! Ein Horst muß zweckmäßig sein. Wem gegenüber sollte denn Stärke bewiesen werden? Das macht überhaupt keinen Sinn. :idee:

VG
Pere ;)
 
Es geht ja nicht darum, dass sie alles mögliche im Nest verbauen, sondern darum, dass es ausgerechnet weiße Plastikstücke sind (obwohl andersfarbige Teile zur Verfügung standen) und dass die stärksten Paare ihre Nester am meisten damit dekorieren.
Nestdekoration findet man ja auch bei anderen Vögeln und woher wissen wir, was "zweckmäßig" ist? Angenommen, es ist, wie die Forscher vermuten und viel weißes Plastik signalisiert einen starken Nestbewohner und hält dadurch Rivalen fern - dann würde es durchaus Sinn machen.

Wer mag, kann sich ja den Forschungsbericht beim Science Magazine kaufen - und mir Bescheid sagen, ob er die 15 $ wert ist ;)
 
Nun gibt es ja bereits Schwarzmilane viel länger als Plastiktüten ...
Womit haben die dann früher "ihre Stärke demonstriert"? Mit hellen Gänse- und Schwanenfedern z.B.?
Jedenfalls müssen sie das ja nach dieser Theorie irgendwie gelernt haben, damit ihre Fitness zu zeigen.

Tatsache ist, dass viele Vögel auf hellere Dinge stärker ansprechen als auf dunklere.
Körnerfresser bevorzugen oft die helleren Sorten, oft verbirgt sich hinter dem Helleren ja auch das wertvolle Innere wie bei Nüssen, Sonnenblumenkernen etc.
Greife besitzen ein besonders stark ausgeprägtes UV-Sehvermögen (Bussarde u.a. sehen die Aktivität von Mäusestraßen anhand der fluoreszierenden, UV-aktiven Harnspuren der dort langlaufenden Mäuse ...).
Möglicherweise weist weißes Plastik ebenfalls dererlei UV-Aktivität auf (könnte man unter einer UV-Lampe prüfen), was dann die Attraktivität erklären mag.
Dass die Tiere von diesem Plastik-Tick irgendwann ablassen, könnte sich auch darin begründen, dass sich manch Nachwuchs tödlich verschluckt. Ich weiß nicht, ob diese Gefahr real ist, aber für möglich halte ich das schon. Passiert ja auch zig-fach in den Meeren, dass allerlei Meerestiere an Plastikmüll zugrundegehen.
Alles in allem also eher ein trauriger Befund, dass unser Wohlstandsmüll nun schon seinen Weg in Vogelnester findet, wenn auch nachvollziehbar ...
 
Hy!

"Nun schon" ist gut gesagt, aber schon lange überholt.
Seit Jahr und Tag vergeht keine Saison, in der nicht in mindestens 70 % der Amselnester vorzugsweise Zellophanpapier von Zigarettenschachteln, aber auch gerne mal Netze von Meisenknödeln, bei Gelegenheit auch Lametta eingebaut sind...
Ich habe schon als Kind im Herbst oder frühen Frühjahr alte Amselnester weggenommen und zu Boden gebröselt, um die Brutplätze wieder verwendbar zu machen, und da fällt sowas schon ins Auge.
Demonstrieren die Amseln ebenfalls so ihre wie auch immer geartete Stärke? Auffällig ist es auf alle Fälle, dass vor allem dieses Zellophanpapier mit Vorliebe Verwendung findet, und bei Möglichkeit immer verbaut wird, obwohl das lichtreflektierende und im Wind wimpelnde Zeugs gerade bei Amseln alles andere als biologisch sinnig ist, die ja meist bemüht sind, eher gedeckt zu brüten.

Auch in Krähennestern findet sich oft Plastikmüll, interessanterweise vorzugsweise grüner, wie zB ebenfalls Netze von Meisenknödeln oder ummantelter Blumenbindedraht, auch ausgefusselte grüne Plastikbänder...

Und zumindest solange ich mich zurück erinnern kann, stand auch in jedem guten Tierbuch, dass Milane gerne Lumpen etc. in ihre Horste einbauen... So neu ist des also nicht ;).

Grüße, Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Angenommen, es ist, wie die Forscher vermuten und viel weißes Plastik signalisiert einen starken Nestbewohner und hält dadurch Rivalen fern - dann würde es durchaus Sinn machen.
Macht immer noch keinen Sinn. Wann ist ein Brutpaar ein "starkes"? Die Verteilung der Brutplätze wird unmittelbar nach Ankunft auf dem Winterquartier festgelegt, über Revieranzeigeflüge und ggfs. Luftkämpfe. Wenn das klar ist, dann wird gebrütet. Und warum sollte nicht ein "schwaches" Paar weißes Plastik einbauen? Kommen dann die "starken" Nachbarn und entreißen es den schwachen?

Nein, das ergibt einfach Null Sinn.

VG
Pere ;)
 
Ich könnte mir, frei rumgesponnen/ theoretisiert, höchstens so einen Reim drauf machen:

Da Milane ja auch eher schmutzigweiße Eier legen, könnte der weiße Plastikmüll eventuell zu Tarnzwecken des Geleges und der ebenfalls weißen Dunenjungen dienen, und Paare im mittleren Lebensabschnitt dies so offensichtlich bevorzugt machen, weil diese der produktivste Teil der Population sind, und es auf ihren Fortpflanzungserfolg hauptsächlich ankommt...
Junge wie alte Paare haben ja noch nicht/ nicht mehr die Kraft, optimale Gelegegrößen herzustellen, so dass sich alles auf die mittelalten ud mithin vitalsten Paare konzentriert.
Bevorzugung des Plastikmülls könnte ich mir so erklären, dass der im Gegensatz zu Papier etc. absolut form-, farb und witterungsbeständig ist, also dauerhaft "gut" bleibt.

Grüße, Andreas
 
In der WELT wurde das Thema auch aufgegriffen.
Mit einer interessanten Ergänzung:
Wurden den Milanen fremde, weisse Plastikfetzen "untergejubelt", haben sie das gleich erkannt und die fremden Teile zuverlässig aus dem Nest geschmissen und durch selbst gesammelte ersetzt.
Das ist eine schon ganz beachtliche kognitive Leistung (fotografisches Gedächtnis und Unterscheidungsfähigkeit) für ein so kleines Vogelhirn ...
 
"Ein so kleines Vogelhirn" funktioniert trotzdem so gut, dass man immer nur wieder staunen kann.
Und das mit der Unterscheidung der Eier ist nichts Besonderes. Wenn ich versuche, meinen Pfauendamen ein Gipsei oder ein fremdes Ei unterzujubeln, das ist aber so was von schnell wieder draussen aus dem Nest, das muss man gesehen haben um es zu glauben!

Grüsse,
tox
 
Naja, tox, ein Kuckucksei sieht doch erheblich anders aus als das eines Rohrsängers oder Rotkehlchens. Und doch wird es ausgebrütet.

Aus der Literatur ist ein Fall bekannt, in dem ein Sakerpaar einem Steinadler den Horst abspenstig gemacht haben soll. Blöderweise war schon ein Adlerei da. Die Falken haben den Adler ausgebrütet und großgezogen. So heißt es zumindest.

Nun sind zwar Falken keine Greifvögel, aber soviel blöder können sie nicht sein, ganz im Gegenteil.

Zudem stelle ich mir die Frage, wie die Forscher das Alter der Vögel ermittelt haben wollen. Das geht nur durch Beringung, und ich wage zu bezweifeln, daß alle 254 Brutpartner beringt waren. Und warum sollen ausgerechnet die "starken" Vögel ihr Nest dekorieren? Würde es nicht vielmehr Sinn machen, daß die Schwachen ihre Schwäche vertuschen wollen? Warum sollten sie nach außen deklarieren: "Wer ein Revier benötigt, der möge bitte hierher kommen. Wir sind schwach und leicht zu besiegen."???

Greifvögel sind im Regelfall ziemlich brutorttreu. Und es ist auch nicht wie beim Menschen, daß die Vögel ab der Hälfte ihres Lebens langsam gebrechlich werden, sondern sie bleiben bis kurz vor knapp topfit. Im Gegensatz zur angeblichen Studie gilt bei Greifvögeln die Regel: Je älter, desto höher der Bruterfolg.

VG
Pere ;)
 
Es scheint so zu sein, dass wesentlich größere Eier als die eigenen eine magische Anziehungskraft auf viele Vögel ausüben. Es gab irgendwo mal eine Dokumentation, da versuchten diverse Vögel artfremde Eier auszubrüten, auf die sie kaum mehr draufpassten, das war wirklich zum Totlachen ...
Andererseits kann ich Toxamus nur recht geben, ich kenne es u.a. von Tauben: Ein etwas anderes (aber ähnlich großes) Ei wird sofort verstoßen. Es müssen also zwei Mechanismen der Beurteilung wirken. Was richtig Großes scheint wie ein Lottogewinn zu wirken, während vergleichbar große, aber eben andere Eier als fremd und verstoßenswert betrachtet werden. Was da wirklich in den Köpfen vorgehen mag, bleibt rätselhaft.
 
Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ein Vogelhirn zu erstaunlichen Leistungen fähig ist, unabhängig von dessen Grösse. Die einzelnen Arten sind da stark spezialisiert, meine Pfauhenne ist imstande, ihre eigenen Eier von denen der Kolleginnen zu trennen. Andere Arten können das (siehe Kuckuck) nicht, meinen Graugänsen kannst Du auch einen Tennisball unterschmuggeln. Aber die haben dafür vielleicht spezifische und nicht minder staunenswerte andere Fähigkeiten.

Zu der Fragestellung mit den Plastikfetzen - ich staune immer wieder, zu welchen "Erkenntnissen" die liebe Wissenschaft kommt, die dann im Brustton der Überzeugung verkündet und verteidigt werden.
Aber irgend etwas muss man vielleicht liefern, wenn man schon von Forschungsgeldern lebt. Einfach zu sagen "Die lieben vielleicht Plastik, warum weiss nur der Vogel, und der hats bisher nicht verraten" wäre als Forschungsergebnis vielleicht zu mager.
So wird halt ein "Ergebnis" produziert, die Fachwelt staunt, der Wissenschaftler wird publiziert und anschliessend zitiert (siehe Spiegel und WELT), der Laie wundert sich.
Und nächste Woche wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben.

Grüsse,
tox
 
Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ein Vogelhirn zu erstaunlichen Leistungen fähig ist, unabhängig von dessen Grösse.
Da sind wir uns einig! :zustimm:

Zu der Fragestellung mit den Plastikfetzen - ich staune immer wieder, zu welchen "Erkenntnissen" die liebe Wissenschaft kommt, die dann im Brustton der Überzeugung verkündet und verteidigt werden.
Aber irgend etwas muss man vielleicht liefern, wenn man schon von Forschungsgeldern lebt. Einfach zu sagen "Die lieben vielleicht Plastik, warum weiss nur der Vogel, und der hats bisher nicht verraten" wäre als Forschungsergebnis vielleicht zu mager.
So wird halt ein "Ergebnis" produziert, die Fachwelt staunt, der Wissenschaftler wird publiziert und anschliessend zitiert (siehe Spiegel und WELT), der Laie wundert sich.
Und nächste Woche wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben.
Exakt so stufe ich den Artikel auch ein. :zustimm:

Wenngleich gemäß Sprichwort der Laie staunt und der Fachmann sich wundert ... :zwinker:

VG
Pere ;)
 
Es scheint so zu sein, dass wesentlich größere Eier als die eigenen eine magische Anziehungskraft auf viele Vögel ausüben. Es gab irgendwo mal eine Dokumentation, da versuchten diverse Vögel artfremde Eier auszubrüten, auf die sie kaum mehr draufpassten, das war wirklich zum Totlachen ...
Andererseits kann ich Toxamus nur recht geben, ich kenne es u.a. von Tauben: Ein etwas anderes (aber ähnlich großes) Ei wird sofort verstoßen. Es müssen also zwei Mechanismen der Beurteilung wirken. Was richtig Großes scheint wie ein Lottogewinn zu wirken, während vergleichbar große, aber eben andere Eier als fremd und verstoßenswert betrachtet werden. Was da wirklich in den Köpfen vorgehen mag, bleibt rätselhaft.
Das dürfte auf der Hand liegen: Je größer ein Ei, desto mehr Nährstoffe sind drin, der Embryo wird größer und hat bessere Überlebenschancen. Bei Adlern ist zum Beispiel das zweite Ei meist kleiner als das erste. Es ist die Reserve, aber die Energie für die Aufzucht wird vorrangig in das größere Junge gesteckt.

VG
Pere ;)
 
Zurück zum Thema Plastikmüll:

So sieht es in Mägen von Albatrossen aus (klasse gemachte Fotodokumentation): Klick hier

... und wie viel von dem Plastikmüll findet sich in den Mägen der Greife?
 
Das dürfte auf der Hand liegen: Je größer ein Ei, desto mehr Nährstoffe sind drin, der Embryo wird größer und hat bessere Überlebenschancen.

Das ist aber auch nicht allgemein gültig.
Bei Kunstbrut gilt, dass die Schlupfrate am grössten bei Eiern ist, die nicht zu sehr vom Standard abweichen. Bei sehr grossen Eiern kommt dazu, dass sie möglicherweise 2 Dotter enthalten, die Überlebenswahrscheinlichkeit der Küken geht dann gegen Null.

Beste Grüsse,
tox
 
Das ist aber auch nicht allgemein gültig.
Bei Kunstbrut gilt, dass die Schlupfrate am grössten bei Eiern ist, die nicht zu sehr vom Standard abweichen. Bei sehr grossen Eiern kommt dazu, dass sie möglicherweise 2 Dotter enthalten, die Überlebenswahrscheinlichkeit der Küken geht dann gegen Null.
Interessant, das wußte ich nicht! Allerdings dürfte ein doppelter Dotter in freier Natur kaum vorkommen. Nimmt man die beiden Eier eines Adlers, dürfte der Reproduktionserfolg bei dem größeren der bessere sein.

VG
Pere ;)
 
Ich habe mir gestern den Originalartikel geholt (ging nicht früher, weil die einen Fehler auf der Webseite hatten).

Es ging bei der Studie um die Signalwirkung von phänotypischen Merkmalen, hier speziell um erweiterte phänotypische Signale (extended phenotype signals), also solche in Form von Objekten aus der Umgebung.

Bei den Schwarzmilanen haben sie festgestellt, dass die Menge des ins Nest eingetragenen weißen Plastikmaterials mit der Qualität des Territoriums, der Dominanz bei Konflikten und dem Bruterfolg korrelierte.
7-12 Jahre alte Vögel verwendeten die meiste Nestdekoration, während jüngere und ältere Vögel ihre Nester weniger dekorierten.

Bei stark dekorierten Nestern gab es weniger Eindringlinge/Angreifer. (Dekoration signalisiert die Stärke der Nestbesitzer. Diese waren auch an ausgelegtem Futter die erfolgreichsten.)

Das Täuschungsexperiment: Die Forscher legten zusätzliche Plastikteile in die Nester. Dies bewirkte die Zunahme von Eindringlingen, die von den starken Paaren in den ohnehin schon dekorierten Nestern abgewehrt werden konnten. Die meisten dieser Paare behielten die zusätzlichen Plastikstücke, während die meisten der jüngeren oder älteren Vögel mit wenig dekorierten Nestern die zusätzlichen Teile rauswarfen.

Die Forscher sehen in der Nestdekoration ein abgestuftes Signal, das komplexe Informationen über Qualität des Terriroriums, individuelle Vitalität und Überlegenheit vermittelt.

Das Alter der Milane weißt man sehr genau, da in dem Gebiet schon seit den 1980er Jahren beringt wird. Fressen tun die Jungen das Plastik auch nicht, denn diejenigen, die am meisten Plastik einsammeln, haben auch die meisten Jungen.

Ich finde solche Beobachtungen sehr interessant, egal ob einige solche Arbeiten nur fürs Abgreifen von Forschungsgeldern gut, und die Ergebnisse für Blödsinn halten - obwohl sie sich nicht die Mühe machen, die Originalarbeit zu lesen ;)
Wenn man so will, muss man wohl viele Untersuchungen, die auf Beobachtung beruhen, für Blödsinn halten, weil sich einem der Sinn nicht erschließt. Aber sind dann nicht auch alle Forschungen rund um die kognitiven Fähigkeiten von Tieren sinnfrei? (Ist eine rhetorische Frage!)
 
Thema: Schwarzmilane schmücken Nester mit Plastikstücken

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